Unser Buchtipp
Nachtgeburt© Klara BöhmeIch habe dich gerochen.Vom Ende des Parks flog ein zarter Geruch zu mir - und ich wusste, er müsse von dir kommen. Irgendwo dort in der Nacht bist du. Und du wirst mich finden. Du wirst hierher finden. Nach der Flasche Wein ging er verloren, der Geruch. Ich habe nur noch mich und den Zigarettenrauch der Anderen wahrgenommen. Ein wenig nach Erde roch es auch. Und ein wenig nach Pisse, da hinten, aus den Büschen. Aber ich wusste dass du noch immer irgendwo hier sein musstest. Denn ich spürte, du würdest zu mir finden. Eddy verschwand, ich habe es nicht einmal mitbekommen. In die Büsche, dachte ich. Aber als er wieder kam, hatte er nicht mehr seinen gestreiften Pullover an. Sondern hatte ihn dir um die Schultern gelegt. Die Nacht hatte dich geboren und direkt zu mir gebracht. Nur das du in Eddys Armen lagst. Und nicht in meinen. Ihr habt euch eine Zigarette geteilt, ich habe dich gesehen. Deine großen Augen im Glimmen der Asche. Ich habe deine Lippen gesehen. Und ein helles Stück Haut, dort wo Eddys Pullover nicht deinen Bauch bedeckte. Und gerochen habe ich dich. Gerochen habe ich dich. Wie eine Sommernacht in der süße Nebel deinen Körper einhüllten. Ich kann es nicht beschreiben. Den Geruch. Dafür war er zu wage, zu flüchtig. Dafür warst du zu weit weg von mir ? und zu nah an Eddys Seite. Du hast den Wein abgelehnt, den ich dir anbot, hast mich noch nicht einmal angesehen, sondern nur Eddy, immer nur Eddy. Deine Pupillen waren riesig, zu groß um den Ursprung nur der Dunkelheit zu zuschreiben. Irgendetwas geisterte in deinem Körper herum und vernebelte deine Sinne. Sonst hättest du mich gesehen. Sonst hättest du erkannt, dass du nicht nach Eddy gesucht hattest. Sondern nach mir. Als du dich hinlegen wolltest bot ich meinen Schoß an. Erst war es Eddy der sich auf mich schmiss. Und Andere, die sich zu großen Klumpen verknäulten. Klumpen und Knäule von Gliedmaßen und Pullovern und Gerüchen. Und deine Stimme. Deine Stimme so warm wie die Nacht und so schmerzvoll wie meine Sehnsucht nach dir. Deine Stimme die nach mehr Bequemlichkeit verlangte. Ich sah deinen Schatten vor der grauen Silhouette des Himmels, wie du dich aus dem Knoten gewunden hattest. Wie aus Gliedmaßen Formen wurden und du vom Boden auferstandest. Ich sah deine Hände zum Rücken gleiten um den Knoten an deinem Nacken zu lösen. Und hielt die Luft an als du deine Haare öffnetest. Sie fielen wie schwarze Seide über deine Brust. Dort im Schatten der Nacht wo nur ich dich erkennen konnte. Dich wirklich erkennen konnte. Du schütteltest sie, deine Haare und ich spürte deinen Geruch über mich schwappen. Sog ihn auf. Dich in dieser Sommernacht. Und dann kamst du zu mir. Näher und Näher. In Eddys Pullover der viel zu hart über deine Hüften viel. Und mit deinen seidigen Haaren die dein Gesicht umrahmten. Kamst zu mir und lächeltest. Lächeltest und bettetest deinen Kopf in meinen Schoß. Deine Haare über meinen Schenkeln, unter mir der kühle Boden des Parks. Über mir das triste Grau des Himmels. Und dein Geruch, deine Haare, die mich schwimmen ließen, die mich verzehren ließen. Dein Geruch in dieser Sommernacht in der die Dunkelheit dich zu mir gebracht hatte. All das lies mich ertrinken. Für den winzigen kleinen Moment an dem ich glaubte: Das Mädchen mit den schönsten Haaren und den lieblichsten Augen wäre mein. Gehöre mir und nicht den Schatten der Nacht. Ein haariges Lesevergnügen
|
© Dr. Ronald Henss Verlag Home Page