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Eingereicht am
06. März 2007

Zwanzig Kamele - eine wahre Geschichte

© Susanne Meyer

Ich bin blond. Das ist eine Tatsache. Auch meine blauen Augen und die 189 Zentimeter Körperlänge lassen sich nicht leugnen. Aber über den Wert meiner Person habe ich mir bislang relativ wenig Gedanken gemacht. Mittlerweile ist das anders. Doch der Reihe nach …

Ein Tag wie aus dem Bilderbuch, dieser Donnerstag im Juni 2006: strahlendblauer Himmel, eine leichte Brise und angenehme Temperaturen. Ich bin auf dem Weg zur U-Bahn und bei bester Laune, als mein Blick auf ein am Straßenrand parkendes Auto fällt. Innen sitzt ein Mann, Ende Fünfzig, der mich anschaut und dabei die Hände ringt. Komisch …

Als ich an dem Wagen vorbeigehe, kurbelt er die Scheibe herunter und ruft: "Guten Morgen, bleiben Sie bitte einen Moment stehen!" Springt aus dem Auto, läuft auf mich zu und gibt mir zur Begrüßung die Hand. "Was für ein Anblick! Was für eine schöne Frau, die schon am Morgen ein Lächeln auf den Lippen hat. Wo leben Sie? Hier in Hamburg? Wo genau? Wo arbeiten Sie? In einer Spedition?"

In einer Spedition! Merkwürdig. Sieht man mir meinen Arbeitgeber schon an der Nase an? Dabei bin ich doch gar nicht im Dienst …

Der Mann strahlt mich weiterhin an und erzählt, dass er aus Ägypten kommt. Ob ich denn schon mal dort gewesen sei? Als ich verneine und erläutere, dass mir die arabische Welt als Urlaubsgebiet zu gefährlich erscheint, stoße ich auf Unverständnis. "Ich lade Sie ein. Es wird Ihnen gefallen. Sie müssen kommen. Alle ägyptischen Männer würden gucken! Kommen Sie allein? Ach, nein, das geht nicht. Sie reisen mit Freundin, ja?"

"Nein", wiederhole ich mehrfach, "Mit Freund".

Aber er will mich wohl nicht so richtig verstehen…

Da ich es ein wenig eilig habe, möchte ich mich verabschieden. Er gibt mir wieder die Hand und ruft: "Sie sind etwas Besonderes. Man würde für Sie bestimmt zwanzig Kamele bezahlen!"

Den ganzen Vormittag lächle ich vor mich hin … Wie freundlich die Menschen doch sind, wenn endlich mal die Sonne scheint!

Und es macht mir auch gar nichts aus, dass mein Wert sich nun in Kamelen bemisst. Schließlich ist in Ägypten schon eines dieser Wasser speichernden zähen Lasttiere sehr kostbar!!!

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Ein haariges Lesevergnügen


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