Haarige Geschichten
Kurzgeschichte - Haar, Haare, Frisur, Friseur, Haarfarben, blond, Blondine, Rothaarige, Glatze, Haarausfall, Bart, Rasur, Zöpfe, Locken, Dauerwellen ...

Unser Buchtipp

Abenteuer im Frisiersalon

Abenteuer im Frisiersalon
Hrsg. Ronald Henss
Dr. Ronald Henss Verlag
ISBN 978-3-9809336-0-5

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Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

Zum Beweis

© Cornelia Englert

Die Beweisführung war abgeschlossen, der Fall nicht gelöst. Kommissar Mosner war ratlos und das passierte nur selten. Sollte dies tatsächlich der erste Fall sein, den er nicht aufklären konnte? Es ging um sein Ansehen und das stand auf dem Spiel. Er war ehrgeizig, manchmal etwas zu sehr, würde seine Freunde vielleicht behaupten. Es half nichts, der Fall war zu den Akten gelegt worden und er war schon wieder eingeteilt zu der Aufklärung eines weiteren Mordes in einer endlosen Reihe von Großstadtfällen.

Mosner seufzte und nahm sich den Aktenstapel vor. Aber seine Gedanken schweiften erneut ab ...

Es war 2 Uhr morgens, als Mosner von einem nervigen Klingeln aus dem Tiefschlaf gerissen wurde. Es war Tilscher, sein Vorgesetzter bei der Mordkommission: "Kommen Sie zur Treiberstr. 18. Wir haben einen wirklich ungewöhnlichen Mordfall. Sehen Sie selbst."

Mosner stand schwankend auf, zog sich langsam an und streifte sich schlaftrunken die wirren Haare aus der Stirn. Er liebte seinen Job, aber in solchen Nächten kamen ihm doch Zweifel.

Er stieg ins Auto und fuhr die halbe Stunde zu dem Tatort. Es war diese Gegend, wo niemand freiwillig leben wollte. Graue gleichaussehende Betonhäuserreihen mit bröckelnden Fassaden. Er betrat die schmuddelige Wohnung, in der es schon vor Leuten von der Spurensicherung wimmelte. Tilscher führte ihn ins Schlafzimmer. "Das Opfer hieß Adrian Spiller, 35 Jahre alt." Da sah Mosner den Toten und der Anblick war, selbst für einen erfahrenen Kommissar wie Mosner, schon ziemlich erschreckend. Es schien auf den ersten Blick der perfekte Mord zu sein, keine Fingerabdrücke, keine Waffe, keine Zeugen. Alles deutete auf eine langfristige und intelligente Planung hin, ganz sicher keine Affekthandlung. Der Mann hing an einem großen Haken an einem groben Seil von der Decke und war ganz offensichtlich durch Strangulation erstickt. Sein nackter Körper war blutverklebt und auf dem Boden unter ihm sah man eine große Blutlache. Doch das war noch nicht alles. Ihm waren fachgerecht Penis und beide Hoden amputiert worden.

Nachdem der Mann obduziert worden war, stand fest, dass der Täter ihn zunächst mit Medikamenten betäubt und dann erst stranguliert hatte. Der Tod war erst vor kurzer Zeit eingetreten, die Rechtsmediziner gingen von weniger als einer halben Stunde vor Auffinden der Leiche aus. Und die Verstümmelungen? Die hatte der Mann vermutlich noch bei vollem Bewusstsein erlebt. Unvorstellbar, welche Schmerzen das gewesen sein müssen. Und noch etwas fehlte der Leiche: Eine dicke ca. 10 cm lange Haarsträhne war von seinem braunem glatten Haar nahe der Kopfhaut abgeschnitten worden. Was hatte das zu bedeuten? Sollte das abgeschnittene Haar als Trophäe dienen? Ebenso wie Penis und Hoden? Ein Ritualmord, tödliche Rache für schlechten Sex oder Eifersucht? Oder war das erst der Anfang einer langen Mordserie?

Wie die Polizei von dem Toten erfahren hatte, war ebenso rätselhaft: Es gab einen anonymen Anruf, bei dem der Anrufer den Tatort preisgab, ebenso wie die genaue Adresse. Natürlich ließ sich der Anruf nicht zurückverfolgen. Er oder sie war also ganz offensichtlich ein Spieler, fühlte sich sicher in seiner Rolle als perfekter Mörder. Nur, welches Spiel hier gespielt wurde, blieb im Dunkeln.

Nach einer langen Nacht von ersten Ermittlungen fuhr Mosner nach Hause. Müde kreisten seine Gedanken weiter um den Fall. Irgendwo hatte er doch diesen Namen schon mal gehört. Und irgendwie kam ihm der Tote auch bekannt vor. Er konnte keine Verbindung herstellen, so sehr er auch nachdachte. Er legte sich schlafen und träumte von Adrian Spiller.

Monate vergingen und keine Spur führte die Ermittlungen weiter. Aber Mosner wurde dieses Gefühl einfach nicht los, den Toten zu kennen. Adrian Spiller war einer der vielen anonymen Bewohner der Stadt gewesen, keine Freunde, keine Verwandten, niemand schien ihn zu vermissen. Seine Kollegen bei der Post konnten nicht viel über ihn erzählen. Er habe seit sechs Jahren dort gearbeitet, sei immer pünktlich gewesen und habe nie besonders viel geredet.

Es passierten keine weiteren Morde, wie zunächst erwartet. Mosner war wie besessen von diesem Fall, der unlösbar schien.

Eines Tages fand er ganz zufällig heraus, wo er Namen und Gesicht des Toten schon mal gesehen hatte. Er war gerade beim Aufräumen seines Dienstzimmers, einer Tätigkeit, der er immer nachging, wenn er in einem Fall nicht weiterkam, vielleicht war deshalb sein Zimmer immer so beneidenswert ordentlich. Er blätterte gerade in einer alten Akte mit einem Mordfall von vor zwei Jahren, den er gelöst hatte. Da stieß er auf eine Aktennotiz eines Kollegen: "Anruf von einem Adrian Spiller, der angeblich Hinweise zur Lösung des Falles weiß. Habe ihn einbestellt." Es folgte ein Bericht über eine Zeugenaussage, unterschrieben von Spiller, die letztendlich in die falsche Richtung führte und die Ermittlungen verlangsamte. Nach gründlicher Recherche zeigte sich, dass Spiller nur zu den vielen Scharlatanen gehörte, die es in jeder Stadt gibt und der nur um ein bisschen Aufmerksamkeit buhlte. Armer Kerl eigentlich, vielleicht ein bisschen durchgeknallt, aber harmlos. Mosner erinnerte sich nun noch an drei andere Mordfälle, bei denen Spiller angeblich etwas gesehen haben wollte. Zum Schluss nahm ihn niemand mehr ernst und Mosner erinnerte sich, wie genervt er letztendlich von dem Kerl war. Dann hörten die Anrufe von Spiller plötzlich auf. Das war ungefähr vier Monate vor seinem Tod gewesen. Wo war die Verbindung? Er fand keine.

Nach 12 Monaten wurde der Fall wie die vielen anderen ungelösten Fälle zu den Akten gelegt. "Vergeuden Sie nicht ihre kostbare Zeit mit diesem Fall, Mosner", riet Tilscher ihm. "Das wars, Sie müssen nach vorne sehen und weitermachen." Mit diesen Worten knallte er ihm einen Aktenstapel von einem neuen Fall auf den Tisch.

Mosner rieb sich die Augen und machte sich wieder an das Studium der Akten: "Jeder kann mal verlieren, Tilscher hat recht", dachte er sich. Der Gedanke, dass da draußen ein gewissenloser kaltblütiger Mörder herumlief, der die Polizei verhöhnt, machte ihn wütend. Nachts träumte er noch immer von Adrian Spiller.

Das Telefon klingelte und riss ihn aus seinen Gedanken. Es war die Zentrale unten im Gebäude: "Ein Postbeamter hat ein Päckchen für Sie abgegeben. Holen Sie es ab?"

Mosner starrte auf das braune Packpapier mit einer nur allzu bekannten Handschrift versehen. Mit einem Gefühl von leichter Übelkeit öffnete er das kleine, ziemlich leichte Päckchen. Nein, das konnte nicht sein: Er starrte voller Abscheu auf einen kleinen durchsichtigen Behälter. Darin befand sich eine dicke braune, glatte Haarsträhne, ungefähr 10 cm lang.

Die Haarsträhne konnte leicht dem toten Adrian Spiller zugeordnet werden.

Die beiliegende Nachricht hatte Mosner wohlweislich verschwinden lassen: "Kommissar Mosner, kein Mord - kein Fall. Vielleicht hätten Sie mir zu Lebzeiten mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen sollen. Aber jetzt kann ich mir sicher sein, dass Sie mich nie mehr vergessen werden. Herzliche Grüße, Ihr Adrian Spiller."

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

Ein haariges Lesevergnügen


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Hrsg. Ronald Henss
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