Die Tragödie rund um einen kleinen Ameisenbären
© David Steiner
Einst lebte ein Ameisenbär, sein Name war Bernd. Nun, das ist nicht sonderlich aufregend, aber die Geschichte ist auch noch nicht aus, also dranbleiben.
Diesem Ameisenbären, der wie gesagt Bernd hieß - ja, ich weiß, das habe ich schon erwähnt - ging es sehr, sehr schlecht, um nicht zu sagen extrem schlecht oder gar abgrundtief schlecht, und ich übertreibe kein bisschen. Nicht dass Bernd krank war, nein er war an und für sich kerngesund. Sein Problem war anderer Natur. Nun wird man sich fragen, was kann so ein blöder Ameisenbär schon für großartige Probleme haben? Na ja, Bernd lebte am Nordpol. Wenn man das nicht als Problem bezeichnen will, dann muss man es zumindest
"ungute Situation" nennen.
Bernd vermutete, dass ihm jemand in der Disco Drogen in sein Getränk gemischt hatte, während er kurz für kleine Ameisenbären war. Dieser unbekannte Jemand war anscheinend eine ganz abscheulich perverse Kreatur und verfrachtete den armen, völlig zugenieteten Ameisenbären in die Arktis. Wenn ich dieses Schwein erwische, kann ich für nichts garantieren. Aber jetzt weiter mit Bernd.
Ob er am Nordpol war, wusste er ja gar nicht so genau, was verstehen schon Ameisenbären von Geographie, er hätte sich genau so gut in Sibirien, Grönland, Alaska oder am Südpol befinden können, auf den Malediven aber eher nicht.
Das größte Dilemma war ja nicht, dass Bernd im ewigen Eis war, nur dass es dort so kalt war, das war wirklich ungut. Denn Ameisenbären haben nicht so ein dichtes Fell, die sind diese Temperaturen nicht gewöhnt und frieren schnell einmal. Außerdem gab es dort auch fast keine Ameisen, wenn dann waren sie tief gefroren und das mochte Bernd nicht so gerne. Wenn ein Ameisenbär keine Ameisen hat, dann kann er manchmal ganz schön ungemütlich werden, dass glaubt man ja gar nicht.
Bernd wartete dort also auf Rettung, die aber scheinbar ganz selten den Nordpol besucht. Er baute sich einen Riesigen Hubschrauberlandeplatz, der mit vielen bunten Lichtern gekennzeichnet war. Leider glaubten viele Tiere, das sei ein Casino und so rannten sie Bernd fast den Iglu, den er sich mittlerweile gebaut hatte ein. Doch er erkannte die Gunst der Sekunde und eröffnete ein illegales Glücksspiel-Eldorado mitten in der Eiswüste. Der Großteil seiner Gäste waren Eisbären, und deshalb richtete er auch die Spiele
nach ihnen aus. Zum Beispiel Black-Jack. Hier mussten alle daran teilnehmenden Eisbären auf Kommando starten und so schnell wie möglich 21 Robben einfangen. Der erste, der das geschafft hatte, bekam fünf gefrorene Ameisen, der zweite drei und der dritte immerhin noch eine. Bernd wunderte bei diesem Spiel immer sehr, dass keiner der Bären je mit der geforderten Anzahl an Robben zurückkam, dabei gab es hier so viele. Mit einem rot gefärbten Fell standen sie dann meistens vor ihm, und bedauerten, keine Robben gesehen
zu haben, sie mussten nämlich zum…hmmmmm…ähh…Friseur. Ja, genau, beim Friseur waren sie in der Zwischenzeit. Ihnen war knapp nach dem Startschuss aufgefallen, dass sie wieder einmal die Spitzen schneiden mussten, sonst brechen ja die Haare ab. Und dann haben sie sich das Fell gleich noch gefärbt, war nämlich im Angebot.
Bernd schien diese Begründung sehr einleuchtend, und deshalb fragte er nicht weiter nach.
Eines Tages kam es leider, wie es kommen musste, die internationale Anti-Glücksspiel-Kommission urlaubte in einem Hotel, ganz in der Nähe von Bernds Casino. Betriebsausflug nennt sich das. Warum die nicht wohin fuhren, wo es warm ist, dass kann sich wohl kaum jemand erklären. Jedenfalls warnte Bernd niemand, dass diese Heinis in der Nähe waren, er ahnte natürlich nichts. Bei einem Spaziergang entdeckten die Typen von der AGC - so kürzten sie die Kommission ab, dass es cooler wirkte - das "Casino zur gefrorenen
Ameise", wie Bernd es genannt hatte. Natürlich wurde der Besitzer - also der arme Ameisenbär, der sein ganzes Leben vom Pech verfolgt war - sofort zur Rede gestellt. So geht das nicht, rügten sie den Ameisenbären und zeigten ihm, wie man richtig die Karten mischt. Na gut, er hatte es aber auch nie gelernt, kein Grund unhöflich zu werden meine Damen und Herren! Anschließend spielten sie eine Runde Bingo, sie waren hier ja nur auf Betriebsausflug, also nicht im dienst. Da war es ihnen egal, ob das ein legales
oder ein illegales Casino ist. Einer von ihnen, er war Italiener, klärte die anderen in bestem Senegalesisch auf, dass "il" nur der männliche Artikel im italienischen sei. Illegales Casino - eigentlich müsste man es "il legales Casino" schreiben - würde "der legales Casino" heißen. Grammatikalisch zwar falsch, aber er habe es nicht erfunden, meinte der Herr. Anschließend gaben sich die Mitarbeiter der AGC noch voll die Kanne und wollten abreisen. Sie hatten sich schon verabschiedet,
da fiel es Bernd ein. Jetzt wurde ihm klar, wie er für immer hier verschwinden konnte. Er musste die Typen von der AGC nur fragen, die würden sicher nicht nein sagen, er war ja auch immer freundlich zu ihnen gewesen. Und so rannte er ihnen hinterher und fragte sie, ob sie zuhause seine Freundin anrufen und ihr mitteilen könnten, wo Bernd sich befand. Außerdem sollten sie ihrer Freundin auftragen, ihm ein Taxi zu rufen.
Eingereicht am 12. April 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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