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Das Leben ist schön!

© Deborah Wolf


Dunkle, einsame Nächte. Dunkle, einsame Tage. Regen, der auf ihre Fenster klatscht.
Alle Gefühle sind verschwunden, doch keine Erinnerungen ausgelöscht. Die letzten Fotos sind zerrissen und die Kerzen heruntergebrannt. Das Orgelspiel hallt nicht mehr ihren Ohren nach.
Jetzt, wenn sie allein in der leeren Wohnung sitzt, wird ihr der Verlust erst richtig bewusst. Nichts ist da, was die Lücke hätte schließen können. Offen klaffen die Wunden, sie beginnen zu eitern und schmerzen unheimlich. Die Stille schlägt aufs Gemüt, wie alles, in dieser trostlosen Welt.
Wo ist das Lachen geblieben, dass Tag für Tag durch die Räume gehallt war? Wo das Tappen der kleinen Füße, das Rascheln und Scheppern aus dem Kinderzimmer? Wo ist nur die Liebe hin?
"Wie konnte das nur passieren?", fragt sie oft. Frag sie sich und fragt sie Gott. "Warum bloß? Womit hat das dieses kleine, unschuldige Wesen verdient?"
Niemand kann ihr auch nur ein klein wenig Trost spenden, niemand. Sie ist mit einem Schlag ganz allein auf einer großen Welt. Aber sie ist doch so schwach! Kann ihr denn keiner helfen?
Selbst die Tränen sind getrocknet, keine einzige ist mehr zum weinen da. Sogar die Tränen haben sie verlassen.
Nichts macht mehr Sinn. Wofür sie gelebt hat ist verschwunden. Nachts kann sie nicht mehr Träumen. Worüber denn auch? Kein Inhalt ist mehr da, überall. Sogar der Kühlschrank ist leer, sie kann unmöglich etwas essen, warum also einkaufen? Sie ist sich nicht sicher, was sie überhaupt noch auf dieser Welt mache. Doch ihr fehlt die Kraft, sich umzubringen.
Gibt es einen Himmel? Wie sieht es da aus? Gibt es Engel? Warum hat man nie einen gesehen? Warum wurde nie jemanden von einem geholfen? Gibt es Engel? Gibt es den Himmel?
Sie lebt nicht mehr, sie vegetier nur noch so vor sich hin. Es gibt kein Leben mehr um sie herum, es gibt keines mehr in ihr, sie vergisst schon, was das ist. Wie es sich anfühlt weiß sie längst nicht mehr.
Ein Teil in ihr ist abgestorben, ihre Seele auseinander gebrochen. Die Farben sind verschwunden, alles ist grau. Sieh sieht nur noch die leeren Hüllen. Die leeren Hüllen. Die leeren Hüllen.
Doch noch immer lacht die Sonne jeden Tag auf sie hinunter. Noch immer blühen jeden Tag neue Blumen auf. Die Welt dreht sich weiter, auch wenn sie das nicht begreifen will. Jeden Morgen geht die Sonne wieder neu auf! Sieht sie es denn nicht?
Das Leben ist doch schön!



Eingereicht am 10. Mai 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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