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Mein erstes Spiegelei!! (Schääm ...!)

© Gaby Schumacher


"Kind!", meinte meine Mutter zu mir. "Es wird langsam wirklich Zeit, dass Du kochen lernst. Irgendwann heiratest du und was wird dann ...?!"
Das allerdings war mir zu dem Zeitpunkt piepegal. Ich hatte keinerlei Lust auf die dämliche Küchenarbeit. Um meine Mutter jedoch nicht total zu frustrieren, stellte ich mich denn ab und an brav neben sie vor den Herd und liess sie rezitieren: "Pass auf. Nach ungefähr fünf Minuten drehst du die Frikadellen auf die andere Seite, damit sie gleichmässig braun werden!" Ich guckte hin, sagte ihr zuliebe "Ja, ja!" und dachte dabei an die Tanzstunde.
Wundert Sie das? Schliesslich war ich gerade siebzehn Jahre alt. Und in dem Alter hat man bekanntlich noch Träume und da wachsen nach Gerhard Wendtland noch alle Bäume in den Himmel der Liebe. Leider wuchsen sie michbezüglich noch ziemlich langsam, soll heissen, ich war extrem schüchtern und mein Herz schlug mir bis zum Halse, sollte ich mich etwa sogar mit einem Verehrer unterhalten. Meistens kriegte ich kaum ein Wort raus. Ab und zu aber brachte ich es denn doch zu immerhin drei Worten: "Wie heisst du?" Es folgte eine ebenso schüchterne brave Auskunft des ebenfalls heftig klopfenden jungmännlichen Herzens mir gegenüber. Dabei blieb es dann auch. Gottseidank hatten wir uns ja infolge auf die Tanzschritte zu konzentrieren, um uns nicht dauernd auf den Füssen herumzutrampeln und so unsere blitzblanken, selbstverständlich neuen Schuhe zu schonen.
An all dies dachte ich also, während meine Mutter mir ihr gesamtes Küchenlatein preisgab. Heute bin ich im Nachhinein froh, dass sie das nicht gemerkt hat. Oder...zeigte sie es aus Verständnis für mich nur nicht??
Dann kam der Tag, an dem ich meinen späteren Mann kennenlernte. Zum Glück kamen wir auf das heikle Thema "Kochen" nicht so sehr bald zu sprechen. Ich blutete innerlich, dass das hoffentlich auch noch länger derart bliebe.
Wochenlang war mir das Schicksal gut gesonnen. Es gab doch soviel anderes mitzuteilen! Es war Schonzeit für eine Antihausfrau wie mich.
Doch ewig würde dieser Aufschub nicht dauern. Das war mir klar. Unsere Beziehung wurde enger und enger mit dem Ergebnis, dass wir heirateten. Würde ich fähig sein, von einem Tag auf den nächsten in ganz selbstverständlicher Weise den Haushalt zu meistern? Oder würde meine andere Hälfte ganz fix rauskriegen, welche Ahnung ich davon hatte, nämlich so gut wie gar keine??
Na gut, das Putzen war nicht das Problem, aber mir schauerte es vor dem ersten Tag in unserer neuen, blitzblanken lindgrünen Küche(Lindgrün war damals modern!). Meiner Küche, auf deren Optik ich eigentlich sogar stolz war. Doch sie war ja leider kein Ausstellungsraum, sondern da grinsten mich Herd und Backofen ziemlich hämisch an, wie es mir schien und warteten scheinbar sehnsüchtig auf die grosse Blamage meinerseits, die ja auch nicht ausbleiben konnte. Kochbücher hatte ich ja vor meiner Heirat noch nie von innen gesehen.
Tja, und dann war es soweit. Mein Göttergatte schwärmte für Spiegeleier, schön durchgebruzzelte Spiegeleier. Er schwärmte so sehr für sie, dass er sie zu seinem all-täglichen Lieblingsgericht erhob. Oh je, das würde heiter werden.
Da ich ihn ja doch sehr mochte, stellte ich ahnungsloses Etwas mich lieb vor den Herd, beförderte souverän einen Schlag Butter in die Pfanne, liess sie auch gekonnt zerlaufen, weswegen ich mir ein Aufatmen dann nicht verkneifen konnte. Die war ja noch nicht einmal braun geworden, sondern strahlte mir immer noch goldgelb entgegen. Ich fasste es kaum. Sollte ich auf dem Wege zur perfekten Köchin sein??
Den(!) Gedanken hätte ich gar nicht erst hegen dürfen, denn der Schock, der mich dann ereilte(und hinterher, nach etwa zwei Minuten auch den mir Angetrauten), war nicht von Pappe. Immer noch versuchte ich das Geheimnis zu wahren, meine Mimik im Zaum zu halten, auf dass er um Gotteswillen in meinem Gesicht nicht meine Hilflosigkeit lesen könnte. "Bitte, lieber Gott, hilf mir!"; flehte ich noch. Aber anscheinend war die unausweichliche Minute der Wahrheit für mich gekommen.
Es half alles nichts. Irgendwie musste ich das blöde Ei jetzt in die Pfanne hauen. Mir war regelrecht schlecht. Ich hätte mich aus innerer Not heraus sogar noch im Kühlschrank verkrochen, was mir aus anatomischen Gründen allerdings wohl kaum gelungen wäre. Ich war zwar ein ungewöhnlich dünner Spargel, aber einer von 48 kg. Und das war selbst einem fabrikneuen, demnach im Besitz seiner sämtlichen Tüchtigkeit stehenden Kühlschrank einfach zuviel des Guten. Verständlicherweise hielt er also seine Türe energisch geschlossen.
Mir blieb also nichts, als mich der vertrackten Situation zu stellen.
Mit zitternden Händen griff ich mir also ein Ei, zählte leise bis drei und zerschlug es am Pfannenrand. Aber Eier haben anscheinend auch ihren eigenen Kopf. Dieses wunderschöne Exemplar von Ei hatte sich entschlossen, mich blosszustellen. In der nächsten Sekunde machte es Žplatsch!`, mein flehend hypnotisierender Blick brachte gar nichts. Das vorgesehene "Bad" war diesem gelben Etwas anscheinend suspekt und augenscheinlich viel zu heiss. Anstatt in elegantem Schwung den Pfannenboden anzusteuern, wählte es sich den noch super neuen, deshalb ebenfalls super sauberen Küchenboden als Bleibe.
Dabei allein blieb es jedoch nicht. In dem Maße, in dem mein Mann für Eier schwärmte, war Eichen kreativ veranlagt, was sich in der Umgestaltung des Fussbodenmusters nieder schlug. Sehr lebhaft verteilten sich Eiweiss und erst recht Eigelb auf den hellen Fliesen, was dem Outfit der Küche sichtbar zur Zierde gereichte.
Das Ei beliess es keineswegs bei dieser von mir äusserst erfreut zur Kenntnis genommenen Überraschung. Es konnte noch mehr! Ich sollte die Gelegenheit bekommen, wenigstens noch beim Putzen die Bewunderung meines Mannes einheimsen zu können. Wenigstens das!!
Sie alle kennen es: Eier, die nicht da landen, wo sie hingehören, erfreuen uns Hausfrauen nicht nur durch ihre glitschige Beweglichkeit, mit der sie hartnäckig jede Ritze aufsuchen und/oder sich nur allzu gern sogar unter die Küchenschränke verkrümeln. Nein, die haben noch eine von uns überaus geliebte Eigenschaft, die wir so sehr mögen, dass sie uns schier verzweifeln lässt. Das Ei klebt, klebt besser als Uhu plus und ist nur schwer zu entfernen. So schwer, dass ich - vorsichtshalber fast unhörbar - vor mich hin fluchte, immer hoffend, mein Ehemann nahe noch nicht.
Eine trügerische Hoffnung, die ich fix aufzugeben hatte. Mein Angetrauter hatte sich schon gewundert, so gar keine Geräusche mehr aus der Küche zu vernehmen und war herzugeeilt, um mich, falls erforderlich, aus einer dann sicherlich entsetzlichen Notlage zu befreien. Er sah mich auf dem Küchenboden kauern, mit dem Lappen in der Hand wie eine Verrückte auf den Fliesen herum schrubbend, aber erfasste doch nicht so direkt den Ernst der Lage. Sonst hätte er die nachfolgende Frage gar nicht erst gestellt: " Häh... was machst du denn da unten?"
Puterroten Gesichtes wäre ich am liebsten vor Scham im Küchenboden versunken. Jetzt hiess es alles offenlegen.
"Ich hab` für dich ein Ei in die Pfanne gehauen!", wisperte ich nur mit Mühe.
Tunlichst vermied ich es, ihn dabei anzuschauen.



Eingereicht am 22. Mai 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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