Sportasse und die Ausblendung ihrer Außenwelt
© Oliver Fahn
Ich laufe und laufe und laufe, sehe Stock und Stein, das farbenfrohe Laub im herbstlichen Glanz. Die Kälte ist der Körpererwärmung gewichen und ich frage mich, wie ich so lange mein Leben ohne diese monotone Beinbewegung bewältigen konnte. Abgase waren mir früher egal, heute sind es für mich schreckliche Giftstoffe, Hund, die einstigen Spielgefährten, nun die größten Widersacher meiner natürlichen Umgebung. Ich bewerte meine Umgebung in gut und schlecht, also Joggers Freund und Joggers Feind. Zwanghafte Gleichgesinnte
sind die einzigen Gesprächspartner, die meinen Leistungswahn verstehen, andere rümpfen die Nase, wenn ich ihnen von Schwankungen durch Trainingsausfall und der Dringlichkeit eines ausgiebigen Dehnprogramms nach dem harten Trainingsalltag berichte. Ich gehöre einer einstigen Randgruppe der Gesellschaft an, die sich in eine nie dagewesene Massenbewegung verwandelt hat, alle nur darauf bedacht, ihre Beine gleichmäßig hüpfen zu lassen und von niemanden in ihrem Lebensstil gestört zu werden. Wir sind die Rebellen
der Gesellschaft, aber wir lehnen uns nicht gegen herkömmliche Dinge auf, dazu haben wir nämlich gar keine Zeit, es ist vielmehr der Aufstand gegen schlechte Wettkampfzeiten, mangelhafte Ernährung oder zu geringer Flüssigkeitszufuhr. Was kann uns eine Steuererhöhung und dergleichen anhaben, wenn unsere persönlichen Rekorde auf der 10km-Strecke purzeln. Wir merken, dass wir der Gesellschaft der Nichtläufer davon rennen und wollen auch gar nicht mehr zu ihnen zurück, denn sie sind es, die uns daran hindern, unsere
Zeit produktiv zu nutzen und das heißt nun mal schlicht und einfach Bewegung und Entspannung und nicht etwa Schokolade essen, Passivrauchen oder tratschen. Das sind nur die Unsitten derer, die es noch nicht geschafft haben, sich von der unsportlichen Gesellschaft abzukapseln und die Welt laufend zu erobern.
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Eingereicht am 24. November 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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