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Eingereicht am
24. August 2007

Autokauf mit Mann

© Sonja Beilke

Es ist ein wunderschöner Sommertag. Mein Mann und ich machen uns auf den Weg, um ein neues Auto zu kaufen. Der alte Passat grummelt und stöhnt, als wir es wagen, ihn anzulassen. Mit einem fürchterlichen Geräusch in der Motorengegend rollen wir rückwärts die Auffahrt runter.

"Scheiß Karre!" flucht mein Mann "Ich muss nachher mal die Zündkerzen wechseln" Ich denke, wenn ich für jedes Mal, wenn er das sagt 10 Cent erhalten würde, dann könnten wir von dem Geld eine Werkstatt damit beauftragen. Die Zündkerzen machen schon seit drei Monaten Probleme. Wahrscheinlich bestehen sie nur noch aus verkohlten Stummeln.

Zündkerzenleichen!

Na ja, er würde sie nachher mal wechseln. Haha! Ich weiß ganz genau, dass er sie nicht wechseln würde und bei jedem Geräusch, das der arme alte Passat macht, würde mein Mann fluchen und schreien. "Man kann ja nix mehr selber machen bei diesen modernen Fahrzeugen!" grummelt er. Moderne Fahrzeuge? Der Wagen ist bereits 12 Jahre alt. Ich halte meinen Mund, während mir mein Mann einen endlosen Vortrag über Abzocker namens VW und blöde Scheißkarren hält. Warum erfanden die nicht mal ein Auto, das sich die Zündkerzen selber wechseln konnte. Per Fernbedienung oder so. Ah ja, sehr einfallsreich.

Wir erreichen die Hauptstraße. Ein Auto kommt von links. Wir müssen warten. "Die ganze Welt ist wieder unterwegs!" flucht mein Mann lautstark und wirft dem Fahrer des anderen Fahrzeugs einen bitterbösen Blick zu. Ich sinke etwas tiefer in meinen Sitz. "Wo wollen die denn alle hin?" Ich sehe mich um. Auf der anderen Straßenseite fährt ein Moped. Sonst kann ich weit und breit niemanden entdecken. Mein Mann hält mir einen Vortrag über Leute, die doch besser zu Hause bleiben sollten, wenn sie nix zu tun hätten.

Die erste Ampel. Sie ist rot. "Diese dämliche Scheißstadt!" schreit mein Mann und bremst abrupt. Wahrscheinlich hat er die rote Ampel, die bereits im Abstand von einem halben Kilometer rot angezeigt hat, nicht rechtzeitig gesehen. "Alle Ampeln in dieser Scheißstadt sind gegen uns. Die warten nur darauf, dass wir kommen um auf rot zu schalten" Das Traurige daran ist, dass er das Gesagte tatsächlich glaubt. Er wirft der alten Oma, die langsam über die Straße hatscht, einen bitterbösen Blick zu. Sie läuft dadurch zwar nicht schneller, doch ich sinke noch etwas tiefer in meinen Sitz. Der Passat stöhnt, als wir Gas geben. "Scheißkarre! Ich muss nachher mal die Zündkerzen wechseln! Alles muss man selber machen in diesem Scheißland." Dass diese Zündkerzen aber auch nicht unzerstörbar waren. Ärgerlich! Sogar tanken musste man selber.

Ein kleiner Stau kommt auf uns zu. Oh nein, weine ich innerlich, bitte fahrt doch weiter. "Fahr weiter!" schreit mein Mann im selben Moment so laut, dass mein Trommelfell mit einem kleinen kläglichen Laut platzt. Mein Mann schenkt dem Fahrer des vor uns fahrenden Fahrzeugs einen bitterbösen Blick und fuchtelt wild mit seinen kurzen Ärmchen herum. Der Fahrer guckt gelangweilt und irgendwie mitleidig in den Rückspiegel. Er fährt nicht weiter. Wie denn auch. Ein LKW steht vor ihm. Ich sinke noch tiefer in meinen Sitz. Mein Mann führt seinen Vortrag über die ganze Welt, die momentan unterwegs ist um ihn zu ärgern, fort.

Endlich! Wir nähern uns dem ersten Autohaus. Fünfhundert Meter davor ist ein Parkplatz frei. Dass direkt vor dem Autohaus Unmengen kostenloser Parkplätze zur Verfügung stehen interessiert meinen Mann nicht denn er weiß: Sobald er auf diesen Parkplatz fährt um das Angebot des Autohauses anzunehmen fahren auch alle anderen Menschen dieser Welt auf diesen Parkplatz um dort zu parken und um ihn zu ärgern. Außerdem könnte ja bereits ein Fahrzeug dort parken. Dann hätten wir auf den restlichen hundertzwanzig Quadratmetern ja keinen Platz mehr gefunden.

Nachdem wir zehn Minuten gegangen waren kommen wir beim ersten Autohaus an. "Alles minderwertige Scheißkarren!" flucht mein Mann. Der Besitzer des Autohauses, der direkt neben uns steht, schenkt uns einen pikierten Blick. Hilflos schaue ich mich um doch es gibt leider keinen Sitz, in den ich sinken kann. Also tue ich, als gehörte ich nicht zu ihm, meinem Mann. "Elli komm, wir fahren woanders hin. Alles viel zu teuer hier" brüllt er Plan fehlgeschlagen. Mist! Ich werfe dem Besitzer des Autohauses einen entschuldigenden Blick zu.

Zehn Minuten später haben wir unseren armen alten Passat erreicht. Er will nicht anspringen. Auch das noch. Meine Seele fängt bitterlich an zu weinen, als ich sehe, wie mein Mann schreiend und wild fuchtelnd auf der Straße umherspringt und immer wieder gegen das Auto tritt. Die ganze Welt, die ja unterwegs war um uns zu ärgern, fährt an uns vorbei. Sieht mich weinen, sieht meinen Mann umherspringen und wundert sich, was für seltsame Menschen es doch gibt. Ich versinke ganz tief in meinem Sitz.

Nach einigen Versuchen, bei denen ich jeden Moment damit rechnete, dass der Motorblock mit einer gewaltigen Explosion auf die Straße kracht, springt er endlich an, der arme alte Passat. 10 Jahre hatten diese Zündkerzen jetzt gehalten. Warum gaben sie gerade jetzt den Geist auf. 10 Jahre voller Versprechen, dass sie nachher mal gewechselt werden würden.

Endlich rollen wir wieder auf die Straße. Dieselbe Prozedur wiederholt sich an diesem Tag noch etwa zehnmal. Nachdem wir dreißig weitere Autohäuser abgeklappert haben und insgesamt 40 Autohausbesitzer bis aufs Blut beleidigt hatten, weil die Fahrzeuge, die sie wagten anzubieten, entweder zu modern waren, die falsche Farbe hatten oder minderwertige Namen wie VW, Opel, BMW oder Mercedes trugen, fanden wir endlich ein Auto, dass meinem Mann zu gefallen schien. Tatsächlich! Es hat die richtige Farbe, fast das richtige Alter, fast die richtige Kilometerzahl und nur zehn Kratzer im Lack. Ein alter Citroen! Mein Mann wollte schon immer einen Citroen fahren. Nach langem Gutzureden erklärt er sich bereit, den Citroen zu kaufen. Allerdings unter einer Bedingung: "Man muss die Preise vergleichen! Nachher finden wir woanders noch einen Besseren und ärgern uns darüber, dass wir den Citroen bei diesem Halsabschneider gekauft haben!" erklärt mein Mann während der Halsabschneider neben uns steht.

Nachdem wir also zwei Monate später sämtliche Autohäuser in ganz Schleswig-Holstein abgeklappert hatten (es gibt eine halbe Millionen Autohäuser in Schleswig-Holstein), um uns zu vergewissern, dass es keinen besseren Wagen als diesen Citroen gibt, kaufen wir ihn. Der Passat fällt mit einem letzten Stöhnen auseinander, bevor wir ihn zum Schrottplatz fahren können. Sechs verkohlte Zündkerzenleichen rollen über die Straße.

Wir fahren den Citroen jetzt ein Jahr. Er springt im Winter schlecht an, was daran liegt, dass er einen Choke hat mit dem mein Mann nicht umgehen kann. "Ich wollte diese Scheißkarre nicht haben. Ich hab gesagt dass wir uns weiter umsehen müssen. Aber Du musstest ja den erstbesten kaufen. Jetzt haben wir den Dreck am Hacken!" flucht mein Mann und zwingt den Citroen mit Gewalt anzuspringen. Der Motor heult bedrohlich Mein Mann wirft einem zufällig vorbeilaufenden Nachbarn einen bitterbösen Blick zu. Ich sinke tiefer in meinen Sitz.

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