Felix und Monica
© Manfred Schröder
Ein Mann ging durch die abendlichen Straßen. Ein einsamer Wolf. Verachtung lag auf seinen verzogenen Lippen, zwischen denen, wie Koketterie, eine Zigarette hing. Unangezündet. Er wusste um seine schwache Brust. Die farbigen Reklamen erhellten nicht sein Gemüt. Gleich einem Schatten schlich er, den Blick abwesend, zwischen Menschen.
Menschen! Er mochte in kein Gesicht mehr schauen. Lugte nicht Falschheit aus jedem Augenwinkel? Lag nicht Lüge auf jeder Zunge? Verloren hatte er jedes Vertrauen. Und doch! Hatte nicht auch einst in ihm ein glühendes Herz geschlagen? Hatten nicht auch seine Augen hoffnungsvoll zu den Sternen geschaut? Ein Schaudern zog durch seinen Körper.
´Oh, alles ist eitel unter der Sonne!´
Plötzlich griff er sich an seinen Kopf, in dem es sich zu drehen begann. An einer Straßenlaterne gelehnt, blieb er stehen und schloss die Augen. Er atmete schwer und seine schmale Brust hob sich auf und nieder. Gerne würde er sich jetzt im Spiegel sehen, wie er dastand. Als er seine Augen wieder öffnete, da stand sie vor ihm. Groß und mächtig! Ihr Sommermantel verhüllte kaum ihre üppige Figur. Sie lächelte und blickte auf ihn herab.
-Du bist einsam.-
Und nach einer kleinen Pause.
-Ich heiße Monica.-
Monica! Wer war sie? Kannte sie ihn? Er schaute in ihr Gesicht. Und für einen Augenblick glaubte er es zu kennen. Es wieder zu erkennen. Doch dann verflüchtigte sich das Bild in seinen Gedanken. Und sein Blick blieb nur an ihrem Körper hängen.
-Und wie heißt du?-
Die Frage riss ihn aus seiner Blickversunkenheit.
Wie automatisch sagte er,
-Felix.-
Um ihre Mundwinkel lag ein kaum erkennbares Lächeln.
-Komm-, sagte sie dann. Mehr nicht. Und er folgte ihr. Schweigend gingen sie nebeneinander. Nach einiger Zeit blieben sie vor einem Haus stehen.
-Hier wohne ich.-
Als sie die Treppe hinaufstiegen, sie ging vor ihm, hing sein Blick an dem, was vor ihm sich mächtig hin und her bewegte. Und wieder kamen Erinnerungen in ihm hoch. Für einen Augenblick sah er sich als Kind, das mit ausgestreckten Händen nach etwas greifen wollte. Doch wonach?
Sie öffnete die Türe und führte ihn ins Schlafzimmer.
-Zieh dich aus und leg dich schon aufs Bett.- Sie blickte ihn mit einem eigentümlichen Lächeln an.
-Ich gehe nur in den Waschraum, um mich ein wenig frisch zu machen.- Ihre Stimme war jetzt zärtlich und hatte einen ihm wohlvertrauten Klang. Als hätte ... Schnell verbannte er den Gedanken. Er fühlte sich benommen. Doch er tat, was sie sagte. Aus dem Waschraum vernahm er das Rauschen des Wassers. Er schloss die Augen.
Ihm schien, als sei eine Ewigkeit vergangen, als er hörte, wie sich die Türe des Badezimmers öffnete. Schritte kamen näher. Das Bett ächzte und er fühlte zu beiden Seiten seines Körpers ihre Schenkel. Einen Moment noch hielt er seine Augen geschlossen. Dann öffnete er sie. Sie wurden groß und ungläubig. Und aus dem Staunen wurde ein Erkennen. Und ein Schrei entrang sich ihm und füllte den Raum:
-Mamma, mich dürstet!-
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Eingereicht am 21. Oktober 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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