"Sorry, Thomas dass ich dich mitten in der Nacht anrufe. Aber du musst mir helfen."
"Na, was ist los?"
"Wie soll ich sagen?"
"Weiß nicht, wie du das sagen sollst."
"In meiner Wohnung liegt 'ne Leiche."
"Eine was?"
"Eine Leiche, und ..."
"Wie kommt eine Leiche in deine Wohnung. Ist es 'ne Frau?"
"Natürlich nicht. Mach doch keine Frau zur Leiche."
"Ne, machst höchstens schwanger."
"Was sagst du? Hab nicht verstanden."
"Ach, nix. Und die Leiche?"
"Ist der Ehemann von einer Frau."
"Und den hast du ... mit 'nem Revolver ...?"
"Nein. Mit der Frau ..."
"Mit der Frau ...?"
"Ja, du weißt doch. Die aus Bronze, die Nackedei, welche auf der Kommode steht."
"Du meinst aus Messing."
"Gut, gut, aus Messing."
"Hattet ihr Streit gehabt?"
"Na, ja, sicher. Hat wohl gesehen, wie sie aus dem Haus kam. War ja die ganze Zeit bei mir gewesen."
"Und wollte dich zur Rede stellen?"
"Zuerst war er ja noch ganz vernünftig. Wollte wohl so die Sache unter Männern regeln. Und dass er sie liebt. Und all das. Kennst ja. Doch von ihr weiß ich ganz was anderes. Hat sie betrogen und geschlagen."
"Und hat bei dir Schutz gesucht."
"Ja, hat bei mir Schutz gesucht! Doch warum so sarkastisch?"
"Erzähl weiter."
"Und als ich ihm das sagte, ja, dann wurde er richtig aggressiv und hatte plötzlich ein Messer in der Hand."
"Dann war es ja Notwehr."
"War leider nicht sein Messer."
"Wie nicht sein Messer?"
"Bei dem Hin und Her befanden wir uns auf einmal in der Küche. Und da lag ein, ja so ein langes Brotmesser auf dem Tisch. Und das hat er genommen. Siehst du; wäre es sein eigenes gewesen, dann ..."
"Wie kommt eigentlich die Bronzestatue aus dem Wohnzimmer in die Küche? Stand sie da?"
"Nein, doch als ich merkte, dass er aggressiv wurde, hab ich sie in die Hand genommen. So als Schutz. Hab natürlich nicht daran gedacht, sie zu gebrauchen."
"Aber hast dann doch zugeschlagen."
"Habe zugeschlagen, ja. Als er plötzlich das Messer nahm und auf mich losging. Was sollte ich machen?"
"Ja, was solltest du machen. Hast ein Koffer?"
"Warum Koffer? Du meinst Sachen packen und verschwinden."
"Nein, nein. Die Leiche rein legen."
"Ach so. Ja, hab einige. Doch sind alle klein."
"Hast wenigstens 'ne Säge?"
"Säge?"
"Ach, vergiss."
"Kannst du nicht kommen, um ...?"
"Mit 'nem Koffer?"
"Nein. Doch, was mach ich jetzt?"
"Ich kann wirklich nicht. Was meinst du was Eva sagt, wenn ich mitten in der Nacht weggehe."
"Sag, ein Geschäftsfreund hat angerufen."
"Mensch, die denkt doch, ich geh zu 'ner anderen Frau. Besorg dir 'nen Sack. So wie in 'Das Fenster zum Hof'. Oder wie hieß der Film?"
"Moment, leg nicht auf, Thomas. Es hat geklingelt."
*
"Ingrid! Warum kommst du zurück?"
"Wo ist Dieter? Ich habe ihn ins Haus gehen sehen."
"Dieter? Weiß nicht."
"Er ist nicht wieder herausgekommen!"
"Wohin gehst du? Ingrid! Komm her."
"Nein! Du hast ihn ermordet. Warum? Mörder!"
"Beruhige dich doch. Was soll das? Er hat mich angegriffen. Es war Notwehr."
"Notwehr. Es war keine Notwehr. Mein armer Dieter. Ich habe ihn so geliebt!"
"Was redest du da? Geliebt!? Du wolltest dich doch scheiden lassen. Wegen Misshandlung. Du hast es mir doch selbst gesagt."
"Nichts hab ich gesagt! Mörder!"
"So bleib doch hier!"
"Mörder!"
*
"Thomas. Bist du noch dran?"
"Ja, was war das für eine Frauenstimme, die da so schrie?"
"Sie war zurückgekommen"
"Wer?"
"Ingrid. Die Frau von dem Mann, den ich erschlagen habe. Und behauptet auf einmal, ich hätte ihn kaltblütig umgebracht. Verstehst du das? Bist du noch dran? 'Mörder!', schrie sie und ist dann wie von Sinnen weggerannt. Was mache ich jetzt?"
"Ist, oder besser: war ihr Mann eigentlich reich?"
"Reich? Warum fragst du? Ja. Besitzt, oder besaß eine Boutique und eine Villa. Aber was soll die Frage?"
"Und haben wohl keine Kinder?"
"Nein, sie haben keine Kinder! Doch was soll das alles? Was lachst du?"
"Ja, brauchst jetzt einen guten Rechtsanwalt. Einen wirklich guten. Die Frau, wie war ihr Name?"
"Ingrid."
"Diese Ingrid hat euch beide gut eingeschätzt. Und war sich wohl ziemlich sicher, dass es so ausgehen würde. Ein Versuch, der sich gelohnt hat. Der ganze Besitz ihres Gatten wird jetzt ihr alleine gehören! Was ist?"
"Ich höre Stimmen. Männerstimmen. Die Polizei!"
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