Geliebte S-Bahn!!
© Gaby Schumacher
Wer kein Auto hat, ist auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. Damit also auch des Öfteren auf die S-Bahn.
GELIEBTE S-BAHN!!
Auf dem Bahnsteig schaut man nach der S-Bahn nach Köln aus.
"Gott sei Dank, in einer Minute ist sie da!"
Nichts passiert.
Nach zwei weiteren Minuten, die S-Bahn hätte nicht nur längst ankommen, sondern bereits den Hauptbahnhof wieder verlassen haben müssen, immer noch nichts. Die Wartenden fangen an zu tuscheln, fragende Blicke in der Runde:
"Haben Sie vielleicht eine Durchsage gehört? Ewig dieses Theater!"
Nein, es ist nichts angesagt worden. Die Fahrgäste stehen sich die Beine in den Bauch, ratlos, was am besten zu tun sei. Dem Bahnsteig den Rücken zu kehren, trauen sich nur die Wenigsten. Eins ist sicher: Genau dann, wenn sie die Treppe nach unten zurück in das Bahnhofsgebäude schon zur Hälfte hinter sich haben, kommt unter Garantie der Zug und fährt ihnen dann vor der Nase weg. So fix kommt nämlich keiner wieder rauf.
Die Leute murren lauter. Schließlich bezahlen sie saftige Preise. Da kann man auch ordentlichen Service verlangen, denken sie. Sie denken so, doch die Deutsche Bundesbahn macht sehr eindrücklich klar, dass dem anscheinend nicht so ist.
Stattdessen sollen die lieben Kunden bitteschön froh sein, wenn überhaupt an diesem Tage noch eine einzige S-Bahn auftaucht. Meistens kommt die dann mit ebenfalls nicht angekündigter Verspätung, so dass dringende Anschlussfahrten zu vergessen sind.
Endlich kommt eine Durchsage:
"Wegen einer Betriebsstörung fallen die S-Bahnen in Richtung Köln heute aus. Bitte nutzen Sie andere öffentliche Verkehrsmittel wie U-Bahn oder Bus. Buslinie Sowieso fährt da und da ab, bringt sie bis Stadtteil Dingsbums. Dort steigen Sie bitte in die Straßenbahn Nr. X."
Ist ja wenigstens eine detaillierte Information, zudem ein nettes Kompliment an die Intelligenz vieler Kunden, die sich hier in Düsseldorf überhaupt nicht auskennen und diese Strecke zum ersten Male in ihrem Leben fahren. Nur trifft diese Nettigkeit der Deutschen Bahn nicht ins Schwarze, denn die Reisenden aus Irgendwo rasen dann wie aufgescheuchte Hühner hin und her und löchern die Umstehenden mit Fragen:
"Entschuldigung, ich bin hier fremd, wo finde ich bloß...?"
Bedauernde Antwort:
"Tut mir leid, keine Ahnung, bin auch nicht von hier. Aber da vorne ist ein Informationsstand. Da gehen Sie Žmal hin. Die können ihnen bestimmt weiterhelfen."
Schon leicht nervös greift sich der Reisende sein Gepäck, wirft ein Danke über die Schulter zurück und keucht durch den ganzen Bahnhof:
"Entschuldigen Sie, wo ist hier der Info-Stand?"
Hat er Pech, erfährt er gar nichts. Hat er Glück, kriegt er den Hinweis:
"Sie stehen fast direkt davor!"
Unser Reisender fühlt sich blamiert.
"Das kommt bei dem ganzen Zirkus raus!", schilt er wie ein Rohrspatz vor sich hin und steuert auf die Info-Leute zu.
Leider muss er einsehen, dass er nicht der Einzige ist. Da stehen mindestens schon zehn Personen, die nicht wissen, wo, wie und wann...
Da auch die Bahnbeamten ihre diesbezügliche Weisheit nur aus dem Computer bzw. aus Fahrplanlisten ziehen, verkürzt sich die Schlange vor ihm nur so ganz allmählich. Er sieht völlig zu Recht schon alle seine Reisefelle schwimmen. Die wüstesten Überlegungen, was das Fortkommen anbelangt, wirbeln in seinem Kopf herum, bringen aber nichts Konkretes, da er von den örtlichen Verkehrsverhältnissen null Ahnung hat.
Endlich ist er an der Reihe und fast mit den Nerven am Ende.
"Ich muss dringend nach Köln!", erklärt er hastig dem Beamten, um dem zu verdeutlichen, wie(!) dringend es wirklich ist. In aller Gemütsruhe meint der:
"Moment, das haben wir gleich...!"
Das Gleich entpuppt sich als Irrtum. Nach geschlagenen fünf Minuten Erklärung weiß der Reisende zwar, wo er den Bus Nr. Sowieso findet, aber nicht, wie er denn dahin kommt.
Seufzend schleicht er, denn er hat jetzt jede Menge Zeit - alle in Frage kommenden Anschlüsse, die ihn rechtzeitig zum Ziel gebracht hätten, sind weg - aus dem Bahnhof und tut das einzig Richtige. Er fragt einen Taxifahrer. Der ist echt helle und gibt ihm endlich eine Auskunft, mit der er was anfangen kann:
"Ganz einfach, nur hier über die Straße. Dann halten Sie sich rechts, gehen bis zur nächsten Kreuzung. Dort sehen Sie schon die Haltestelle."
Aufatmend marschiert er zur Bushaltestelle. Der Bus hält im Gegensatz zur S-Bahn seinen Fahrplan ein und kommt sogar pünktlich. Im Reisenden keimt die Hoffnung, vielleicht doch noch, spätestens gegen Abend, dort zu sein, wo er hin möchte.
Denn er bleibt gottlob von einer weiteren S-Bahn-Etappe verschont.
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