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Eingereicht am
24. Februar 2007

Hinter dem eisernen Eingangstor

© Teodor Horvat

Jeden Tag fuhr der blaue Bus mit zahlreichen Saisonarbeitern zwischen dem eisernen Eingangstor in der Konservenfabrik ein, wo man von beiden Seiten des Gehweges, der zu Arbeitshalle führte, nur Säcke mit Paprika sehen konnte. Vor der Arbeitshalle, auf mehreren hohen Eisenbalken, war ein Schutzdach aus Rippenblech untergebracht, unter dem auch neben Maschinen, auf zahlreichen Paletten, Säcke mit Paprika und anderem Gemüse lagen. Hinter der Arbeitshalle, die mit Lagerhaus verbunden war, bis zu dem Kesselhaus, von einer Seite und neben Waage und hinterem Einganstor auf andere Seite, lagen nur Säcke mit Paprika. Täglich kamen mit überladenen Lkws, die wir ausladen mussten, neue Säcke mit Paprika und anderem Gemüse. Die Säcke mit Paprika, sollte man, wie unserer Chef sagte: "nicht schütteln oder niederwerfen, sondern ganz ordentlich und sanft auf den Erdboden legen; sie dürfen in keinem Fall die empfindliche Paprika oder andere Gemüse beschädigen."

So ging es den ganzen Tag durch. Dauernd kamen neue Lkws. Ich trug die Säcke schon die ganze Zeit. Noch einige Arbeiter gingen auch mit und trugen Säcke mit Paprika. Es war schon Mittag. Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte auf mich hernieder. Man hatte einen besonders schweren Sack mit Paprika auf meine Rücken gelegt und ich musste ihn selbst tragen. Aber ich war nach viel Arbeit und Hitze völlig übermüdet und konnte den schweren Sack fast nicht mehr tragen. Und dann geschah es: Plötzlich brach ich zusammen, und der Sack lag auf mir. "Vorwärts!", rief mein Chef. "Heb den Sack auf!" Aber ich konnte es nicht. Da rief er einen anderen Hilfsarbeiter, der auch, wie ich, selbst übermüdet war. "Komm her!", befahl er mit einer zornigen Stimme, "trag den Sack für den alten Mann!" Das wollte er gern tun, aber könnte auch nicht mehr. "Bist du Okay", fragte er mich? "Ich bin noch am Leben", sagte ich und stieg langsam über die Hindernisse auf dem Boden. Hebe im Vorbeigehen meinen Sack und war erstaunt, dass ich überhaupt noch immer gehen kann. Der Chef stand da die ganze Zeit und sah sich alles nur an.

Dann kam endlich die Mittagspause. Das war eine Erleichterung für uns alle, aber besonders für mich. Dann machten wir uns mit langsamen und schweren Schritten in die Garderobe, wo wir normalerweise immer gegessen und geraucht hatten. Als wir in die Garderobe gekommen sind, ich setzte mich auf meinen alten Stuhl aus Holz und lehne mich mit dem Rücken gegen die Wand. Schließe meine Augen und war eine Weile lang ganz ruhig. Die anderen Saisonarbeiter zündeten gleich eine Zigarette an. Der dichte Rauch und milder Zigarettengeruch füllten bald den ganzen Raum. "Es wirkt beruhigend nach der anstrengenden Arbeit", sagten sie, aber ich war nicht so sicher. Die Zeit verging sehr schnell und wir müssten bald weitermachen.

"Der Chef ruft uns, die Pause ist vorbei", sagte einer und öffnete die Tür. Von lauter Maschinenlärm vom Waschen und Schneiden von Paprika und roter Bete konnte man noch kaum was hören. Die Frauen waren schon da und machten sich wie immer zuerst an die Arbeit. Fleißige Frauenhände lösten Paprikasamen und Stiele ab, welche nach dem Waschen und Schneiden übrig geblieben sind. Ich selber musste die Säcke mit Paprika von Paletten aufheben und auf das Förderbband, das zur Maschine führte, legen. Ich trug dabei den blauen Arbeitsmantel und eine blaue Schildmütze mit Firmennahmen. Die Schutzkleidung, eine weiße Schürze die mit Paprika befleckt war, und Gummistiefel hatte ich wegen dem schmutzigen Wasser, in dem Ich die ganze Zeit stand, auch angehabt. Sogenannte "Heldenhandschuhe", die nur zu Schwerarbeit bestimmt waren, trug ich selbstverständlich auch. In den Maschinen wurde Paprika mehrmals gespült und dann weiter zur Arbeitshalle transportiert. Das schmutzige Spülwasser aus den Maschinen lief dauernd auf Boden und lag überall herum, sodass wir die ganze Zeit in Wasser standen und nach der Arbeit ganz nass waren.

Das Einzige, was dabei schön war, war der Ausblick. Ein wunderschöner und ein wenig unwirklicher Blick, den ich jeden Morgen bei Tagesanbruch über Maschinen in die Ferne gesehen hatte. Gerade dieser Anblick gab mir zusätzliche Kräfte für alles was mich an diesem Tag erwartete und auf mich zukam. Solange es warm war, konnten wir es noch aushalten, aber als schlechtes und kaltes Wetter kam, war es für uns noch viel schlimmer und wir waren wirklich am Ende von unseren Kräften. Aber zum Glück die Paprika ging auch bald zu Ende und wir gingen endlich in die Arbeitshalle, wo es zwar wesentlich wärmer, aber für mich nicht viel leichter war und wo auf uns neue Arbeitsverpflichtungen warteten.




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