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Eingereicht am
29. Mai 2007

Ein verregneter Tag

© Hans-Jörg von Büren

"Möchten Sie noch etwas vom Buffet?" fragte die Kellnerin.

"Danke, nein", sagten Wolfgang und Pia gleichzeitig. Sie sahen sich um. Der Speisesaal hatte sich geleert. "Sind wir unter Bettflüchtige geraten?" fragte Pia.

"Aktivurlauber halt", sagte Wolfgang. "Sportliche Paare auch. Die Wandergruppe aus Cuxhaven ist bestimmt schon längst unterwegs."

"Bei dem hässlichen Wetter?"

"Die haben bei TUI Berge gebucht und wollen sie jetzt beschreiten."

"Für Betten haben sie wohl nicht bezahlt."

"Doch, aber Bewegung im Freien geht vor. Auch wir wollen ja heute noch auf die Kuppe da drüben."

"Abgesagt! Schau mal raus." Pia schob eine Gardine zur Seite. "Das regnet doch unentwegt."

"Denk an die Hanseaten."

"Vielleicht haben sie ihr Ölzeug mitgebracht."

"Hast du denn einen anderen Vorschlag?"

Pia schickte einen Kuss über den Tisch. "Schlechtwetterprogramm."

"Wenn du meinst ..."

Ein wenig zögerte jetzt sie. "Denkst du, das Zimmer ist schon aufgeräumt?"

"Ich habe der netten Polin ein Trinkgeld gegeben."

Als die Uhr vom nahen Kirchturm halb zwölf schlug, wandte sich Pia, die auch ein Viertelstündchen gedöst hatte, wieder Wolfgang zu und legte den Kopf auf seine Brust. Sie zupfte an seinen Härchen; als das nichts fruchtete, bohrte sie ein wenig in seinem Nabel. Wolfgang atmete tief und schlug die Augen auf.

"Wie geht es weiter?" fragte Pia.

"Es ist dein Schlechtwetterprogramm."

"Sag du mal etwas."

"Im Thermalbad waren wir noch nicht."

"Gute Idee! Auch damit die schönen Bademäntel nicht vergammeln."

Sie fuhren in den Berg hinab, duschten und tauchten ins dampfende Wasser. "Schön!" rief Pia. "Fast wie in den Mutterleib zurückzuschlüpfen." Zwei Herren, die auf einem schwimmenden Brett Schach spielten, blickten kurz auf; dann verschob Weiß den linken Läufer. "Leise!" rief Wolfgang Pia zu.

Sie schwammen eine Weile in der Grotte umher. Pia hielt bei einer Leiter an und benützte sie als Sprossenwand für ihre Kniebeugen. Die Wellen, die sie verursachte, brachten die schwarze Königin zu Fall. Schwarz hob die Augenbrauen. "Komm, lass uns ins Fitnessbad gehen", sagte Wolfgang.

Sie spielten ein wenig mit den herumstehenden Geräten, tunkten die Zehen ins Sportbecken, fanden das Wasser zu kalt und entschieden sich für den Whirlpool, der wärmeres versprach. Mit ausgebreiteten Armen hielten sie sich am gekachelten Wulst, der den Rand bildete. Ihre Füße suchten sich im sprudelnden Wasser.

"Was war die empfohlene Badezeit?" fragte Pia.

"Zwanzig Minuten."

"Und nachher?"

"Soll man eine halbe Stunde liegen."

"Muss man das hier unten tun?"

"Nein."

Auf dem Weg zum Aufzug fragte Pia: "Hatten wir eigentlich nicht Wanderproviant bestellt?"

"Richtig! Den holen wir uns jetzt."

Pia kicherte. "Sieht ja vielleicht komisch aus, zwei in Bademänteln, die Wegzehrung fassen."

"Die hier sind an komische Gäste gewöhnt."

Die adrett gekleidete Brünette am Empfang ließ sich nichts anmerken. "Moment", sagte sie nur. "Meine Kollegin hat Ihren Proviant kühl gestellt. Wir wussten ja nicht ..." Sie verschwand in einen Nebenraum. Pia wählte derweil eine Postkarte, die das Hotel samt Gebirge zeigte, und griff nach einem der herumliegenden Kugelschreiber. Hastig schrieb sie die Adresse ihrer Freundin, dann nur noch:

Ein wunderschöner Tag; es regnet!

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Gottes kalte Gabe

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