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Bagdad und die heilige Stadt Kasimen

© Gottfried Johannes Müller

Gottfried Johannes Müller: Einbruch ins verschlossene Kurdistan Seit über vierzig Stunden fühlte ich mich mit meinem Sepp wie ein Gefangener in jenem Wüstenauto, das wir nach herrlichen Sonnentagen und phantastischen Vollmondnächten am See Genezareth in Tiberias bestiegen hatten.

Erfreulich kurz dauerte die Rast an der Grenze zwischen Palästina und Transjordanien zur Passkontrolle und zu einer geringfügigen Reparatur am Auto.

Dann donnerte der Wagen weitere viele Stunden Tag und Nacht in rasender Fahrt ununterbrochen durch die öde Syrische Wüste dahin. Zur Orientierung des Weges dienten lediglich die Fahrspuren anderer Wüstenwagen.

Während wir tagsüber in der glutheißen Sonne fast austrockneten, froren wir des Nachts. Wir führten außer unseren leichten Reisedecken nur Tropenkleidung mit uns.

Der Einfall zu dieser Wüstenfahrt war uns nämlich ebenso spontan gekommen, wie so manches andere Abenteuer, das wir auf unserer Reise erleben durften.

An Schlaf war trotz unserer ungeheuren Müdigkeit nicht zu denken, weil wir in diesem rasenden Tempo bei jeder der vielen Unebenheiten des Sandmeeres hochgeworfen und mit kräftigem Schlag wieder niedergesetzt wurden. So lagen wir, alles über uns ergehen lassend, hinten auf dem offenen, leeren Lastwagen und starrten hinauf in den Zauber des Sternenhimmels und in das fahlsilberne Mondlicht der tropischen Nacht … Unsere Köpfe schützen wir so gut wie möglich vor den Aufschlägen auf dem Lastwagenboden.

Am zweiten Morgen unserer Wüstenfahrt kam neues Leben in unsere steifen Glieder. Heute sollten wir noch am Vormittag das Ziel unserer Sehnsucht erreichen. Schon hatten wir den Euphrat überquert und einige Dörflein inmitten kleinerer Oasen durchfahren, da verschlang uns wieder die trostlose Öde der Wüste.

Erwartungsvoll gehen unsere Blicke gen Osten in die langsam höher und höher emporsteigende Glutkugel der unbarmherzigen Sonne.

Endlich glauben wir einige glitzernde Punkte am Horizont zu entdecken, die sich rasch vergrößern. Durch unser Fernglas erkennen wir golden glänzende Kuppeln von Moscheen. Von unserem Wüstenchauffeur erfahren wir, dass es die der heiligen Stadt Kasimen sind, dem Wallfahrtsort der mohammedanischen Sekte der Schiiten. Wir umfahren glücklicherweise diese Stadt in großem Bogen.

Während ich noch lange auf die schimmernden Kuppeln und Minarette zurückblicke, steigt in mir ein Gedanke auf.

Inzwischen nähern wir uns unserem Ziel. Vor uns liegt Bagdad, die einstige Stadt der Wundermärchen von "Tausendundeine Nacht". Inmitten von sattem Grün und dem Braun gewaltiger Palmenhaine blinken die unzähligen weiß leuchtenden Häuser hervor. Dazwischen leuchten die vielen, in allen Regenbogenfarben schimmernden, buntglasierten Kuppeln der zahlreichen Moscheen.

Es ist ein Wunderglanz und eine Farbenpracht, wie sie wohl nur im Orient vorkommen.

Tiefblau wölbt sich der unermessliche, wolkenlose Himmel wie ein Dom über dieses Märchen der Märchen.

Wir verlassen unseren Rumpelkasten und sind froh, endlich wieder auf unseren eigenen Beinen zu stehen.

Das unerwartet schöne Straßenbild, das noch durch die Freudigkeit der malerischen Frauenkleidung gehoben wird, setzt uns in volle Begeisterung.

Lachend werfen wir einen letzten Blick auf den Wüstenwagen. Dann besteigen wir ein bequemes Taxi, von dem wir uns in das von uns schon erwählte "Hotel Naamann" bringen lassen. Dort richten wir uns behaglich ein, denn wir beabsichtigen, mindestens zwei Wochen hier zu bleiben, um all den Glanz und Zauber der Märchenstadt Bagdad zu kosten.

Inzwischen ist es Abend geworden. In einem Meer von Farben rollt das Sonnenrad dem westlichen Horizont entgegen.

Begleitet von unserem Diener Ibrahim, den wir für die Dauer unseres Aufenthalts gemietet haben, und der auch ganz leidlich Englisch spricht, schlendern wir durch das moderne Viertel der "New Street", um bald darauf in einem der vielen, nach der Straße zu offenen Kaffeehäuser zu landen. Hier hängen an den Wänden und liegen über den zahlreichen hohen Bänken prachtvolle, kostbare Perserteppiche, vor denen winzig kleine Tischchen für den gereichten Mokka und Tee stehen.

Entgegen dieser Pracht an Wänden und auf Bänken ist der Fußboden sehr schmutzig und mit Sägemehl bestreut. Man kennt die hygienische Theorie "Nicht auf den Boden spucken" im Orient nicht. Aller Unrat wandert auf kürzestem Weg immer nach unten. In den Kaffeehäusern herrscht reges Leben. Von morgens früh bis in die späte Nacht sind sie von plaudernden Männern gut besucht, es herrscht dichtes Gedränge dort.

Araber, mit der eigenartigen Irakmütze auf dem Kopf, und viele Beduinen aus ihrem unermesslichen Bereich der Wüste sind hier und schauen neugierig, als wir das Gasthaus betreten. Sie sind zum Einkauf gekommen und wollen hier noch manche Neuigkeit erfahren.

Diese Beduinen tragen den Burnus, die Abba im Gürtel, den Silberdolch, kunstvoll ziseliert, um ihr Haupt das Keffietuch geschlungen, welches mit den schwarzen Ziegenhaarringen, dem "Iggal", festgehalten wird. Zwischen den dichtgedrängt sitzenden Menschen gehen eiligen Schrittes die Boys hin und her, um die gewünschten Getränke zu reichen. Durch den ganzen Raum zieht sich pausenlos das auf- und abschwellende Geräusch der vielen redenden Männer, dazwischen das Gurgeln der vielen wohlschmeckenden "Nargilehs" (Wasserpfeifen) und das unaufhörliche Klappern des hier sehr beliebten Glückspiels "TrickTrack".

Sepp und ich haben uns mit Ibrahim in eine Ecke des Lokals gesetzt, von wo aus wir das ganze Leben und Treiben ungestört beobachten können.

Aller Augen richten sich heimlich auf uns, da wir mit unserem Diener Englisch sprechen. Nicht weniger erstaunt aber blicken die neugierigen Lauscher auf, als wir in fließendem Hocharabisch "Tschai" (Tee) bestellen. Ganz famos ist es, dass man in den Bagdader Kaffeehäusern nur einmal zu bezahlen braucht, und zwar etwa sechs Pfennige. Für diesen Betrag kann man den ganzen Tag sitzen bleiben und trinken, so viel man will.

Kaum zwei Minuten sitzen wir hier, da tritt ungerufen der Boy zu uns an den Tisch und bietet uns Zigaretten an. Auf unsere fragenden Blicke "Wieso das?" deutet er auf einen Herrn in der gegenüberliegenden Ecke.

Wir grüßen lachend hinüber und bitten wenig später, ob wir uns zu ihm setzen dürfen. Es ist offensichtlich ein Herr aus höheren Kreisen, der sich freut, dass wir zwei "Alemani" von so weit hergekommen sind, um seine Heimatstadt Bagdad zu besuchen.

Sogleich lässt er für uns Getränke und die übliche Nargileh kommen. Voll Behagen genießen wir dieselben.

Lange unterhalten wir uns mit diesem Herrn, einem sehr geistvollen, höheren Regierungsbeamten, der uns nicht nur als seine Gäste betrachtet, sondern uns auch viel Neues und Altes von Bagdad erzählt.

Viel wichtiger war es uns aber, dass uns durch ihn Tür und Tor zu allen führenden Stellen und Männern des Irak geöffnet wurden. Überhaupt hatten wir noch oft Gelegenheit, die große Gastfreundschaft der Irakaraber uns Deutschen gegenüber kennenzulernen.

***

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

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Johannes Gottfried Müller: Einbruch ins verschlossene Kurdistan Dies ist ein Auszug dem Reisebericht von Gottfried Johannes Müller, der im Jahre 1935 mit dem Fahrrad eine Reise in den Orient unternahm, wobei es ihm gelang, in das hermetisch abgeriegelte Kurdistan zu kommen. Den vollständigen Bericht finden Sie in dem Buch / eBook

Johannes Gottfried Müller
Einbruch ins verschlossene Kurdistan

Dr. Ronald Henss Verlag
ISBN 978-3-939937-00-2 (Buch)
ISBN 978-3-939937-79-1 (eBook epub-Format)
ASIN B004TBD184 (eBook Amazon Kindle Edition)


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