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Vom Friedensengel zum Tor, schnurstracks unter die Linden bis hin zum Alex. Julia und Robert lagen im Bett, sie, hier aufgewachsen, lockig brünett, kleinen Leberfleck am linken Zeh, hübsch, äußerst akzeptabel; er, seit einem Semester in Berlin, straßenköterblond, mit einem großen Leberfleck über der rechten Hüfte. Fühlte sich gut an, dachte Robert, dich neben mir zu spüren, noch gar nicht so lange her, doch schon genug. Julia stand auf, Gang zur Küche, zwei Gläser Limo zur Erfrischung, nett sah er aus, wie er so da lag, angewinkelte Ferse, Handfläche im Nacken. Robert gefiel es gut hier, er mochte alles, die Stadt, die Stadt, die Stadt. Julia hatte ihn gewarnt, er solle sich nicht mit den dort lebenden Menschen einlassen, sie seien alle nicht zu ertragen, diese scheiß soziale Kälte, hatte sie gesagt, brächte sie dazu, die ganze Stadt ertränken zu wollen.
Robert im Club, Julia nicht da, auf Arbeit oder arbeiten oder so. Ausgelassene Stimmung, tiefe Bässe, wie immer Samstagnacht. Die pumpende Masse brachte sich zum kochen. Je mehr Drinks, um so mehr Leute, Freunde, lachen, quatschen, Blödsinn machen. Als der Abend zu Ende war, ehe es sich Robert versah, hatte er einen Pulk Menschen um sich gehabt, eine nette Omi mit Bart getroffen und ein Mädchen mit schönen Augen. Wie es Robert denn so gefalle in ihrem Berlin, wollte sie wissen, es sei doch, das müsse er ungeschminkt zugeben, eine der besten Städte überhaupt, woraufhin Robert einwilligte, bis sie ihm einen Kuss ins Gesicht schmetterte, ganz unverbindlich, versteht sich. Robert faselte noch was von wegen sozialer Kälte, woraufhin sie nur den Kopf schütteln konnte und sagen, der Berliner sei doch ein besonderer Schlag von einem Menschen. Mit Kater in den Knochen tigerte er schließlich nach Hause, den Fernsehturm im Blick, gar nicht so schlecht, huschte es ihm durchs Hirn, vielleicht fühlte er sich hier wohl.
Früher Mittag, schwer im Bett, Robert durch den Alkohol gezogen, Körper schwer. Julia kam wieder nach Hause, drückte sich neben ihn, ebenfalls erschöpft, zu keiner Unterhaltung bereit. Robert quälte sich auf, mit vorwurfsvollem Ton von der Nacht erzählend, nicht verstehend, weshalb Julia ihm diese Geschichten von wegen sozialer Kälte einimpfte. Er war ein wenig sauer, das bemerkte Julia sofort, ließ sich also alles ganz haarklein erzählen, beanstandete aber schließlich, dass Robert sich zum Narren halten lassen hatte, es sei doch schließlich stadtbekannt, und ihr könne er glauben, diese Art von Mädchen würden Jungs wie ihn doch nur ins Bett kriegen wollen, die leichte Marie, nichts weiter, er habe sich schön durch den Kakao ziehen lassen, das hätte sie gar nicht von ihm gedacht. Danach schlief Jule ein. Robert schaute fern, was hätte er sonst tun sollen? Sonntagnachmittagsprogramm, schwere Jungs, leichte Mädchen, Klamotten aus den Achtzigern, nicht gerade Quotenprogramm. Schließlich switchte er auf den Stadtkanal.
Das nächste Wochenende war da, Jule weg und Robert langweilig, also gleiches Programm wie letzte Woche, überlegte er, obwohl, que sera. Also wieder dumpfe Bässe, wie gehabt, alles beim Alten, ein zwei Drinks zuviel und schließlich wieder das eine Mädchen. Er attackierte sie, bevor sie ihn noch begrüßen konnte, was ihr überhaupt eingefallen wäre, sie solle Land gewinnen, er hätte sie schon längst durchschaut, schade, tja, schade, das hätte er nicht von ihr gedacht. Sie, völlig verdutzt, fragte nach, woher er denn seine Meinung auf einmal hätte, es sei schließlich nichts gewesen und also erzählte er ihr alles mit Jule und so weiter und so fort. Das Mädel schaute ihn an, trank an ihrer Cola und meinte nur, dass es schon richtig sei, sie gern mit ihm die Nacht verbracht hätte, etcetera, etcetera, er solle sich aber bloß nicht einbilden, nach allem was er ihr über Jule erzählt hatte, dass jene aus anderen Gründen mit ihm zusammen sei, als er sich vorstellen würde. Machs gut, kleiner Träumer, hatte sie noch zu ihm gesagt, macht ja nichts, und verschwand in der Masse. Robert völlig trunken, nicht leicht auf den Beinen, Filmriss, irgendwie fand er das jetzt auch nicht ganz so geheuer.
Nächster Morgen, wie üblich früher Mittag, das Bett nass vom Schweiß und Alkohol, Julia an der Tür. Sie legte sich wieder zu ihm, wollte nur ihre Ruhe. Aber Robert konnte keine Ruhe geben, stieß sie von sich, faselte etwas von, ob es wahr sei, dass sie ihn nur nehmen würde, weil er eben gerade da wäre und machte auf stur. Julia souverän, es sei wohl nicht zu übersehen, dass er einen großen Schatten vor den Augen habe und ja, es wäre wohl richtig, dass es nicht so viel gemeinsames zwischen ihnen gäbe, aber wenn er ihr jetzt noch blöd käme, dann könnte sie auf der Stelle verschwinden, ihr sei das nicht so wichtig, er nicht der einzige Spinner auf der Welt. Und Robert war natürlich auf Durchzug, sagte, von ihm aus wäre alles gar kein Problem, wenn es so sein müsste, dann bräuchte er niemanden, drehte sich um und schmollte. Jule, nicht auf die Schnauze gefallen, zog sich an, machte sich bereit, wollte gehen, noch ein paar Worte, schöne Zeit, vielleicht. Doch als Robert Julia so aus den Augenwinkeln begutäugte, ihren knackigen Po, ihre Haut, Leberfleck, all das, schoss es ihm wieder durch den Kopf, sie solle doch da bleiben, und so hätte er es nicht gemeint, er könne es schon ertragen, er könne Julia schließlich gut leiden, also solle sie doch bitte, bitte da bleiben.
Julia blieb natürlich, die Socken lagen wieder unter dem Bett, draußen regnete es nicht mehr und nebenan quietschte ein Kanarienvogel sein furchtbares Lied. Und wie Julia so beim wieder friedlichen Robert lag, dachte sie nur, dass es ganz gut wäre, dass er endlich etwas für sie empfinde.