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Fügung des Schicksals

© Tommy Lachmann


Nicht der schnöde Mammon, sondern wohl mehr die Einsamkeit hatte Ursula Pantel bewogen, eines ihrer Zimmer zu vermieten. Ursula lebte seit ihrer Scheidung als Single und Ihre Wohnung bot reichlich Platz für einen Untermieter.
Immer den Schalk im Nacken, war sie ein echter Spaßvogel. Doch nun hauste seit drei Monaten diese trübe Tasse von einem Weich-Ei in ihren vier Wänden und raubte ihr den letzten Nerv! Schluss war mit lustig, denn diesen Burschen quälte das Liebesleid. Nach Feierabend hockte er in ihrem Wohnzimmer rum, heulte sich den Kummer von der Seele und wollte auf den Arm. Abends hing er ewig an der Strippe und blockierte Ursulas Leitung. 26 Jahre alt war das Sensibelchen, hieß Klaus Kremer und stammte aus Königslutter. Nach einer Lehre als Bankkaufmann hatte er einen guten Job hier in Hamburg gefunden.
"Wenn meine Ingrid nicht bald nachkommt, drehe ich noch durch", jammerte er Ursula vor. "Sie nämlich hat von der Weltstadt geträumt und nicht ich. Nur ihr zuliebe habe ich diesen Schritt in diese verdammte Großstadt gewagt!"
Ursula konnte es nicht mehr hören, denn er nervte sie jeden Abend mit der gleichen Story. Sie kannte längst jedes Wort.
"Ingrid hatte mir fest versprochen, spätestens in acht Wochen für immer hier zu sein und nun kommt ewig was dazwischen."
Ursula glaubte schon längst nicht mehr an Ingrids Versprechen. Auch Klaus hatte wohl inzwischen den Glauben verloren, obwohl täglich ein Liebesbrief von Ingrid eintrudelte. Der Junge war in seinem Frust ungenießbar. Ursula hatte ihre liebe Mühe mit ihm.
"Hat meine Ingrid heute schon angerufen", fragte er oft hektisch, wenn er abends nach Hause kam. "Nein", sagte Ursula, "warum sollte sie auch? Sie weiß doch genau wann Sie nach Feierabend zu erreichen sind! Keine Sorge, das Telefon wird schon noch klingeln." - "Ach so, ja logisch", sagte Klaus total verwirrt. Nach Ingrids Anruf hellte sich dann seine Mine etwas auf und sein Herz lief ihm über. Aber es gab ja nur Thema eins: Ingrid.
Eine starke Erkältung kettete Klaus in dieser Woche an das Bett. Ursula Pantel war halbtags in einer Arztpraxis beschäftigt und als das Telefon jetzt läutete, holte sich Klaus den Apparat ins Bett. "Kremer bei Pantel", hustete er in die Muschel und hörte erfreut seine Ingrid, die ihm gute Besserung wünschen wollte. "Sieh Dich doch schon mal nach einer geeigneten Wohnung für uns um, damit wir nicht erst lange bei Frau Pantel zur Untermiete hausen müssen wenn ich komme. Bald bin ich ja für immer bei Dir, vergiss das nicht!"- "Wann kommst Du denn nun endlich", fragte er verzweifelt. - "Es sind nur noch einige Formalitäten für meine Eltern zu erledigen. Ich kann die alten Leute damit doch nicht allein lassen. Nur noch ein wenig Geduld, ich freue mich doch auch auf unsere gemeinsame Zukunft!" Das war Balsam für seine gequälte Seele. Aber dann war die Leitung wieder stumm.
Nach diesem Anruf war Klaus für eine Weile gut drauf, hatte sich einen Tee gekocht und wollte gerade wieder ins Bett kriechen, als das Telefon erneut schrillte. Hatte Ingrid noch etwas vergessen? "Kremer bei Pantel", sagte er wieder hoffnungsvoll.-"Wer ist dort", fragte eine weibliche Stimme. - "Kremer bei Pantel", sagte er nochmals. "Oh - das ist ein komischer Name", hörte er wieder die weiche Stimme. - "Wen möchten Sie denn sprechen", fragte er jetzt verwundert. - "Das ist egal", sagte sie, "bleiben Sie bitte am Apparat, das ist mir schon recht". "Worum geht es denn", staunte Klaus. - "Sie haben eine so nette Stimme, aber Sie sind etwas erkältet, stimmts? Wollen wir trotzdem ein wenig zusammen plaudern?" - "Aber worüber und wer sind Sie denn eigentlich", wollte Klaus wissen. - "Ich bin in der Telefonzentrale beschäftigt und habe gerade Mittagspause", hörte er sie lachen, "und manchmal, aus reinem Vergnügen, wähle ich einfach eine Nummer und lasse mich überraschen, wer sich dort meldet." - "Heiß", sagte Klaus, "die Idee finde ich super, aber auch ziemlich abartig, oder?" - "Klar, schon", kicherte sie, "aber es törnt auch an, oder? Super, dass Sie noch nicht aufgelegt haben, echt toll! - Was machen Sie beruflich?" Pause. Klaus überlegte. Er kannte diese Frau doch gar nicht. "Sie wissen es ja nun auch von mir", bohrte sie unerschrocken, "das ist unfair!" Ihre Stimme hatte was und klang nach einer Superfrau. Klaus konnte ihr nicht widerstehen. "Ich bin Bankkaufmann und - - - wie alt sind Sie eigentlich? - Wenn wir hier schon auf Quiz machen!" - "Ich bin alt genug", lachte sie, "immerhin 23. - Und wie heißen Sie?"- "Ich heiße Kremer - und Sie?" - "Darf ich zuerst Ihren Vornamen wissen?" - "Na gut, ich bin - - - na, sagen wir der liebe "Onkel" Klaus", scherzte der Kranke. - "Dann bin ich die "Tante" Elke", sagte sie echt amüsiert! "Geben Sie mir doch bitte noch mal Ihre Nummer, denn ich weiß ja gar nicht, welchen Anschluss ich eben gewählt habe. Dann legen Sie bitte auf und ich probiere es gleich noch einmal. Darf ich?"- "Logo, gern", fieberte Klaus. Diese willkommene Abwechslung machte ihn jetzt mächtig an.
Das Telefon schrillte nochmals und "Tante" Elke war wieder da. Die Unterhaltung lief locker und dauerte ewig. Man fand sich total nett, aber hatte ja keine Ahnung, wie der andere aussah. Elke hatte eine Idee: "Jetzt, nachdem ich weiß wo Sie arbeiten, komme ich einfach in Ihre Bank, checke alle Typen und spiele die Rätseltante!"- "Aber davon weiß ich ja nicht, wie Sie aussehen", protestierte Klaus, "das ist teuflisch ungerecht!"
"Wenn ich geraten habe, melde ich mich wieder, und tschüß", dann knackte es in der Leitung und weg war sie.
Ursula Pantel war begeistert, als Klaus später von dieser heißen Story berichtete. Sie kannte den Jungen kaum wieder, er war ganz aufgeregt. Sofort hatte sie einen super Plan: "Vormittags, das wissen wir, arbeitet diese nette "Tante" Elke ja auch, aber nachmittags habe ich Zeit, dann komme ich nämlich auch in Ihre Bank und beobachte die Kunden. Wir werden Elke schon innerhalb einer Woche entdecken, denn die ist sicher neugierig und lässt nicht lange auf sich warten!"- "Toll. Sie sind echt spitze, Frau Pantel", freute sich Klaus.
Als er am Sonntagabend mit seiner Ingrid wieder telefonierte, schien irgendwas nicht zu stimmen. Aber sicher war das nur sein schlechtes Gewissen wegen "Tante" Elke.
XXX
Das Bankhaus war stark besucht und Klaus hatte an seinem Schalter reichlich zu tun. Ursula trat in den großen Schalterraum, sah sich interessiert um und konnte noch keine verdächtige Person entdecken. Bald aber schwirrten zwei fröhliche junge Dinger durch die Tür: Eine bildhübsche Blondine und eine schwarzhaarige Schönheit. Ursula schöpfte sofort Verdacht und pirschte sich an. "Komm, hol die Papiere raus", grinste die Blonde lustig, "wir tun, als würden wir Formulare ausfüllen".
Ursula bekam große Ohren. "Finde ich total irre, was Du hier abziehst", hörte sie die Schwarzhaarige lachen. - "Der Typ mit der Brille muss es sein", sagte die Blondine sofort, "er hat erzählt, dass er neuerdings getönte Gläser trägt. Sonst sehe ich keinen mit Brille außer diesen beiden Gruftis da hinten, aber die sind es bestimmt nicht." - "Nee, das wäre total daneben", lachte die Freundin. Dann tuschelten und lachten sie leise und Ursula konnte nichts mehr verstehen. Aber was sie gehört und gesehen hatte genügte ihr vollauf. Sie hatte jedenfalls "Tante" Elke entdeckt und war sich sicher. Ursula stand jetzt direkt hinter der Blondine am Tisch, strahlte Klaus siegessicher an und zeigte ungeniert mit ihrem Zeigefinger auf das hübsche Mädchen. Klaus staunte, wie rasch die Sache gelaufen war.
Abends im Wohnzimmer lobte Klaus: "Das haben Sie toll gemacht, Frau Pantel, - wenn ich Sie nicht hätte! Vielen, vielen Dank", sagte er erfreut, "aber was meinen Sie? Eigentlich kann ich das doch meiner Ingrid gar nicht antun. Was soll ich jetzt bloß machen?"- "In jedem Fall abwarten, was sich weiter ergibt und nichts überstürzen", meinte Ursula, "übrigens hat Ihre Ingrid heute noch gar nicht angerufen." - "Waas?" Klaus erschrak. Richtig, das hatte er ganz vergessen. Sofort griff er zum Hörer, wählte hektisch Ingrids Nummer, aber konnte sie nicht erreichen. Dann aber läutete endlich der Apparat: "Hey Supermann", lachte "Tante" Elke, "bin ich auf dem richtigen Trip mit dem netten Brillentyp am Schalter 3?" - "Sauber, Frau Detektivin", sagte Klaus fröhlich, "fühle mich äußerst geehrt, dass Sie mich trotzdem noch kontakten!" - "Na logo", lachte sie selbstsicher, "wir haben doch keine Komplexe, oder? Haben Sie Bock drauf, auch mich zu testen," fragte "Tante" Elke inzwischen vertraut locker, "am besten zum Wochenende bei "Planten un Blomen", do you like it?" - "Klar, ich leike es schon sehr", sagte Klaus lustig. "Aber ich müsste erst beruflich einiges abchecken, da ist wohl ein Seminar am Wochenende", und er meinte seine Ingrid in Königslutter, "aber wenn mir die liebe "Tante" Elke ihre Nummer gäbe, könnte ich wohl noch disponieren", sagte er geschwollen.
XXX
Auch am folgenden Tag kam kein Anruf von Ingrid. Klaus war ausgerastet, denn auch diesmal konnte er sie nicht erreichen, genauso wie am nächsten Tag. Deprimiert ging er zur Arbeit und kam abends total genervt zurück. "Noch immer keine Nachricht von Ingrid?", fragte er besorgt. "Wahrscheinlich doch", sagte Ursula dann überraschend, "hier, dieser Brief war heute für Sie im Kasten".
Tatsächlich! Endlich ein Lebenszeichen von Ingrid! Er riß Ursula den Brief förmlich aus der Hand. Aber er ahnte schon, dass es nicht einer der gewohnten Liebesbriefe war. Richtig: Ingrid entschuldigte sich "zerknirscht", weil sie nun doch nicht zu ihm nach Hamburg käme. Die alte Leidenschaft zu ihrem Jugendfreund, so schrieb sie, sei wieder aufgeflammt und auch ihre Eltern hatten ihr zu diesem Schritt geraten. "Bitte, bitte verzeih´ mir", hatte dieser Schrieb geendet.
Klaus war tief erschüttert und Ursula spielte wieder ihre Rolle als seelischer Mülleimer. "Keine andere Frau kann mir jemals das geben, was mir Ingrid gegeben hat", stöhnte er weinerlich. - "Was geben?" Ursula lächelte sanft, "Sie sitzen lassen? Das kann jede Frau!" Fröhlich sagte sie: "Denken Sie an das kommende Wochenende, "Tante" Elke wartet. Rufen Sie an und enttäuschen Sie das Mädchen nicht!" Insgeheim aber überlegte sie, ob wohl dieser blonde Engel wirklich an ihrem Untermieter Freude haben würde. Doch ihre Sorge war unbegründet. Beide verstanden sich großartig und bald wurde aus ihnen ein unzertrennliches Paar.
"Liebe Frau Pantel", sagte Klaus später oft, "wenn ich Sie nicht gehabt hätte, wäre mein Leben ganz anders verlaufen! Ich danke meinem Schicksal, dass ich Ihnen begegnet bin!" - "Danken Sie lieber Ihrer Elke für ihren ersten Anruf," sagte Ursula.
"Wir würden uns freuen, liebe Frau Pantel", sagte Elke zwei Jahre später, wenn Sie uns die Freude machten, für unseren kleinen Tobias die Patentante zu werden!" - "Es ist mir ein großes Vergnügen", freute sich Ursula, "schließlich fühle ich mich ja wirklich mitschuldig an Eurem Glück!" - "Zu recht, ganz zu recht", sagten Elke und Klaus gleichzeitig...



Eingereicht am 18. Oktober 2006 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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