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"Selbst auf die Gefahr hin, dass es dich schockiert", hatte mir Karin während der großen Silvester-Party in ihrer Wohnung auf dem Parkett des zum Ballraum umfunktionierten Gästezimmers zutraulich ins Ohr geflüstert, "seit ich mich in dich verliebt habe, ist zwischen Dieter und mir alles aus!"
Karin hatte versucht, sich trotz ihrer Schwangerschaft im neunten Monat fest an mich zu schmiegen, doch ihr dicker Bauch verhinderte eine enge Umarmung genauso wie einen flotten Rock´n Roll. "Seit ich mich so irrsinnig in dich verliebt habe", flüsterte sie wieder, "hat sich mein ganzes Leben total verändert. Wirklich, zwischen Dieter und mir läuft nichts mehr!"
Ich glaubte nicht recht gehört zu haben, doch ich fühlte mich sehr geschmeichelt. Dann streichelte ich zart und vertraulich ihren prallen Bauch und flüsterte zurück: "Wie sollte das denn auch gehen? Aber du hast es ja bald geschafft und dann sieht die Welt für dich wieder ganz anders aus." Ich drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. "Du nimmst mich nicht ernst", hauchte sie mir entrüstet in mein erstauntes Ohr, "ich habe noch nie einen Menschen so wie dich geliebt. Du machst mich wahnsinnig, ich kann nicht mehr ohne dich leben! Begreifst du das denn nicht?"
Nein, eigentlich begriff ich das nicht, denn Karin war und blieb für mich die Frau meines Freundes. Was ich nun von ihr hörte überraschte mich unglaublich. Karin war mit Dieter Gruber, einem meiner Fliegerkameraden aus dem Aero-Club, seit knapp zwei Jahren verheiratet. Dieter, ein Privatpilot, mit dem ich häufig über der Stadt kreiste, war ein Großverdiener und konnte einer Frau schon ein feudales Leben bieten. Ich war froh, daß es zu einer so guten Freundschaft zwischen uns gekommen war.
Dass Dieter allerdings brutal und abartig war, hatte ich bis dato nicht festgestellt und hörte davon nun erstaunt zum ersten Mal von Karin. Dieser Gedanke quälte mich, schließlich mochte ich Karin inzwischen mehr als ich es zugeben wollte. Sie war schließlich eine bombastisch aussehende Frau, mit der sich selbst der Eitelste stolz überall hätte zeigen können. Zu meiner Verwirrung beteuerte mir Karin ausgerechnet jetzt während ihrer Schwangerschaft ihre unsterbliche Liebe zu mir.
"Das liegt nur an deinem jetzigen Zustand", hatte ich versucht sie zu trösten und diese Sache damit abzutun, "solch ein furchtbarer Unhold ist Dieter nicht. Soll ich mal mit ihm unter vier Augen reden?" - "Das ist zwecklos", hatte sie brüsk abgelehnt, "für seine Freunde ist er immer der sanfte Held. Wenn du meine Liebe nur ein wenig erwiderst, sprichst du kein Wort mit ihm darüber. Es würde alles nur noch komplizieren! - Versprochen?" - "Ehrensache", nickte ich lächelnd, "wenn du es so möchtest."
Ich konnte es nicht glauben und wollte auch, als guter Freund der Familie, gar nichts von dieser verbotenen Liebe wissen. Außerdem, wie hatte Karin sich das denn vorgestellt? Bei Dieter, von dem sie schließlich schwanger war, hatte sie ein luxuriöses Leben, ich dagegen konnte ihr kaum etwas bieten. Vor allem dachte ich gar nicht daran, einem Freund die Frau auszuspannen, trotz aller Gegenliebe, die ich für Karin empfand. So versuchte ich dieser beginnenden reizvollen, aber gefährlichen Affäre zu entgehen, indem ich mich diskret von Karin und Dieter zurückzog.
Doch nur wenige Wochen nach der Geburt des kleinen Kai stand Karin plötzlich mit ihrer alten Traumfigur bei mir vor der Tür. Ich traute Augen und Ohren nicht, als sie schmollte: "Hast du wirklich vergessen, dass ich dich abgöttisch liebe und nicht mehr ohne dich leben kann? Jetzt wirst du mich nie mehr los!" - "Hoppla, wo kommst du denn her", fragte ich überrascht, wurde jedoch gleich vorsichtig, "was ist denn mit Dieter?" - "Dieter ist seit der Geburt unseres Sohnes ständig geschäftlich unterwegs und hat kaum noch Zeit für mich und unser Kind", erklärte sie enttäuscht, "wenn ich dich jetzt nicht hätte........". Da war wieder unsere alte Freundschaft und natürlich wollte ich für sie da sein. War es nicht sogar meine Pflicht?
Nach diesem ersten Wiedersehen kam sie immer öfter zu mir. Kai war bei seiner Oma, die sich auf das Kind besser verstand als Karin. Das war mir recht, denn diese Traumfrau schmeichelte meiner Eitelkeit ungemein. Inzwischen waren gemeinsame Besuche von Kino, Theater, Konzerte und Museen an der Tagesordnung.
Die Sache war heiß, wurde bald höllisch verzwickt und mich quälte damals, trotz aller Liebe, mein schlechtes Gewissen ganz gewaltig. Aber Karin schien nach Liebe und Zärtlichkeit ausgehungert und meine Sympathie für Dieter, über den ich weiterhin schlimme Dinge erfuhr, versiegte mehr und mehr.
Zwischen Karin und mir begann eine romantische Zeit. Genau so stellte ich mir die Liebe vor. Karin überraschte mich eines Tages mit der Nachricht, dass Dieter beruflich gerade einen Direktorenposten in Frankfurt angeboten bekommen und auch sofort zugegriffen habe. Schon in wenigen Wochen würde er nach dort ziehen. Ich konnte es nicht glauben und war der Glücklichsten einer.
"Dann sind wir ihn endlich los und ich kann mich in Ruhe von ihm scheiden lassen", vernahm ich freudigen Herzens, "dann werden wir endlich für immer zusammen sein und nichts auf dieser Welt wird uns mehr trennen können", hatte sie glücklich triumphiert. Für mich begann das Himmelreich auf Erden. Karin gehörte mir nun endlich ganz allein.
Das große Glück im rosaroten Liebestaumel hielt genau bis zu jenem Abend, als mein alter Kumpel Benno Köhler während einer Konzertpause im Foyer des Theaters auf uns traf, als Karin mir fest am Arm hing. "Mensch Benno", rief ich überrascht und hocherfreut, als mir der Junge unverhofft auf die Schulter tippte, denn wir hatten uns schon ewig aus den Augen verloren.
"Darf ich vorstellen", wollte ich ihn stolz mit meiner Karin bekannt machen, staunte jedoch, dass sich Karin und Benno längst kannten. "Na, lange nicht gesehen", sagte Benno, "und was treibst du so zur Zeit? Wie geht es denn Dieter?" - "Der arbeitet jetzt in Frankfurt", kam Karins knappe Antwort. - "Na, wie toll für dich", grinste Benno sie breit an, "bist du ihn endlich wieder los?" Ich staunte und ärgerte mich über Bennos laxe Art, denn ich verstand diese Anspielung nicht. Es wurde auch kein weiteres Wort mehr gewechselt, da die Pause gerade zuende war.
Benno war Polizeibeamter, blies Trompete im Polizeimusikcorps und machte wie ich, mit der Musik eine gute Kohle neben seinem eigentlichen Beruf. Wir beiden Jungs hatten früher nächtelang gemeinsam in vielen guten Restaurants der Stadt Musik gemacht und danach auch oft privat viele heiße Stunden durchfochten. So wussten wir eine ganze Menge intimer Dinge voneinander. Benno sah aus wie Tarzan und seine Uniform während des Dienstes machte ihn zu einem schmucken Schupo, dem die Frauenwelt zu Füßen lag. Ja, Benno Köhler war ein schneidiger Hund. Davon, daß sein Ruf als schlimmer Weiberheld berechtigt war, hatte ich mich oft genug überzeugt. Benno konnte reden und überzeugen und kam bei den Frauen rasch zur Sache. Ihm ging es nie um eine nette Beziehung, sondern immer nur um Sex. "Wir drei nehmen jetzt noch gemeinsam einen Drink bei mir und machen es uns gemütlich", sagte Benno oft nach einem Tanzabend, wenn er wieder eine heiße Braut für sich gewonnen hatte. - Tommy, du kommst doch noch mit, oder?" - "Na klar, lasst uns bei dir noch einen zur Brust nehmen", lachte ich dann erwartungsfroh, "wenn du mich so schön bittest, Benno! Schon überredet!"
Die meisten Damen hatten bei Bennos Ansinnen zu dritt zunächst mit einem verschämten Kopfschütteln reagiert, waren dann aber trotzdem mitgekommen. Nach Alkoholgenuss in Bennos Domizil und der Aussicht auf ein paar wonnige Stunden mit diesem Prachtkerl von einem Büffel, waren die Prinzipchen mancher Damen rasch dehnbar geworden. Benno nämlich brauchte mich dabei, denn er hatte für solche Gelegenheiten stets eine teure Kamera bereitgestellt, mit der ich mich in der Zwischenzeit ausgiebig beschäftigen sollte.
So kannte ich Benno seit langem genau und wusste, dass er vor nichts halt machte und an Weibern alles abschleppte, was ihm zwischen sechzehn und fünfundsiebzig über den Weg lief. Dass ausgerechnet dieser Benno aber auch meine geliebte Karin so gut zu kennen schien, machte mich stutzig; und weil der kleine eifersüchtige Teufel in mir schmerzhaft hämmerte, nervte ich Karin gleich auf dem Heimweg: "Sag mal, woher kennst du denn diesen Kerl eigentlich?" - "Ach, nur so von früher", winkte sie ab und tat gelangweilt, "das ist lange her", sagte sie ausweichend, "mit einer Freundin war ich früher mal auf einer Fete bei ihm eingeladen". - "Aha", knurrte ich enttäuscht. - "Nicht aha", äffte sie böse, "es war nichts, der Kerl ist ein alberner Spießer und absolut nicht mein Geschmack!"
Dass Benno alles andere als ein Spießer war, wusste ich besser. Benno war ein Schwein! Mein Misstrauen belastete unsere Liebesbeziehung nun erheblich. Als ich Benno Köhler einige Tage später auf der Straße in seiner schmucken Uniform traf, kam er mir schon von weitem lachend mit ausgestrecktem Zeigefinger entgegen, den er kurz vor mir erhob, um neckisch damit zu drohen: "Na, na, du bist ja mit allen Wassern gewaschen. Das hätte ich dir eigentlich gar nicht zugetraut. Du also auch?" - "Wieso, was meinst du damit?" Ich ahnte bereits Böses bei seinem Anblick. "Na, neulich im Konzert beim flotten Brahms, du und diese Karin, das hat mich glatt vom Hocker gehauen!" - "Wieso denn das, sie ist doch eine ausgesprochene Schönheit", sagte ich erstaunt. - "Eben, das ist es ja gerade", sagte Benno gedehnt, "genau das finden alle anderen Kerle ja auch! Karin, die berühmte Ferieninsel unserer Stadt, ist wirklich eine Superflamme!" - "Was soll das heißen und was meinst du mit Ferieninsel?" - "Ferieninsel? Kennst du nicht?? Na, - jeder war schon mal drauf!" Sein süffisantes Grinsen kletterte mir eisig in jede einzelne Haarwurzel, "hast du alter Schwerenöter ihrem sagenumwobenen Dieter etwa auch Hörner angedreht?"
Sein Spott war unerträglich und er kicherte böse: "Dieses arme Schwein von Ehemann könnte einem richtig leid tun. Aber solch ein Weich-Ei hat es nicht anders verdient und muss sich nicht wundern, wenn seine Frau die gesamte Männerwelt der Stadt ausprobiert!" - Mein Herz schlug mir wild zum Halse raus. Die Beherrschung fiel mir schwer, doch ich bemühte mich ruhig zu bleiben und sagte unsicher: "Na, komm, es wird ja sehr viel geprahlt in dieser Beziehung und mit dem Mund werden die tollsten Wunschträume wahr. Nöööh, nöööh, lass man, dazu kenne ich die Karin viel zu gut!" - "Waaas", überschlug sich da Benno fast, "na dann frag doch mal Axel, Ralf, Uwe und Toni. Mit Axel und Ralf hat sie es sogar gleichzeitig auf meiner Bude getrieben, obwohl sie da schon längst mit ihrem Dieter verlobt war!"
Mir war das Herz bis in die große Zehe gesackt. Axel, Ralf, Uwe und Toni kannte ich nur oberflächlich, aber sie waren Bennos Busenfreunde und vom gleichen Kaliber wie er. Frauen waren für diese Typen nur Freiwild.
Als ich Karin abends zur Rede stellte, blieb sie völlig cool, lachte und sagte überzeugend: "Sag bloß, mein Liebling, du glaubst diesen Schwachsinn, den dieser Spinner erzählt. Davon träumen sie doch alle. Was glaubst du, wie der mich damals angebaggert hat! Dieses Großmaul war mir gleich unsympathisch!" Dann lächelte sie undurchsichtig, sah mir lange tief in die Augen, schüttelte über meine Besorgnis ihren hübschen Kopf und flüsterte: "Mein großer Dummkopf, dieser blöde Typ ist doch nur eifersüchtig auf dich, weil er bei mir nicht landen konnte. Bemerkst du denn so etwas nicht?" Dann legte sie ihren Arm um mich, zog mich zu sich heran und fragte mit Schmollmündchen: "Meinst du wirklich, ich könnte dich so belügen? Hast du denn so wenig Vertrauen zu mir?" Ich fand wohl nicht die richtigen Worte, da küsste sich mich und lächelte: "Aber ich mag es ja, wenn du so eifersüchtig bist! Ich liebe dich doch und nun - - - bitte - - - vergiss diesen ganzen Schwachsinn!"
Ich wollte vergessen. Dann aber kam der Tag, an dem sie mir schonend eröffnete, dass sie kurz zu Dieter "aus rein taktischen Gründen" nach Frankfurt ziehen müsse. "Damit das Gericht meinen guten Willen sieht und ich Kai bei der Scheidung zugesprochen bekomme. Mein Liebster", kraulte sie in meinem Kopfhaar, "ist dir das unsere gemeinsame Zukunft nicht wert?"
Viel zu schnell kam der gefürchtete Tag, an dem Karin mit Söhnchen Kai aus rein taktischen Gründen nach Frankfurt zu Dieter zog. Ihr Nachmieter wartete schon auf die schöne Wohnung. Nach ihrer Abreise habe ich von Karin dann nie wieder etwas gehört und gesehen.
Etwas später sah ich sie dafür deutlich gleich auf acht verschiedenen Fotos, die mir Benno, der mich eingeladen hatte, zeigte. Auch hier war seine teure Kamera in Aktion getreten und hatte seine Orgien fotografisch verewigt. Axel, Ralf, Uwe, Toni und Benno waren mit Karin und einigen anderen völlig entblößten Nixen gut darauf zu erkennen. Wer immer von den Jungs die Kamera führte, jeder hatte ganze Arbeit geleistet. Nein, Benno hatte nicht übertrieben! Ich konnte es nicht fassen, denn diese Aufnahmen waren scharf, sowohl optisch als auch inhaltlich und schlossen jeglichen Zweifel aus.
"Tja, mein Lieber, so sind die Weiber!" Benno hatte sich eine Zigarette angesteckt, sich gemütlich in den Sessel zurückgelehnt und blies nun den Rauch genüsslich in die Luft. Er zeigte auf den Tisch: "Diese Fotos da schenke ich dir, damit du Karin immer vor Augen hast, falls du Sehnsucht nach ihr bekommst!" Dann sah er mich spöttisch an und fragte plötzlich: "Sag mal, hast du ehrlich an dieses Märchen von der großen Liebe geglaubt? Denk doch mal nach, einen besseren Goldfasan als ihren Dieter hätte sie nie gefunden. Warum sollte sie den denn aufgeben? Der bietet ihr den besten Luxus, aber ich wette, das Kind ist nicht mal von ihm, das haben ihr ganz andere viel besser besorgt! Tja", er stand auf und holte eine Flasche Cognag und zwei Gläser aus dem Schrank, "nimm´s mir nicht übel, aber du warst bis zuletzt nur ihr willkommener Pausenclown. Aber sieh es locker, Junge, du bist auf der Welt um zu lernen! Jetzt kannst du diese Lektion abhaken und darüber lachen!"
Lachen konnte ich nicht darüber, aber ich bedauerte nun meinen einstigen Freund Dieter aus tiefstem Herzen. Er tat mir schrecklich leid und ich beneidete ihn jetzt nicht mehr um seine hübsche Karin.