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Dez
01
Nachmittagsstunden im Schwimmbad
© Sandra Hübel

Versunken in ihrem Buch stand sie da. Der Wind fuhr ihr durch das Haar und vereinzelte Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Noch immer hatte sie ihn nicht gesehen.

Konzentriert blätterte sie eine weitere Seite um, doch im Augenwinkel bemerkte sie, dass ein Schatten neben ihr auf den Boden fiel. Ohne aufzublicken wusste sie, dass das Warten zu Ende war. Was war es was sie fühlte? Freude. Angst. Nervosität. Wahrscheinlich von allem ein wenig. "Wie albern", dachte sie bei sich. Immerhin sahen sie sich nicht zum ersten Mal. Sie waren nur das erste Mal alleine unterwegs. Das war der große Unterschied in der Sache. Ansonsten waren sie immer in einer Menschengruppe oder mit einzelnen Freunden unterwegs, aber nun nicht. Ein wenig nervös klappte sie ihr Buch zusammen und stecke es ein, während sie ihn ansah.

"Hallo." Das war schon einmal ein guter Anfang, dachte sie bei sich. Immerhin hatte sie dieses Mal ihre Stimme nicht verloren.

Ein scheues Lächeln umspielte dabei ihre Lippen. Nach einer kurzen Erwiderung beugte er sich hinab und küsste sie auf die Wange.

Ein wenig erstaunt darüber sah sie ihn fragend an, doch als Antwort erhielt sie nur ein charmantes Lächeln. "Lass uns hineingehen. Hier draußen ist es ein wenig kühl." Stumm nickend folgte sie ihm und ein jeder zahlte an der Kasse seinen Eintritt. Eine etwas korpulentere Frau hinter dem Tresen nahm die Belege in die Hand und reichte jedem seinen Schlüssel. Unterwegs trennten sich ihre Wege und ein jeder begab sich in eine Garderobe. Einige kleine Mädchen liefen vor ihr durch den Raum und ältere Frauen schrieben umher, dass diese stehen bleiben sollten.

Mit dem Schlüssel in der Hand suchte sie nach ihrem Kästchen und fand schließlich die gesuchte Nummer, in Mitten von jugendlichen Mädchen, die aufgeregt über den neuesten Tratsch redeten.

Diese kaum beachtend nahm sie sich ihren schwarzen Bikini und trat in die Umkleidekabine. In diesem winzigen Raum zog sie schnell ihre Straßenkleidung aus und schlüpfte in ihre Badebekleidung. Der Lärm außerhalb der Kabine war mittlerweile verstummt und froh darüber begab sie sich zurück zu ihrem Schrank. Mit geübten Griffen verstaute sie ihre Sachen und gerade als sie sich auf den Weg machen wollte, fiel ihr auf, dass sie noch ihren Schmuck trug. Diesen schnell ablegend verfluchte sie ihre Vergesslichkeit innerlich und steckte den Schmuck in eine Jackentasche.

Noch einmal durchatmend strich sie sich nervös ihr Haar zurück und verlies die Garderobe um zum Becken zu kommen. Schon beim Öffnen der Türe drängt sich der Geruch von Chlor in die Nase und der Lärm von fröhlichen Menschen an ihr Ohr. Auch strich eine warme Brise über ihre Haut und lies sie erzittern. Ein wenig unsicher, was ihr auftreten anging, legte sie vorsichtig ihr Handtuch auf eine Liege und ging zum Rand des Beckens. Mit einem Fuß berührte sie die Wasseroberfläche, die trotz der Wärme im Bad ein wenig kühl war. Langsam lies sie ihren Blick durch den Raum wandern. Überall tollten kleine Kinder mit ihren Eltern herum. Ein paar Teenager scherzten albern miteinander in Wasser herum, ohne Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen. Einige alte schwammen träge von einer Seite zur anderen, und versuchten trotz ihres Alters flott und ausdauernd zu schwimmen.

Nachdem sie ihn nicht unter den Menschen gesehen hatte, beschloss sie erstmals alleine ins Wasser zu gehen. Behutsam stieg sie die Treppen ins Wasser hinein und verzog leicht das Gesicht. Zentimeter für Zentimeter hüllte das kühle Nass ihren Körper und zog sie in die Tiefe.

Gerade als sie komplett eingetaucht war, kam er und nahm denselben Weg wie sie hinein. Ein wenig zehrte die Kälte an ihnen, doch schnell setzten sie sich in Bewegung. Länge für Länge schwammen sie, jeder in seinem eigenen Tempo. Manchmal redeten sie miteinander oder warfen sich heimliche Blicke zu. Wenn nicht so viele Menschen hier wären, dann gäbe es nur noch sie beide in dem großen Becken.

Die Zeit verging und es wurde allmählich wärmer und bequemer, da mehr Leute das Wasser verließen. Vergnügt schwamm sie ihre Längen und genoss das Gefühl der unbeschreiblichen Freiheit, die sich ihr bot. Konnte es etwas Schöneres geben als einfach nur ungezwungen zu schwimmen? Keine Grenzen, keine Verbote.

Gerade als sie das dachte, stieß sie an jemanden. Erschrocken und verlegen drehte sie sich um und war überrascht, als sie ausgerechnet gegen ihn geschwommen war. "Tut mit leid", brachte sie hervor, doch als Antwort bekam sie nur ein Lächeln.

"Wer sagt denn, dass es keine Absicht war. Vielleicht wolltest du von allen Menschen hier ausgerechnet mich erwischen." Seine Augen strahlten bei diesen Worten, während bei ihr eine kleine Röte ins Gesicht stieg. Was sollte sie sagen? Das konnte er doch selber nicht glauben. Immerhin wie soll sie sehen in welche Richtung sie schwamm, wenn sie auf dem Rücken lag?

Seine Stimme holte sie aus den Gedanken. "Das war nur ein Scherz. Ich weiß doch, dass du es nicht absichtlich getan hast. Eher war es umgekehrt. Ich bin nicht ausgewichen." Jetzt war sie noch mehr verwirrt. Er hatte es mit Absicht getan, damit sie an ihm schwamm? Aber wieso? Was sollte sie jetzt tun?

Verwirrt wandte sie sich ab, doch sie wurde von zwei Händen, die sich um ihren Körper schlossen, festgehalten. "Was soll das?" Ehe sie sich versah, hatte er sie näher gezogen und lächelte sie frech an. "Jetzt bist du mir in die Falle gegangen."

Sie versuchte sich zu befreien, doch gegen seine starken Arme kam sie nicht an. Eine einzige Lösung fiel ihr noch ein. Mit ihrer freien Hand leerte sie ihm Wasser mitten ins Gesicht und erzielte den erwünschten Erfolg. Sie wurde freigegeben und diese Chance nutze sie, sich an den Rand zu retten.

Ein Lachen entrann ihrer Kehle, als er neben ihr schmollen auftauchte. Seine Haare hingen ihm nass ins Gesicht und von seinem Kinn perlten noch einige Wassertropfen. Seine Augen blitzten sie gefährlich an, doch insgeheim zwang sich ihr die Frage auf, ob sie das nicht auch schon vorher getan hatten. Was würde er nun machen? Würde er sich ihre kleine Attacke einfach so gefallen lassen? Eine Stimme in ihrem Inneren hoffte, dass er es nicht einfach hinnehmen würde. Doch er tat es. Statt sich an ihr zu rächen, stieß er sich wieder vom Beckenrand los und schwamm.

Seufzend tat sie es ihm gleich und so verbrachten sie weitere Minuten.

Schließlich reichte es beiden und sie trafen sich in der Mitte des Beckens.

Neugierig versuchte sie zu stehen, doch es war zu tief und so tauchte sie bis zum Mund ins Wasser ein. Eine Hand griff nach ihr und zog sie wieder hinauf.

Das nächste, an das sie sich noch erinnern konnte, war der Druck seiner Hände, die sie hochgehoben hatten. Mit ihren Fingern strich sie sich das Wasser aus dem Gesicht und sah ihm ins Gesicht. "Danke", stammelte sie nur noch. Ihr Kopf konnte keinen klaren Gedanken fassen, so nahe waren sie sich. Für einige Sekunden sahen sie sich schweigend an. Keiner von beiden sagte auch nur ein Wort, um diesen Moment nicht zu verderben.

Doch aus der Ferne ertönte die Stimme des Bademeisters. "Ist alles in Ordnung bei euch?" Erst beim zweiten Mal hörte er die Stimme des Mannes und nickte nur stumm, während er sie ins Wasser gleiten lies. Zu Ende war der schöne Moment und eine unbekannte Art der Enttäuschung verbreitete sich in ihrem Inneren.

"Wir sollten uns ein wenig am Rand ausruhen, nicht das du mir ein weiteres Mal untergehst. Das wäre nämlich schade." Nickend schwamm sie mit ihm dorthin und erleichtert klammerte sie sich fest. Noch immer musste sie an den kurzen Moment von vorhin denken. Was hatte das zu bedeuten? So nahe hatte sie noch nie einem Jungen erlaubt ihr zu kommen. Warum gerade ihn? Sie mochte ihn, das stimmte schon, aber das rechtfertigte nicht ihr Verhalten von vorhin. Er hatte einfach etwas na sich, was sie alle Bedenken vergessen lies.

"Hey, an was denkst du denn. Du lächelst ja." Seine Stimme riss sie aus den Gedanken. So ehrlich sie auch war, sie würde nie zugeben, dass sie an ihn gedachte hatte. "An nichts Besonderes. Ich bin einfach nur glücklich." Das entsprach zumindest einem Teil der Wahrheit. Eine Freundin behauptete immer von ihr, dass sie großartig war im Verdrehen der Wahrheit. Schließlich stimmte es, dass sie im Moment glücklich war.

"Ich wüsste etwas, was das Glück noch verbessern könnte." Seine Arme stemmten sich links und rechts von ihr auf, während er dies sagte. Sein Lächeln wurde frecher und seine Augen blitzten sie übermütig an. Überrascht wusste sie sofort was er meinte und ihr Mund wurde trocken. Das würde er nicht wagen, oder etwa doch? Sie sollte sich wehren, ihn zurechtweisen. Wieso tat sie es dann nicht? Das einzige was sie tat, war gespannt zu warten was nun passieren würde.

"Du siehst mich an, als ob ich der böse Wolf wäre und dich gleich verschlingen würde." Damit hatte sie nicht gerechnet. "Ich würde dich nie zu etwas zwingen. Nur so wie es zwischen uns im Moment steht, da wird es irgendwann passieren. Das weiß ich und du solltest dich darauf einstellen, denn ich bin sicher, dass nicht nur ich diese Spannung spüre." Um es ihr zu beweisen, neigte er sich näher zu ihr und ihr Puls beschleunigte sich. Er hatte Recht.

"Wusste ich es doch. Dein Gesicht spiegelt all deine Gedanken wieder." Mit einer Hand strich er ihr eine Strähne ihres Haares zurück, damit sich ihre Aufgewühltheit legte. "Das stimmt doch gar nicht." Ihr Protest war lediglich ein Flüstern. Nach kurzem Räuspern klang ihre Stimme wieder härter. "Außerdem bildest du dir das alles nur ein. Wir sind hier zum Schwimmen und zu sonst nichts. Lass uns lieber ein wenig Spaß haben hier. Man kommt nicht jeden Tag hierher." "So Spaß haben? Okay, da wir beide anscheinend ein wenig aufgeheizt sind, dann sollten wir uns abkühlen." Ehe sie etwas sagen konnte, hatte er sie wieder gepackt und zog sie mit sich ins Wasser. Ohne Vorwarnung riss er sie hinab in die Tiefe und gemeinsam tauchten sie wieder an der Oberfläche auf. Statt ihm böse zu sein, begann sie zu lachen und wollte es ihm gleich tun, doch er war größer und stärker. Ein Gerangel entstand, doch gegen ihn hatte sie nie eine Chance, aber davon lies sie sich nicht entmutigen. Das bisschen Wasser hatte sie noch nie abgeschreckt. Die Zeit verging und irgendwann schaffte sie es doch ihn in einem schwachen Moment zu erwischen und glücklich über ihren Sieg, wollte sie etwas sagen, als er sie wieder in die Arme nahm. "Na warte, die Strafe folgt sogleich." Lachend wand sie sich, doch er hielt sie zu sehr fest.

Plötzlich wurde sein Gesicht wieder ernst. "Ich wüsste da etwas anderes. Vorhin hatte ich das Gegenteil behauptet, doch da bist du noch nicht strampelnd in meinen Armen gelegen. Es muss einfach sein." Sie hielt inne und ihr Atem stockte. Sie wusste, dass sie ihn abwehren konnte, doch etwas in ihrem Inneren ließ ihn gewähren. Leicht neigte er sein Gesicht zu ihr und ihre Lippen kamen sich immer näher. Der Lärm um sie herum wurde leiser und es gab nur noch sie beide. Wenige Zentimeter trennten sie noch von einander. Ein letztes Mal sah sie ihm noch in die Augen, bis sie ihre schließlich schloss und ihre Lippen sich berührten.

Ein Kribbeln durchzog ihren ganzen Körper und eine unbekannte Spannung sammelte sich in ihrem Bauch. Darüber würde sie später nachdenken, beschloss sie und gab sich ganz ihren Gefühlen hin. Seine Lippen waren weich und warm. Ein wenig schmeckten sie nach Chlor, aber das störte sie nicht. Sie wollte einfach nur die Welt um sie herum vergessen.

Mit der Zeit begann sich der Druck seiner Lippen zu verstärken und eine Stimme in ihrem Inneren begann nach mehr zu verlangen, ihn intensiver zu berühren.

Erschrocken öffnete sie ihre Augen und zog sich zurück. Was dachte sie da nur? Das sollte sie nicht. Er sah ihre Verwirrtheit. "Was ist los?" Seine Stimme klang noch belegt und kam keuchend aus seinem Mund.

Statt einer Antwort befreite sie sich aus seinen Händen und griff nur auf ihre Lippen. Bereits auf dem Weg zum Beckenrand schüttelte sie nur den Kopf. "Es tut mir leid, das ist absurd. Ich muss hier weg." Er wollte sie zurückhalten. Wollte ihr sagen, dass nichts gewesen sei und das es was ganz normales gewesen ist sich zu küssen, doch sie hörte ihm nicht zu. Er versuchte sie einzuholen, doch immer wieder drängten sich Menschen in seinen Weg. Als er den Beckenrand erreicht hatte, war sie bereits mit ihrem Handtuch unterwegs zur Umkleidekabine. Was hatte sie nur? Diese Frage ging ihm die ganze Zeit durch den Kopf. Er musste sie aufhalten, aber wie?

Noch immer spürte sie seinen Geschmack auf ihren Lippen. Es war alles so schön gewesen, aber nun musste es vorbei sein. Was war nur in sie gefahren?

Sie verzichtete aufs Duschen und zog sich schnell um. Auch war ihr egal, dass ihre Haare vom Wasser noch nass waren. Sie musste einfach nur hier weg. Sie musste einfach in Ruhe über alles nachdenken. Geschwind räumte sie ihr Kästchen und verlies die Umkleidekabine, wo er bereits auf sie wartete. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht sich umzuziehen. Er stand lediglich in Handtuch und Badebekleidung vor ihr und sah sie fragend an. Damit hatte sie nicht gerechnet oder etwa doch? Tief in ihrem Inneren wollte sie, dass er da stand und sie nicht gehen lassen würde, aber ihr Verstand sagte ihr, dass er nicht hier stehen hätte sollen.

Sie wollte an ihm vorbeigehen, doch wieder hielt er sie zurück. "Warum?" War alles, was er sagte. "Ich muss einfach gehen. Ich brauche Zeit um über das, was da passiert ist nachzudenken." "Aber es war doch nur ein Kuss." Richtig, für ihn war es nur ein Kuss, also wie sollte sie ihm dann erklären, dass es für sie etwas anderes war. Für sie war es nicht nur ein Kuss, es war mehr. Was es genau war, dass konnte sie nicht sagen, darüber müsste sie erst in Ruhe nachdenken, aber das konnte sie nicht, wenn er hier vor ihr stand und sie verwirrt und zugleich flehend ansah.

"Es tut mir leid." Nochmals kamen ihr die Worte über die Lippen, als sie sich von ihm losriss und an ihm vorbeilief. "Warte", war alles was er ihr nachrief, doch ihre Gestalt verschwand bereits im Regen, der eingesetzt hatte. Bekleidet in seinem Handtuch sah er ihr nach und fragte sich, was er nur falsch gemacht hatte.

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