Es war einmal ein verliebtes Igelpaar, das glücklich durch die zarte Frühlingswelt trippelte. Alles grünte und blühte und sie schauten sich treu in die schwarzen Äuglein und freuten sich des Lebens. Die warme Luft machte alle Tiere taumelig. Schmetterlinge flatterten um die Wette, die Vögel jubilierten sich Hochzeitsgesänge zu. Es war eine einzige Wonne.
Eines Morgens wollten die beiden Igel ihren Nachbarn den Hasen besuchen. Er war die letzten Wochen etwas sonderbar, grüßte nur kurz mit seinem Näschen und machte insgesamt einen gestressten Eindruck.
Das geht ja gar nicht, meinten sie, und als sie vor dem Bau des Hasen standen, war der schon wieder nicht zu Hause.
„Also wirklich, schon in der Früh so eine Hektik, wo steckt er nur schon wieder?“
Das kleine Igelmädchen schnupperte in die dunkle Höhle.
„Lass ihn, wir kommen später noch mal vorbei“, meinte ihr Liebster und sie wollten gerade aufbrechen als der Hase angehoppelt kam.
„Hallo Nachbar, alles klar?“, lachten sie fröhlich.
„Ist es nicht herrlich heute?“ Herr Igel strahlte den Hasen freudig an.
„Es ist eine wunderschöne Zeit, das stimmt; und ihr alle könnt sie nach Herzenslust genießen. Aber leider nicht für uns Hasen und Hühner. In drei Tagen ist Ostern und ich weiß nicht mehr, wo mir die Löffel stehen. Unsere Geschenke für die Kinder hier in der Umgebung müssen noch fertig gelegt und bemalt werden. Alle sind im Ausnahmezustand. Tut mir leid Kinder, aber ich würde euch gerne einspannen aber ihr nutzt uns leider gar nichts und deshalb bis nach Ostern. Macht’s gut“ Und schnell war er in seine Höhle gehuscht, sprang schon wieder raus und weg war er. Hektik macht eben vergesslich.
Das Igelpärchen konnte gar nicht so schnell denken, wie der Hase sprach.
„Ach, Ostern, ja das ist natürlich eine harte Zeit für Hasen. Haben wir zwei ganz vergessen, nicht wahr meine Süße“ Der Igelmann gab seiner Gattin einen kleinen Stups auf die Nase. „Dann gehen wir wieder nach Hause, komm.“
„Schade, dass wir ihm nicht helfen können, er braucht sicher jede helfende Pfote.“ Die kleine Igelfrau dachte nach.
„Lass uns doch mal in die Hasenfabrik schauen, ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nicht doch etwas helfen können. Ich hab ein schlechtes Gewissen so in den Tag hinein zu leben und andere müssen sich abrackern.“
„Du bist eine gute Seele, genau so machen wir es“, nickte ihre bessere Hälfte.
Die beiden wackelten durch das grüne, saftige Gras Richtung Hasenfabrik.
Auf dem Weg fanden sie einen prächtig blühenden Strauch mit Weidenkätzchen. Sie wollten ein paar Zweige als kleines Naschmitbringsel für die fleißigen Häschen mitnehmen. Frau Igel legte sie auf die Stacheln von Herr Igel, dann konnten sie diese bequem transportieren und sie würden nicht runterfallen,
Die Hasenfabrik war ein kleiner vergessener Stall mitten im Wald. Das ganze Jahr stand die Hütte einsam und verlassen da, aber jetzt tobte kurz vor Ostern das pralle Arbeitsleben. Hühner aus umlegenden Höfen kamen zum Eierlegen, Hasen mit besonders ruhigen Pfoten hoben die Eier vorsichtig mit einem riesigen Schöpfer in einen großen Kessel mit kochendem Wasser. Dann kamen die Künstler mit viel bunter Farbe und bemalten die Eier für das Osternest.
Jeder hatte seine Aufgabe, und ein älterer Hase gab die Anweisungen. Als die beiden Igel durch die Tür marschierten, hörten sie ihn schon pausenlos in die Menge rufen. „Vorsicht, die Eier sachte ins Wasser legen, passt auf.“ – „Hier noch mehr Farbe auf die Eier.“
War das ein Gewimmel und Gewusel! Unser Igelpaar konnte sich gar nicht einkriegen vor lauter Erfurcht. Hier wurde gerade Ostern hergestellt. Sie sahen aber auch die Freude und Erfurcht in den Gesichtern der vielen Fleißigen. Das Osterfest war allen heilig, keine Frage.
Der Hase auf dem Podest sah die beiden zuerst. Das Igelpaar hatte die Stacheln vor lauter Begeisterung aufgestellt und ihre Spitzen ragten gefährlich in die Höhe.
Auch das noch, dachte der Aufpasser und sah auch schon ein kleinen ungeschickten Hasen, der drei frisch gelegte Eier Richtung Wasserkessel trug und die Igel nicht sehen konnte.
„Vorsicht!“ schrie er, aber es war schon zu spät.
Der Hase stolperte über Herrn Igel und ließ die Eier auf Frau Igels Stacheln fallen.
Die Eier blieben auf den Stacheln der Igeldame stecken und unten floss frisches Eigelb heraus. Frau Igel rollte sich gleich wie eine Kugel zusammen.
Die ganze Ostermannschaft ließ ihre Arbeit liegen und im Stall war es plötzlich muckmäuschenstill.
„Um Himmels willen, das tut uns wirklich leid, wir wollten euch doch helfen kommen“, jammerte der Igelmann und alle schauten entsetzt auf Frau Igel, die sich langsam wieder auseinanderzog und mit ihren aufgespießten Eiern sehr seltsam aussah.
Unser Igelpaar war sehr zerknirscht. Kaum waren sie eingetroffen, verursachten sie schon das totale Chaos.
„Die Eier sind futsch, da ist nichts zu machen. Ihr zwei seid mit euren Stacheln keine Hilfe. Am besten ihr geht wieder. Danke für das Angebot“, sagte der Oberhase bestimmend und sein Blick war nicht gerade freundlich.
Ein kreativer Hase aus der Malertruppe hoppelte zu den Igeln. Er hatte eine Schiefermütze auf und in seinem Ledergürtel steckten viele Pinsel. Er war der Meister der Ostereierbemalung. Sein Kennerblick schweifte über die Komposition der Eier auf den Stacheln der Igelfrau.
„Mir kommt da eine Idee. Die Eier sind ausgelaufen aber wie es mir scheint noch heil. Wir könnten versuchen nicht nur hartgekochte Eier anzubieten, sondern die Eier vorsichtig aufzustechen, ausfließen lassen und dann bemalen. Da könnten uns die Spitzen der Stacheln durchaus nützlich sein“
Er sah auf die Weidenkätzchen, die Herr Igel immer noch in seinen Stacheln stecken hatte.
„Die Eier könnten wir dann mit Bändchen auf die Weidenkätzchen hängen. Ja durchaus, ein neuer Gedanke beginnt bei mir zu reifen“, rief er entzückt.
„Hört sich nicht schlecht an, wir könnten es versuchen, vielleicht sind die Stacheln dazu sogar von Nutzen. Vielleicht habt ihr beide gerade zu einem neuen Osterbrauch beigetragen.“ Der Oberhase schaute schon wieder freundlicher auf unser Igelpaar, das schon wieder nicht verstand, um was es eigentlich ging.
„Wir beratschlagen die neue Idee. Besprechung in Kürze“, rief der Oberhase der Mannschaft zu, und schon gingen er und der Malermeister in ihr Büro und steckten ihre Löffel zusammen.
Herr und Frau Igel wurden fortan ein fester Bestandteil bei den Ostervorbereitungen, denn sie hatten eine revolutionäre Idee beigetragen, das Osterfest noch schöner zu gestalten.
Welch schönes Missgeschick.
Frohe Ostern!
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