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Kurzgeschichte Reisen Urlaub ferne Länder Erzählung Reisebericht

Nie wieder als Pauschaltourist, die Erste

© Christina Marion


Eigentlich gehöre ich nicht zu den Menschen, die abwehrend die Hände erheben, wenn die Rede auf Gruppenreisen kommt. Ich habe nämlich vor einigen Jahren mit einer kleineren Gesellschaft eine solche Reise gemacht und war angenehm überrascht. Also habe ich meinen Freund dieses Jahr mit viel Geduld überreden können, sich ebenfalls mal für ein paar Tage "pauschal" zu erwärmen. Die Osterfeiertage bieten sich geradezu glänzend für unser Vorhaben an, mit wenigen Urlaubstagen kann man schon eine Menge Urlaub "am Stück" bekommen.
Also rein in die Reisebüros, Prospekte geentert und dann im heimischen Wohnzimmer gewälzt. Die Auswahl ist verwirrend, die Versprechungen wohlklingend. Wir entscheiden uns schließlich für "4 Tage Paris" mit einem renommierten Busreiseunternehmen. "Unsere langjährige Erfahrung", "gute, ausgewählte Hotels" und der "Komfort bereits während der Fahrt (Getränke können im Bus gekauft werden, Toilette vorhanden, vollklimatisiert)", die Versprechungen klingen verheißungsvoll und sogar mein Freund scheint auf einmal ganz angetan. Die Buchung klappt dann auch ganz tadellos und sogar eine Raucher- und eine Nichtraucherzone werden im Bus angeboten. Schweren Herzens entscheide ich mich, meinem Freund zuliebe, für Raucherzone und vertraue heimlich auf die Klimatisation, die hoffentlich für genügend frische Luft in meiner Nahumgebung, nämlich in meinem Einatembereich sorgen wird.
Morgens um Sieben ist die Welt noch in Ordnung, so heißt es doch immer, außerdem heißt es für uns, dass es um diese Zeit losgehen soll, unser Abenteuer Paris.
Die Busse knubbeln sich an der Abfahrtstelle. "Berlin", London", "Kopenhagen", "7 Tage Mittelalter", "Ski in Tirol" und ähnlich lauten die Reiseziele.
Die Busse Nr. 1, 2, 3 nach Paris sind auch schon da, nur unser Bus, Wagen Nr. 4 fehlt leider noch.
Es ist bitter kalt und wir frieren uns mit unseren anderen Leidensgenossen der Ankunft des Busses entgegen.
Unser Reiseleiter gibt sich endlich, kurz nach 7 Uhr zu erkennen und wenig später erscheint dann auch endlich der Bus in der Ferne. Ein Gedrängel beginnt, schlimmer wie vor einem Schulbus und ich frage mich, ob sich erwachsene Menschen nicht ein wenig gesitteter benehmen können. Es ist fast so, als müsse man sich beeilen, noch einen Sitzplatz zu ergattern, aber das ist doch von vorneherein schon unnötig, denn immerhin gibt es einen Sitzplan und auf diesem ist jeder einzelne Fahrgast bereits einem Sitzplatz zugeordnet.
Zwanzig Minuten nach 7 Uhr rollt der Bus dann auch endlich an. Die Koffer befinden sich unten im Stauraum und ich denke über das Einladen des Gepäcks nach. Es ist wirklich enorm, mit wie viel Umzugsgut sich so mancher unserer Mitreisenden auf eine 4-tägige Wochenendreise begibt. Im Fahrgastraum des Busses selbst gibt es ebenfalls viel zu wenige Gepäckablagen für alle Mäntel,. Kosmetikkoffer, Bordcases und Fresstüten.
Genau über unseren Sitzen liegt im Stauraum ein kurzhaariger Pelzmantel. Ich taxiere ihn sofort auf unecht, knautsche ihn noch ein wenig zusammen, überlege, warum eine so junge Frau sich für so ein so hässliches Tier entscheidet, (ich glaube nämlich, wohl wegen der räumlichen Nähe, der Mantel gehöre der jungen Frau eine Reihe vor uns) und stopfe meine Jacke in die Gepäckablage zu dem Wischmop.
Mittlerweile hat auch mein Freund sich aus seinem Anorak gepellt und ich versuche auch diesen noch im Gepäcknetz unterzubringen, was sich allerdings als äußerst schwieriges Unterfangen erweist, da der Kurzhaarflokati doch um einiges voluminöser ist, als er aussieht. Ich werde ärgerlich und dadurch unsanft und gebrauche schließlich Gewalt.
Plötzlich springt der Mann hinter uns, der bisher über zwei Sitzen gelümmelt hat, auf, greift nach dem hässlichen Mantelteil und murmelt: "Ich denke, ich lege meinen Mantel hier auf den Sitz, der ist ja noch frei und wenn ich das richtig im Kopf habe, wird er auch nicht besetzt. Dann haben Sie ein wenig mehr Platz." Klar, ist ja auch ein blöder Platz, letzte Reihe in der Mitte.
Ich bekomme einen roten Kopf, bedanke mich, obwohl mir auf der Zunge liegt, dass ‚Mann' da ja auch schon früher hätte drauf kommen können und ärgere mich doch ein wenig über mich selbst. Ich hätte den Mantel eigentlich gar nicht so grässlich misshandeln brauchen, aber andererseits haben wir jetzt endlich ein wenig Platz für unsere Jacken, nämlich genau den, der uns zusteht, genau über unsren Köpfen.
Mittlerweile sind wir schon ein Stück die Aachener Straße entlanggefahren und das Paar hinter uns in der letzten Reihe, zu dem Mantelbesitzer gehört noch eine Frau, die vom Aussehen her den Geschmack hinsichtlich der Bekleidung voll bestätigt, beginnt sich zu unterhalten.
Die Frau macht ein paar Bemerkungen, die ich gar nicht hören möchte, deren Qualität es mir aber kalt den Rücken herablaufen lassen und sich mir die Frage aufdrängt: Wie ist es nur möglich, dass einer alleine so dumm sein kann. Aber nein, mit fällt eine Steinlawine vom Herzen, die Bemerkungen, die ‚Mann' als Erwiderung darauf von sich gibt, sind genau so dämlich und damit sind also schon zwei so dumm. Geht ja gar nicht anders, einer allein kann so doof wirklich nicht sein.
Mein Freund hat ebenfalls ungewollt mitgehört und verdreht nunmehr auch schon die Augen.
Die Fahrt geht auf die Autobahn, der Reiseleiter meldet sich zu Wort, erstmalig übrigens. Er stellt sich vor, gibt Erklärungen zum Bus, aha, wir haben immer Doppelsitze, - toll, das haben ja sogar schon die Geistesriesen hinter uns auf der Rückbank festgestellt, denn sie sind die einzigen, die ihren ganzen Prill großzügig verteilen können - und erklärt voller Stolz, dass wir auch ein stilles Örtchen dabei haben.
Ein "Oh, das ist doch gar nicht möglich, das gibt es doch gar nicht, ich kann auch gar keines entdecken!" ist die Reaktion von hinten. Gnädigste dreht sich sogar um und schaut aus dem Fenster. Ob die Gute tatsächlich glaubt, an dem Bus wäre ein Klo-Anhänger angebracht? Mir krampft sich der Magen und ich deute wortlos auf eine kleine Tür, an der groß und deutlich Waldcapellchen geschrieben steht. Das heißt, es steht natürlich nur WC drauf, aber was das heißt, weiß heute doch schon jedes Kind, auch wenn es sonst noch gar nicht lesen kann..
Ich schaue wieder nach vorne und mein Blick bleibt an dem Mann in der Reihe vor uns, älteres Semester, unscheinbar mit Brille und ebenso unscheinbarer Gattin, hängen. Der Typ dreht schon seit der Abfahrt an der Lüftung, probiert sämtliche Knöpfe (es sind nur zwei vorhanden, nämlich für jeden Sitz ein Lichtschalter) und versucht sogar, die Lämpchen auszuschrauben. Weiß der Himmel, was er sich unter dem "Knopf" für eine Funktion ausmalt, vielleicht denkt er, das sei die Dusche? Ich bin erleichtert, dass der hochmoderne Bus nicht über eine individuell einstellbare Klimaanlage verfügt. Ich male mir aus, wie ich in einem von dem Typen auf mich gerichteten Kältestrom zu den zwei Gehirnakrobaten auf die letzte Bank geblasen werde und erschauere.
Unser Reiseleiter ist zwischenzeitlich mit seiner kurzen Einführung fertig und sammelt die Reisegutschein ein. "Den gelben Zettel, nur den gelben, oberen Zettel bitte!" Na gut, meinetwegen, denn soll er doch gerne haben, dagegen ist schließlich nichts einzuwenden.
Hinter der belgischen Grenze haben wir Gelegenheit, zu frühstücken. Das Gasthaus, in dem schon alles für uns vorbereitet ist, wirkt gemütlich, doch da sich der Herdentrieb des Menschen bei derartigen Gelegenheiten immer besonders schnell deutlich macht, werden wir wie eine Hammelherde in den Gastraum gescheucht und fühlen uns in der Gruppe immer unwohler, insbesondere, da die ersten plumpen Annäherungsversuche unternommen werden. "Ach, fahren Sie auch nach Paris?" Aber ja doch, welch ein Zufall, Steht sogar vorne am Bus dran.
Wir trinken nur ganz schnell eine Tasse Kaffee und verdrücken uns noch viel schneller. (Übrigens macht es ein anderes junges Paar genauso wie wir.)
Die Fahrt geht weiter durch die Vogesen. Es beginnt zu schneien, was Frau Holle aus Ihren Wolken nur herausgeschüttelt bekommt. Wahrscheinlich ist der Guten ein Kissen geplatzt und sie hat es noch gar nicht bemerkt. Schönes Osterwetter! Genau richtig für eine Städtetour, da würde man doch am liebsten sofort wieder umkehren, um daheim gemütlich auf dem Sofa Platz zu nehmen, die Heizung hochzudrehen und lecker zur Tasse Kaffee ein dickes Stück Kuchen zu verdrücken. Aber kneifen gilt nicht und geht auch irgendwie überhaupt nicht so richtig, also bleibt uns nichts anderes übrig und jeder auf seinem Platz um der Dinge zu harren, die da noch kommen sollen und sicherlich auch werden.
Im Verlauf der Fahrt gibt unser Herr Reiseleiter, er hat sich übrigens irgendwann und sehr viel später noch als sehr gut entpuppt, reichlich Informationen. Was er sagt scheint Hand und Fuß zu haben und er versteht es, seine Erklärungen wirklich interessant zu verpacken.
Irgendwo auf der Strecke lässt er dann allerdings die Katze aus dem Sack und erklärt uns wort- und gestenreich, dass wir aus irgendeinem kühlern Grunde nicht in dem von uns allen gebuchten Hotel, sondern einen ganzen Stern besser untergebracht würden. Er murmelt irgendwas von Streik des Hotelpersonals und dass dies wohl in Frankreich nicht ganz unüblich ist, wir aber sicherlich mit dem Ersatzhotel, mehr als zufrieden sein würden. Ich bin da ein wenig misstrauisch. Ersatz hat immer so ein wenig den Beigeschmack des Negativen, aber was soll's, ändern können wir es jetzt auch nicht mehr und gegen einen Streik ist man halt machtlos.
Plötzlich, irgendwo zwischen Heimatort und französischer Grenze, wird mein Freund etwas unruhig. Nur ein ganz kleines bißchen, nur gerade so viel, dass sich schon fast jeder nach uns umschaut. Er wühlt in allen Taschen: Anorak, Hosentaschen, Fressbeutelchen (wir haben gottlob nicht so sehr viel mitgenommen, im Gegensatz zu einigen anderen, die schon das zweite Kotelett verpinseln) und letzt endlich in meinem "Umhängekoffer". Hinter diesem, so noch zuhause nicht sonderlich freundlich bezeichneten Utensil verbirgt sich meine Handtasche. Sie birgt einfach alles, was ich so an Kleinigkeiten auf einer Reise, ob groß ob klein, brauche: Filmkamera, Fotoapparat, Geld, Papiere, Schecks, Schlüssel, Schminkzeug und lauter anderem Krimskrams, meinen Hausrat eben.
Der hilft meinem armen Freund aber auch irgendwie nicht weiter. Ich vernehme irgendwie was von Zovirax und betrachte den Guten genauer. Er leidet des öfteren unter Herpes, zu gut Deutsch Lippenbläschen und hat sich vorsorglicherweise auch extra eine Tube Spezialsalbe besorgt. Ich kann keine Spur einer beginnenden Herpes entdecken und bisher ist mir auch nicht aufgefallen, dass Hans sich besonders oft auf den Lippen herum kaut, was er meistens bei beginnender Herpes zu tun pflegt. Ich frage vorsichtig nach, ob es schon prickelt, doch er verneint und beginnt seine Suche von vorne: Jackentaschen, Hosentaschen, Fressbeutelchen und bevor er wieder nach meiner Handtasche greift, knurre ich: "Das Ding wird schon wieder auftauchen!" Ich fürchte zwar, dass genau diese winzige, wirklich eine Miniaturausgabe einer Tube irgendwo auf dem Weg zwischen Wohnung und Bus verloren hat, da er immer wieder den Inhalt seiner Taschen durch Hervorziehen diverser Kleinigkeiten untersucht hat.
Trotz meiner beruhigend gemeinten Worte erfolgt die Suchaktion immer wieder in sporadischen Abständen. Immer, wenn ich glaube, mein Freund hat den Verlust endlich verschmerzt und sich damit abgefunden, dass er in Paris eine neue Salbe kaufen muss, geht das Gewühle von vorne wieder los. Hosentaschen, Jackentaschen, Jackentaschen, Hosentaschen.
So ist denn auch, als wir glücklich gegen halb zwei Uhr in Paris ankommen, seine erste Sorge eine Apotheke zu finden.
Unsere Mitreisenden strömen alle in ein Lokal zum Mittagessen, wir dagegen strömen los, um eine Apotheke zu suchen. Das ist glücklicherweise gar nicht schwierig, denn in Paris gibt es an jeder Ecke eine Pharmacie, gekennzeichnet durch ein deutliches grünes Leuchtreklamekreuz. Ja, und wenn man besonderes Glück hat, ist an der gleichen Ecke noch eine zweite Apotheke und irgendwo dazwischen leuchtet bestimmt auch noch mal das grüne Kreuz .
Vor dem ersten Geschäftslokal mit Kreuzkennzeichen bleibe ich direkt stehen. Meine bessere Hälfte allerdings schüttelt den Kopf und deutet auf eine etwas moderner aussehende Pharmacie auf der anderen Straßenseite. Also, des Menschen Wille ist immerhin sein Himmelreich, überqueren wir unter mindestens eintausend Gefahren den Boulevard und schlappen in die seit Belgien so "heißersehnte Quelle der männlichen Begierde".
Modern allerdings sah die Apotheke nur von weitem aus. Im Inneren dachte ich nur lautlos: ‚Bei uns nennt man so was einen Kramladen und Hans würde im Leben keinen Fuß in ein derartiges Etablissement setzen.'
Mein Freund beginnt radebrechend dem Apotheker klarzumachen was er zu gerne hätte, doch das, was er haben will, kriegt er natürlich nicht, denn das deutsche Spezialpräparat wird nicht geführt. Ich habe sogar den Eindruck, als habe der Apotheker noch nie davon gehört. Stattdessen bekommt der Gute ein billiges Allerweltsheilmittel. Ich habe echt Mühe, mir ein Grinsen zu verkneifen, denn ich meine, ich habe irgendwas von Furunkel gehört oder glaube es zumindest verstanden zu haben. Aber, Gott sei es gedankt, hat jetzt die liebe Seele Ruh und endlich können auch wir uns zu unserem wohlverdienten, und mitbezahlten, Mittagsmahl begeben.
Das Essen entschädigt für vieles, denn es ist wirklich ausgezeichnet und jeder lässt sich die erste französische Mahlzeit schmecken. Selbst die notorischen Dummschwätzer sitzen weit genug weg, so dass wir nicht von dämlichen Kommentaren genervt werden und unser Hamm unbehelligt genießen können.
Gut gesättigt beginnt nun die Frage zu interessieren, wo unser Ersatzhotel sich befindet. Das gebuchte Ibis läge mitten in der Stadt, wo aber liegt das ungebuchte Fragezeichen? Doch bis diese Frage beantwortet wird, müssen wir uns noch eine kleine oder auch große Weile gedulden, denn zum Auftakt unseres Paris-Wochenendes werden wir erst mal mit dem Bus Zur Ile de la Citê kutschiert und bekommen die Gelegenheit, erste Erkundigungen einzuziehen.
Wir nutzen die Zeit, da das Wetter recht ansprechend aussieht und wir nicht wissen, ob Sturm, Regen und Schnee uns nicht doch noch anderntags einholen werden, zu einer schnuckeligen Seinefahrt per "bateau". Pro Nase würde uns der Spaß 20 Francs kosten, doch unser gewiefter Reiseleiter, mit allen französischen Wassern gewaschen, schafft es doch glatt, den Preis um erstaunliche 2 Francs herunterzuhandeln, so dass wir nur noch die läppische Kleinigkeit von 18 Francs zu blechen haben. Aber was tut man nicht alles für die Förderung des Tourismus.
Auf dem Schiff ist es recht frisch, zumal wir uns der klareren Sicht wegen, nach draußen gesetzt haben. Es folgt Brücke auf Brücke und zu jeder wird eine Erklärung durch das Bootspersonals auf Französisch, Englisch und Deutsch abgeliefert. "Links sehen Sie ...", so'n Käse, wir sitzen rechts und was das bedeutet, weiß jeder, der auch schon mal rechts gesessen hat, während man links aus dem Fenster auf die tollsten Sachen schauen sollte: Es bedeutet, in unserem Blickfeld sitzen jede Menge Leute, von denen die meisten, hoch wie breit, die Sicht aber auch so was von versperren!
Vorbei geht es am Louvre, an der amerikanischen Kirche und massenhaft weiteren Sehenswürdigkeiten bis hin zum Eiffelturm, natürlich, linker Hand, aber glücklicherweise hoch genug, dass wir wenigstens die Spitze, na zugegeben, zwei Drittel des Turms sehen können. Das Boot wird gewendet und, wow, das Stahlungetüm liegt nun rechter Hand. Und trotzdem, irgendwie kann man es uns heute nicht recht machen, ich kann nämlich immer noch nicht filmen, jetzt sind wir nämlich viel zu dicht dran.
Die Fahrt geht zurück, flussauf oder flußab weiß ich nicht mehr, und wieder hören wir das mittlerweile allzu vertraute "links sehen Sie...", dabei ist das alles, was wir jetzt sehen könnten, längst an mir vorbei, also genieße ich die andere Seite, die mir vorher blickmäßig entgangen ist. Wir passieren die Anlegestelle und fahren rechts der Ile de la Citê entlang. "Links sehen Sie ‚Notre Dame'!" Von Wegen, ich sehe so gut wie gar nichts, lediglich unten einen klitzekleinen Ausschnitt zwischen einem Pelzkragen, einem Knallbusen und einem absolut irren Hut; vor allem ist das Teil irre groß! Ergo, mit Filmen ist wieder nichts.
Es folgt ein kleiner Kanal, ich versäume also nichts, dann folgt die Ile St. Luis, die ruhigste und angeblich teuerste Wohngegend von Paris. Wer dort alles wohnt, habe ich schon wieder vergessen, denn ich kenne die Leute sowieso nicht und war dort auch noch nie zum Kaffee eingeladen und werde es sicherlich auch nie werden.
Der Minidampfer wird erneut gewendet und es geht nun zur Abwechslung den anderen Seine-Arm hoch und... wieder ist alles Sehenswerte links. So ein Pech aber auch!
Nach Beendigung der Bootstour heißt es schnell zurück zum Bus und endlich ab in Richtung Hotel. Richtung ist sicherlich das Richtige Wort, nur wohin diese Richtung führt, das weiß bisher noch keiner, außer vielleicht unserem Herrn Reiseleiter, der sich aber vorsichtshalber noch verschlossen wie eine gesunde Auster hält. Er weiß sicherlich auch warum.
Nachdem wir fast eine Stunde lang durch sehr schmutzige, verfallen wirkende Vororte gefahren sind und uns immer mehr vom Zentrum, sprich vom eigentlichen Ort den von uns gewünschten Geschehens entfernt haben, erreichen wir Créteil. ha, Geschäftsgegend, hohe sterile Bürohäuser, nur irgendwie merkwürdig, wo unser Hotel ist, weiß immer noch keiner und, ach sieh mal einer an, unser Herr Reiseleiter übrigens auch nicht. Hurra, Abenteuerurlaub ist also mitgebucht, auch wenn es so gar nicht im Prospekt gestanden hat.
Ich kann es mir nicht verkneifen, laut zu bemerken, dass wir sicherlich nach dem Urlaub ein Schreiben bekämen, mit dem uns dieses Vergnügen noch in Rechnung gestellt werden würde. Der weiblichen Intelligenzbestie hinter mir entfährt ein leiser Aufschrei und besorgt erkundigt sie sich bei dem mit ihr reisenden Homo sapiens, ob wir wirklich noch eine Zusatzrechnung kriegen werden. Der Typ ist aber immerhin so clever, dass er ihr erklären kann, dass ich bloß einen lahmen Scherz gemacht habe.
Mittlerweile rauft sich der Reiseleiter die Haare und bittet die Reisegesellschaft um Mithilfe, woraufhin ich freundlich zu Miss Intelligenz sage, in dem Falle gäbe es eine Reisepreiserstattung von mindestens, wenn nicht doch etwas weniger. Ich werde die verständnislosen Augen in meinem ganzen Leben sicherlich nie wieder vergessen.
Aber die Bitte um Mithilfe aller Businsassen zeigt schließlich den gewünschten Erfolg, denn irgendwann entdeckt doch glatt ein anwesendes Adlerauge ein unscheinbares Hinweisschild, was zu einem gekonnten, zwar leicht verkehrswidrigen Fahrverhalten seitens des Busfahrers führt, uns unserem Hotel aber wenigstens richtungsmäßig etwas näher bringt. Und, was lange währt, wird endlich gut, schließlich erreichen wir doch noch unser Hotel in Créteil du Lac. Und ich kann nur sagen, es liegt wirklich j.w.d., was nicht etwa "Junge wohnen dichter (an der City dran)" sondern "janz weit draußen" heißt. Paris, wo bist Du? Da hätten wir ja direkt die Nächte in unserem eigenen Bett verbringen können.
Aber nein, ich bin ungerecht, so schlimm ist es gar nicht. Die Zimmer sind gut und es wird ein Frühstücksbuffet angeboten. Die wirklich verlockenden Hinweisschilder sind über das ganze Zimmer verteilt. Mein Freund strahlt nun endlich und freut sich, denn er frühstückt leidenschaftlich gerne, während ich zu dieser Tageszeit noch so gut wie nichts runterbekomme. (Das ändert sich aber im Laufe des Tages leider Gottes vollkommen!)
Den Abend verbringen wir, nachdem wir uns zur etwa 15 Minuten entfernten Metro-Station durchgefragt haben (15 Minuten aber nur, wenn man stramm, sehr stramm sogar, marschiert, sonst dauert es etwas länger und für Fußkranke wird's schier zur Unendlichkeit), im Quartier Latin, wohin wir Tage später endlich gelangen, denn um dorthin zu kommen, müssen wir nach unserem viertelstündigen Fußmarsch auch noch länger als eine halbe Stunde mit der Metro fahren. (Um irgendwann dann mal ins Bett zu gelangen muss man denselben Weg aber auch noch zurück nehmen, ächz, stöhn!)
Aber wir lassen uns unsere gute Laune nicht vermiesen und machen in dem wirklich reizvollen Studentenviertel erst mal einen ausgedehnten Bummel, um uns dann endlich zu einem großartigen Abendessen in einem schnuckeligen Restaurant, welches ich von meinem ersten Paris-Aufenthalt noch in bester Erinnerung habe, niederzulassen.
Meine schlechtere Hälfte ist schlichtweg begeistert und wir denken, nicht ganz ohne Häme, an unsere lieben Mitreisenden, die jetzt irgendwo Hammelherde spielen und die armen Franzosen erschrecken und zu einem sofortigen Rückzug verleiten. Die anderen haben sich nämlich zusammengetan und in St. Germain de Pres ein sündhaft teures Restaurant, vorgeschlagen von unserem Herrn Reiseleiter, aufgesucht, (klar, wir dürfen doch, dem Herdentrieb folgend, die Gruppe auf gar keinen Fall nicht, verlassen) um dort ein schickes Einheits-Komplett-Menu zu inhalieren. (Wie wir übrigens später gehört haben, war es überbezahlt und längst nicht so gut, wie vorher angepriesen.) Unser Essen dagegen war wirklich absolut hervorragend, nicht zu teuer und wir haben jede Menge wirklich nette Leute getroffen.
Die große Enttäuschung folgt aber, wie es sich gehört auf dem Fuße und schon am kommenden Morgen: Nichts ist mit Frühstücksbuffet!
Für blöde Pauschaltouristen sind die Tische fertig gedeckt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Papiertuch, darauf eine Kaffeetasse (ohne Untertasse) ein Messer und "liebevoll" ein Brötchen und ein Croissant dazugeschmettert (ohne Teller übrigens). In der Mitte des Tisches steht, immer für sechs bis acht Personen, ein Miniklecks Butter und es wird uns auch kaum mehr Marmelade zugestanden. Reicht gerade mal für insgesamt zwei Brötchen und grenzt schlicht und ergreifend an Unverschämtheit, denn wer erst als dritter mit seinem Messer Richtung Butter kommt, als schon das Nachsehen, als Vierter bis Achter hat man absolut keine Chance mehr.
Die Kaffeekanne kreist und ich tue so, als störe mich der Mangel an Brotbelag nicht und stippe erst das Brötchen und dann den Croissant in die braune Plörre, denn an Kaffee erinnert nicht mal die Farbe, geschweige denn der Geschmack.
Mein Freund kann seine Enttäuschung nicht so gut verbergen, er ist stinksauer und hadert mit dem französischen Frühstück. Und was das Stärkste ist, er hadert auch mit mir, da ich es schließlich gewesen bin, die ihn zu dieser Fahrt überredet hat. "Nie wieder als Gruppenreisender!" murrt er und das meint er todernst, so weit kenne ich ihn längst.
Am Vormittag das nächste Highlight des Tages. Wir werden zur großen Stadtrundfahrt nach Paris hineinkutschiert. (Dieses Mal braucht der Fahrer nur etwa 40 Minuten bis ins Zentrum.) Notre Dame, Louvre, Eiffelturm, Place de la Concorde, Arc de Triomphe, Invalidendom, und, und, und. Uns schwirrt der Kopf, unsere Augen tränen und es geht alles viel zu schnell. Außerdem sitzen wir wieder mal fast immer auf der falschen Seite.
Dafür lernen wir aber unsere Mitreisenden nun ein bisschen näher kennen und keinesfalls lieben.
Neben dem Reiseleiter gehört natürlich der Busfahrer zum festen Bestandteil der Tour, sozusagen zum Inventar. Er ist sehr ruhig, immer freundlich und ziemlich zurückhaltend.
Wenn doch bloß die zwei hinter uns genau so ruhig und zurückhaltend wären, aber nein, eine doofe Frage jagt die andere und die Antworten sind zum Teil so bescheuert, dass es mir zeitweise schwarz vor Augen wird. Zum Ausgleich aber hat Gnädigste zwei Pelze dabei (deshalb also der Riesenkoffer) und von den Dingern ist einer hässlicher, als der andere. ‚Die gleicht ihre Dummheit mit Pelzen aus', denke ich und wenn ich nicht so gut erzogen wäre, würde ich dazwischenfahren. Aber ich bin nun mal sehr gut erzogen, also schlucke ich meine unverschämten Bemerkungen herunter und ärgere mich in mich hinein. (Hoffentlich vergesse ich in den nächsten Tagen meine gute Kinderstube nicht doch noch vor lauter Frust.)
Vor uns sitzt jetzt ein merkwürdiges Paar (hat wohl mit dem Duschfanatiker und Knöpfchenverdreher getauscht, die Unscheinbaren sitzen jetzt weiter vorne mit ebenso Unscheinbaren zusammen: Gesucht und Gefunden!). Da ich ja nicht neugierig bin, würde es mich schon interessieren, wie die beiden zusammengehören. Er ist mindestens schon, na, wenn nicht noch viel älter, aber an die Sechzig schätze ich ihn schon, während sie höchstens Anfang bis Mitte Zwanzig ist. Ein Ehepaar? Sie trägt keinen Ring (hat zwar nichts zu sagen, aber trotzdem...). Seine Geliebte? Ist sie eigentlich nicht der Typ für. Chef und Sekretärin? Er sieht nicht unbedingt wie ein Chef aus, eher wie ein unzufriedener Bürobote. Vater und Tochter? Auch eine Möglichkeit und ehrlich gesagt, wenn auch nicht die aufregendste dann doch immerhin die beste und wahrscheinlichste.
Davor sitzt eine Familie: Papi, Mami und zwei Töchter. Nicht unbedingt eine gewesene oder zukünftige Miss World dabei, aber auch nicht unbedingt abstoßend hässlich. Allerdings sind sie beide nicht mehr ganz neu und das ist dann wiederum das Merkwürdige daran: Wieso sind die noch mit Mami und Papi unterwegs?
Andererseits ist das doch sehr schön, spricht für Familiensinn und der ist heutzutage leider ziemlich selten geworden. - Hm, irgendwie gehört zu der Gruppe aber auch noch ein dunkelhaariger, bärtiger junger Mann. Der Typ fällt enorm auf, denn er ist ununterbrochen bescheuert am grinsen. Dummheit grinst! Ich kann Männer nicht ausstehen, die ständig blöde vor sich hingrinsen, als hätten sie sie nicht alle auf der Reihe.
Neben mir, nur durch den Mittelgang getrennt, sitzen Deutsche, die wohl gerade erst aus Polen gekommen sind. Ich bin mir nicht sicher, ob es Deutsche sind, auch wenn das ‚Passaporrt' wie ein deutscher Ausweis ausgesehen hat, kann ja auch sein, sie kannten nur mal einen, der einen deutschen Schäferhund besaß oder zumindest jemand kannte, der einen deutschen Schäferhund kannte. Sie unterhalten sich ungeniert auf Polnisch, ziehen über die doofen Deutschen her, mokieren sich über alles, was nicht ostblockmäßig angehaucht ist und ahnen nicht im geringsten, dass ich mehr als nur ein paar Brocken verstehe, immerhin habe ich ja mal Russisch gelernt und das zahlt sich jetzt aus. Ich werfe einen bösen Blick zu den Beiden hinüber, als die Behauptung aufgestellt wird, dass alle Westler unkultiviert und trampelig seien. Diesen Blick fangen die dann auf und senken ein wenig die Stimmen, aber nur, um im nächsten Augenblick schon wieder alle Vorsicht zu vergessen und weiter lautstark rumzuschrateln. Lieber Gott, wer ist eigentlich auf die Idee mit der Busfahrt gekommen?
Ganz vorne im Bus sind zwei Spanierinnen untergekommen, die mir schon bei der ersten Inaugenscheinnahme absolut unsympathisch gewesen sind.
"Noch nie so 'nem widerlichen Pack begegnet!" Die grauenhaften Weiber dämpfen die Stimmung meiner besseren Hälfte enorm. (Beruflich hat er viel oder besser gesagt fast ausschließlich mit Ausländern zu tun und sie dabei gut kennen, aber keinesfalls immer lieben gelernt.)
Aber ich muss ihm recht geben, die beiden grässlichen Weibsbilder gehen auch mir auf den Keks. Die beiden fetten Matschtucken nehmen doch glatt in unverschämtester Art und Weise das Recht für sich in Anspruch, immer und überall mindestens eine viertel bis eine halbe Stunde zu spät zu kommen, so frei nach dem Motto: "Nix capito!" Aber das ist schlichtweg gelogen, denn unser Herr Reiseleiter macht sich eigens die Mühe alles für die zwei Zimtnelken ins Spanische zu übersetzen. Und das macht er nach Aussage meines Freundes, der selber sehr gut Spanisch spricht, ausgezeichnet. Nur einen Haken hat das ganze Spiel mit der Pünktlichkeit trotz des Übersetzens dennoch, denn außer dem Willen zur Pünktlichkeit gehört auch die Intelligenz eine Uhr ablesen zu können als ganz entscheidender Faktor dazu. (Hat Hans den Fetthennen irgendwann auch auf Spanisch ins Gesicht gebrüllt, was die mit gespielten Ohnmachtsanfällen zu quittieren suchten, wofür sie aber keinerlei, aber auch nicht das geringste Mitleid geerntet haben. Nur Hans bekam, nachdem er den des Spanischen nicht mächtigen Mitreisenden seinen Ausbruch übersetzt hat, jede Menge Applaus. - Ach, übrigens, weder der Ausdruck "Fetthennen" noch die "Matschtucken" sind auf meinem Mist gewachsen, die gebrauchte ein liebenswerter, aber ebenso über die Unpünktlichkeit der Frauen empörter, Mitreisender. Der gute Mann setzte den Komplimenten sogar noch die Krone auf mit der Bemerkung: "Wo kriegen die bloß die bunten Zeltplanen für die Plünnen her? Und natürlich schon wieder am Fressen!")
Die beiden Undamen sind in Begleitung eines Mannes, der schmieriger nicht sein könnte. Untersetzt wäre untertrieben, der Typ ist breiter wie hoch, glänzt fettig im Gesicht und auf den Haaren und sein Schweißgeruch treibt einem die Tränen in die Augen. Aber nichts desto Trotz kommen die Drei sich vor, wie die absoluten Götter der Gruppe. Igitt pfui bah!
Aber damit ist der Bus noch nicht voll. Außer den Polen, die durch den Mittelgang von mir getrennt neben mir sitzen, ist da noch eine Familie, die wohl auch erst vor wenigen Jahren aus Schlesien, heute leider Polen, gekommen sind. Dem Herrn Papa hört man diese Tatsache noch ziemlich gut an, er hat den typischen etwas harten Tonfall und rollt das R so charakteristisch. Dafür sprechen die junge Frau und der Sohn aber fast akzentfreies Hochdeutsch, übrigens fast besser als ich, wie ich zu meinem Leidwesen eingestehen muss, denn meine rheinische Herkunft kann ich nicht verleugnen. Die junge Frau ist beileibe keine hässliche Person, ein klein wenig zu pummelig vielleicht, aber es hält sich durchaus noch in Grenzen, (die ganze Familie futtert gern und auch gut, das habe ich längst registriert), aber die Frau raucht. Sie raucht viel und es ist wirklich schade, dass niemand in den Spiegel schaut, wenn er am Glimmstängel knabbert. Diese Frau nämlich sieht richtig ordinär mit der Fluppe im Mundwinkel aus, besonders, wenn sie dabei auch noch redet, was sie beides, rauchen und reden, fast ununterbrochen tut, nur ab und an wird mal gegessen, da ist es ganz kurz ein bisschen rauchfrei. (Das unverschämte Urteil hinsichtlich des Ordinären wage ich mir als Nichtraucher schlicht und ergreifend zu erlauben.)
Dann gibt es da noch eine Enkeltochter, die mit Oma und Opa unterwegs ist (haben sich gut gehalten, die älteren Herrschaften, ich hatte nämlich anfangs bei dem Kind auf Töchterlein getippt und war baff erstaunt, wie meine Ohren plötzlich ein "Oma" vernommen haben.) Allerdings ist das Kind verwöhnt, quengelig und ganz und gar nicht liebenswert. (Kann einem das Kinderkriegen glatt verleidet werden.)
Noch ein weiteres Paar fällt auf. Er sieht aus, wie ein demonstrationsgeübter, rot angehauchter Student der Soziologie oder einem ähnlich nützlichen und gesellschaftsfreundlichen Fach, sie dagegen ist der Typ Marke "Heimchen am Herd", nach der Devise: ‚Ich kenne nur einen Buchstaben, das K, nämlich für Kinder, Küche und Keller. Echt, ein Pärchen wie der flotte Adolar und Lieschen Müller.
Der Rest der Gesellschaft ist eigentlich recht unauffällig. Abheben tun sich vielleicht noch der "junge Mann mit seiner Frau Mutter", wie der Herr Reiseleiter zu sagen beliebte. Der junge Mann hat ein reichlich großmäuliges Wesen und sucht ganz offensichtlich Anschluss, wozu ich nur sagen kann, nur nicht drum kümmern, dann quatscht er uns vielleicht auch nicht dumm von der Seite her an.
Irgendwo, irgendwann auf der Stadtrundfahrt erzählt er großspurig von London, wo er sich erst zuletzt noch aufgehalten habe. Aha, er ist also weit gereist und wenn ich es mir recht überlege, hätte er uns Mitreisenden einen echten Gefallen getan, wenn er mit Mama in London geblieben wäre. Ich stelle meine Lauscher auf Empfang und höre zu, wie er mit einer Weltmännigkeit Stuss von dieser Riesenstadt verzapft, der einem die Haare zu Berge stehen lässt, insbesondere, wenn man London aus fast jedem Blickwinkel kennt und diese wunderbare Stadt liebt, wie ich es tue.
Ich horche intensiver und wenn ich es mir recht überlege, klingt einfach alles was er sagt, als hätte er sein Englischbuch in der Schule mindestens zwei Mal durcharbeiten müssen. Am liebsten wäre ich dem Großmaul ja ins Wort gefallen, aber wie ich bereits oben irgendwann mal erwähnt habe, fehlt mir dazu einfach die richtige Erziehung, also lasse ich Doofe doof und Großmäuler großmäulig bleiben. Obwohl, ein wenig nagt es schon in mir.
Ach ja, und ein bisschen ulkig sind da vielleicht noch die beiden "Jung-Jungfern". Ganz offensichtlich zwei Freundinnen, nit mie janz neu, aber noch immer ganz scharf drauf, endlich doch noch einen Mann fürs Leben abzustauben. (Im wahrsten Sinne des Wortes, denn das männliche Wesen, das bei denen anbeißt, ist mit Sicherheit schon längst aus dem Lack.)
Außerdem ist da noch mal so ein Pärchen im Bus vorhanden, die "Alt-Jungfern". Wohl auch Freundinnen, aber doch schon reichlich verstaubt und ziemlich verwelkt haben diese beiden Damen die Hoffnung auf ein männliches Wesen, wie angestaubt und abgeblättert auch immer, schon vor längerer Zeit aufgegeben.
Das ist wirklich eine Ansammlung von Kuriositäten und ausgerechnet mit meinem skeptischen Freund, "Busfahrt mit Hammelherde", gerate ich in so einen bunt gemischten Haufen. Wir geben uns dann auch redlich Mühe, möglichst keinen Anschluss zu finden, was uns sogar einigermaßen gelingt, da Schafe dem Grunde nach gerne dem Herdentrieb folgen und möglichst immer dicht beieinander bleiben.
Den Nachmittag und den Abend verbringen wir wieder schön gemütlich für uns, während die Hammelherde auch tatsächlich gemeinsam loszieht und laut blökt. (Mir wäre das zu langwierig, denn durch das ständige Zuspätkommen unserer "göttlichen, spanischen Elite" geht einfach viel zu viel Zeit verloren.)
Aber, oh Himmel, die wollen doch glatt von uns wissen, was wir denn so vorhaben, ganz allein in der großen, fremden Stadt, deren Sprache so fremdartig ist. Wir zucken nur mit den Schultern und fürchten schon, es könnte irgendwem einfallen, sich uns anzuschließen, was denn glücklicherweise doch keiner tut, die Herde zieht doch mehr, als ein kleines Außenseitergrüppchen.
Der erste Teil unserer Kurztrips ist gelaufen und wir sind gespannt, was noch so alles auf uns zurollt und wer Lust hat, unser skurriles Grüppchen auch wieder bis nach Hause zu begleiten, kann dies gerne im zweiten Teil der Geschichte tun.

Eingereicht am 06. November 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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