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eBook Tiergeschichten

Dez
01
Über das Klauen
© Karin Reddemann

Blacky hatte einen wirklich schönen Apfel im Maul. Sie war eine Zicke und nahm sich, was sie wollte. In diesem Fall wohl die Frühstücksvitamine eines ausgehungerten Arbeiters, die dieser unbeaufsichtigt im Bauwagen am Ende unseres Hohlwegs, direkt am alten Friedhofshäuschen, gebunkert hatte. Zum vernünftigen Verzehr, natürlich.

Ich musste mir die Frage gefallen lassen, warum diese kleine, leicht korpulente, erstaunlich flotte schwarze Hündin ständig an diesem Wagen herumlungerte.

"Hat Ihr Köter meinen Apfel geklaut?" Ich sagte "Nö", machte einen auf empört, weil ich es nicht mag, wenn jemand meinen Hund als Köter bezeichnet. Insgeheim schämte ich mich. Ich hatte Blacky, die gern ihre Alleingänge machte, schließlich auf frischer Tat ertappt. Dieser rote, knackige Apfel gehörte einwandfrei nicht ihr.

Schwamm drüber. Bis zum nächsten Tag. Mein Großvater liebte es, mit Blacky spazieren zu gehen und sie dann nach seiner Visite im Wacholderhäuschen mal so eben zu verlieren. Kurz nach Mittag trudelte sie ohne Leine und Opa ein, trug aber ein Papiertütchen, das zwischen ihren Zähnen klemmte. Sie gab es mir ungern. Es war ein Käsebrötchen. Mit Salat, Salami, Remoulade und gewürzter Tomate.

Natürlich war mir bewusst, wo sie sich das, prinzipiell bargeldlos, was für einen Hund üblich ist, besorgt hatte. Ich kenne mich da aus. Meine Schwester hat nach der Schule Schnuller und Teufelchen aus Gummi bei Bromsky schräg gegenüber klammheimlich eingesackt. Miene Bromsky war halt nicht mehr auf Zack. Die trödelte nur an der Kasse herum und guckte nicht. Meine böse große Schwester, die später Jura studierte, nutzte das hemmungslos aus.

Gut, das Brötchen setzte mir zu. Ich bin eine ehrliche Seele. Ergo ging ich beschämten Hauptes zum Bauwagen, die Männer teerten unseren Weg - Opa behauptete immer: "Ist sowieso meiner." -, hatte die schwarze Diebin an meiner Seite und wurde sofort angeranzt: "Ach nee, die Mafia."

Ich zahlte brav das neue Brötchen, ging halbwegs aufrecht von dannen, schimpfte ein bisschen mit Blacky und verzieh ihr. Dieser Blick. Man kann nicht lange böse sein.

Am dritten Tag transportierte sie einen Beutel mit drei Frikadellen inklusive Senfpäckchen auf unseren Hof, wollte ihn sich partout nicht wegnehmen lassen und machte einen auf Pitbull.

Mein Opa, der etwas viel später eintraf, fand das großartig: "Die sorgt für sich selbst. Säuft auch Korn und Bier, wenn sie Durst hat."

Gefiel mir nicht so ganz, was mein ansonsten von mir geschätzter Großvater da von sich gab. Machte er meinen Hund besoffen und damit unberechenbar? Zum eiskalten Dieb?

Gottlob zogen die Bauarbeiter endlich ab, freilich nicht, ohne mich zu fragen: "Und, wie waren die Buletten?"

Hart. Als wenn ich die gefuttert hätte! Wie die Pfefferminzdrops meiner Freundin Claudia. Fragt die mich, wo ihre Bonbons sind, die hätten in ihrer Tasche gesteckt. Ich schaue nur Blacky an und schnuppere. Verdammt frischer Atem.

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