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Die Weihnachtszeit

© Tina Martik


Noch drei Tage warten, nur zweimal schlafen, endlich würde das Glöckchen im Wohnzimmer läuten. Dann würde sie den geschmückten, in allen Farben leuchtenden Weihnachtsbaum und die Geschenke unter ihm sehen.
Caroline freute sich jedes Jahr auf dieses Fest, seit sie denken kann und sie ist ja schon vier!
Das Getümmel begann einige Wochen vor dem Fest. Zuerst räumte man gründlich die ganze Wohnung auf, Fenster wurden geputzt, Vorhänge und Gardinen gewaschen, Teppiche draußen im Schnee ausgeklopft, Parkett sowie Möbel frisch poliert, alle Kristallgläser gewaschen und in der Vitrine neu aufgestellt. Es war viel Arbeit, Caroline machte nicht viel. Sie schaute ihrer Mutter zu und saugte die Gerüche in sich hinein, die Sauberkeit charakterisierten. Sie half nur dort, wobei es Freude und Spaß bereitete.
Die Teppiche im Schnee auszuklopfen, das war lustig! Zuerst half sie ihrem Vater die Teppiche, die zu riesigen Würgeschlangen zusammengerollt waren, vom dritten Stockwerk in den Hof zu transportieren. Sie wedelte mit dem Teppichklopfer hin und her, während sie die Treppe runter gingen.
"Du großes Ungeheuer, wir sind stärker als du. Der Teppichklopfer ist unser Helfer", sprach Caroline mutig den zusammengerollten Teppich an.
Vater krümmte sich indessen unter dem Gewicht und vom Lachen.
Nachdem das Ungeheuer im Schnee bewältigt wurde, wobei der Teppichklopfer behilflich war, formten Caroline und ihr Vater eifrig Schneekugeln, dann bewarfen sie sich gegenseitig. Nachbarskinder schlossen sich ihnen mit Geschrei an, eine große Schneeschlacht erfolgte. So blieb es nicht nur bei der Arbeit, es gab eine zusätzliche Portion Spaß dazu.
Sobald die Putzphase fertig war, begann ihre Mutter und Caroline Plätzchen zu backen. Dabei half Caroline mit Eifer. Sie durfte mit den Blechformen verschiedene Figuren aus dem duftenden Teig ausstechen. Am liebsten hatte sie die Sterne, es gab ganz kleine, ein wenig größere und ganz große, die ihre Handfläche verdeckten. Die Sterne fertigten sie aus dem Lebkuchenteig, in der Mitte bohrten sie ein Loch durch und sobald die Sterne fertig gebacken waren, steckten sie einen Spies aus Holz hindurch. Unten war der größte Stern angebracht und dann spießten sie immer einen kleineren und noch kleineren Stern auf, bis sich daraus ein kleiner Weihnachtsbaum ergab. Die Mutter zierte dann die Ränder mit weißem Zuckerguss.
"Sie sehen wie verschneit aus, Mama".
"Ja, einige sehen wie nach einem Schneesturm aus", erwiderte ihre Mutter lächelnd, während sie die schief geratenen Exemplare betrachtete. Mit diesen kleinen Weihnachtsbäumchen bescherten sie Bekannten und Freunden viel Freude. Caroline war stolz auf ihre Backkünste. Mit den Bäumchen war noch nicht alles gemacht. Anschließend stach sie Herzen, Mond, verschiedene Tiere und eine große Menge runder Plätzchen aus. Von denen brauchten sie am meisten, für Spitzbuben. Caroline klebte die Spitzbuben mit Erdbeermarmelade zusammen. Das machte Spaß! Sie hatte alle Finger klebrig und süß, aber ihre Mutter war ihr deswegen nicht böse. Wenn sie sich vom Marmeladebrot derart verschmierte, bevor sie in den Kindergarten ging, dann schimpfte ihre Mutter mit ihr. Aber jetzt war es anders!
In der Weihnachtszeit war sehr viel mehr als an einem gewöhnlichen Tag erlaubt.
Sie durfte Fernsehen! Beinahe so viel und so lange wie es ihr Spaß machte. Und was für tolle Märchen es in dieser Zeit gab! Das alle schönste war natürlich "Aschenputtel". Caroline liebte diese Geschichte. Wenn sie dann wieder etwas half, dachte sie an das arme Mädchen, das zur Prinzessin wurde. Caroline füllte Früchte und Nüsse in eine Schale auf und überlegte, wie wäre es denn, wenn in diesen Nüssen auch schöne Kleider versteckt wären. Dann würde sie auf ihrem Pferd zum Schloss reiten und den schönen Prinzen kennen lernen.
In diesem Jahr verlief alles ein wenig anders. Die Mutter machte und putzte, räumte auf und zauberte in der Küche, aber sie unterbrach oft ihre Arbeit, um sich hinzulegen. Caroline machte sich Sorgen, da ihre Mutter sonst nie müde oder erschöpft war.
"Mama, bist du krank?", fragte sie besorgt.
"Nein, mach dir keine Sorgen, Caroline. Ich bin nicht krank, nur ein bisschen müde", sprach die Mutter beruhigend auf sie ein. Dann erklärten ihr ihre Eltern, warum sie müde sei.
"Du bekommst ein Geschwisterchen", sagte der Vater.
Caroline schaute zum Vater, dann zur Mutter.
"Ein richtiges Baby?", fragte sie überrascht.
"Ja, ein richtiges Baby", antwortete die Mutter.
Ab dem Moment änderte sich für Caroline vieles. Sie bereitete in ihrem Kinderzimmer, das bald nicht nur ihr Zimmer sein wird, alles vor. Ihr Spielzeug musste nun aufs Neue verräumt werden. Ihre Stofftiere rückten näher zusammen.
"So wie im Zoo, ihr zwei zusammen, diese vier zusammen, wie in einem Käfig", erklärte sie den Tieren die neue Situation.
"Mein Geschwisterchen braucht auch Platz für seine Tierchen".
In den Schränken und Schubladen war es bereits geändert worden. Die Mutter hatte Carolines Kleider auf eine Seite des Schranks gelegt und auf der anderen stapelten sich winzige Strampelanzüge, Mützen, Socken und alles schien sehr klein.
Die Stunden rasten schnell an Caroline vorbei. Die Festvorbereitungen, Märchen im Fernseher und Vorbereitungen auf das neue Familienmitglied erfüllten Carolines Tag restlos.
Sobald sie am nächsten Morgen aufwachte, spürte sie, etwas stimmte nicht. Stille herrschte in der Wohnung. Sie krabbelte aus ihrem Bett heraus und schlich auf den Zehenspitzen in die Küche. Niemand war da. Im Schlafzimmer der Eltern genauso. Tränen stiegen ihr in die Augen. Ihre Mundwinkel verzogen sich, da hörte sie plötzlich ein Geräusch hinter ihr.
"Caroline, bist du schon wach?", fragte ihre Großmutter.
"Großmama! Was machst du hier?"
"Papa brachte Mama ins Krankenhaus. Ich werde für einige Tage bei euch bleiben, bis Mama und dein Geschwisterchen nach Hause kommen", sagte sie und nahm Caroline in die Arme.
"Du hast einen kleinen Bruder bekommen!", verkündete sie freudestrahlend.
Nach dem Frühstück machten sie es sich im Wohnzimmer gemütlich und Großmutter erzählte von Weihnachtsbräuchen. Caroline war von einem Brauch besonders angetan. Am Festtisch würde vor dem Weihnachtsessen unter jedem Teller eine Münze versteckt, damit alle im nächsten Jahr zufrieden und glücklich würden.
Sobald ihr Vater nach Hause kam, überschüttete sie ihn mit Fragen.
"Wann kommen sie nach Hause?", wollte Caroline wissen.
"Sobald es Mama besser geht, kommt sie mit deinem Brüderchen nach Hause. Ich denke, in ein paar Tagen werden sie hier sein", antwortete er. "Jetzt vorwärts machen, wir haben sehr viel zu tun."
Sie holten den Kinderwagen vom Dachboden. Caroline half ihn abzustauben und abzuwaschen, dann legten sie die Decke hinein, die ihre Mutter bereits gewaschen hatte. Caroline suchte ihren kleinsten Teddybären aus und Vater befestigte ihn auf der Innenseite des Kinderwagens.
Dann fuhren sie zum Einkaufszentrum. Sie kauften Windeln ein. Ganze Berge von Windeln! Als sie an einem Becken mit schwimmenden Karpfen vorbeigingen, fragte Caroline ihren Vater, ob sie denn trotzdem einen Karpfen haben würden.
"Ja, natürlich, warum denn nicht?", wunderte er sich.
"So richtig? In der Badewanne, wie letztes Jahr?", prüfte Caroline nach.
"Ja, wie immer."
"Aber wo werden wir denn das Baby baden?"
Vater lachte: "Mach dir keine Sorgen, bis dein Bruder daheim sein wird, wird der Karpfen nicht mehr in der Badewanne schwimmen. Den Fisch kaufen wir aber erst morgen, heute ist der Baum dran."
Caroline schien beruhigt zu sein. Sie kauften noch andere Sachen ein und dann gingen sie zu der Stelle, wo man Weihnachtsbäume verkaufte. Es gab ganz kleine in einem Blumentopf, die waren mit einigen Minikerzen und Miniweihnachtskugeln geschmückt. Es gab aber auch riesige, richtige, hoch gewachsene Bäume. Die Luft duftete, man fühlte sich, in einen Wald versetzt.
"Diesen Papa, der ist so groß!", schlug Caroline vor.
"Oh, ja, und dann machen wir ein Loch in die Decke und die Baumspitze wird unser Nachbar befestigen", lachte Vater. "Nein, der ist viel zu groß."
"Dann diesen Papa", Caroline zeigte auf eine schöne Tanne.
Sie kauften die Tanne, befestigten sie auf dem Dachträger und fuhren nach Hause, Caroline schaute durch die Fensterscheibe und passte gut auf den Baum auf. Nachdem sie den Baum bis in ihre Wohnung trugen, klebten ihre Hände mit Harz und der Tannenduft setzte sich an den Wänden des Treppenhauses, auf den Treppenstufen glänzten einige heruntergefallene Tannennadeln.
Ihre Großmutter bereitete ein leckeres Mittagessen vor. Nachher ging Vater schnell ins Krankenhaus. Caroline verbrachte einen schönen Nachmittag mit ihrer Großmutter, die ihr ein Märchen nach dem anderen vorlas. Bevor sich Caroline zum Schlafen hinlegte, öffnete sie das nächste Fensterchen in ihrem Adventkalender und bald schlief sie zufrieden ein.
Am Morgen erwartete sie eine schöne Überraschung. Draußen war alles mit glitzerndem Schnee bedeckt, eine ungewöhnliche Stille verbreitete sich.
Ihr Vater stand nur in der Unterhose auf dem Balkon und "wusch" sich mit dem Schnee.
"Papa, was machst du da?", lachte und wunderte sich Caroline zugleich.
"Wir haben kein Wasser, eine Störung, also wasche ich mich hier", erklärte er und klapperte dabei mit den Zähnen.
Caroline riss ihr Pyjama auf und wäre beinahe dem Beispiel ihres Vaters befolgt, hätte sie ihre Großmutter im letzten Moment davon nicht abgehalten.
"Nein, Caroline! Das machen nur Papis, wir warten, bis das Wasser wieder läuft", sagte sie und schüttelte den Kopf, während sie ihren Sohn ansah.
Es war der letzte Tag vor dem Heiligabend. Sie hatten noch viel zu erledigen. Zuerst gingen sie zum Markt, um den Karpfen zu holen. In den Becken wimmelte es von glänzenden großen und kleineren Fischen. Caroline konnte sich lange nicht entscheiden, dann wählte sie einen Fisch aus, half dem Verkäufer den Karpfen mit einem Fischernetz herauszufischen. Sie beeilten sich zum Auto und Caroline bat ihren Vater, so schnell wie möglich zu fahren, damit der Karpfen bald wieder im Wasser wäre. Hoffentlich läuft das Wasser wieder, sonst haben wir ein Problem, dachte der Vater.
Als er das Plätschern des Wassers in die Badewanne hörte, war er beruhigt. Nun war Caroline beinahe den ganzen Tag im Badezimmer beschäftigt. Sie streichelte den Karpfen und überlegte, ob er ihr vielleicht einen Wunsch erfüllen würde, wie der Fisch im Märchen.
Ihre Großmutter meinte: "Wünsche dir etwas, du wirst schon sehen, ob es in Erfüllung kommt. Du darfst deinen Wunsch aber niemanden verraten, sonst wird der Zauber nicht funktionieren."
Eine sehr schwierige Aufgabe für Caroline, die so gerne alles mit ihrer Mutter oder ihrem Vater besprach. Sie überlegte, murmelte etwas vor sich hin und lächelte, dann spielte sie weiter mit dem Fisch. Nach langem Spielen im kalten Wasser waren ihre Hände kalt und durchweicht, es störte sie nicht, es gehörte zu Weihnachten. Am Abend gab sie dem Karpfen nochmals frisches Wasser, verabschiedete sich und ging schlafen. Nur noch eine Nacht schlafen!
Am Morgen schwamm der Fisch nicht mehr in der Badewanne. Caroline wusste, was mit ihm passierte. Es stimmte sie traurig, aber da heute ihre Mutter und ihr kleiner Bruder nach Hause kommen würden, vergass sie den Karpfen bald.
"Heute ist es endlich Heiligabend! Heute gibt es Geschenke!", freute sich Caroline und sprang vor Vorfreude herum. Der Tag verlief schnell, Caroline half zum ersten Mal den Weihnachtsbaum zu schmücken. Sie hängte die farbigen Glaskugeln, die raschelnden und glitzernden Ketten und verschiedene Figuren aus Schokolade auf. Heimlich aß sie einige Tannzapfen auf, die mit Marzipan gefüllt waren. Auf der äußersten Spitze eines Astes hing nun das spezielle Glöckchen, mit dem am Abend ihr Vater läuten würde.
Ihre Großmutter bereitete ein leckeres Festessen vor, Fischsuppe, Karpfen, Kartoffelsalat, deckte festlich den Esstisch und dann rief sie Caroline zu sich.
"Komm, Caroline, jetzt gehen wir noch ein wenig an die frische Luft, damit wir auch einen richtigen Appetit auf alle diese Köstlichkeiten bekommen."
Sie zogen sich an und gingen in die Frische hinaus. Große Schneeflocken fielen vom Himmel herunter. Caroline versuchte sie in ihre Hände und auf ihre Zunge zu fangen. Großmutter zeigte ihr, wie man einen Abdruck im Schnee macht, damit es wie eine Spur eines Engels aussieht, der sich gerade hier hingelegt und ausgeruht hatte. Unterwegs bauten sie einen Schneemann. "Morgen bekommt er noch eine Karotte als Nase und einen Hut braucht er ja auch", kommentierte Caroline ihre Arbeit.
Durchfroren und hungrig kamen sie nach Hause zurück. Sie zogen ihre Schuhe, Jacken, Mützen und Handschuhe aus. Bevor sie sich aufwärmen konnten, klingelte das Glöckchen im Wohnzimmer schon.
Caroline öffnete langsam und vorsichtig die Tür und schaute neugierig hinein. Das Licht war aus, das Zimmer war in Dunkelheit getaucht, nur in einer Ecke funkelte und schimmerte es. In Carolines Augen spiegelten sich die farbigen Kerzen vom Weihnachtsbaum. Ihr Gesicht erstrahlte, als sie ihren Vater neben dem Weihnachtsbaum sah, ihr glücklicher Blick schweifte am Baum herunter, dort wo sich die Geschenke befanden. Ihre Mutter saß auf dem Boden mittendrin und hielt Carolines kleinen Bruder in den Armen.
"Mama", freute sich Caroline und lief zu ihr. "Das Christkind, das schönste Geschenk", sagte sie und strich ihrem kleinen Bruder sanft über die Wange.



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