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Lisas schönstes Weihnachten

© Naomi Mittempergher


23.12.2006, sehr früh am Morgen (8 h), alles schläft noch, außer mir
Der letzte Adventstag ist angebrochen und es ist so kalt, dass sich jeder Normalsterbliche mindestens einen Pulli und einen Anorak anziehen muss um nicht zu erfrieren. Meine Eltern haben mich, Stella, 14, und meinen kleinen Bruder Dirk, 10, auf eine Skihütte mitgeschleppt. Na ja, so schlimm ist es gar nicht, immerhin sind meine Eltern, mein Bruder und ich alle begeisterte Snowboardfahrer und die Zwillinge, die auch auf unserer "Hütte" wohnen, sehen nicht schlecht aus. Na ja, "Hütte" ist ehrlich untertrieben, es ist eigentlich ein 4-Sterne-Hotel am Arsch der Welt, das nur mit dem Skilift zu erreichen ist. Das einzige Dumme an der ganzen Sache ist, dass ich, bevor wir hierher gekommen sind, vergessen habe Geschenke zu kaufen. Also dachte ich, dass ich mir gleich mal das Board unter die Füße schnalle und ins Tal fahren werde.
23.12.2006, wohlverdiente Mittagspause nach einem interessanten Vormittag
Als ich mich auf den Weg zum Skistall machte, traf ich einen der Zwillinge, Andreas, 15, er war der Frühaufsteher in seiner Familie. Ich erzählte ihm, dass ich ins Tal fahren wollte und er begleitete mich.
Unten im Dorf angekommen war schon einiges los. Wir schulterten unsere Boards und machten uns auf den Weg. Plötzlich sah ich ein Mädchen, das vor Kälte bibbernd nur im Pullover dasaß und alle Vorbeigehenden mit einem flehenden Blick ansah. Die meisten hetzten an ihr vorbei ohne sie zu beachten. Ich stieß Andy an und zeigte auf das arme Mädchen. Er ging mitleidig zu ihr hinüber und fragte sie: "Wie heißt du? Und wieso bist du nicht in deinem warmen Zuhause?" Sie sah ihn ängstlich an und erwiderte mit zitternder, verschnupfter Stimme: "Lisa." Erst jetzt merkte ich, wie jung sie war, höchstens 10 oder 11 Jahre. "Meinst du nicht, dass deine Mutter dich vermisst?", versuchte ich es.
"Doch", meinte Lisa, "bestimmt, aber sie findet mich nicht."
Lisa erzählte uns, dass sie die teuere Perlenkette ihrer Mutter beim unerlaubten Spielen zerrissen hatte und deshalb Angst habe sich zu melden. Sie sei einfach in den Zug gesessen und losgefahren. Zum Schluss fragte Andy noch: "Wie heißt deine Mutter eigentlich und wo wohnt sie?" Lisa nannte uns Namen und Dorf und wir gingen. Wir erledigten unsere Einkäufe (im Normalfall hätte ich sie euch beschrieben, heute nicht) und fuhren mit der Gondel zurück zum Hotel.
Wir verabredeten uns auf später. Im Zimmer verstaute ich meine Geschenke unter meinem Bett. Ich glaube, das war alles. So, jetzt muss ich mir schnell etwas anderes anziehen, Andy kommt gleich, heute Nachmittag geht es in den Wellnessbereich des Hotels. Ich freue mich schon.
23.12.06, fast schon 24.12.06
Der Tag war der absolute Wahnsinn. Also, Andy hat mich abgeholt und wir begannen zu reden.
Ich: "Was meinst du, wie fühlt es sich an Weihnachten ganz alleine auf der Straße zu verbringen?"
Er: "Sicher absolut schrecklich."
Ich: "Sie hat uns gesagt, wie ihre Mutter heißt und wo sie wohnt, die Frau müsste eigentlich im Telefonbuch stehen, oder?"
Er: "Ja, eigentlich schon, komm, an der Rezeption haben die ganz sicher eines."
Wir sprinteten los. Außer Atem erreichten wir den Empfang. Und tatsächlich, sie stand im Telefonbuch:
Dr. Mag. Elisa Mia Gruber, Psychologin und Kinderärztin
stand da ganz fett geschrieben und daneben die Telefonnummer. "Wow, und vor so einer fürchtet sich Lisa?", fragte ich. "Dr. Mag., na, die hat es ja nötig!", meinte Andy. Ich sah ihn an. "Na, mach schon!", meinte Andy, "ruf an!" Ich schüttelte den Kopf: " So etwas kann ich nicht, mach du!"
Langsam nahm er mein Handy, das ich ihm hinhielt, und wählte die Nummer. Nach dem dritten Klingeln nahm jemand ab. "Praxis Elisa Mia Gruber, Evelyn Witsch am Apparat", kam eine Frauenstimme lautstark aus der Freisprechanlage. Andy fragte, ob die Frau Dr. Mag. persönlich an den Apparat zu bekommen sei. Und nach längerem Hin und Her kam Frau Gruber dann. Andy erklärte ihr, dass wir ihr Kind gefunden hätten und wo wir wären. Elisa brach in laute Freudenschreie aus. "O, wirklich, danke, vielen Dank! Evelyn, sagen Sie alle Termine für heute Nachmittag ab und organisieren Sie irgendjemanden, der Lisas Zimmer aufräumt. Juhu, mein Kind lebt noch! Lisa lebt noch! Ich komme! Ich bin so schnell wie möglich bei euch, die Fahrt dauert wohl bis morgen Nachmittag, aber ich beeile mich!" Dann legte sie auf. Andy und ich sahen uns an. Die Freude von Frau Gruber hatte uns mitgerissen.
"Schnell!", rief Andy, "nicht, dass Lisa jetzt doch noch erfriert, bis Frau Gruber kommt!" So schnell wie möglich schlüpften wir in unsere Anoraks, schnallten uns unsere Boards unter die Füße und fuhren los.
Lisa saß genau am selben Platz wie heute Morgen. Wir stürmten zu ihr, und als sie uns sah, fing sie an zu lächeln. Schnell zog sie den Zweitanorak meines Bruders an. Sie strahlte über das ganze Gesicht, als wir sagten, dass sie mit uns in das Hotel kommen sollte. Ich zahlte ihr die Liftkarte, wir setzten uns in eine Gondel und fuhren los. Oben angekommen kam der Portier auf uns zugestürmt. "Oh, mein Gott, das Kind ist ja ganz verfroren!", rief er. "Ja, das haben wir auch schon mitbekommen, aber machen Sie sich keine Sorgen, wir kümmern uns darum", meinte Andy und zog Lisa mit sich mit. "Ciao!"
Seither haben wir Lisa geduscht, warm angezogen und eine dritte Matratze in mein und Dirks Zimmer bestellt. Dort schnarcht Lisa jetzt leise vor sich hin, ich freue mich schon auf das Gesicht von Lisa, wenn sie ihre Mami wieder sieht. Jetzt muss ich aber aufhören zu schreiben, weil das Datum sonst nicht mehr stimmt, ich höre gerade die Turmuhr unten im Tal schlagen.
24.12.06, morgens
Das ganze Hotel ist erfüllt mit Weihnachtsduft, in der großen Halle wird der Weihnachtsbaum geschmückt, Lisa strahlt über das ganze Gesicht. Mittlerweile ist sie aufgewärmt, trotzdem war sie von Mikes (Andys Bruder) Idee boarden zu gehen nicht sehr begeistert, also gehen wir heute wirklich in den Wellnessbereich und lassen es uns gut gehen.
Lisa weiß noch nichts von dem, dass ihre Mutter kommt, es soll ihr ganz besonderes Weihnachtsgeschenk sein.
24.12.06, sehr spät abends
In Andy, Mike, Dirk und mir stieg die Spannung, wann kommt Lisas Mutter? (Dirk & Mike haben wir auch eingeweiht.) Wir saßen in der Lobby und spielten irgendwelche Kartenspiele, als plötzlich eine große, hübsche Frau auf uns zugerannt kam und "Lisa!" schrie. Lisas Augen wurden groß, sie stand auf und sagte leise: "Mama." Sie fing an zu lachen und sprang an der Frau hoch. "Mama, du bist hier!" Die Frau wirbelte sie herum und drückte sie ganz fest an sich. Andy nahm meine Hand und ich hielt sie, wir strahlten dabei wie zwei Honigkuchen. Geschafft, Lisa hatte ihre Mutter wieder! Elisa Mia fing vor Glück an zu weinen, sie schniefte: "Ich hab dich so sehr vermisst, mein Schatz! Tu so was nie wieder, egal, was passiert, hörst du?" Lisa kuschelte sich an ihre Mutter und meinte "Ich bin hier, Mami, alles wird gut!" Da mussten wir alle lachen.
Später gingen wir gemeinsam in die große Halle und es wurde gelacht, getanzt und gesungen. Um 10 h war die Bescherung, alle freuten sich riesig und wir feierten eine Ewigkeit. Jetzt ist es kurz vor 12 Uhr, ich gehe gleich wieder hinunter, habe nur schnell Dirk ins Bett gebracht (haha, eben jünger als ich).
25.12.06, Weihnachtsmorgen (nachdem wir alle ausgeschlafen und gefrühstückt haben!)
Gestern haben wir noch lange weiter gefeiert, und vorhin gemeinsam gefrühstückt und jetzt wird verabschiedet. Lisa und Elisa Mia können leider nicht länger bleiben. Zum Schluss kam Lisa auf mich und Andy zu und umarmte uns. "Danke, das war mein schönstes Weihnachten, ich werde euch nie vergessen!" Dann lief sie zu ihrer Mutter, nahm ihre Hand und sie gingen. Andy und Mike fahren erst zu Silvester, wie wir. Und wisst ihr was? (Nein, könnt ihr ja gar nicht.) Die beiden gehen ab den Semesterferien in dieselbe Schule wie ich, denn sie haben in ihrer alten Schule irgendwelche Sch…önheiten gebaut. Ich freue mich schon ganz gewaltig.
Irgendwie bin ich so glücklich, wie wenn ich es gewesen wäre, die ihre Mum wieder gefunden hat. Andere Menschen glücklich zu machen macht auch mich glücklich. Typisch, Mums Helfersyndrom schlägt wohl mal wieder durch! (Seufz!!!!)



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