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Meine eigene Weihnachtsgeschichte

© Petra Strecker


Wieder einmal stand ich am Fenster und schaute hinaus. Dicke Schneeflocken fielen vom Himmel, es schien als ob Weihnachten nicht mehr bald weg wäre. Ich schaute verträumt den dicken Flocken zu, wie sie weiß und kalt an meinem Fenstersims zu kleben schienen. Weihnachten, das Fest der Liebe. Ich fühlte bei dem Gedanken ein Stück der Einsamkeit, die sich in meiner Seele breit machte. Die Gedanken trugen mich hinaus zurück in meine Kindheit. Als wir mit dem wenigen und einfachen, was wir hatten, immer sehr glücklich waren. Meine Eltern waren beide noch jung gestorben, umso mehr fehlten sie mir. Die Gedanken an Zuhause ließen für einen Augenblick Wärme in mein Herz. Es schien, als ob ich noch einmal das Bild des hl. Abends von Zuhause in mir aufnehmen konnte. Ich weiß noch, wie mein Vater am Weihnachtsmorgen den Baum aufstellte. Es war kein großer Baum und doch war es für mich immer der schönste Baum auf der ganzen Welt. Man stellte ihn auf einen kleinen Schrank und so reichte er bis zu der Zimmerdecke. Ganz hinten im Eck des Wohnzimmers stand er. Die Kerzen brachte mein Vater an und er war jedes Mal sehr begeistert, wenn er den Baum zum Leuchten brachte. Meine Mama stand derweil schon in der Küche, machte Vorbereitungen. Nein, kein großes Essen, jedes Jahr zu Hl. Abend machen meine Eltern Tellersülzen - igitt! Ich hasste die Sülzen und weil Weihnachten war und jeder das, was er am liebsten mochte, bekam, kochte meine Mutti für Nachmittags gefüllte Paprika. Die liebte ich wirklich von Herzen und wusste, dass für mich abends ein Teller davon übrig bleibt.
Nachmittags durften wir Kinder Fernsehen, das war so schön. Weil Weihnachten den ganzen Tag Kinderfilme gezeigt wurden. Damals hatten wir nur drei Programme und Kinderfilme gab es vielleicht mal 1 Stunde am Tag. Gemeinsam mit unserer Mutti schmückten wir den Baum. Sie hatte viele bunte Kugeln und beschwerte sich immer, weil sie einmal einen Tannenbaum nur mit roten Kugeln wolle. Rot war ihre Lieblingsfarbe. Das schönste Stück, das sie an den Weihnachtsbaum hing, war ein kleiner Vogel. Der wurde immer zuletzt an den Baum gehangen und somit wurde der Weihnachtsbaum vollkommen. Ich fang mich für einen Moment wieder, sehe immer noch die dicken Flocken an die Fenster wehen und wieder sind meine Gedanken an Zuhause.
Abends wurde zuerst gegessen. Ich weiß noch, wie gut die Tellersülzen meinen Eltern, Oma und Opa und meiner Schwester geschmeckt haben. Mich schüttelt heute noch bei dem Gedanken. Aber ich bekam ja meinen Paprika und somit war das Fest für alle etwas ganz Besonderes. Nach dem Abendessen wurde der Tannenbaum angedreht, Kerzen aufgestellt, das Licht gelöscht und eine Muttergottes aufgestellt. Dann beteten wir gemeinsam den Rosenkranz. Inzwischen war auch das Christkind da und hatte die Geschenke unter den Tannenbaum gelegt. Irgendwie schien es mir als Kind, als ob meine Oma nie ein Ende mit Beten fand. Ihr fiel immer wieder noch etwas ein, was man noch anschließend beten konnte. Für die Verstorbenen, die armen Seelen, die Menschen, die es nicht so gut hatten wie wir, und ich weiß nicht was alles noch. Alle schloss sie im Gebet ein und dann kam die Bescherung. Meist schenkte mein Vater meiner Mama ein Küchenwerkzeug. Ich glaube, dass sie nicht wirklich glücklich darüber war, obwohl er es immer gut meinte. Einmal kann ich mich erinnern, dass er ihr einen Dampfdrucktopf schenkte, den sie nie benutzte. Sie hatte Angst, das Ding könnte ihr um die Ohren fliegen. Später, als ich heiratete, hat sie ihn mir mitgegeben, damit sie ihn nicht mehr ansehen muss.
Wir Kinder spielten bis spät in die Nacht mit unseren Geschenken. Meistens bekamen wir Barbie-Sachen und die liebten wir zu sehr. Immer an Weihnachten holte mein Vater die Puppenstube von dem Speicher herunter. Die hat er selbst für uns gebaut, damit wir schön spielen konnten und die blieb bis an Neujahr in der Stube stehen. Das war jedes Jahr der schönste Teil an Weihnachten.
Jetzt drehe ich mich vom Fenster weg. Gedanken trugen mich ein Stück weit weg nach Hause. Heute bin ich die Mama und warte auf Weihnachten. Heute koche ich für meine Lieben, wie jedes Jahr gibt es Schweinelenden in Rahmsoße und handgemachten Spätzle. Wie zu Hause vom Brett geschabt. Heute schmücke ich mit meinen Kindern den Tannenbaum. Er ist so groß, dass er vom Boden zur Decke reicht. Heute gehen wir in die Kinderkirche, danach gibt es Essen und das Christkind hat die Geschenke unter den Baum gelegt. Die Bescherung zaubert heute noch wie damals ein Leuchten in die Kinderaugen und dann wird gespielt. Mein Mann schenkt mir keine Küchengeräte, aber wie jedes Jahr ein Parfum, dessen Duft er so gerne bei mir riecht. Wieder ist es ein Fest der Liebe, denn Liebe ist da wo die Menschen sind, die wir so gerne haben, die uns so viel bedeuten, die uns in unserem Herzen und in unseren Gedanken begleiten. Eines Tages stehen meine Kinder am Fenster, sehen den weißen Flocken zu und erinnern sich an Momente, die Spuren in ihren Herzen hinterlassen haben. Ich wünschte, dann für einen Augenblick in ihre Herzen zu sehen um zu fühlen, dass die Liebe ein Stück weitergetragen wurde.



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