Eine Weihnachtsgeschichte von Wutz, dem Wichtel
© Sabrina Eberl
Diese Geschichte hat mir Wutz, der kleine Wichtel erzählt. Sie handelt von einem vergangenen Weihnachtsfest, an das er sich von Herzen gerne erinnert.
Es war in einer kalten Dezembernacht. Dicke Schneeflocken fielen vom Himmel und hüllten den Wald in ein weißes Kleid.
Wutz, der einzige Wichtel des Waldes, schlief tief und fest, bis es laut an die Tür pochte. Schlaftrunken rieb er seine Augen. Nachdem es ein weiteres Mal pochte, war er hellwach. Da brauchte jemand seine Hilfe, ging es ihm durch den Kopf. Hastig hüpfte er aus dem warmen Bett und eilte zur Tür.
Wutz lebte schon viele Jahre in dem Inneren einer alten Eiche. Schnell öffnete er die runde Holztür. Vor ihm stand Ferdi, der niedliche Spatz. Um seinen Hals hatte er einen dicken Schal gebunden.
"Was ist los, Ferdi?", fragte Wutz besorgt. "Komm doch herein!"
Der Wichtel machte seinem Freund Platz und der Spatz trat ein.
"Ich danke dir, Wutz", sagte Ferdi mit zittriger Stimme. "Tut mir leid, dass ich dich mitten in der Nacht wecke, aber der Schnee hat mein Nest völlig zugedeckt. Dort kann ich nicht mehr schlafen."
Wutz nickte und ging zum Ofen. Er reichte seinem Freund eine heiße Tasse Milch. "Bleib vorerst hier, bis du etwas Neues gefunden hast. Draußen ist es kalt. Du würdest erfrieren."
Der Spatz wusste nicht, wie er seinem Freund dafür danken sollte. Gemeinsam richteten sie ein Bett für Ferdi und schliefen sofort wieder ein.
Am nächsten Tag flog Ferdi früh aus, um sich nach einer neuen Wohnung umzusehen. Später als er wieder kam, überbrachte er Wutz gute Neuigkeiten.
"Und du kannst sofort dort einziehen?", vergewisserte er sich bei seinem kleinen Freund.
"Ja. Das hat zumindest Frau Eichhorn gesagt. Sie benötigt den zweiten Stock erst im Frühjahr wieder und bis dahin kann ich bleiben. Dann werde ich mir selbst ein Nest bauen."
Wutz nickte und freute sich mit seinem Freund.
Als Ferdi sich verabschiedete und davonflog, kam Hansi, der Hase auf drei Beinen daher gehoppelt.
"Was ist los mit dir, Hansi?", fragte Wutz und lief dem Hasen entgegen. Er kam nur langsam voran, denn der Schnee war inzwischen sehr hoch geworden.
"Ich habe mir das Bein verstaucht, als ich mit den anderen um die Wette lief", antwortete der Hase traurig.
"Lass mich das mal ansehen!" Wutz bückte sich zu Hansis Bein herab und nachdem er es genau untersucht hatte, nickte er so kräftig, dass ihm dicke Haarsträhnen ins Gesicht fielen. "Ich weiß, was ich für dich tun kann. Warte hier!" Mit diesen Worten lief er in sein Haus.
Nach wenigen Augenblicken kam er wieder. In der einen Hand trug er einen schneeweißen Verband und in der anderen ein Heilkraut. Dann bückte er sich wieder zu Hansis verletztem Bein herunter. Der Hase sah ihm neugierig zu. Dann war Wutz fertig. Um das Bein war nun der Verband gewickelt und darunter war das Heilkraut gelegt.
"Bewege dein Bein nur, wenn es wirklich sein muss. Ansonsten halte dich still und lass dem Heilkraut seine Wirkung tun. Dann wird es dir schon bald wieder besser gehen."
Hansi bedankte sich herzlich bei seinem Freund und hoppelte vorsichtig davon.
Wutz war immer für seine Freunde da. Ein jeder mochte ihn und war gerne in seiner Nähe. Doch dass auch er mal Hilfe oder Gesellschaft brauchte, das bedachten die Waldtiere zuerst nicht. Erst als der Heilige Abend immer näher rückte, fiel ihnen auf, dass Wutz bis jetzt nie darüber gesprochen hatte.
Einen Tag vor der großen Bescherung trafen sich die Tiere an einem geheimen Treffpunkt, damit Wutz keinen Verdacht schöpfte. Dort schmiedeten sie einen Plan ...
Am Heiligen Abend schneite es dicke Flocken und der kalte Wind pfiff um die alte Eiche. Wutz saß in seiner Höhle vor dem Ofen und trank heiße Milch. Er war schläfrig und gerade am Wegdösen, als es an der Tür klopfte.
"Nanu?", fragte sich der Wichtel. "Wer kann das sein an Heiligabend?"
Er trat an die Tür und öffnete sie. Wutz konnte seinen Augen kaum trauen. Draußen standen all seine Freunde und begrüßten ihn mit einem Weihnachtslied. Xaver, der Fuchs, Hansi, der Hase, Ferdi, der Spatz, Emma, die Eule und viele mehr. Alle waren sie gekommen.
Als das Lied zu Ende war, riefen sie gemeinsam: "Frohe Weihnachten, lieber Wutz!"
Wutz bekam vor Freude ganz rote Wangen. Damit hatte er nicht gerechnet. Mit seinen Freunden den Weihnachtsabend zu feiern, war sein größter Wunsch gewesen.
Ferdi trat vor. Er trug eine selbstgebastelte Laterne bei sich. "Lieber Wutz", begann er, "du bist das ganze Jahr über für uns da. Egal worum es geht, du weißt immer Rat und hast stets ein nettes Wort für uns. Nun wollen wir für dich da sein und mit dir gemeinsam den Heiligen Abend verbringen."
Wutz konnte nur schwer seine Tränen verbergen. Es waren Tränen der Freude. "Vielen Dank, meine lieben Freunde. Ihr erfüllt mir damit meinen größten Wunsch. Kein schöneres Geschenk hättet ihr mir machen können", sagte der Wichtel gerührt.
Die Überraschung war den Waldtieren gelungen und sie feierten noch lange weiter. Von da an, verbrachten sie jedes Weihnachtsfest mit ihrem guten Freund Wutz, der nun an einem so schönen und bedeutsamen Abend nicht mehr alleine war.
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