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Weihnachtsvorbereitung oder ein stummes Gespräch

© Ellen Geier


Nässe weckte ihn.
Er wischte sich den Tropfen weg, der als Schnee auf der Brücke gelandet war und durch die undichte Stelle den Weg zu ihm gefunden hatte.
Es hat geschneit, dachte er.
Er zog seinen Jahre alten abgewetzten Schlafsack nach oben, um sich noch einmal der Wärme hinzugeben bevor er den Tag beginnen wollte.
Heute war Weihnachten.
Wie viele Weihnachten verbrachte er schon so? Er wusste es nicht mehr. Er hatte die Zeit aufgegeben. Zeit, was war Zeit für ihn. Er wartete nicht mehr.
Er schlug die Augen auf, wischte sich durch das Gesicht, um die Müdigkeit zu wecken, die ihn lähmte. Müde? Er war nicht müde.
Er schlug den Schlafsack nach unten und schwang sich nach oben.
Heute ist Weihnachten.
Er drehte seinen Kopf zu den Kisten, die rechts neben ihm gestapelt und mit einer Gummimatte geschützt waren. 3 Kisten.
Es waren 3. Seine ganze Habseligkeit.
Die untere interessierte ihn heute besonders, und ein erfüllendes Gefühl stieg in ihm auf, als er daran dachte. Groß stand darauf,
_ Weihnacht_.
Er wusste was darin war.
Sein grün gelb kariertes Hemd, seine gefütterte Hose, sein dicker Mantel und warme Schuhe. Er stellte sich vor, wie die Sachen aussahen. Sie waren abgetragen. Er glaubte sogar noch zu wissen, dass die Schuhe unter der Sohle ein Loch hatten aber es waren die besten Sachen, die er hatte. Und gerade heute, so wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit wollte er schön aussehen. Er erhob sich von seinem Platz. Langsam, Junge, mach langsam, denk an deinen Rücken.
Er streckte sich und legte seine Hände auf das Rückgrat, um sich den nötigen Halt zu geben.
Er beugte seinen Körper langsam nach vorn, nach hinten und zu beiden Seiten. Als sein Körper sich mit ihm angefreundet hatte, ging er zu den Kisten, schlug die Gummimatte vorsichtig nach oben, um dem Wasser einen anderen Weg zu geben als auf seinen Kisten zu landen.
Er nahm die obere Kiste, trug sie zu seinem Schlafplatz, öffnete sie und sagte: "Oh da bist du ja. Guten Morgen, ich hoffe du hast gut geschlafen. Siehst aber heute elend aus, müsstest dich mal rasieren Junge, sonst schauen dich die Leute nicht an und meinen, du wärest ein verlauster Lümmel". Er holte den Spiegel, den er sah, aus der Kiste und sagte: "gleich mein Freund, sehe ich anders aus und du wirst staunen wenn du mich dann siehst." Er lächelte seinem Spiegelbild zu und stellte den Spiegel an einen Brückenpfeiler neben das Loch, was er gegraben hatte, um darin Wasser aufzufangen für seine tägliche Wäsche.
Heute hatte er Glück. Das Loch war gefüllt.
Voller Freude darüber ging er zurück zur Kiste, holte seinen Rasierer, den er selbst aus Stöcken zusammengesetzt hatte, dazu ein Stück Seife und sein 5 Jahre altes Eau de Toilette. Er sah die Flasche an und sagte: "nur ein Tropfen, dann stelle ich dich bis nächstes Jahr wieder rein."
Als er mit seiner Reinigung fertig war, schaute er in den Spiegel und sagte: "na alter Freund, was sagst du, erkennst du mich wieder?" "Nein siehst gut aus alter Junge, bis auf das Gewand, das du da trägst". "Das ist ein Nachthemd, Blödmann."
Er sah sich die zweite Kiste an wo groß Alltag drauf stand.
"Dich stelle ich heute zur Seite, denn es ist Weihnacht. Aber in drei Tagen öffne ich dich wieder und hole meinen Pullover und die alte Jeans, die du für mich darin verbirgst, raus. Halte die Sachen in der Zeit, gut in dir geschützt". Er hob sie an und stellte sie zu der anderen.
Langsam ging er zu seiner dritten Kiste. "Ja" sagte er laut, "heute ist dein Tag, heute wirst du geöffnet und ich werde die Sachen tragen."
Er öffnete sie und holte ein Bündel heraus.
Er zog sich an, schaute auf sich herunter und fand, dass er gut aussah.
Mit einem warmen Gefühl ging er durch die weihnachtlich geschmückten Straßen. Er kannte dieses Gefühl. Immer wenn Klara neben ihm war - er stockte, schluckte, nicht weiter denken. Lass die Sehnsucht nicht zu. Sie ist nicht da und wird auch nicht wieder kommen, sie ist tot. Er schaute gedankenverloren nach oben, die Sehnsucht zog seinen Blick, aber er sah nichts.
"Alter Penner", drang an sein Ohr. Das Wort traf ihn und drang tief in ihm ein. Schmerzte. Er drehte sich nicht um, um zu wissen, dass sie ihn meinten, er wusste es.
Heute bin ich ein Penner und gestern war ich ein Ehemann, was haben beide mit mir zu tun.
Nichts.
Er spürte die Blicke, die messerscharf sich in sein Fleisch bohrten und lies es zu.
_ Sie können nicht Wissen._


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