Es begab sich zu einer Zeit, in der man den Kindern noch gerne die alten Märchen erzählte. Was sollte man auch sonst erzählen? Neue Märchen trugen sich nicht mehr zu. Dafür war die Welt zu überschaubar geworden, mit Fernsehübertragungen vom anderen Ende der Welt, Satelliten im Weltraum und all den anderen modernen Erfindungen. Für geheimnisvolle Dinge oder gar Wunder war immer weniger Platz. Und gab es doch irgendwo auf der Welt etwas Unerklärliches, so dauerte es gar nicht lange und irgendein Wissenschaftler hatte eine einleuchtende Theorie dafür ersonnen. Jeder, oder zumindest fast jeder, hatte sein eigenes Handy und der Computer samt Internet war längst keine neuartige Wundermaschine mehr, an der sich nur einige Experten auskannten.
Und trotzdem hatte sich noch nicht alles verändert. Die Kinder versuchten immer noch ihre Eltern zu überreden, länger aufbleiben zu dürfen, auch wenn es schon spät war. Die Eltern dagegen waren immer noch jedes Mal entsetzt, wenn die lieben Kleinen wieder einmal etwas angestellt hatten und stöhnten, dass es so etwas früher nicht gegeben hätte. Also diese Dinge waren noch beim Alten geblieben, so wie vor hundert Jahren oder vielleicht sogar noch länger. Ebenso verhielt es sich mit dem Wetter, das mal besser und mal schlechter war, aber in keinem Fall gut genug, dass alle damit zufrieden wären. Alle Kinder freuten sich nach wie vor auf die Ferien und auf den Weihnachtsmann, nur mit dem Unterschied, dass die meisten von ihnen nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubten. Doch das störte niemanden, denn Geschenke gab es in jedem Fall. Dabei spielte es nicht die entscheidende Rolle von wem sie gebracht wurden.
Max und Paul waren zwei aufgeweckte Jungen, die nicht nur in derselben Schule dieselbe Klasse besuchten, sondern auch nach der Schule unzertrennlich waren.
Es war ein verregneter Novembertag und die beiden spielten an Pauls Playstation ihr Lieblingsspiel, bis Max keine Lust mehr hatte. Und das dauerte gar nicht so lange, denn sie spielten in den letzten Tagen ziemlich oft im Zimmer, weil sich das Wetter an diesem nasskalten Novemberende kaum für eine andere Beschäftigung eignete.
"Langsam wird es öde. Immer das Gleiche", maulte Max.
"Aber was sollen wir denn sonst machen bei dem Mistwetter? Willst du lieber mit Regenschirm Fahrrad fahren oder sollen wir im Baumhaus sitzen und um die Wette mit den Zähnen klappern bei der Kälte?" patzte Paul zurück.
"Hast ja recht, aber mir ist so schrecklich langweilig!"
In den folgenden endlosen Minuten schwiegen sich die Jungen frustriert und genervt an, bis …bis Max eine Idee kam.
"Hast du nicht gesagt, dass deine Mutter heute bis abends weg ist?"
"Ja, wieso?"
"Da könnten wir doch ein bisschen auf dem Dachboden herumstöbern? Vielleicht finden wir dort etwas Interessantes."
"Sag mal spinnst du? Wenn das meine Mutter merkt, kann ich Weihnachten vergessen!"
"Wie soll sie das denn herausfinden? Wir haben noch so viel Zeit bis deine Mutter wieder kommt. Bis dahin sind wir schon längst wieder in deinem Zimmer und sitzen brav vor dem Fernseher."
"Aber du musst mir versprechen, dass du das nicht weitererzählst! Ich kriege sonst einen riesigen Ärger."
"Na klar. Ist doch Ehrensache! Komm schon!"
Deutlich besser gelaunt als vor einer Viertelstunde, leise und ein wenig ängstlich, wuchteten die beiden die schwere alte Leiter aus der Nische neben der Tür zur Abstellkammer und stellten sie an die Stelle an der Wand, wo eine Luke an der Decke zum Dachboden führte.
Max konnte es kaum erwarten und kletterte flink hinauf. Inzwischen schaute sich Paul vorsichtshalber noch einmal gründlich um, ob die Luft auch wirklich rein war. Dann folgte seinem Freund.
Auf dem Dachboden war es dämmrig, denn das kleine Fenster ließ an einem solchen grauen Regentag nur wenig Licht herein. Es war staubig und es roch alt. Eben nach Holz und nach ausrangierten Dingen, die schon jahrelang hier lagerten.
Max war sichtlich fasziniert von all den alten Sachen, die sich hier stapelten. Mit leuchtenden Augen sprang er von einer Ecke zur nächsten, als könnte er sich gar nicht entscheiden, wo er seine Erkundungen beginnen sollte.
"Ganz schön dreckig hier." stellte er nach einer Weile fest. "Hier hat bestimmt schon lange keiner mehr sauber gemacht!"
Doch mal ehrlich: Wer putzt schon regelmäßig seinen Dachboden? Aber das stellte Max auch nur so am Rande fest. Wenn hier ständig einer putzen und aufräumen würde, wäre es auch nicht mehr halb so spannend hier. Und entdecken konnte man wirklich eine ganze Menge: einen alten Schaukelstuhl, Kisten mit Büchern, Spielzeug und Anziehsachen, die keiner mehr braucht, die aber zu schade zum Wegwerfen sind, der Vogelbauer von Hansi, der vor zwei Jahren weggeflogen war (langsam glaubt auch Mutti nicht mehr, dass er wiederkommt) und, und, und.
Das war zwar schon ein guter Anfang, aber auch noch nicht so ganz der erhoffte Knaller. Etwas richtig Altes oder ein Geheimversteck das wäre was! Also suchten die beiden weiter, bis sie sich zu den entlegendsten Ecken vorgearbeitet hatten. Paul war längst nicht mehr mit so großem Eifer bei der Sache, weil der ersehnte Superfund ausblieb. Bis sie die große alte Kiste fanden. Diese Kiste, es war viel mehr eine Truhe, änderte alles! Sie musste schon sehr alt sein und selbst Max, der schließlich schon sein ganzes Leben mit seinen Eltern in diesem Haus wohnte, hatte sie noch nie vorher gesehen.
Natürlich stand jetzt ein neues Problem vor den beiden Entdeckern. Die Kiste war groß und sie sah schwer aus und es war nicht so leicht heranzukommen.
Als nach einiger körperlicher Anstrengung die Hindernisse beseitigt waren, rückte der spannendste Augenblick in greifbare Nähe. ‚Was ist wohl drin?'
Nun das würden die Jungen gleich erfahren, wenn sie den Deckel öffnen. ‚Falls wir den Deckel aufkriegen.' dachte Paul.
Zu ihrer Überraschung war das nur ein Klacks. Die Kiste war nicht verschlossen und der Deckel ließ sich ganz einfach öffnen. Mit einem ächzenden Geräusch, wie sich das für eine richtig alte Holztruhe gehört, gab sie ihre Geheimnisse preis.
Zinnsoldaten, vergilbte Spitzendeckchen, eine einarmige Porzellanpuppe, eine Schiefertafel, allerhand Krimskrams und ganz unten lag ein eingewickeltes Päckchen, das etwa die Größe eines Pizzakartons hatte. Was mochte sich wohl darin verbergen? Ein Fotoalbum von Uroma? Nein, das hätte Mutti bestimmt nicht in dieser Truhe hier auf dem Boden gelassen. Außerdem ist ein Fotoalbum nicht so schwer.
Nach kurzem Zögern gaben die beiden Schatzsucher ihrer Neugierde nach und öffneten das Päckchen. Der Spannung und Vorfreude folgte jedoch rasch Ernüchterung, die sich in ihren Gesichtern widerspiegelte: Eine alte Uhr!
"Ich dachte da ist etwas Aufregendes drin!" sagte Max mit gelangweilter Stimme.
"Ach komm, was hast du denn erwartet. Dass wir hier einen Schatz finden? War doch nicht übel, mal so in alten Sachen herumstöbern. Besser als immer dasselbe Spiel spielen." verteidigte Paul sich.
"Auch wieder war. Lass uns doch einmal nachsehen, ob dieses alte Ding wenigstens noch funktioniert!"
"Gute Idee, aber lass sie uns erst einmal sauber machen. Man kann ja die Zahlen auf dem Ziffernblatt gar nicht mehr erkennen"
"Ist auch viel zu dunkel hier oben geworden. Wir nehmen sie mit in mein Zimmer und basteln dort ein bisschen herum."
Gesagt, getan.
Die Jungen verließen die Dachboden und stellten die Leiter wieder zurück an ihren Platz, damit ihr heimlicher Ausflug unentdeckt blieb.
In Pauls warmen und hellen Zimmer machten sich die beiden daran, den Fund gründlich in Augenschein zu nehmen, was noch einige Überraschungen und Rätsel mit sich bringen sollte.
"Schau doch mal, " sagte Max, "da sind überhaupt keine Zahlen auf dem Zifferblatt! Nur Bilder.
An der Stelle, an der gewöhnliche Uhren Zahlen haben, waren Bilder gemalt, nur nicht so viele. Es waren genau fünf. Eine Kerze, zwei Kerzen, drei Kerzen, vier Kerzen und ganz oben, wo für gewöhnlich die Zahl zwölf zu finden ist, schmunzelte ihnen das gütige Gesicht eines weißbärtigen Weihnachtsmannes entgegen. Auch die Zeiger glichen nicht denen von normalen Uhren. Der große Zeiger hatte die Form eines Tannenbaumes, dessen Spitze auf ein Bild zeigte. Er war sogar grün angemalt, auch wenn die Farbe schon an einigen Stellen abblätterte. Der kleine Zeiger hatte keinen Anstrich. Er hatte die Gestalt einer Sternschnuppe. Obwohl das Metall stumpf und schmutzig war konnte man an einer kleinen Ecke erahnen, dass es einmal goldfarben gewesen sein musste. Vor sehr langer Zeit.
"Vielleicht ist es eine Spielzeuguhr von deinem Urgroßvater"
"Quatsch, solches Spielzeug konnten sich früher nur ganz reiche Leute leisten. Und außerdem ist sie viel zu groß und zu schwer dafür."
"Lass uns erst einmal eine neue Batterie holen, damit sie wieder läuft. Vielleicht ist es ja eine Weihnachts-Spieluhr."
"Batterien!" höhnte Paul. "Ich glaube kaum, dass es schon so lange Batterien gibt, so alt wie die Uhr aussieht."
"Schlaumeier! Aber ein Schlüssel zum Aufziehen war auch nicht dabei und ein Schlüsselloch kann ich hier nicht entdecken. Von alleine läuft sie auch nicht." entgegnete Max beleidigt.
"Ach das kriegen wir schon noch raus und wenn sie nicht funktioniert kann ich sie immer noch an die Wand hängen. Als Zimmerschmuck. Sieht bestimmt ganz gut aus, wenn sie erst einmal richtig aufgemotzt und blank geschrubbt ist. Hat auch nicht jeder so eine Weihnachtsmann-Kopf-Uhr"
"Dreh die Uhr doch einmal um, dann können wir sie öffnen und nachschauen, ob überhaupt ein Uhrwerk drin ist."
"Da ist nichts. Kein Deckel, klein Spalt, nichts was uns weiterhilft. Nur jede Menge Schrift. Alte Schrift. Kannst du so was lesen?"
"Ich kann es ja mal versuchen. Es wird nur eine Weile dauern." sagte Max bedeutsam.
Es dauerte wirklich eine Weile bis es ihm gelang die Inschrift auf der Rückseite der Uhr zu entziffern. Holprig und ohne den Sinn der Worte zu verstehen las er, was dort geschrieben stand.
Sind des Jahres letzte Wochen
im Dezember angebrochen,
regen sich die Zeiger leise
nun auf ganz besond're Weise.
Tageslicht nur kurz verweilet,
Zeit, die wie im Fluge eilet.
Um dem Tagwerk nachzugehen,
Zeiger sich dann schneller drehen.
Dämmerung soll dann verkünden,
Mensch soll zur Besinnung finden.
Drehen sich Zeiger mit Bedacht
durch die lange Winternacht.
Wer sein Handeln danach lenket,
sei mit meinem Dienst beschenket.
Doch es bleibe dem verwehret,
der
den Weihnachtssinn nicht ehret.
Paul und Max sahen einander ratlos an.
"Hast du das verstanden?" fragte Max unsicher.
"Keine Ahnung was das bedeuten soll. Vor allen klingt es ganz schön altmodisch und geschwollen. Wer denkt sich nur so etwas aus. Den möchte ich mal sehen." antwortete Paul geringschätzig.
"Aber es wäre schon interessant herauszufinden, was damit gemeint ist. Es klingt zwar ziemlich schräg, aber auch irgendwie bedeutsam." sagte Max.
Und wen willst du fragen? Meine Eltern reden nicht solches altmodisches Zeug. Ich glaube nicht mal meine Oma kennt sich damit aus." entgegnete Paul mit einem Ton in der Stimme, der keinen Glauben an Erfolg verhieß.
Nachdem beide schweigend eine ganze Weile auf die Uhr gestarrt hatten, sprang Max ganz plötzlich auf und rief erschrocken:
"Sag mal, wie spät ist es eigentlich? Ich glaube, ich müsste längst zu Hause sein. Wir können ja morgen weiter überlegen, was wir mit deiner Uhr, oder was es auch ist, anstellen. Am besten ist du versteckst sie erst einmal unter deinem Bett. Also dann… ich bin weg!"
Pauls Mutter merkte natürlich nichts von dem Erkundungsausflug der Jungen während sie nicht zu Hause war. Wie auch? Max war schon weg als sie kam, die Leiter befand sich an Ort und Stelle, als wäre das nie anders gewesen und Paul hatte die Uhr gut versteckt. Auch wenn es ihr schon komisch vorkam, dass ihr kleiner Schatz (so nannte Mutter ihren Sohn öfter, auch wenn er das gar nicht mochte) heute beim Abendbrot kaum gesprochen hatte, obwohl sie ihn sonst laufend daran erinnern musste, beim Reden das Essen nicht ganz zu vergessen. Heute war es anders. Paul kaute vor sich in und wollte dann gleich freiwillig ins Bett. Komisch war das schon, aber sie dachte wohl eher, dass er sich mit Max gestritten hätte und fragte gar nicht weiter nach.
An diesem Abend fiel es Paul und auch Max schwer einzuschlafen. Es ging zwar nur um eine alte Uhr, die nicht einmal funktionierte, aber die Inschrift auf deren Rückseite ließ ihnen keine Ruhe. Hatten sie vielleicht doch etwas ganz besonderes gefunden? Steckte ein Geheimnis hinter der Sache?
Schließlich wurde doch, zuerst Paul und dann Max, von der Müdigkeit übermannt und sie schliefen den Rest der Nacht tief und fest bis der Wecker sie um sechs Uhr aus dem Schlaf riss.
Nach der Schule konnte es Max gar nicht schnell genug gehen, die Hausaufgaben zu erledigen, sein Meerschweinchen Susi zu füttern und ein Brot vom Bäcker zu holen. Er wollte so schnell wie möglich zu Paul. Ihm kam nämlich beim Mittagessen eine seiner Meinung nach großartige Idee.
Paul war mit seinen Überlegungen noch nicht weiter gekommen. Das war vermutlich auch der Grund dafür, warum ihm die Matheaufgaben, heute nicht so recht von der Hand gehen wollten. Als Max bei ihm klingelte, war er gerade bei der letzten Aufgabe.
Paul hatte die Tür noch nicht ganz geöffnet, da fing Max gleich an von seiner Idee zu berichten, so hastig, dass ihm dabei die Worte nur so aus dem Mund purzelten.
"Pack die Uhr in deinen großen Rucksack und komm mit. Ich weiß jetzt, wen wir fragen können. Ein paar Straßen weiter ist so ein Laden, wo alles alte Möbel und Schmuck und Uhren von ganz früher verkauft werden, kein Trödel, mehr solche wertvolle Anti… Anti… Dingsbums, ich komm nicht auf das Wort. Ist auch egal wie das heißt. Und das Beste ist, der Mann, dem der Laden gehört, ist schon ganz alt und Uhrmacher war er früher einmal, bis er nicht mehr so gut sehen konnte."
Paul hatte zwar nur die Hälfte verstanden, aber Laden mit alten Sachen und Uhrmacher klang schon einmal viel versprechend.
Es dauerte keine halbe Stunde und die beiden Jungen standen vor dem übervollen Schaufenster von Friedberts Antiquitäten-Handlung. Sie blieben eine ganze Weile draußen stehen, denn der Ladenbesitzer hatte den Ruf, nicht gerade ein Kinderfreund zu sein.
"Willst du da wirklich hineingehen?" fragte Max kleinlaut.
"Hast du eine bessere Idee? Er wird uns schon nicht gleich wegjagen, wenn wir ganz nett fragen." sagte Paul angespannt. "Ich will jetzt wissen, was wir da gefunden haben, vielleicht ist das Ding ja wertvoll oder selten oder so."
Zaghaft drückte er die schwere, kunstvoll verzierte, gusseiserne Türklinke herunter und erschrak im selben Moment vor dem lauten Gong, den ihr Eintreten verursachte. Vom anderen Ende des Raumes schlurfte der kleine grimmig dreinschauende Friedbert Schreckmann in Richtung Tür, um seine Kundschaft in Augenschein zu nehmen. Als er beim Näherkommen sah, dass dort zwei kleine Jungen standen, verfinsterte sich sein ohnehin nicht gerade freundlicher Gesichtsausdruck noch um einiges und er polterte in harschem Ton seinen langsamen Schritten voraus:
"Was wollt ihr denn hier? Bei mir gibt es keine Computerspiele oder Lego oder was euch interessieren könnte!"
Paul und Max brachten kein Wort heraus und blieben wie angewurzelt stehen.
"Habt ihr nicht gehört!? Hier gibt es nicht für euch! Also raus mit euch, bevor ihr noch eines meiner kleinen Schätzchen mit euren ungeschickten Fingern kaputt macht!"
Nach einer Weile fasste sich Max ein Herz und versuchte sich mehr stammelnd als verständlich zu erklären.
"Also wir haben etwas, eine Frage, wir wissen nicht…"
"Wir haben eine alte Uhr gefunden auf unserem Dachboden gefunden, die leider nicht mehr funktioniert und da dachten wir… auch weil da so alte Schrift drauf steht" versuchte Paul bei der Erklärung zu helfen.
Nun hatten sie das Interesse des Mannes geweckt. Mit einem Mal hatte es der alte Friedbert gar nicht mehr so eilig, die Jungen wieder loszuwerden. Vielleicht auch deshalb, weil er ein gutes Geschäft in Aussicht glaubte.
"Na dann kommt eben her und zeigt mir einmal was ihr da habt."
Vorsichtig fast so als wäre die Uhr aus rohen Eiern, legte Paul sie auf den Ladentisch. Was dann geschah wurde immer seltsamer. Der gerade noch so grimmige alte Mann war wie verwandelt. Seine Augen fingen an zu strahlen und um seine Mundwinkel herum huschte ein fasziniertes Lächeln. Mit vor Aufregung zittrigen Fingern strich er behutsam über das Zifferblatt und er schien seinen Blick gar nicht mehr abwenden zu können.
"Auf der Rückseite steht auch noch etwas drauf." bemerkte Max trocken.
Erst nach einigen Minuten besann sich der Mann wieder darauf, dass vor ihm zwei Jungen standen, die etwas von ihm wollten. Er schaute sie über die Gläser seiner dicken Brille hinweg forschend an.
"Ihr wisst nicht wirklich, was ihr da gefunden habt, oder?"
"Eine alte Spieluhr mit Weihnachtsbildern, die nicht mehr läuft?"
"Ihr seid ja goldig, eine Spieluhr!" lachte er heraus und schüttelte den Kopf, als hätte Paul etwas ganz Abwegiges gesagt.
"Ihr denkt wohl man zieht sie auf und dann spielt sie Weihnachtslieder? fügte er belustigt hinzu. "Eine Spieluhr…"
"Nun, wir wissen nicht, was die Uhr kann, sie funktioniert ja nicht mehr. Einen Aufziehschlüssel haben wir auch nicht. Wir dachten nur wegen der Schrift und so…"
"Setzt euch, setzt euch Jungs. Eure Uhr ist nicht kaputt. Und man kann sie auch nicht aufziehen."
Paul und Max verstanden nun gar nichts mehr, aber sie sagten erst einmal nichts.
Nun begann der alte Friedbert zu erzählen.
"Das ist eine Adventszeit-Uhr." begann er bedeutungsvoll. "Das sind ganz besondere Uhren. Früher gab es viele davon. Aber das letzte Mal habe ich so eine als kleiner Junge gesehen, da war ich vielleicht in eurem Alter. Wie ihr auf dem Zifferblatt seht, sind keine Zahlen darauf, sondern Kerzen, wie auf einem Adventskranz. Die Zeiger drehen sich nicht das ganze Jahr über, wie bei gewöhnlichen Uhren. Nein. Die Zeiger der Adventszeit-Uhr drehen sich nur vom ersten Advent bis Weihnachten."
Max platzte fast vor Neugierde.
"Und was ist mir der Schrift auf der Rückseite? Was bedeutet das alles? Und wofür ist eine Uhr gut, die nur einen Monat im Jahr funktioniert. Und wie kann man sie … einschalten, oder so?"
"Langsam, langsam. Das sind ganz schön viele Fragen auf einmal. Also die Uhr funktioniert mit Weihnachtsenergie. Wenn die Leute sich auf Weihnachten vorbereiten, ihre Häuser schmücken, backen, und Geschenke basteln, dann macht die Adventsuhr eben schöne vorweihnachtliche Zeit. Oder ist es euch noch nicht aufgefallen, dass die Uhren im Advent irgendwie anders ticken als sonst? Die Gemütlichkeit und die schöne Stimmung, das liegt an der Adventszeit, die von der Adventszeit-Uhr gemacht wird. Am Tag drehen sich die Zeiger doppelt so schnell wie sonst, deshalb sind die Tage auch so schnell vorbei. Wenn es dann aber draußen dunkel wird, bewegen sich die Zeiger nur noch halb so schnell. Darum sind auch die Abende so lang und es bleibt viel Zeit im Kerzenschein zu sitzen, Geschichten zu erzählen und was man eben noch so machen kann. Ihr müsst jetzt nur noch ein paar Tage abwarten, bis die Zeiger beginnen sich zu drehen, dann könnt ihr euch selber davon überzeugen. Und nun geht nach Hause bevor ihr vermisst werdet, und sucht einen schönen Platz für das gute alte Stück."
Auf dem Heimweg sprachen die Freunde nur wenig miteinander. Jeder für sich dachte darüber nach, was der alte Mann erzählt hatte. Es klang zwar ungewöhnlich, aber auch irgendwie einleuchtend.
In den nächsten Tagen geschah nichts Besonderes. Paul und Max gingen zur Schule, spielten am Nachmittag zusammen und taten, was sie auch sonst so taten. Aber gespannt waren beide schon, ob es stimmte, was Friedbert Schreckmann erzählt hatte. Nun, sie würden es ja bald sehen.
Am ersten Advent schlief Paul ziemlich lange. Seine Mutter musste ihn sogar wecken, damit er nicht das gemeinsame Frühstück verpasste.
Eigentlich wollte Paul damit warten bis am Nachmittag Max bei ihm ist. Eigentlich. Doch nach dem Frühstück hielt er es doch nicht mehr länger aus. Er musste es wissen, ob die Geschichte stimmte, die ihnen der alte Friedbert Schreckmann erzählt hatte. Einerseits gefiel ihm die Geschichte, andererseits war es doch ziemlich unwahrscheinlich, dass eine Uhr weiß, wann der erste Advent ist und von alleine losgeht. Das alles ohne Batterie oder aufziehen. Das hörte sich nicht gerade an, als ob es einer wissenschaftlichen Prüfung standhalten würde. Aber wer weiß? Als achtjähriger kann man sich schließlich nicht mit allem auskennen.
Nein, er konnte nicht noch vier Stunden und achtundzwanzig Minuten warten bis Max endlich klingeln würde, denn Max war immer ausgesprochen pünktlich.
Paul vergewisserte sich erst, ob seine Eltern einer ausreichend wichtigen Beschäftigung nachgingen, bevor er die Uhr aus dem Versteck holte. Enttäuscht musste er feststellen, dass sich nichts geändert hatte. Weder der große noch der kleine Zeiger bewegten sich. Nicht mal ein bisschen.
Enttäuscht war Paul schon. Vor allem, weil die Heimlichkeiten des Abenteuers schon wieder zu Ende waren. Dabei hatte es so gut angefangen. Viel mehr ärgerte er sich aber, weil er die Geschichte geglaubt hatte, ein bisschen jedenfalls.
Max erschien wie erwartet überpünktlich. Paul brauchte gar nichts zu sagen. Sein Gesicht sagte alles.
"Komm rein." sagte er nur zu Paul.
Die beiden Jungen trotteten lustlos ins Kinderzimmer und setzten sich auf das Bett.
"Nichts, gar nichts hat sich bewegt. Ist eben doch nur eine Spielzeuguhr. Der Trödelladen-Opa lacht sich bestimmt kaputt über uns. Eine Adventszeit-Uhr, die schöne Adventszeit macht … wie konnten wir nur eine Sekunde auf diesen Blödsinn hereinfallen!"
Max suchte nach einer anderen Erklärung.
"Vielleicht hat es der alte Schreckmann auch ernst gemeint. Kann doch sein, dass ihn seine Eltern damit reingelegt haben und er hat es geglaubt. Er hat uns doch selber erzählt, dass er als Kind das letzte Mal eine solche Uhr gesehen hat. Und dann hat er vergessen, dass es nur ein Märchen war. Und inzwischen ist er alt geworden und jetzt erinnert er sich daran und denkt, dass es früher wirklich so war. Kann doch sein."
"Das glaubst du doch wohl selber nicht!"
"Warum nicht? Denkst du er hätte sich die Mühe gemacht, sich die Geschichte auszudenken nur um uns zu veräppeln? Und einfach so auf die Schnelle ist ihm das eingefallen?"
"Am besten wird sein, wir gehen noch einmal in den Laden und wir sagen, das war eine tolle Geschichte, aber so klein sind wir auch nicht mehr, dass wir an Märchen glauben. Vielleicht sagt er uns ja dann, wozu das Ding wirklich gut ist."
An diesem Nachmittag war jedenfalls die Playstation eine gute Alternative.
Am Montag nach der Schule gingen Max und Paul gar nicht erst nach Hause. Sie machten gleich auf dem Nachhauseweg einen Umweg, direkt zu Friedmanns Antiquitäten Handlung.
Dieses Mal blieben sie auch nicht erst vor dem Schaufenster stehen, warum auch? Entschlossen und mit schon zurecht gelegten Worten öffnete diesmal Paul die Ladentür. Noch bevor einer von ihnen auch nur "Guten Tag" sagen konnte, sprangen ihnen schon die barschen Worte des alten Mannes entgegen.
"Was wollt ihr denn schon wieder hier. Habt ihr nichts Besseres zu tun, als einem alten Mann auf die Nerven zu gehen? Ich habe euch doch alles schon erzählt."
"Das war ja auch eine schöne Geschichte und es ist auch ganz nett, dass Sie sich eine so schöne Geschichte für uns ausgedacht haben, aber wir sind doch keine kleinen Kinder mehr. Sie können uns jetzt die Wahrheit sagen. Stimmt's, es ist doch nur eine Spielzeuguhr!"
Paul war sich so sicher, dass der alte Schreckmann gleich loslachen würde, weil er sich freute, dass zwei clevere Jungs wie sie nicht jeden Quatsch glaubten. Umso überraschter war er, als das Gegenteil geschah. Das Gesicht des Mannes sah jetzt nicht mehr griesgrämig aus, sondern begann vor Wut zu schäumen.
"Ihr respektlosen Nichtsnutze! Ihr wollt mir doch nicht unterstellen, dass ich lüge?!"
Paul hatte den Ernst der Lage noch nicht so ganz begriffen und fügte noch gut gelaunt hinzu: "Na ja lügen würde ich es nicht nennen, aber ein wenig geflunkert haben Sie doch schon."
Während Paul dies sagte stieß ihm Max mit dem Ellenbogen in die Seite, aber er reagierte gar nicht darauf. Max hatte schon gemerkt, dass dies hier ganz und gar kein Spaß mehr ist.
"Das schlägt doch dem Fass den Boden aus" schimpfte Herr Schreckmann schrecklich böse, "willst du jetzt auch noch unverschämt werden! Verlasst mein Geschäft und lasst euch hier nie wieder blicken!"
Max versuchte jetzt zu retten, was noch zu retten war und sagte beschwichtigend mit unschuldig klingender Stimme:
"Bitte, Herr Schreckmann, wir wollten Sie wirklich nicht ärgern oder so, wir dachten nur, weil doch gestern der erste Advent war und die Uhr trotzdem nicht funktioniert. Da dachten wir eben Sie wollten einen Scherz mit uns machen."
"Einen Scherz… " sagte Friedbert kopfschüttelnd und immer noch sauer aber nicht mehr so wütend.
"Warum sollte ich das tun. Sehe ich etwa aus wie eine Märchentante? Jedes Wort ist wahr, was ich euch erzählt habe."
"Aber warum geht die Uhr dann nicht?" bohrte Paul.
"Das kann ich euch auch nicht sagen. So einen Fall habe ich noch nicht erlebt. Adventszeit-Uhren gehen nicht einfach kaputt. Wenn es an der Zeit ist fangen sie an mit der Adventszeit und wenn Weihnachten vorbei ist, hören sie eben wieder auf. Das ist eben so. Da kann ich euch auch nicht weiter helfen."
"Tut uns leid, dass wir Sie gestört haben." sagte Max, als glaubte er kein Wort davon.
Die Jungen waren schon fast wieder zur Tür hinaus, da rief der Mann, ihnen hinterher. "Wartet doch mal, ich kann euch zwar nicht sagen, was hier falsch läuft, aber ich wüsste jemanden, der kann euch bestimmt mehr darüber erzählen, als ich."
Die Jungen wollten den Mann nicht weiter verärgern und kamen noch einmal zurück, obwohl sie nicht glaubten, dass es etwas bringt.
Herr Schreckmann kramte schon eilig einen Zettel heraus und schrieb einen Namen darauf.
Prof. W.I.E. Wunderlich
Nikolausweg 6
Während er noch schrieb murmelte er schon eine Erklärung. "Der Professor ist zwar schon im Ruhestand und er soll auch ein wenig schwierig sein, aber er ist ein echter Fachmann. Ich glaube als Professor für Traditionsgeschichte und Weihnachtswissenschaften oder so hat er an der Uni früher seine Vorträge gehalten. Versucht es doch dort einmal, das würde mich auch interessieren, ob er euch helfen kann. Ein Versuch kann nicht schaden."
"Danke schön, Herr Schreckmann, vielleicht gehen wir da mal hin. Auf Wiedersehen!"
Wieder auf der Straße angelangt, sahen Max und Paul noch einmal auf den Zettel, als müssten sie noch einmal nachsehen, ob da auch wirklich etwas stand.
"Prof. W.I.E. Wunderlich! Wollen wir da wirklich hingehen?" meinte Paul, als hätte er schon für sich entschieden, es nicht zu tun.
"Ob es den überhaupt gibt? Ich glaube nicht dass einer W.I.E. Wunderlich heißt. Den Namen Wunderlich gibt es, aber wer heißt mit Vornamen Wie? Mir reicht's für heute. Das können wir morgen immer noch überprüfen. Vielleicht. Ich muss jetzt nach Hause, wir wollen heute noch zu meiner Oma."
"Also dann, bis morgen!"
"Man sieht sich."
Auch wenn die ganze Sache inzwischen nicht mehr so aufregend war, ließ es den beiden Jungen doch keine rechte Ruhe. Man könnte sich diesen Professor ja einmal ansehen. Immerhin hatte weder Paul noch Max einen echten Professor kennengelernt. Schaden würde es bestimmt nicht. Außerdem hatten sie noch nichts Besseres vor.
Das Haus des Professors war ein wenig außerhalb, am Rande der Stadt gelegen. Paul wusste wo der Nikolausweg war, weil seine Tante in der Nähe wohnte. Von einem Hochstand aus, der sich am Rande des kleinen Wäldchens hinter dem Grundstück von Tante Gisela befand, konnte man ein altes einsames Haus sehen. Dort musste es sein, denn viele Häuser gab es in dieser Gegend nicht. Am Dienstag regnete es wenigstens nicht. Also beschlossen die beiden mit dem Rad hinzufahren.
Das letzte Wegstück mussten sie schieben, denn der Weg bestand aus überwiegend aus Löchern, die sich nach dem andauernden Regen der vergangenen Tage mit Wasser gefüllt hatten.
Auf einem kleinen Schild neben der Klingel stand die Lösung für die erste, wenn auch nicht brennendste Frage, die die Jungen hatten.
Prof. Wilhelm Ingolf Ernst Wunderlich
"Ach soooo! Der Professor hat drei Namen und ich dachte schon er heiß mit Vornamen ‚Wie'." murmelte Max, als hätte er eine geniale Entdeckung gemacht.
Es wäre auch kein besonders guter Name, für einen Professor gewesen, vor allem, wenn man Wunderlich heißt.
Max klingelte. Die Tür wurde geöffnet und nun standen die Jungen einem echten Professor gegenüber. Das hatten sich die beiden anders vorgestellt. Sie wussten zwar nicht so recht was oder besser gesagt wen sie erwarten hatten, aber der Mann sah eher aus wie ein ganz normaler Großvater. Er trug eine schon etwas verschlissene dunkelblaue Kordhose, ein gestreiftes Hemd und eine handgestrickte Strickjacke darüber.
Obwohl der erste Eindruck besonders für Max etwas verwirrend war, riss er seine Mütze vom Kopf und bemühte sich, ohne dass es ihm recht bewusst war, besonders wohlerzogen zu erscheinen. Er sprach auch so anderes, etwa so, wie seiner Meinung nach vor fünfzig Jahren die Kinder mit ihrem Lehrer gesprochen haben mochten.
"Wir wünschen einen guten Tag Herr Professor Wunderlich! Wir möchten Sie keinesfalls stören, doch wir benötigen dringend die Hilfe eines Experten. Uns kam zu Ohren, dass unser Problem in Ihr Fachgebiet fällt. Und nun möchten wir Sie bitten, dass Sie uns helfen."
Der Professor schien erfreut über den Besuch der Jungen, der etwas Anwechslung in sein einsames Leben brachte. Nicht minder erfreut war er natürlich, dass sein fachmännischer Rat gefragt war, noch dazu von zwei Jungen mit so ausgesprochen guten Manieren.
"Dazu müsste ich natürlich genau erfahren, worum es sich handelt. Tretet doch bitte ein, damit wir damit wir die Problematik etwas genauer beleuchten können."
Max und Paul folgten dem Mann durch den schmalen Flur in sein Wohnzimmer, das eher einem Museum glich. Die Wände waren voll mit Auszeichnungen und überall lagen, standen oder hingen alte Sachen. Die meisten davon hatten etwas mit Weihnachten zu tun.
Der Professor setzte seine Brille auf und nahm in einem riesigen Ohrensessel platz. Den Jungen deutete er mit einer einladenden Handbewegung, sich auf der Couch gegenüber zu setzen.
"Nun, tragt eure Anliegen vor."
Max und Paul fühlten sich ein wenig wie in der Schule. Während Paul ganz vorsichtig die Uhr aus seinem Rucksack holte, begann Max, der ohnehin der bessere Erklärer von beiden war, zu reden. Und so erzählte er die ganze Geschichte von Anfang an, ihr heimlicher Ausflug auf den Dachboden, der Besuch beim Antiquitätenhandel von Herrn Schreckmann, einschließlich der ganzen Geschichte, die sie dort hörten. Es dauerte eine ganze Weile bis Max seine Erzählung mit dem letzten Stand der Dinge beendete, dass es ziemlich enttäuschend war, dass die Uhr doch nicht funktionierte, dass jedoch Herr Schreckmann ihnen versicherte, dass er die Wahrheit gesagt hatte und von ihm hätten sie auch die Adresse. Nachdem Max geendet hatte, entschloss sich Paul dazu noch hinzuzufügen: "Und deshalb sind wir hier. Und die Uhr haben wir vorsichtshalber auch einmal mitgebracht."
Der Professor hatte aufmerksam zugehört und Max nicht ein einziges Mal unterbrochen, was für einen Erwachsenen nicht unbedingt selbstverständlich ist. Er betrachtete die Uhr eingehend von allen Seiten bis er schließlich sagte:
"Faszinierend, ein prächtig erhaltenes Stück! Ohne Zweifel, eine echte, antike Adventszeit-Uhr. Die Farbe der Lettern ist unverwechselbar."
Nach einigen Minuten, in denen der Professor die Uhr immer noch zu begutachten schien, wagte Max schließlich noch einmal die Frage zu stellen, wegen der sie schließlich hergekommen waren.
"Können Sie uns helfen?"
Der Professor legte die Uhr auf den Tisch, stand auf und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Dabei führte er mit gespreizten Fingern die Fingerspitzen zusammen und tippte dabei mit den Zeigefingern an seine Lippen. Es schien als bereitete er sich auf einen längeren Vortrag vor, so wie früher, als er noch Vorträge in der Universität hielt.
"Darf man den historischen Aufzeichnungen Glauben schenken, gibt es so genannte Adventszeit-Uhren schon seit einigen hundert Jahren. Ihre Herkunft und ihre Funktionsweise konnten bisher noch nicht vollständig wissenschaftlich belegt werden. Aus einigen Manuskripten geht aber hervor, dass das einzigartige Uhrwerk von einer besonderen, bislang noch unerforschten Energieform, einer Art Weihnachtsenergie, angetrieben wird. Es ist sogar die Rede davon, dass die Aktivitäten der Uhren, die reale Zeit beeinflussen konnten. So vergingen die Tage in der Adventszeit durch das geschäftige Tun der Menschen schneller, heutzutage nennt man das wohl Weihnachtsstress, den die Vorbereitungen auf das Fest mit sich bringen. Abends saßen die Menschen bei Kerzenschein zusammen und pflegte die Traditionen, wie zum Bespiel Singen und Geschichten erzählen. Die Adventszeit-Uhr verzögerte dann die Zeit, dass die Abende lang genug waren.
"Aber es ist doch bald Weihnachten und bei uns laufen die Uhren wie immer und die Adventszeit-Uhr geht überhaupt nicht." unterbrach Max vorsichtig die Ausführungen des Professors.
"Nun, die Erklärung dafür findet ihr möglicherweise im letzten Teil der Inschrift." fuhr der Professor fort und rezitierte die entscheidenden Worte noch einmal theatralisch.
"Wer sein Handeln danach lenket,
sei mit meinem Dienst beschenket.
Doch es bleibe dem verwehret,
der den Weihnachtssinn nicht ehret."
"Und was bedeute das? Wir feiern doch Weihnachten, und Geschenke kriegt auch jeder bei uns. Und wir haben immer einen Weihnachtsbaum im Wohnzimmer stehen, einen geschmückten" hakte Paul nach.
"Geschenke und Tannenbaum" entgegnete der Professor geringschätzig, "sind wohl kaum gemeint, wenn es um Weihnachtssinn geht. Diese Uhr wird erst dann ihrer Bestimmung gerecht werden, wenn die Menschen aufhören, das Weihnachtsfest auf GESCHENKE zu reduzieren, wenn sie ihr unweihnachtliches Verhalten in Frage stellen und sich auf ihre Traditionen besinnen."
"So einfach ist das?" stellte Paul verblüfft fest.
"Im Grunde genommen, schließlich und letztendlich - ja. Obwohl es bisher noch nicht vollständig wissenschaftlich belegt werden konnte."
"Dann danken wir Ihnen ganz herzlich für den Unterricht und frohe Weihnachten wünschen wir."
Max und Paul fühlten sich auf dem Nachhauseweg, als hätten sie gerade ein Adventszeit-Uhren-Studium hinter sich und sehr viel klüger. Jetzt war alles klar. Man musste sich nur weihnachtlich verhalten und dann verwandelt die Adventszeit-Uhr die normale Zeit in schöne Vorweihnachtszeit.
Zu Hause angekommen, begannen die beiden frisch gebackenen Adventszeit-Uhren-Experten gleich damit, ihr unweihnachtliches Verhalten zu ändern.
"Also, was hatte der Professor gesagt? Wir müssen alles das machen, was die Leute frührer in der Weihnachtszeit gemacht haben. Singen zum Beispiel." erinnerte sich Max.
"Einen Versuch ist es wert. Solange wir uns nicht genau so anziehen müssen wie meine Oma." warf Paul ein, der noch nicht so recht überzeugt war, dass sich wirklich etwas an der Zeit ändern würde. Wie sollte auch eine Uhr das schaffen. Es ist doch eher so, dass eine Uhr nur anzeigt, wie die Zeit vergeht und nicht die Zeit macht.
"Also, welche Weihnachtslieder kennst du? Fragte Max übereifrig. "Ich kenne nur ‚O Tannenbaum'." und begann zu singen.
"O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du hast so viele Kerzen."
Nein das war es nicht.
"O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie bunt sind deine Kugeln."
‚Irgendetwas mit Blätter kam drin vor.' dachte er bevor er laut rief: "Jetzt hab ich's!"
"O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie grün sind deine Blätter."
"Da, da, hast du das gesehen, der große Zeiger hat sich bewegt" rief Paul ganz aufgeregt.
"Wo? Ich sehe nichts."
"Doch wirklich! Los sing weiter!"
"Weiter kann ich das Lied aber nicht." sagte Max "Aber ich habe ein Buch, da müsste es eigentlich drin stehen." Während er das sagte, suchte er hastig in seinem Bücherschrank.
"Hier steht es. Ich hab's!" Nun stellte er sich direkt vor die Uhr mit dem Buch in der Hand und begann noch einmal zu singen. Diesmal mit dem richtigen Text. Und dieses Mal begann der der große Zeiger wirklich damit, seine Runden zu drehen.
"Wir haben es geschafft! Sie funktioniert! Jetzt wird Weihnachten so richtig schön." freute sich Paul siegessicher. Wohl etwas zu voreilig, denn als das Lied zu Ende war, blieb auch der Zeiger wieder stehen.
"Das wäre wohl auch zu einfach gewesen. Mit einem Lied." sagte Max enttäuscht.
Paul hatte jetzt wieder Feuer gefangen. "Überleg doch mal, was das bedeutet. Sie funktioniert! Sie funktioniert wirklich! Das heißt, die ganze Geschichte stimmt. Es ist kein Blödsinn. Vielleicht war in dem Lied zu wenig Weihnachtsenergie oder so. Lass uns lieber überlegen, was wir sonst noch Weihnachtliches machen können."
"Wir könnten ein paar Kerzen aufstellen oder ein Räuchermännchen. Wenn ich mich so umschaue, sieht es bei euch wirklich noch nicht so recht nach Weihnachten aus."
"Meine Mutti sagt, für solchen Firlefanz hat sie keine Zeit, es reicht doch schließlich, wenn Vati am 23. Dezember noch einen Weihnachtsbaum besorgt. Die besten sind dann zwar schon weg, aber Vati meint, das ist nicht so schlimm, weil der Baum sowieso nur ein paar Tage stehen bleibt und mit genug bunten Kugeln und Lametta ist noch etwas zu retten."
"Das klingt wirklich nicht sehr weihnachtlich. Dann ist es auch kein Wunder, wenn die Adventsuhr hier nicht läuft. Am besten wird sein, wir nehmen die Uhr mit zu mir und probieren sie dort aus. Meine Mutter hat nämlich schon am Freitag vor dem ersten Advent angefangen alles zu schmücken. Bei uns sieht es aus wie in einem Weihnachtsmuseum und als ob das noch nicht genug wäre, hat mein Vati sogar noch das Haus von außen geschmückt und an alle Bäume im Garten Lichterketten gehängt, sogar an den Apfelbaum. Ich kann dir sagen das sieht abends aus wie auf einem Weihnachtsmarkt, nur ohne Verkaufsstände. Vielleicht ist das ja schon genug Weihnachtsenergie."
"Worauf warten wir dann noch? Gehen wir zu dir!"
Bei Max angekommen, packten sie sofort die Uhr aus und schauten erwartungsvoll auf die Zeiger, doch es geschah nichts.
"Vielleicht müssen wir noch etwas warten und sie muss sich erst an die neue Umgebung gewöhnen." startete Paul einen Erklärungsversuch.
"Quatsch, das ist doch kein Hund oder so. Als du ‚O Tannenbaum' gesungen hast, haben sich die Zeiger gleich bewegt. Da musste sich die Uhr auch nicht erst an deine Stimme gewöhnen."
Das klang logisch. Aber hier war alles so schön geschmückt. Überall. Das musste doch genug Energie für so eine kleine Uhr sein.
"Ich verstehe das nicht, " sagte Max, "was sollen wir denn noch anstellen, wir können doch nicht bis Weihnachten ununterbrochen ‚O Tannenbaum' singen."
"Am besten wir fragen jemanden, der weiß, was die Leute früher so gemacht haben. Wir könnten meine Oma besuchen. Sie ist zwar noch nicht so alt wie die Adventszeit-Uhr, aber sie erzählt manchmal davon, wie schön früher Weihnachten war. Vielleicht bringt uns das ja weiter."
"Heute wird das aber nichts mehr. Es ist schon zu spät. Morgen gleich nach der Schule?"
"Abgemacht!"
Auch wenn es Jungen im Alter von Paul und Max nur ungern vor ihren Freuden zugeben würden, dass sie sich darauf freuen sich von Oma mit Plätzchen und Kakao verwöhnen zu lassen und dann stundenlang Geschichten von früher zu hören. Dieses Mal war es ja nicht zum Vergnügen, ein Forschungsauftrag sozusagen. Insgeheim konnten sie es kaum erwarten, weil es immer so gemütlich bei Oma war. Eben ganz anders als zu Hause, obwohl Oma gar nicht weit weg wohnte.
Wenn man cool sein will, darf man diese Ansichten natürlich nicht verraten. Niemandem. Man könnte ja erzählen, dass man einmal bei Oma vorbeigehen muss, weil sie dringend Hilfe braucht. Das geht dann in Ordnung.
Am Mittwoch machten sich die beiden Freunde auf den Weg zu Oma. Die wusste zwar noch nicht, dass sie Besuch bekommen würde, doch das war auch nicht erforderlich. Oma war immer zu Hause und sie freute sich über jeden Besuch, besonders kurz vor Weihnachten.
Oma hatte immer Zeit und leckere Plätzchen.
Oma kam ihnen schon entgegen. Sie musste die beiden schon vom Fenster aus gesehen haben. Sie freute sich natürlich riesig.
"Das ist aber schön, dass ihr zwei mich besuchen kommt. Groß bist du geworden, mein Junge."
‚Komisch, das sagt Oma jedes Mal. Obwohl sie mich doch fast jede Woche sieht. Kann sie wirklich sehen, wenn ich einen Millimeter gewachsen bin?' dachte sich Paul. Aber das sagte er natürlich nicht.
"Ich werde euch gleich einen schönen heißen Kakao kochen. Und Plätzchen gibt es dazu, ich habe auch deine Lieblingsplätzchen."
Bei Oma war es wirklich anders als zu Hause. Es war ruhig, man konnte sogar die Pendeluhr, die an der Wand hing, ticken hören. Und es roch anders. Nach frischen Tannenzweigen, nach Zimt und nach anderen schönen Sachen, eben wie Weihnachten. Auf dem großen, alten Tisch stand ein Adventskranz mit vier Kerzen und eine Kerze brannte. Auf der Schrankwand stand Omas einzigartige Sammlung an Räuchermännchen, Nussknackern, Weihnachtsengeln und eine ganz alte Pyramide, mit ebenso alten geschnitzten Figuren. Die Pyramide hatte Paul schon gefallen, als er noch ganz klein war. Allerdings durfte er damals noch nicht so nah heran. Mutti hatte immer Angst, er könnte sich an den Kerzen verbrennen oder die Wohnung in Brand stecken.
Paul wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und Oma ausfragen. Dafür ist später noch genug Zeit. Also genoss er erst einmal die Gemütlichkeit.
Sie verbrachten einen ganz normalen Nachmittag bei Oma. Sie bastelten gemeinsam kleine Sterne und Fensterschmuck. Das machte Oma schon seit dem Spätsommer, um die Sachen dann auf dem Weihnachtsmarkt zu verkaufen. Nicht, weil sie mehr Geld braucht, um sich irgendwelche teuren Sachen zu kaufen, sie sagt sowieso immer: ‚Ich hab doch alles.' Nein, für das Geld kauft sie kleine Geschenke für die Kinder aus dem Kinderheim ein paar Straßen weiter. Am Weihnachtsabend legt sie dann einfach einen Sack, der aussieht wie original vom Weihnachtsmann, mit den Geschenken vor die Tür und versteckt sich, damit sie keiner erwischt. Dabei macht sie ja nicht einmal etwas Verbotenes. Sie wartet dann so lange, bis jemand die Sachen findet und alle herbeilaufen und rätseln, wo die Geschenke plötzlich herkommen. Wenn dann die Kinder die unverhofften Gaben auspacken, geht sie wieder nach Hause und freut sich, dass ihre alljährliche "Mission Weihnachtsmann" gelungen ist. Erst wenn sie das erledigt hat, kommt sie zu uns und wir verbringen den Weihnachtsabend gemeinsam.
So verging die Zeit, und ehe sie sich versahen, wurde es schon dunkel, obwohl es noch gar nicht so spät war. Nun sie hatten immer noch genug Zeit für ihre Nachforschungen, Vati würde sie erst am Abend abholen.
Oma zündete ein paar Kerzen an, und das trockene Holz im Kamin. Dabei kam sie richtig ins schwärmen, und ohne dass die Jungen nachfragen mussten, erzählte sie immer wieder von früher, als jeden Abend die ganze Familie beisammen saß und es sich nach der Arbeit am Kamin gemütlich machte. Sogar ihre Mutter hatte ihr früher schon an diesem Kamin Geschichten vorgelesen, genau wie Oma später Pauls Mutter. Opa saß, wie fast immer an Winterabenden, auf seinem kleinen Hocker und schnitzte kleine Tierfiguren, Rehe konnte er am besten und natürlich Tannenbäume. Opa redete nicht so viel, dafür Oma umso mehr. Er war einfach da und schnitzte und das war schön.
Paul und Max fühlten sich pudelwohl, es war wie ein richtiger Ausflug in eine andere Zeit. Und irgendetwas war mit der Zeit geschehen, darüber machten sich die Jungen zwar im Augenblick so gar keine Gedanken und auch nicht darüber, warum sie eigentlich hergekommen waren. Es war einfach nur schön hier.
Erst als Pauls Vater hereinschneite um sie abzuholen, stellten sie fest, dass der Tag viel zu schnell vergangen war. Obwohl er ihnen trotzdem viel länger vorkam, als so ein ganz normaler Tag, an dem alles so ist wie immer.
Das wurde Paul erst richtig bewusst, als er schon im Bett lag. Das und dass er die Adventsuhr völlig vergessen hatte. Er stand noch einmal auf, nur um sie wieder unter seinem Bett zu verstecken. Doch als er sie in seinen Händen hielt, traute er seinen Augen nicht. Die Zeiger bewegten sich. Voller Staunen sah er zu wie die Zeiger Runde um Runde drehten. Erst nach und nach kam er dahinter, warum. Es musste etwas mit ihrem Besuch bei Oma zu tun haben. Angestrengt versuchte er sich an die Worte des Professors zu erinnern. Dann ließ er den ganzen Tag noch einmal in Gedanken vorüberziehen. So nach und nach fügten sich die Puzzelteile zusammen. Sie hatten Oma zwar nicht gefragt, wie es früher war, aber sie hatten es schon gemerkt, dass etwas anders war als sonst.
Sie hatten mit Oma gebastelt, um den Kindern eine Freude zu machen und Zeit miteinander verbracht und viel erzählt. Manchmal hat Oma sogar dabei ein Weihnachtslied gesummt. Und Opa hat mitgebrummt. War das etwa der Weihnachtssinn oder die Weihnachtsenergie? Hatte der Tag bei Oma die Uhr zum Laufen gebracht oder war es anders herum? Hatte vielleicht die Uhr den Tag bei Oma so schön weihnachtlich gemacht?
Wer weiß, vielleicht stimmte ja irgendwie beides.
Paul dachte nur noch ‚Schade, dass Max es erst morgen früh erfährt.' und schlief zufrieden ein.
Am nächsten Morgen drehten sich die Zeiger der Uhr immer noch und die Zeit fühlte sich immer noch anders an. Aber schön. Also war es nicht nur ein Traum gewesen.
Selbstverständlich erfuhr Max noch vor der ersten Stunde, was geschehen war. Aber er war nicht sonderlich überrascht. Er hatte wohl ganz ähnliche Gedanken vor dem Einschlafen gehabt. Auch wenn er nicht gesehen hatte, dass die Uhr jetzt läuft.
Von da an hatte Pauls Oma öfter Besuch. Und auch zu Hause wurde einiges anders. Die Playstation, mit dem Lieblingsspiel der Jungen lag bis Januar unbeachtet im Kinderzimmer.
Die Eltern von Max und Paul wunderten sich zwar anfangs über die neuen Hobbys und den unverhofft entdeckten Weihnachtssinn der beiden, aber es gefiel ihnen. Es erinnerte sie wieder an all die schönen Dinge aus ihrer Kindheit und sie nahmen sich von da an wieder mehr Zeit dafür. Auch wenn das für die Eltern nicht gerade einfach war, bei all der Arbeit und den kurzen Tagen, die im Dezember so schnell vorbei gehen.
Doch die Abende waren schön und schön lang, genau wie bei Oma. Manchmal war sie sogar dabei. Es war, als wären sich alle viel näher als sonst. Und das war schön.
Es wurde die schönste Adventszeit und das schönste Weihnachtsfest für Max und Paul und deren Familien. Auch wenn sich einige Dinge nicht veränderten, wie zum Beispiel der Tannenbaum, den Vati wieder erst auf den letzten Drücker am 23. Dezember besorgte und die Kugeln und Lametta retten mussten, was zu retten war. Und Geschenke gab es natürlich auch.
Bleibt nur noch eine Frage offen. Was wurde aus der Adventsuhr? Nun Paul und Max behielten diese Geschichte für sich und brachten sie nach Weihnachten wieder genau so heimlich zurück an ihren Platz auf den Boden, wie sie sie an diesem verregneten Novemberende geholt hatten. Vielleicht würden sie die Uhr ja im nächsten Jahr wieder brauchen.
Ob die Geschichte wahr ist? Schon möglich, wer weiß.
Vielleicht war nur der Anfang der Geschichte nicht ganz richtig. Vielleicht ist die Welt doch noch nicht ganz so überschaubar geworden, wie wir glauben. Vielleicht geschehen auch in dieser modernen wissenschaftlich erforschten Zeit noch Märchen. Vielleicht gibt es doch noch viele Dinge, die man nicht messen oder filmen oder in eine Formel packen kann. Vielleicht gibt es noch mehr Signale und Energien, die man selbst mit Satelliten nicht aufspüren kann und auch nicht durch ein Kabel schicken. Wer weiß. Vielleicht müssen wir einfach nur wieder beginnen, an Märchen zu glauben, damit wir sie erleben können.
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