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Ein Wunder zur Weihnacht© Peter BochananEs war der Abend vor Weihnachten. Lautlos fielen die Flocken vom Himmel und hüllten die Erde in ein weißes Tuch. Angelika saß am Fenster und schaute hinaus. Sie schaute mit traurigen Augen dem Flockenspiel zu und bedauerte, dass sie nicht so spielen konnte wie die anderen Kinder, denn Angelika liebte den Winter und würde gerne im Schnee herumtollen und Schneeballschlachten machen und Schneemänner bauen. Angelika aber saß im Rollstuhl und das schon seit ein paar Jahren. Als sie damals, vor fünf Jahren, erfuhr, dass ihr geliebter Vater bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen war und er nie wieder zu ihr zurückkehren würde, da versagten plötzlich ihre Beine. Sie knickte ein und fiel zu Boden und konnte von da an nicht mehr gehen. Ihre Mama, die fortan für sie alleine sorgte, war bei vielen Ärzten gewesen mit ihr, aber alle Spezialisten waren sich einig. Aus welchem Grund auch immer, Angelika würde nie wieder laufen können. Angelika hatte sich im Laufe der Jahre mit ihrem Schicksal abgefunden und konnte sich mit dem Rollstuhl recht gut bewegen, aber eben nicht laufen und tollen wie die anderen. Die Tür zu ihrem Zimmer öffnete sich und Angelikas Mama betrat das Zimmer. "Es wird Zeit für dich, ins Bett zu gehen, mein Liebling. Morgen ist Weihnachten und der Weihnachtsmann wird dir viele schöne Geschenke bringen, davon bin ich überzeugt, denn du warst ja das ganze Jahr über brav und du weißt ja, dass der Weihnachtsmann solche Kinder besonders mag." Angelika drehte sich um und sah ihre Mutter an. In ihren Augen war plötzlich ein Leuchten zu sehen. "Glaubst du, der Weihnachtsmann bringt mir die Puppe, die ich mir gewünscht habe, die mit den tollen Kleidern, die man umziehen und frisieren kann? Oh ich würde mich so darüber freuen, Mama." "Das glaube ich ganz bestimmt, mein Schatz, und nun komm, ich helfe dir beim ausziehen." Nachdem Angelika ihr Nachthemd angezogen hatte, fuhr sie mit ihrem Rollstuhl ins Bad und putzte sich die Zähne. Waschen brauchte sie sich nicht, denn sie hatte am späten Nachmittag erst gebadet. Als sie in ihr Zimmer zurückkam, hatte Mutter schon das Bett gerichtet und half ihr aus dem Stuhl hinüber ins Bett. Dann deckte sie Angelika zu und kniete vor ihrem Bett nieder. Jeden Abend beteten die beiden gemeinsam, bevor Angelika schlafen ging. Nach dem Nachtgebet küsste ihre Mama sie zärtlich auf die Stirn und wünschte ihr süße Träume. Dann löschte sie das Licht und schloss die Tür. Angelika drehte sich auf die Seite und schaute wieder aus dem Fenster. Sie beobachtete die Sterne und versuchte sie zu zählen, aber es waren so unendlich viele, dass sie es bisher nie geschafft hatte, alle zu zählen, denn sie war immer wieder beim Zählen eingeschlafen, wie andere beim Schäfchenzählen. Plötzlich sah sie einen hellen Punkt am Himmel, der sich rasend schnell von rechts nach links bewegte, eine Sternschnuppe. Die hatte sie schon oft gesehen und da ihre Mama ihr einmal erklärt hatte, dass man, wenn man eine Sternschnuppe sieht, sich etwas wünschen kann, das dann auch in Erfüllung geht, wünschte so oft sie eine Sternschnuppe sah sich immer das gleiche: "Oh lieber Gott, lass mich doch bitte wieder laufen können. Nichts auf der Welt wünsche ich mir mehr und nichts würde mich glücklicher machen." Das wünschte sie sich auch heute Abend, obwohl es bisher nicht in Erfüllung gegangen war. Dann zählte sie weiter die Sterne und schlief darüber sehr bald ein.
Sie wusste nicht, wie spät es war, als sie von einem dumpfen Schlag geweckt wurde. Was war denn das? Das hörte sich an, als ob etwas heruntergefallen sei. Angelika rief nach ihrer Mutter aber sie bekam keine Antwort. Angelika rief noch einmal, diesmal lauter nach ihrer Mama und statt einer Antwort hörte sie nun ein leises Stöhnen. Das kam aus dem Wohnzimmer. Angelika bekam es mit der Angst zu tun und rief jetzt ganz laut nach ihrer Mutter aber sie hörte nichts als das leise, gequälte Stöhnen hinter der verschlossenen Tür. Da nahm Angelika all ihren Mut zusammen und schlug die Bettdecke zurück. Mit den Händen schubste sie ihre Beine aus dem Bett und griff dann nach den Armlehnen ihres Rollstuhles. Mit aller Kraft, die sie aufwenden konnte, schaffte sie es, in den Stuhl zu kommen und fuhr zur Tür, öffnete diese und fuhr in den Flur hinaus. Jetzt konnte sie das Stöhnen deutlicher vernehmen, es kam tatsächlich aus dem Wohnzimmer. Schnell fuhr Angelika dort hin und knallte in voller Fahrt mit dem Rollstuhl gegen die Tür, so dass diese mit Schwung aufflog. Da sah sie ihre Mama auf dem Boden liegen und sich nicht mehr bewegen, nur das leise, beängstigend klingende Stöhnen kam aus ihrem Mund. "Mama", schrie Angelika ganz laut " Mama, was ist mit dir, bitte antworte doch." Mit einem kräftigen Schwung schob sie den Rollstuhl an, um zu ihrer Mutter zu gelangen, aber sie übersah ein Packet, das auf dem Boden lag und daran blieb das rechte Rad des Rollstuhls hängen und dieser kippte vorüber. Angelika fiel heraus und lag nun auf dem Boden. "Mama, ich komme, halte durch Mama, ich bin gleich bei dir", rief Angelika während sie sich auf Hände und Knie kämpfte und zu ihrer Mutter hinüber kroch. Als sie die Mutter endlich erreicht hatte, begann sie zu weinen, denn sie wusste nicht was sie tun sollte. Eine ihrer Tränen fiel auf Mutters Gesicht und plötzlich schlug die Mutter die Augen auf. Verwundert sah sie sich um bis sie begriff was passiert war. "Angelika, mein Liebling, wie bist du hierher gekommen?" "Keine Angst, Mama geht es gut." "Ich bin nur beim Anbringen des Christsterns auf der Baumspitze ins Straucheln gekommen und hingefallen." Sie setzte sich auf und sah sich im Zimmer um. Als sie den Rollstuhl sah, der gut zwei Meter von ihnen entfernt auf dem Boden lag fragte sie erneut "Wie hast du es geschafft, zu mir zu kommen, Schatz? Dein Rollstuhl liegt da hinten und du sitzt hier neben mir." "Ich bin hierher gekrochen Mama, auf allen Vieren." Angelika begann wieder zu weinen und schmiegte sich eng an ihre Mutter, die ihr zärtlich über den Kopf streichelte und beruhigend auf sie einredete. Als sich Angelika ein wenig beruhigt hatte, nahm sie Angelikas Kopf in ihre Hände und schaute ihr tief in die Augen. Ihr liefen jetzt auch die Tränen an den Wangen herunter und mit weinerlicher Stimme sagte sie "Weißt du, was das bedeutet, mein Liebling, du bist auf allen Vieren hierher gekrochen, du kannst deine Beine wieder bewegen. Oh mein Gott, ich danke dir, dass du das für uns getan hast." Angelika berichtete ihrer Mutter jetzt, dass sie kurz bevor sie eingeschlafen war eine Sternschnuppe gesehen und sich zum 1.000sten Mal gewünscht hatte, wieder laufen zu können. Jetzt endlich war ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung gegangen. Nun brauchte sie keine Geschenke mehr, denn sie war wunschlos glücklich über dieses Wunder zur Weihnacht.
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