Unser Buchtipp Weihnachtsgeschichten

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Eingereicht am
18. März 2007

Am Morgen danach

© Diana Klemm

Luise stand in ihrer Kittelschürze am Herd der Wohnküche und schnitt Karotten für den Eintopf. Sie hatte eine kurze Nacht hinter sich, da sie ihren Mann von der Nikolausfeier des Fußballvereins zurückerwartete. Im Bett wälzte sie sich hin und her bis endlich der Schlaf über sie kam.

Seit ihre Tochter das Haus verlassen hatte, um zu studieren, überkam sie jedes Mal die Angst, wenn sie allein im Haus war. Erwin wusste das doch!

Warum musste er gestern so lange wegbleiben? Sie hatte ihn nicht heimkommen hören. Heute Morgen war sie froh, sein gleichmäßiges Schnarchen zu vernehmen. Auf Zehenspitzen schlich sie durch das Haus. Er sollte noch etwas schlafen bevor sie ihm Vorhaltungen machte. Aber als sie nach unten in die Küche kam und den Damenpumps fand, wollte sie am liebsten nach oben stürmen. Dieser Schuh war nicht ihrer. Sie trug solche hochhackigen Schuhe schon lange nicht mehr. Ihre Gedanken wurden vom Knarren der Treppe unterbrochen. Erwin war also wach! Sie drehte den Kopf zur Seite als er die Küche betrat. Wohlwollend sah sie sein zerknautschtes Gesicht. Es ging ihm wohl nicht so gut. Das hatte sie ja vermutet nachdem das Schlafzimmer heute Morgen vom Alkoholgeruch durchzogen war. Extra laut begrüßte sie ihren Mann. "Guten Morgen, Erwin. Auch schon ausgeschlafen?"

Er fasste sich sogleich an den Kopf. "Bitte nicht so laut, Luise!"

Doch seine Bitte traf auf taube Ohren. "Geht es dir nicht gut?", fragte Luise und setzte hinzu: "Das kann ich mir denken, bist ja nicht vor Mitternacht nach Hause gekommen!"

Erwin schenkte sich Kaffee ein. Was hatte sie bloß zu meckern? Es war klar, dass es spät werden würde. "Es ist eben ein bisschen spät geworden.", versuchte er, sich zu entschuldigen.

"Nur ein bisschen? Wann bist du denn nach Hause gekommen?", wollte Luise wissen und fuchtelte mit dem Messer vor Erwins Gesicht herum.

Er wich erschrocken zurück. "Ich weiß es nicht. Was ist denn in dich gefahren?", fragte er, den Blick auf das Messer geheftet.

Da schleuderte ihm Luise den Damenschuh vor die Füße. "Den habe ich heute Morgen hier auf dem Boden gefunden! Und ich glaube nicht, dass er mir gehört." Und sie streckte ihm ihren in Filzpantoffeln steckenden Fuß entgegen.

"Ich auch nicht.", entfuhr es Erwin.

Luise schnaubte vor Wut. Doch bevor sie etwas entgegnen konnte, irritierte sie eine Bewegung auf der Sitzbank hinter dem Tisch. Eine junge Frau erhob sich. Sie steckte in einer Nikolausjacke und hatte das Gesicht zu einer Grimasse verzogen. "Bitte, nicht so laut", meldete sie sich zu Wort.

Luise blieben die Worte im Hals stecken. Sie hatte die schlafende Frau auf der Bank den ganzen Morgen über nicht bemerkt. Erwin schaute den Nikolaus mit offenem Mund an. Schließlich fand Luise ihre Stimme wieder. Vorwurfsvoll fragte sie ihren Mann: "Wer ist das?"

Erwin versuchte, Luise anzuschauen. "Keine Ahnung." Er schüttelte den Kopf.

Luise stemmte die Hände in die Hüften: "Das soll ich dir glauben? Warst du nicht gestern auf der Nikolausfeier?"

Erwin stammelte: "Ja schon aber…", weiter kam er nicht. Luise fiel ihm ins Wort: "Und da war nicht zufällig der Nikolaus?"

"Ja schon aber…", wieder unterbrach ihn Luise. "Und der Nikolaus war nicht zufällig eine junge hübsche Nikolausfrau?" Noch ehe Erwin antworten konnte, zeigte Luise auf die Nikolausdame. "Und was macht sie also bei uns?"

Erwin kratzte sich am Hinterkopf. "Keine Ahnung!"

"Lügner! Ich glaube dir kein Wort!" Und an die Fremde im Nikolauskostüm gewandt, schrie sie: "Vielleicht können Sie mir das ja erklären!"

Doch die Nikolausdame schüttelte den Kopf. "Ich weiß gerade gar nichts mehr."

Luise warf die Arme in die Luft: "Na toll! Sie schlafen auf meiner Bank und wissen nicht wie Sie da hingekommen sind?"

Die Frau im Nikolauskostüm schüttelte entschuldigend den Kopf.

"Wissen Sie wenigstens wer Sie sind?", bohrte Luise weiter.

"Ich bin die Rita.", bekam sie zur Antwort.

"Und ich bin die Luise und der da ist mein Mann." Mit dem Finger zeigte sie auf Erwin und das "mein" betonte sie besonders.

Rita N. streckte Luise die Hand entgegen. "Freut mich, Sie kennenzulernen."

Doch statt eines freundlichen Händedrucks, streckte ihr Luise das Küchenmesser entgegen. "Und wie Sie mich gleich kennen lernen werden!"

Rita N. schaute fragend zu Erwin.

Da fuhr Luise ihren Mann an: "Hast du gesehen wie die dich angeschaut hat?" Sie wartete nicht auf eine Antwort sondern wandte sich direkt an Rita N.: "Ich habe genau gesehen wie Sie meinen Erwin angeschaut haben!"

Rita N. verteidigte sich: "Ich habe ihn nicht angeschaut."

Luise schrie wütend: "Doch, streiten Sie es nicht ab! Sie haben es auf meinen Erwin abgesehen!"

Rita N. hob die Arme: "Nein, Sie können ihren Mann ruhig behalten."

So viel Unverschämtheit war Luise noch nicht untergekommen. Sie stützte die Hände in die Hüften: "Ach, erst verdrehen Sie meinem Mann den Kopf und dann wollen Sie ihn gar nicht haben!"

Jetzt ergriff Erwin das Wort: "Luise, du musst dich nicht so aufregen!"

Und Rita N. unterstützte ihn: "Da hat er Recht!"

Sogleich wurde sie von Luise zurechtgewiesen: "Sie halten sich da raus! Sie sind doch an allem Schuld!" Und wieder schwang das Küchenmesser bedrohlich nah vor Ritas Gesicht.

Erwin versuchte, zu schlichten: "Luise, bitte sei nicht so grob!"

Luise fuhr herum: "Willst du mir erzählen, dass deine Hormone bei diesem Anblick nicht Karussell fahren?"

Erwin starrte auf die Nikolausfrau. Kleinlaut gab er zu: "Nein, natürlich nicht!"

Luise fühlte sich bestätigt: "Siehst du, dieses Kostüm schreit doch geradezu nach sabbernden Männern!"

Rita N. schaute an sich herunter und hob die Schultern.

In Gedanken versunken, meinte Erwin: "Sie ist doch der Nikolaus!"

Luise zitterte vor Wut: "Und ich bin das Christkind!" Drohend hielt sie ihm das Messer vor das Gesicht. "Was hat sie denn für Geschenke verteilt?"

Erwin schien ernsthaft darüber nachzudenken, den Blick immer noch auf Rita N. gerichtet.

Luise gab sich selbst die Antwort: "Ich kann es mir denken! Sie war selbst das Geschenk!"

Jetzt sprang Rita N. auf: "Das stimmt nicht!" Und nach einer kurzen Pause fügte sie kleinlaut hinzu: "Glaube ich."

Plötzlich empfand Luise Mitleid für die junge Frau. Sie ging auf sie zu, nachdem sie das Messer beiseite gelegt hatte. Dann drückte sie Rita N. ihren fehlenden Schuh in die Hand: "Da, nehmen Sie und kommen Sie mit! Sie ziehen jetzt erstmal was anderes an!" Mit diesen Worten zog sie Rita N. zur Treppe.

Nachdem die Frauen verschwunden waren, atmete Erwin auf. Er setzte sich mit seinem Kaffee an den Küchentisch.

Da klopfte es an der Küchentür, die direkt in den Hinterhof führte und Alfons betrat die Küche. Er steckte in seinen Arbeitshosen und machte sich als alter Freund von Erwin nicht die Mühe, sich die schmutzigen Schuhe auszuziehen. Auf sein freundliches "Guten Morgen", brummte Erwin nur eine unverständliche Begrüßung.

"Und? Hast du gut geschlafen?", fuhr Alfons fröhlich fort.

"Ja. Geschlafen hab ich gut. Nur mein Kopf brummt jetzt. Und dann war die Luise noch so laut heute Morgen!"

Alfons grinste: "Ja, bei so einem lauten Weib wäre ich schon längst davongelaufen."

Erwin winkte ab: "Da gewöhnt man sich dran."

Alfons klopfte seinem Freund auf die Schulter: "Du hast ja noch mich und den Verein. Da kannst du mal richtig die Sau rauslassen, so wie gestern!"

Erwin sah ihn an: "Das ist ja das Problem. Was war denn gestern?"

Alfons tat entrüstet: "Jetzt sag´ nicht, du hast es vergessen!"

Erwin antwortete: "Doch, ich fürchte schon."

Abermals klopfte Alfons auf Erwins Schulter: "Na, dann will ich deinem Gedächtnis mal auf die Sprünge helfen."

Gedankenverloren rührte Erwin in seinem Kaffee: "Vielleicht habe ich lieber einen Gedächtnisverlust."

Alfons lachte: "Ja, ja. Das kannst du noch entscheiden, wenn ich dir das hier gezeigt habe." Er tippte mit den Fingern an seine Hemdtasche. Verschwörerisch beugte er sich zu Erwin: "Ich habe doch gestern meine Polaroidkamera auf der Feier dabeigehabt. Jetzt schau dir die Bilder an!" Alfons grinste und holte einen Stapel Fotos aus seiner Hemdtasche.

Erwin riss schon beim ersten Bild die Augen auf: " Das bin ja ich!"

Alfons stieß ihm einen Ellenbogen in die Rippen: "Klar, alter Fuchs! Und wen hast du da im Arm?"

Erwin erwiderte mit gesenktem Blick: "Den Nikolaus!"

Alfons sah verträumt auf das Bild: "Das war ein klasse Nikolaus!" Er blätterte die Fotos durch. "Diese Beine! Und als sie den Mantel ausgezogen hat …"

Erwin nickte: "Ja, ja."

Alfons musste erkennen, dass er Erwins Laune nicht bessern konnte: "Mensch, dir ist ja echt ´ne Laus über die Leber gelaufen. Bei dem Anblick", und dabei zeigte er auf die Polaroidbilder, "musst du doch deine Alte mal für ´ne Weile vergessen können!"

Erwin schaute auf: "Aber der Krach mit der Luise heute Morgen … Weist du was sie gesagt hat? Ich hätte mit dem Nikolaus ein Techtelmechtel!"

Alfons hob die Brauen: "Wie kommt sie denn darauf? Die Fotos hat doch noch niemand gesehen."

"Die brauchte keine Fotos." Erwin flüsterte: "Die Rita, die ist nämlich hier!"

Alfons sah sich kurz um: "Ja, was hat denn dem Hempelmann seine Rita damit zu tun?"

Erwin griff sich an den Kopf: "Nicht die vom Hempelmann! Die vom Nikolaus!"

Alfons schaute Erwin fragend an. Doch bevor dieser erklären konnte, klopfte es an die Hintertür.

"Rita!", riefen Erwin und Alfons wie aus einem Mund und sprangen von ihren Stühlen.

Bäuerin Rita Hempelmann trat mit einem Korb am Arm ein. Sie wunderte sich: "Das ist aber eine Begrüßung! Guten Morgen die Herren!"

Alfons und Erwin ließen sich wieder auf die Stühle fallen.

Rita Hempelmann schaute sich um: "Wo ist denn die Luise? Ich habe hier frische Eier für sie."

Erwin gab Antwort: "Sie ist kurz nach oben gegangen."

Da fiel Rita Hempelmanns Blick auf die Fotos, die auf dem Tisch lagen: "Was sind denn das für Bilder?"

Schnell steckte Alfons sie weg: "Och, nur ein heißer Ofen, den ich gesehen hab."

"Du und deine heißen Öfen. Da ist es doch kein Wunder, dass du ewig Junggeselle bleibst!"

Erwin kommentierte gedankenverloren: "Das hat ja manchmal auch seine Vorteile!"

Rita Hempelmann blickte ihn grimmig an: "Wieso redest du denn so? Stimmt was nicht mit der Luise?"

"Doch, doch! Alles bestens mit der Luise!", gab Erwin zur Antwort.

"Na, das meine ich auch!" Rita Hempelmann war zufrieden und sah sich nach einer Abstellmöglichkeit für ihren Korb um.

Erwin sinnierte weiter: "Es ist nur wegen dem Nikolaus."

Alfons rempelte ihn nervös an und bedeutete ihm zu schweigen. Doch Erwin fuhr unbeirrt fort: "Als die Luise heute früh den Schuh gefunden hat, ist sie völlig ausgeflippt."

Rita Hempelmann war begeistert: "Einen Schuh? Oh, du hast ihr einen Nikolausstiefel gemacht? Da hat sie sich aber bestimmt gefreut!"

Sarkastisch entgegnete Erwin: "Ja, sie hat geschrien und getobt vor Freude. Und mit dem Messer wollte sie mir die Kleider vom Leib schneiden!"

Empört rief Rita Hempelmann: "Um Himmels willen, was hast du ihr denn in den Schuh getan?"

"Es war ja gar nicht ihrer."

Rita zog die Stirn in Falten: "Du füllst deine eigenen Schuhe?"

Erwin rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her: "Nein, meine haben doch keinen so hohen Absatz!"

Rita streckte den Zeigefinger in die Luft: "Ah, dann hast du für Luise neue Schuhe gekauft und sie wusste es nur noch nicht?"

Jetzt lachte Alfons los: "Mit hohem Absatz für Luise?" Die Vorstellung von Luise in hohen Schuhen war geradezu lächerlich.

Rita Hempelmann schien der gleichen Meinung: "Auch wieder wahr! Also für wen denn dann?"

Bevor Erwin antworten konnte, fiel ihm Alfons ins Wort: "Für mich!"

Rita Hempelmann und Erwin schauten ihn verdutzt an. Alfons zwinkerte Erwin zu.

Entsetzt rief Rita Hempelmann: "Jetzt drehst du wohl völlig durch! Wozu brauchst denn du Frauenschuhe ohne Frau?"

Alfons hob die Schultern: "Die kommt vielleicht noch!"

Rita Hempelmann schüttelte den Kopf: "Ha, du denkst wohl, wenn du die Schuhe vor die Tür stellst, liefert dir der Nikolaus die passende Frau dazu?!"

Zornig sprang Alfons auf: "Und wenn ich dich so keifen höre, dann am liebsten eine aus Gummi!"

Rita Hempelmann drehte sich weg: "Pfui Teufel! Aber was Besseres kriegst du auch nicht!"

Erwin versuchte, den Streit zu beenden: "Jetzt beruhigt euch mal wieder!"

Doch Rita Hempelmann fuhr nun auch Erwin an: "Du findest das wohl noch in Ordnung? Absatzschuhe! Für eine Gummipuppe!"

Alfons wollte etwas entgegnen, winkte aber nur ab: "Ich geh´ mal lieber." Und provozierend drehte er sich noch einmal zu Rita Hempelmann um: "Die Schuhe rausstellen!"

Rita schnappte nach Luft, bis Alfons endlich die Tür hinter sich zugezogen hatte. "Der ist eine Schande für alle Männer. Du solltest deine Freunde besser aussuchen.", befahl sie Erwin.

Dieser schlürfte nur an seinem Kaffee.

Rita Hempelmann ging hinüber zur Küche und sprach zu sich selbst: "Wo bleibt denn nur die Luise? Dann stelle ich schon mal die Eier in den Kühlschrank."

Sie verschwand hinter der Kühlschranktür und blieb dahinter unsichtbar für Luise, die nun die Küche betrat. Sie ging direkt auf ihren Mann zu: "So, jetzt macht sich die junge Dame noch frisch und dann kann man sie wieder unter die Leute lassen." Mit erhobenem Zeigefinger beschwor sie Erwin: "Ich kann mir schon vorstellen, dass du scharf auf die Rita warst! So wie die angezogen ist, ist es kein Wunder, dass sie den Männern den Kopf verdreht!"

Leise schloss Rita Hempelmann wieder die Kühlschranktür.

Luise war zu sehr in Fahrt, um die vorsichtige Bewegung zu registrieren: "Aber die soll sich ja unterstehen, dir schöne Augen zu machen. Sonst kriegt sie es mit mir zu tun, das kleine Miststück!"

Rita Hempelmann konnte nicht mehr an sich halten: "So! Ein Miststück bin ich also! Du bist mir ja eine schöne Freundin! Gut, dass ich jetzt weiß, was du von mir denkst!" Sie drehte sich zum Gehen um, hielt aber noch kurz inne und drehte sich noch einmal zu Luise um, die nach Luft schnappte: "Und deinem Erwin würde ich nie schöne Augen machen!"

Sie knallte die Tür zu und ließ eine erschrockene Luise zurück: "Was ist denn mit der Rita los?", fragte sie Erwin. Doch bevor er antworten konnte, griff sie sich schon an den Kopf. Denn nun wurde ihr klar, was sie gesagt hatte. "Oh nein, Rita!" Sie drehte sich zu Erwin: "Siehst du, was du angerichtet hast! Und ich muss es jetzt wieder geradebiegen!" Mit diesen Worten stürmte sie Rita Hempelmann hinterher.

Erwin hatte nicht mehr viel Freude an seinem Kaffee. Er wollte ihn gerade zur Spüle bringen, da kam Rita N. die Treppe herunter gesprungen.

Erwin sank zurück auf den Stuhl und wunderte sich, dass Rita N. noch ihr Kostüm anhatte. Doch sogleich bekam er die Erklärung. Wütend knallte sie ihm den Bauernkittel, den sie in der Hand hielt, auf den Tisch: "Ich lasse ja viel mit mir machen, aber das Ding hier ziehe ich nicht an!"

Verständnisvoll nickte Erwin.

Rita N. holte sich eine Tasse Kaffee.

Da kam Alfons wieder durch die Hintertür. Fragend schaute er Erwin an: "Sag´ mal, deine Frau und Hempelmanns Rita …", weiter sprach er nicht, denn sein Blick verharrte auf Rita N. Mit einem strahlenden Lächeln ging er auf sie zu: "Hallo, schöner Nikolaus!"

Rita N. wich einen Schritt zurück: "Wer sind Sie?"

Alfons blinzelte ihr zu: "Erinnerst du dich noch an gestern Abend, meine Schöne?"

Er wollte ihre Haare streicheln doch sie wich ihm aus: "Der Mann an den ich mich erinnere, sah besser aus und stank nicht nach Kuhstall!"

Da schnellte Alfons´ Zeigefinger in Erwins Richtung: "So wie der vielleicht?"

Rita N. schüttelte den Kopf.

Erwin fragte hoffnungsvoll: "Ist das sicher? Ich meine nur, weil Sie diese Nacht in meiner Küche verbracht haben!"

Alfons neckte: "Ach, dahin ist sie verschwunden!"

Erwin nickte: "Deshalb hat sich die Luise doch so aufgeregt."

Da prustete Alfons heraus: "Das musste sie ja. Mit ihr", er zeigte auf Rita N., "kann sie nämlich nicht mithalten!"

Erwin atmete tief durch. "Dummerweise wissen wir nicht, wie sie hierher gekommen ist."

Rita N., versuchte sich zu erinnern. Sie erklärte, dass sie sich noch an den Sprung aus dem Sack erinnere. Und Alfons nahm seine Fotos wieder zur Hand und bestätigte ihr, dass sie dabei ganz hübsch ausgesehen hatte. Weiter erinnerte sich die Nikolausdame an ihre roten Netzstrümpfe. Und wieder bestätigte dies Alfons indem er auf eines der Bilder tippte. Und mit einem Blick auf Ritas Beine meinte er: "Die sind jetzt weg!"

Rita N. nickte.

Erwin versuchte, zu rekonstruieren: "Dann haben Sie die vielleicht ausgezogen bevor Sie sich hier auf die Bank gelegt haben?" Alfons zeigte mit breitem Grinsen auf Erwin: "Oder du hast sie ausgezogen."

Erwin schüttelte den Kopf: "Ich weiß nichts mehr.

Aber wir müssen sie finden bevor Luise sie findet. Der Schuh war schon schlimm genug." Alfons griff diese Idee sofort auf und teilte die Suchtrupps ein. Rita N. befahl er, unter den Tisch zu kriechen und zu suchen. Erwin sollte die Bank hinter dem Tisch absuchen und er selber entfernte sich in Richtung Küchenschrank auf der gegenüberliegenden Seite. Dabei ging er rückwärts um noch möglichst lange einen Blick auf Ritas Po haben zu können, der unter dem kurzen Kostüm hervorschaute.

Während Rita auf allen Vieren unter dem Tisch herumkroch, öffnete sich erneut die Hintertür und Luise trat ein. Ihren Kopf hatte sie zu Rita Hempelmann gedreht, die ihr folgte: "Siehst du, Rita, das war alles nur eine dumme Verwechslung!"

Luise war noch nicht recht zur Tür herein gekommen, sprang Erwin von der Bank auf. Er rannte um den Tisch herum nach vorn zu Rita N. und griff um ihre Taille, um sie unterm Tisch hervorzuziehen.

Erst jetzt drehte sich Luise um. Ein Schrei des Entsetzens löste sich aus ihrer Kehle bei diesem Anblick. Erwin ließ auf der Stelle von Rita N. ab und eilte zu seiner Frau. Diese wich mit erhobenen Händen vor ihm zurück.

Jetzt kam Alfons auf sie zu: "Liebe Luise, es ist alles halb so schlimm!" Am Schrecken der Frauen bemerkte er, dass sie ihn noch gar nicht wahrgenommen hatten.

Luise schrie: "Und auch noch mit Zuschauer!" Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

Rita Hempelmann nahm die Freundin in den Arm. "Meine arme Luise, was für eine Tragödie!" Und mit dem Finger zeigte sie auf Erwin: "Du untreuer Ehemann!"

Erwin legte sich die Hand auf sein Herz und flehte in Richtung Luise: "Aber ich war dir immer treu!"

Sie ließ sich nicht beruhigen: "Das habe ich gesehen!"

Erwin erklärte, dass sie doch nur die Strümpfe gesucht hätten. Aber das brachte Luise nur weiter gegen ihn auf: "Ach, die Strümpfe! Hat sie nicht noch mehr ausziehen wollen?" Dann schaute sie zu Rita N., die jetzt wieder auf der Bank saß: "Und wo ist eigentlich mein Kleid? Wieso hat sie schon wieder das Kostüm an?"

Da kam auch schon ihr Sonntagskleid auf sie zugeflogen: "Das konnte ich unmöglich anziehen.", empörte sich Rita N. und Alfons pflichtete ihr mit einem schmachtenden Blick bei: "Stimmt. Das wäre schade gewesen."

Sofort giftete ihn Rita Hempelmann an: "Du hältst dich da raus! Von Frauen aus Fleisch und Blut verstehst du nichts!"

Noch ehe Alfons etwas erwidern konnte, schwang die Hintertür auf und Luises Bruder trat ein.

Paul sah sich verstört um und hielt seinen Kopf. Ein Zipfel seines Hemdes steckte in den Boxershorts, der Nikolausbart hing ihm um den Hals und ein Arm steckte in einem roten Netzstrumpf.

Luise, noch voller Aufregung, fragte: "Was ist denn mit dir passiert? Willst du zum Fasching?"

Alfons grinste: "Quatsch, er hat Nachwehen von unserer Feier gestern!"

Jetzt kam auch Paul zu Worte: "Ich glaube, ich habe heute Nacht den Nikolaus getroffen."

Erwin nickte: "Das glaube ich auch. Die Strümpfe kenne ich!"

Sofort öffnete Luise ihren Mund. Doch Alfons kam ihr zuvor: "Und ich weiß auch, welche Beine da hineingehören!"

Und Paul wollte sofort wissen, welche. Die Antwort kam von Alfons und Erwin gleichzeitig: "Die von der Rita!"

Paul sah mit entsetztem Blick auf Rita Hempelmann. Alfons klopfte ihm zur Beruhigung auf die Schulter: "Nein Paul. Die andere: Rita Nikolaus!"

Das verwirrte Paul noch mehr: "Kenn ich nicht!"

Alfons drehte ihn langsam in Richtung Bank, auf der Rita N. saß. "Und klingelt es jetzt bei dir?"

Erleichtert rief Paul aus: "Das ist* *mein Nikolaus!"

Rita N. sprang ihrem Paul in die Arme.

Jetzt mischte sich Luise wieder ein: "Dein Nikolaus! Und wie kommt der in meine Küche?"

Dafür hatte Paul eine Erklärung: "Wir waren nebenan in der Scheune. Und weil die Rita so durstig war, habe ich gesagt, sie kann sich bei euch was aus der Küche holen. Aber sie kam nicht zurück und da bin ich wohl eingeschlafen."

Rita Hempelmann streichelte Luise den Arm: "Also, Luise, wie es aussieht, hatte wohl dein Bruder ein Schäferstündchen mit Frau Nikolaus."

Da schaute Luise Erwin bedauernd an: "Sieht ganz danach aus. Tut mir leid, dass ich dich verdächtigt habe."

Erwin nahm seine Frau in die Arme: "Ach, ist schon gut!"

Alfons ging zu Paul: "Und was habt ihr zwei Turteltäubchen jetzt vor?"

Da vernahmen sie auch schon wieder Luises Stimme: "Die sollten sich erstmal umziehen!"

Paul lachte: "Aber zuerst brauche ich was gegen die Kopfschmerzen."

Und Rita N. nickte zustimmend.

Erwin ging zum Schrank: "Und man soll ja immer Gleiches mit Gleichem bekämpfen." Er nahm eine Flasche Schnaps heraus und verteilte ihn in die Gläser, die seine Frau gebracht hatte.

Luise erhob das Glas: "Ich glaube, das tut uns jetzt allen gut."

Und sie stießen miteinander an.

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