Unser Buchtipp Weihnachtsgeschichten

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bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors.

Eingereicht am
20. März 2007

Merry Christmas

© Nora Dubach

Mia wurde von Weihnachtspost förmlich überschwemmt. Vom schlechten Gewissen getrieben schrieb sie ihre noch schuldigen Briefe bis tief in die Nacht, machte sich am Morgen früh mit einer Hand voller Briefe auf den Weg zur Post, in der Hoffnung dass sie rechtzeitig am vierundzwanzigsten Dezember bei ihren Freunden im Briefkasten lagen. Nach dem Einwerfen in den Schlitz bemerkte Mia auf dem Boden ein rotes Lederportemonnaie. Sie nahm es auf, suchte nach einer Adresse, damit sie den Besitzer ausfindig machen konnte. Eilig lief sie nach Hause, fühlte sich schon als Christkind um grosse Freude zu bereiten. Sie versuchte stündlich den Besitzer via Handy und Telefon zu erreichen. Leider ohne Erfolg. Heiligabend und am ersten Weihnachtstag versuchte Mia immer wieder zu telefonieren. Unter keiner im Portemonnaie vermerkten Nummer konnte sie den Mann ausfindig machen. Wäre sie das Christkind wüsste sie, wo Herr Domenico sich momentan aufhielt. Sie hoffte wenigstens für ihn ein guter Engel zu sein. Darum kam ihr die Idee, im Krankenhaus anzurufen. Der alte Herr fast achtzigjährig könnte zusammengeschlagen, ausgeraubt worden sein. Zum Glück lag niemand auf der Notfallstation. Erleichtert legte Mia den Hörer auf. Dann durchsuchte sie noch einmal die Geldbörse nach Nummern. Sie wurde fündig, rief eine andere Handynummer an, aber auch dort nahm niemand den Hörer ab. Sie sprach auf die Combox, ein Teilerfolg.

Am sechsundzwanzigsten Dezember, sie war gerade auf dem Weg nach Zürich, da läutete das Telefon. Sie nahm genervt den Hörer ab. Ein Herr Domenico meldete sich, der Besitzer der Geldbörse. Der alte Herr bedankte sich völlig ruhig, gar nicht aufgeregt. Schätzte ihre Bemühungen. Mia hatte das Gefühl, dass er regelmässig etwas liegen liess. Er schien fest an die Ehrlichkeit der Menschheit zu glauben. Er sprach weiter, sein Handy liesse er immer zu Hause, es sei nur nachts eingeschaltet, wenn er allein in sei, es läge auf dem Nachttisch Er hätte bloss seinen Sohn im Tessin besucht. Mia schlug Herrn Domenico vor, das Portemonnaie in seinen Briefkasten zu legen, da sie am Nachmittag in die in die Stadt führe, dann sei sie sowieso im Zentrum. Mia machte ihre Besorgungen, abends stieg sie in ihrem Wohnort aus dem Zug, suchte den Weg zu der Strasse und dem Briefkasten. Es wurde extrem kalt, windig, es fing wie verrückt an zu schneien. Mia trug weder Handschuhe noch eine Kopfbedeckung. Nach kurzer Zeit sah sie wie ein echter Schneemann aus. Sie fluchte laut, warum tat sie sich das an, denn es war ein Sechs- Kilometer-Marsch hin und wieder zurück, und dies um neun Uhr abends. Vier Tage später fuhr sie nach Feldbach zur Arbeit, nicht weit von ihrem Ort entfernt. Im Zug zählte sie noch schnell ihr Bargeld, dreihundert Euro hatte sie bei sich, einhundertundfünfzig wollte sie noch bei der Post einbezahlen Mia überlegte es sich aber anders, es sei sinnvoller zuerst mit dem Bus zu ihrem Arbeitsplatz zu fahren. Bei der Haltestelle stellte ihre Tasche und eine Papiertasche auf einer Bank ab, lief dann drei Meter nach vorne um zu sehen ob der Bus schon unterwegs war. Mit ihr warteten noch zwei junge Männer. Minutenspäter bestieg sie den Bus, nach vier Haltestellen stieg sie wieder aus, lief zu ihrem Arbeitsplatz. Im Büro angekommen, zog Mia ihre Jacke aus, einige Münzen fielen aus der Jackentasche. Sie nahm sie auf um sie ins Portemonnaie zu legen. Aber es war weg. Ihre dunkelgrüne Ledergeldbörse war wie vom Erdboden verschwunden. Mia leerte den Inhalt ihrer Tasche aus, auch die Papiertasche nichts war zu finden, das Geld war einfach nicht mehr da. Mit Tränen aus Wut und Enttäuschung begann Mia ihre Arbeit. So eine Gemeinheit, das konnten nur beiden jungen Männer gewesen sein, wer sonst, dachte sie. Ich spiele hier das Christkind, gebe Gefundenes zurück und jetzt bestraft mich dafür der Nikolaus.

Als Mia nach Hause kam hörte sie zuerst die Combox ab. Der erste Anruf kam von der Polizei das Portemonnaie sei mit den Ausweisen gefunden worden. Sie sollte sich bei Herrn Weiss melden. Die Polizistin gab ihr seine Telefonnummer. Noch am gleichen Abend rief Herr Weiss sie an, um ihr mitzuteilen, dass sie das Portemonnaie abholen könne. Mia bedankte sich bei ihm, sagte es sei für sie ein zweites Mal Weihnachten, er sei ein wahrer Engel. Nein nicht bei mir, sagte Herr Weiss, bei meinen schwarzen Labrador Rias dürfen sie sich bedanken, er hat es bei der Bushaltestelle aus dem tiefen Schnee heraus gebuddelt. Es muss ihnen aus der Tasche heraus gefallen sein. Sie machte mit Herrn Weiss einen Termin ab. Glücklich und erleichtert nahm Mia das Geld am nächsten Morgen in Empfang, nichts fehlte, alles war am rechten Ort. Dankbar drückte sie die Hand von Herrn Weiss, gab ihm den zustehenden Finderlohn, streichelte lange die schwarze Pfote und den Rücken von Rias und schämte sich, die beiden Männer als Diebe verdächtigt zu haben.

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