Unser Buchtipp Weihnachtsgeschichten

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Eingereicht am
28. März 2007

Hoffnung

© Susanne Rödiger

"Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See, weihnachtlich glänzet der Wald, freue dich Christkind kommt bald!"

"Wie kann einem so wohlig warm ums Herz werden von einem bloßen Lied?", fragte sich ein kleines Mädchen, gerade alt genug um lesen und schreiben zu können, aber dennoch jung genug um an den Weihnachtsmann zu glauben, und lauschte verzückt den Gesängen eines Chores auf der Straße. Sie hatte bereits seit Wochen die Plakate überall gesehen, war von einem zum anderen gelaufen, und hatte verzückt in mühevoller Kleinarbeit - denn in ihrem Alter geht das Lesen noch nicht so leicht von der Hand - die Einladung eines Chores für alle Menschen, die Interesse haben an ihrem Konzert teilzunehmen, entziffert. Heute war es nun endlich so weit. Trotz ihrer kleinen zitternden Händen, die von der Kälte ganz blau schienen, und dem roten Näschen, das beständig vor Kälte lief, stand sie glücklich seit einer ganzen Weile und lauschte den wärmenden Klängen der Musik. "Wie nur kann einem von Musik so wohlig warm werden ums Herz?", fragte es sich nun zum zweiten Mal. Es hatte eine solche Musik bis jetzt noch nie gehört, denn bei ihr zu Hause - und bei diesem Gedanken, überdeckte ein trauriger Blick ihre bis eben kindlich strahlenden Augen - gab es so etwas nie. Es war noch nie so gewesen wie bei den anderen Kindern aus ihrer Klasse, bei denen an den Adventssonntagen immer die Lichter der Pyramiden in den Fenstern leuchteten. Bei ihr zu Hause gab es keine Pyramide, und auch keine Plätzchen. Oh, wie hatten ihr die Adventsplätzchen geschmeckt, als sie einmal von einer Freundin zu einer Schokolade eingeladen worden war. Da hatte sie die gemütliche, warme Stimmung erlebt, von der ihr sonst nur der von draußen sichtbare Kerzenschein in den erhellten Zimmern berichtet hatte. Es war warm gewesen, warm und …

Sie konnte es nicht beschreiben, das Gefühl welches sie empfand, wenn sie an den freundlichen Blick der Mutter ihrer damaligen Freundin zurückdachte, der zu sagen schien: "Bleib nur hier, wir freuen uns, dass du da bist." Nie in ihrem ganzen Leben hatte sie ein solches Glück gefühlt. Wie arg war jedoch danach die Enttäuschung gewesen, als sie zurück musste. Zurück in den verfallenen Mietsblock am Rande der Stadt, in dem die Heizungen schon seit zwei Jahren nicht mehr richtig funktionierten, und man deshalb im Winter morgens mit kaltem Gesicht und klammen Händen aufwachte. Aber allein die Wohnung wäre ihr nicht so schlimm erschienen, wenn sie eine Mutter gehabt hätte, die sie wie die Mutter ihrer Freundin mit solchen Blicken angesehen hätte. Sie hatte durchaus eine Mutter, nur ihren Vater hatte sie nie kennen gelernt. Wo er war, hatte ihre Mutter ihr nie gesagt und das Mädchen hatte zuviel Angst, zu fragen. Denn wenn man die Mutter in Augenblicken an den Vater erinnerte, in denen sie getrunken hatte, konnte das sehr böse enden. Auch die Schläge, die das Mädchen bekam, hätte sie vielleicht vergeben, wenn die Mutter sie auch nur einmal mit einem solchen liebevollen Blick bedacht hätte. Doch sie tat es nicht, es schien ihr vielmehr egal zu sein, wo das Mädchen war, oder was es machte. Einmal war sie zwei Tage weggeblieben, weil sie es einfach nicht mehr ausgehalten hatte, den Gestank von Alkohol und die ungerechte Art der Mutter ihr gegenüber. Aber dann war sie trotzdem zurückgekehrt. Wo hätte sie auch hingehen sollen? Zu Hause wurde sie wie oft mit Zorn und Schlägen empfangen. In diesem Moment hatte sie dann an den freundlichen Blick der Mutter ihrer Freundin gedacht, und sich weit fort zu ihnen gewünscht. Leider waren sie vor einigen Monaten umgezogen, in eine große Stadt, weit weit weg von hier. Mit diesem Umzug hatte sie nicht nur ihre Freundin verloren, nein es war auch ein Teil eines für sie unbekannten Gefühls mit weggezogen. Dieses Gefühl war erschienen, als die Mutter der Freundin sie damals angesehen hatte. Sie hatte zum ersten Mal gedacht, dass sie vielleicht nicht immer mit der eigenen Mutter im Mietsblock wohnen müsste, dass sie irgendwann in ihrer eigenen kleinen Familie Geborgenheit erfahren und vermitteln könnte. Dieses Gefühl war wunderschön gewesen, es hatte ihr Kraft gegeben.

Sie dachte lange Zeit, sie hätte es verloren, doch nein, da war es wieder… Ungeschmälert zog es sie in seinen Bann, wie ein reißender Strudel unbeschreiblicher Freude und unendlichen Glücks. Sie hörte die Stimmen der Chorsängerinnen und stand, innerlich das Herz vor lauter Hoffnung geweitet. Sie stand, hörte die fröhlichen Weihnachtslieder und sah ihre Zukunft wieder klar vor sich. Sie würde weggehen von der Mutter, auch wenn diese vielleicht dann noch mehr trank. Lange Zeit hatte sie geglaubt, die Mutter würde irgendwann auf sie zukommen, sie in den Arm nehmen und ein neues Leben würde beginnen. Doch dieser Moment war nie gekommen und das Mädchen verstand nun, dass er auch nie kommen würde. Die Mutter würde den Verlust des Vaters nie verkraften, sie würde nie für ihre Tochter mit dem Trinken und Schlagen aufhören. Das Mädchen war ein wenig traurig darüber, doch war die Mutter ihr in all den Jahren, seit dem der Vater weggegangen war, mit jedem Schlag immer fremder geworden, so dass diese Trauer sie nicht mehr aufhielt.

Die Stimmen klangen in ihren Ohren wie der Auftakt zu dem Leben, dass sie sich immer gewünscht hatte. Nie wieder würde sie sich diese Zukunft nehmen lassen, wie lange sie auch warten müsste, beschloss das Mädchen. Wohlig warm klangen noch immer die Stimmen in ihren Ohren und sie erkannte, dass die Hoffnung von nun an ihr ständiger Begleiter sein würde.

Weihnachtsgeschichten Weihnachtsgeschichten unserer Autoren

Weihnachtsgeschichten
Dr. Ronald Henss Verlag
ISBN 978-3-9809336-9-5

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Ich habe schon einige Weihnachtsgeschichtensammlungen gelesen und kann mich nur an ein Buch erinnern, das ähnlich gut war!
Leserin BookCrossing

Was für ein schönes Buch! ... ich habe tatsächlich die eine oder andere Träne verdrückt. Es kommt so richtig schön weihnachtliche Stimmung auf. Und das Buch eignet sich wundervoll zum Verschenken.
Leserin BookCrossing

Ein wunderschönes Buch mit tollen Geschichen. Ich werds mir für nächstes Jahr als Geschenk für meine Kurzgeschichtenfans vormerken.
Leserin BookCrossing

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