Weihnachtsgeschichten - Adventsgeschichten
Kurzgeschichte Weihnachten Weihnacht Advent
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Waldi feiert mit uns Weihnachten

© Witburg Dähling

Zuhause angelangt, kreisten meine Gedanken nur noch um eine Sache - die Sache ...! Nun musste ich mich aber sputen, es fehlten nur noch ..., dann war Heiligabend. Der Kalender zeigte schon den ... an. Die Gedanken hämmerten in meinem Kopf - zu spät - zu spät -, so dass ich spontan die Haustür aufriss, den Kellerschlüssel vom Schlüsselbord schnell abnahm und die Treppe zum Keller runter raste. Nicht nur eine Stufe nahm ich, wie üblich, sondern übersprang gleich drei Stufen auf einmal.

Da hinten in der Ecke stand der Kleiderschrank. Alle Türen öffnete ich und wühlte wie ein Maulwurf in dem alten Kleiderschrank nach dem Weihnachtsmannmantel, der Weihnachtsmannmütze, der Rute ...

Wo war sie, wo war sie nur? Ja, die Hauptsache fehlte natürlich, meine Weihnachtsmannmaske. Wie sollte ich nun mein Gesicht unkenntlich machen? Hin und her überlegte ich und da kam mir der Gedanke - Watte, einfache Watte zu nehmen.

Aber nein, ich konnte unmöglich meinen langen Bart, den Lippenbart und die Augenbrauen nur aus Watte herstellen.

Nein, da würden mich Bernd und Lucia sofort erkennen und lauthals loslachen.

Sie musste doch zu finden sein, wo steckte sie nur, ich wurde immer unruhiger. Ich wühlte weiter in den Schubladen. Da war meine Rute, vielleicht hatte ich ja Glück. Also noch ein bisschen mehr hineinkriechen in den Schrank, irgendwo, in einer Ecke musste sie ja stecken.

Um mich herum entstand eine erschreckende Unordnung, denn bis jetzt fehlte nicht mehr viel, ich hatte wohl schon fast den ganzen Schrank ausgeräumt und sie noch nicht gefunden. Also weiter ausräumen, jetzt kommt es auf die paar Sachen im Schrank, auch nicht mehr drauf an. Sie musste doch dabei sein.

Nach ein paar Minuten gab ich auf, denn der Schrank war leer, wo sollte ich jetzt noch suchen? Ich habe ja noch, 1, 2, 3, 4 ... 7, ... ach, noch viele Stunden, Tage bis zum Heiligabend, Zeit.

Schweren Schrittes ging ich die Treppe hoch, ich war unsagbar traurig, weil ich die Weihnachtsmannmaske nicht gefunden hatte. Aber ich sollte mich nicht den traurigen Gedanken hingeben, sondern darüber nachdenken, wie ich anstelle der Weihnachtsmannmaske, dem Gesicht des Weihnachtsmannes - ganz echt - glich.

Aber, erst einmal sollte der mufflige Kellergeruch aus den Weihnachtsmannsachen gewaschen werden und so kam erst einmal alles in die Waschmaschine.

In meinem Kopf spielten die Gedanken verrückt. Wie sollte ich, ... ich könnte ja eine kaufen, ... aber, ... da kam mir die rettende Idee!

Welche?

Noch verrate ich sie nicht!

Es war so weit - heute war mein großer Tag, ich durfte Weihnachtsmann bei Lucia und Bernd spielen.

Sehr, sehr sorgfältig zog ich mich an, dass ja auch alles verdeckt wurde, was an meine Person erinnern konnte. Oh, die Schuhe, die Schuhe musste ich austauschen, denn die verrieten mich bestimmt. Und meine Hände, auch die mussten unbedingt verdeckt werden. Das ließ sich gut verändern.

Aber jetzt kam das Gesicht dran ... schnipp, schnapp, schnipp, schnapp ... das waren drei kleine Stücke für die Augenbrauen und die Oberlippe. Schon klebten die drei kleinen Stücke da, wo sie sitzen sollten. Ich hatte nicht an meine Hautfarbe gedacht. Die musste auf alle Fälle dunkler gemacht werden ... ein Griff in die braune Creme ... perfekt.

Doch jetzt zum Bart. Wie sollte ich ihn zuschneiden? Schnipp, schnapp, schnipp, schnapp ... er musste mindestens fast bis zum Baunabel reichen. Gut, das klappte auch fantastisch - das Gummiband zum Halten lag schon bereit. Ein paar Stiche mit Nadel und Faden ... Probe, ob der Weihnachtsmannbart hält? Ja, es ist geschafft!

Um zu prüfen, ob mich auch keiner erkennen würde, klingelte ich vorsorglich bei meiner Nachbarin. Sie öffnete - zeigte ein erstauntes Gesicht - und sagte zu mir: "Wir haben keine Kinder, nein, hier sind Sie falsch, wir haben keine Kinder hier im Haus."

Ich lachte laut los und musste aufpassen, dass die Tränen nicht meine Schminke zunichte machen.

Ich gab mich zu erkennen und wusste, diese Probe war bestanden. Ich konnte nun getrost mich auf den Weg machen und bei Lucia und Bernd den Weihnachtsmann spielen.

Probierte nochmals ein, zwei Sprechproben aus. Meine Tonlage musste sehr tief sein. Das war auch eine Gefahr, denn Kinder merken viel ... nein, sie merken alles, was da an einer Person nicht echt ist oder nicht hingehört.

Angekommen bei ihnen, nahm ich den großen Sack mit den Sachen, steckte meine Rute noch mal fest in den Gürtel. Vielleicht brauchte ich sie heute gar nicht. Beide sollten mich ja mit einem Weihnachtsgedicht empfangen.

Etwas stand mir der Schweiß schon auf der Stirn, die Aufregung machte mir zu schaffen. Aber - es war ja auch Heiligabend.

Mein Zeigefinger lag schon auf der Klingel - ich sammelte mich - versuchte die Aufregung zu überspielen und drückte den Klingelknopf.

Noch konnte ich nichts hören. Ich hörte keine Kinderschritte - ich hörte nur ein wildes Kratzen und Scharren.

Dann öffnete sich die Tür - oh Schreck, meine Stimme versagte - das darf nicht wahr sein, wie konnte das nur passieren ...

Schnuff, schnuff... schnuff, schnuff, ... Waldi erkannte mich wohl an meiner Stimme, die ihn versuchte zu beruhigen. Meinen Blickkontakt ... alles nahm er auf ... und sprang weiter an mir hoch. Der Jagdtrieb hatte ihn in Besitz genommen und er wollte unbedingt seine Beute haben, jetzt sofort ... schnuff, schnuff,... schnuff, schnuff, ... sofort her damit.

Das wilde Hochspringen hörte nicht auf. Nun bellte er dazu noch laut und versuchte meinen Bart zu erwischen und ihn abzureißen.

Ich machte es noch schlimmer, dass ich mich bückte, um ihn zu beruhigen und versuchte ihn zur Vernunft zu bringen. Alles nützte nicht. Die Sprünge wurden höher und erreichten fast meine Standgröße.

Er nutzte das voll aus und riss und zupfte an meinem schönen, großen Weihnachtsmannbart. Immer wieder, erwischte er irgendein kleines Stückchen Fell, was er rausgerissen hatte. Da, schon wieder ein Stück, ich konnte anstellen was ich wollte er rotierte immer weiter um meinen Körper zu meinem geliebten Weihnachtsmannbart.

Ein Blick in das Wohnzimmer sagte mir alles. An meine Ohren drang ein lautes Kichern und Lachen, was nicht aufhören wollte. Immer wieder drangen mir Lachsalven aus dem Wohnzimmer entgegen. Die Erwachsenen kringelten sich vor Lachen.

Zum Glück haben Lucia und Bernd diesen Zwischenfall nicht mitbekommen. Sie waren zu sehr damit beschäftigt und freuten sich, dass der Weihnachtsmann nun doch zu ihnen gekommen war. Sie warteten mit gespannten Gesichtern, um ihr Gedicht aufzusagen.

Meine Stimme schwankte sehr stark im Ton. Mal sprach ich mit hohem, mal im tiefen Ton. Selbst aus meiner Kehle kam ab und zu ein Glucksen, was sich noch lange wiederholte.

Meinen Blick konnte ich nicht in Richtung der Erwachsenen schweifen lassen. Denn dort gluckste es immer noch und wollte nicht aufhören.

Vor mir standen Lucia und Bernd und sagten ihr Weihnachtsgedicht auf, welches sie sehr nett mit ihren etwas ängstlichen, zierlichen Stimmen vortrugen.

Nun richtete ich mich etwas auf, nahm den großen Sack und leerte ihn unter dem Weihnachtsbaum ... Ließ meinen Blick nochmals kreisen und überall sah ich ein Schmunzeln, ein Blitzen vor Freude in den Augen. Jeder schmunzelte in sich hinein über den Spaß mit Waldi und mir, heute - am Heiligenabend.

Meine Stimme wechselte immer noch zwischen hoch und tief, als ich die letzten Worte zu den Kindern und Erwachsenen sprach. Der Schrecken lag mir immer noch in den Gliedern. -

Was wäre gewesen, wenn Waldi nun wirklich meinen Bart voll erwischt hätte? Kaum auszudenken.

Ich bin fast am Schluss mit meiner Geschichte!

Und jetzt darf ich es euch verraten, meinen Weihnachtsmannbart hatte ich aus Kaninchenfell hergestellt.

Waldi - er war ein Rauhaardackel - und sein Jagdtrieb brach mit ihm durch, als er meinen Kaninchen-Weihnachtsmannbart schnüffelte. In seinen Gedanken und Hundeträumen roch er nur noch - Kaninchen - Hasen - und dachte an das Jagen, deshalb schnappte er wie wild nach meinem Kaninchen-Weihnachtsmannbart.

Wer mich gesehen hätte, als ich die Treppe runter stampfte mit meinem leeren Sack, der Rute, die ich nicht gebraucht hatte - hätte sicher ein Lächeln auf meinem Gesicht entdeckt. - Es war einfach toll, es war meine schönste Aufgabe am Heiligabend. Den Kindern habe ich Freude gebracht und mir hat es auch unwahrscheinliche Freude gemacht.

Und jetzt war ich diejenige, die träumte von dem wunderschönen Heiligenabend, mit den Kindern und den Eltern und natürlich mit Waldi.

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© Dr. Ronald Henss Verlag