Der grüne Nikolaus

© Moritz Gut

Große, weiße Flocken fallen vom Himmel. Hinter mir hupt es. Mit genervtem Blick schaue ich in den Innenspiegel meines 911ers und ich hupe laut zurück. Ein Hupkonzert, als ob der HSV gewonnen hat. Eine weite Schlange hat sich in der Innenstadt gebildet. Die Schlange wird länger und länger. Aufgeregt schaue ich nach vorne. Der gelbe Mazda sticht mir ins Auge. Dieser Kontrast: Gelb und Weiß. Ausgebremst steht er mitten auf der Kreuzung. Warum er angehalten hat, weiß niemand. Als ich über die Kreuzung fahre, sehe ich nur zwei parallel laufende Spuren. Ich denke, dass dies der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten und seinen Rentieren war.

Langsam kommt der Verkehr wieder ins Rollen. Als ich den Kirchenturm passiere, sehe ich die große Uhr. Auf diese vertraue ich. So genau wie sie ist. Es ist bereits 13.45. "Oh mein Gott. Schon so spät." Der Motor des Porsches heult auf und weg bin ich, unterwegs zu dem Einkaufshaus.

Beim Einkaufshaus angekommen, ein lebensgroßer Mann, der sich als Nikolaus ausgibt, steht neben der Türe. Ich stolpere, auf der Suche nach dem perfekten Geschenk für meine Liebste, quer durch das Einkaufshaus. Da, ein riesiges Plakat, welches für ein Gewinnspiel wirbt: "Verwöhnen Sie ihren Schatz mit den schönsten Ferien seines Lebens!"

Ich melde mich sofort, als der Leiter des Spieles nach neuen Teilnehmern sucht. Ich werde aufgenommen und hinter die Kulisse gezerrt. In einer kleinen Kammer drückt mir der Leiter ein Kuvert mit einer Antwortkate in die Hand. "Suche den grünen Nikolaus. Dieser wird dir ein Codewort sagen. Mit dem richtigen Codewort gewinnst du, wenn du vor 18.00 zurück bist, eine Reise nach Griechenland."

Schnell bin ich bei meinem Porsche, fahre los, quer durch die Stadt. Suchen und Suchen. Ich sehe mich bereits mit Sabine in Griechenland. Der Schnee hat sich inzwischen aufgetürmt. Es sind mindestens 50 cm. Weil der Straßenräumdienst nicht kommt, bin ich gezwungen meinen schönen Porsche stehen zu lassen. Ich parke ihn am Straßenrand und stapfe durch den Schnee. Dieser Stress und das an Weihnachten. In Schal und Handschuhe eingepackt überquere ich eine Straße. In einer Seitenstraße auf der anderen Straßenseite versteckt sich ein kleiner, grüner Nikolaus. "Ich habe ihn gefunden, ich habe ihn", denke ich mir und kann ein Lächeln nicht unterdrücken. Er sagt mir nur ein einziges Wort. Ich schreibe es auf die Karte. Auf dem Rückweg sehe ich wieder mich und Sabine in Griechenland.

Mit dem Porsche fahre ich zurück ins Einkaufshaus. Voller Freude und mit einem Lachen auf dem Gesicht trotte ich auf den Leiter zu. Ich präsentiere ihm mein Wort, doch er sagt: "Tut mir leid, es ist falsch." Niedergeschlagen verlasse ich das Einkaufshaus. "Dieser Schuft, der grüne Nikolaus, er hat mir etwas total Falsches angedreht. Ich habe ihm das geglaubt." Schlurfend suche ich meinen Porsche. Unterwegs muss ich kurz weinen. Dieser Stress, alles für nichts. Mein Mobiltelefon klingelt. "Hallo?" Es ist Sabine: "Ich mache mir Sorgen um dich. Wo bist du?" Ich schildere ihr den ganzen Tag, mit allen Einzelheiten. Sie erwidert: "Komm erst mal nach Hause, dann schauen wir weiter!"

SPIEGEL ONLINE Bestsellerautorin Patricia Koelle

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