Weihnachtsgeschichten - Adventsgeschichten
Kurzgeschichte Weihnachten Weihnacht Advent
Unser Buchtipp

Weihnachtsgeschichten Band 3

Weihnachtsgeschichten
Band 3
Dr. Ronald Henss Verlag
ISBN 978-3-939937-07-4

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Der Engel Frau Möller

© Susanna Brönnimann

Klick! Ringring! Und die Kasse ist offen. Schweigend drücke ich der jungen Frau das Rückgeld in die rechte Hand. Und schon drängelt die Nächste an meine Kasse. "Können Sie das nicht schneller?", fragt sie mich mit herablassendem Blick. Ich pack die Geschenke in die Taschen ein und sag zu ihr: "Das macht 157.60, bitte." Zum Glück sind nicht mehr so viele Leute im Geschäft. Vergewissernder Blick auf die Uhr. "Ja, nur noch zehn Minuten in diesem muffigen Spielzeugladen!", flüstere ich leise vor mich hin.

Nichts wie weg hier! Ich rase durch die Gassen der Stadt. Überall zwischen den Altbauhäusern und den Stadtvillen hängen Weihnachtsbeleuchtungen herab. Ich könnte kotzen! Ich hasse diese immer fröhliche Stimmung und diese "Friede-Freude-Eierkuchen-Getue! Wirklich, ich will nur noch in meine kleine ruhige Wohnung am Stadtrand.

Ich hab's schon fast geschafft! Nur noch einige wenige Meter. Doch was kommt da auf mich zu? Diese frechen kleinen Biester. Sternsinger! Die marschieren schnurstracks auf meine Wohnungstür zu. "Verdammt! Diese kleinen Rotzlöffel haben mir gerade noch gefehlt! Wie kann ich sie so schnell wie möglich loswerden? Umdrehen und davonlaufen? Nein! Ich kann nicht zurück meine kleine Nichte hat mich gerade hocherfreut erkannt.

"Johanna! Juhuuuu... Tante Johanna!", brüllt die Kleine nach mir. Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Innerhalb von wenigen Augenblicken bin ich eingekreist von diesen kleinen Rackern. Alle starren mich mit ihren kleinen Hundeaugen an. Das hat mir gerade noch gefehlt! Bettelnde Sternsinger! Ich überlege kurz und überwinde mich, den Kleinen eine Chance zu geben. Bevor ich meine Entscheidung überhaupt ausspucken kann, stehen sie schon mit strahlenden Gesichtern vor mir und fangen an zu singen. "Stille Naaaaaaacht.., heilige Naaaacht.., alles schläft …", flötet es aus den weit aufgerissenen Mündern. Eiskalter Schauer läuft mir den Rücken herab.

Ich flüchte in den modrigen Hausflur, meiner Nachbarin. Drücke mit aller Gewalt die Haustür zu, weil die kleinen Racker mit aller Kraft dagegen schlagen. Als ich mich in Sicherheit wäge, kommt die liebe Frau Hildegrund Möller, die alte Treppe herab. "Guten Tag Fräulein Schmidt. Das trifft sich aber gut, dass ich Sie hier treffe. Haben Sie Hunger?", quiekst die kleine, grimmige Frau. Bevor ich mir bewusst bin, dass ich gar keine andere Wahl habe, als bei Frau Möller zu essen, hat sie mich schon die Treppe hinauf gezogen.

In ihrer alten Wohnung angelangt, kommt mir eine muffige Gestankswolke entgegen. Ich bekomme Gänsehaut. Sie kramt ein zweites Besteckservice aus der Schublade und blickt mich einladend an. Meine Beine gehen ohne irgendeinen Befehl, Richtung schmuddeliger Esstisch. Ich setzte mich. Schweigen, nur das leise Brutzeln des Weihnachtstruthahns ist zu hören. Der Truthahn ist viel zu groß für eine einzige Person. Es scheint mir, als hätte Frau Möller schon auf mich gewartet. Dieser Gedanke läst mich skeptisch werden. Was will ich überhaupt hier? Alles nur wegen diesen kleinen Biestern! Ganz versunken in meinen Gedanken, merke ich nicht, wie mir Frau Möller einen vollbeladenen Teller hingestellt hat. Als mich Frau Möller mit ihren großen Glubschaugen anstarrt, werde ich aus meinen Gedanken zurückgeholt.

Ich glotze auf den Teller vor mir, wenn da überhaupt ein Teller drunter ist. Ein riesiger Berg Essen türmt sich vor mir auf. Truthahnfleisch, Klöße, grüne Bohnen, Karotten und einen riesiger Tümpel Bratensoße mittendrin. Da mich Frau Möller immer noch mit ihren großen Augen anstarrt, schaufle ich die ersten Happen in mich hinein. Es kommt mir endlos vor, der Teller will sich einfach nicht lehren.

Als ich endlich auf gegessen habe, blicke ich zögernd auf, aus Angst Frau Möller würde mir noch etwas nachschöpfen. Doch ich sitze alleine in der heruntergekommenen Küche. "Wo ist sie hin?", stottere ich leise. In diesem Augenblick steht sie wieder im Türrahmen. Sie muss meine Frage gehört haben, denn sie antwortet ziemlich außer Puste: "So, ich bin wieder da. War kurz im Keller. Ich hab da was für Sie, Fräulein Schmidt."

Meine Augen wandern zu ihren zarten, mit falten überzogenen Händen. In denen sie ein kleines, violett eingepacktes Geschenk hält. Nicht größßer als ein Apfel. Ich wundere mich. "Sie muss doch auf mich gewartet haben!", bemerkt die kleine Stimme in meinem Kopf. "Für mich?", frage ich überrascht. "Ja! Für Sie", fügt sie strahlend hinzu.

Mit Sorgfalt packe ich das Geschenk aus. Eine kleine Schatulle kommt zum Vorschein. Ich öffne sie. Ein wunderbarer Ring strahlt mich an. Er kommt mir so bekannt vor. Sieht aus wie der den ich verloren habe, als ich ungefähr acht Jahre alt war. Ich berühre den Ring mit zitternden Händen. "Das muss er sein", flüstere ich vor mich hin. Denn im Innern glänzt mir eine Gravur entgegen. "Von Sophie für ihre geliebte Tochter Johanna."

SPIEGEL ONLINE Bestsellerautorin Patricia Koelle

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