Weihnachtsgeschichten - Adventsgeschichten
Kurzgeschichte Weihnachten Weihnacht Advent
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Der Kaufhaus-Weihnachtsmann

© Bernd Kunde

"Leise rieselt der Schnee still und starr ruht der See ..."

Als Miriam diese Melodie hörte, bemerkte sie, dass ihr Vater nicht mehr an ihrer Seite war. Sie schaute sich erschrocken um, in der Hoffnung ihn wiederzufinden. Aber die zarten Schneeflöckchen, die vor wenigen Minuten noch wie Federn vom Himmel fielen, hatten sich mittlerweile zu einem richtigen Schneegestöber entwickelt. Miriam konnte nicht einmal mehr die andere Straßenseite sehen. Sie beschloss daher, erst einmal in das Kaufhaus zu gehen, aus dem die Melodie des vertrauten Weihnachtsliedes zu hören war.

‚Wie hatte es nur dazu kommen können', überlegte sie. ‚Ich hatte doch nur einen kurzen Blick auf das Puppenhaus in dem schönen bunten Schaufenster geworfen.'

Als sie wieder aufblickte, war ihr Vater verschwunden. Wahrscheinlich hatte er überhaupt nicht gemerkt, dass seine Tochter am Schaufenster stehen geblieben war und ist einfach weitergegangen.

‚Was nun?', fragte sie sich, mit einem dicken Kloß im Hals. ‚Am besten gehe ich zu einen Informationsstand und frage dort um Hilfe.'

Auf dem Weg dorthin traf sie einen Weihnachtsmann, wie sie schon viele in den letzten Vorweihnachtstagen gesehen hatte.

"Fröhliche Weihnachten!", rief dieser. "Hallo kleines Mädchen! Ich bin der Weihnachtsmann. Warst du denn auch schön artig dieses Jahr?"

"Ach was, es gibt keinen Weihnachtsmann. Du bist doch nur ein verkleideter Student, der für das Kaufhaus arbeitet", sagte Miriam leicht genervt, in Gedanken immer noch bei ihrem verschwundenen Vater.

"Wie bitte", sagte der Weihnachtsmann. "Schon wieder ein Kind, welches nicht mehr an mich glaubt. Wo soll das noch enden. Wer bringt dir denn jedes Jahr die Geschenke und isst deine selbstgebackenen Kekse?"

"Das haben doch alles meine Eltern gemacht", sagte Miriam traurig, und dachte dabei an ihre Mutter, die gerade jetzt zu Weihnachten im Krankenhaus liegen muss. Gestern Nachmittag hatten sie und ihr Vater die Mutter noch besucht, und sie sah ganz blass und schwach aus in dem weißen Krankenhausbett.

"Aber du hast doch sicher einen ganz großen Wunsch. Auch wenn ich nicht der echte Weihnachtsmann sein soll", dabei lächelte er versonnen, "kannst du mir ihn doch verraten."

"Na ja, mein allergrößter Wunsch in diesem Jahr ist, dass meine Mami wieder gesund ist und bei uns zu Hause Weihnachten feiern kann."

"Mmh, das ist ein sehr löblicher, uneigennütziger Wunsch. Ob ich den allerdings als unechter Weihnachtsmann erfüllen kann weiß ich nicht. Aber hast du denn auch einen Wunsch, den du dir ganz allein für dich wünscht?"

Da musste Miriam nicht lange überlegen. "Ich wünsche mir schon ganz lange ein kleines kuscheliges Meerschweinchen."

"Na mal sehen was sich da machen lässt", sagte der Weihnachtsmann.

"Miriam, Gott sei dank, da bist du ja." Miriams Vater kam mit angstvollem aber gleichzeitig erleichtertem Gesicht auf seine Tochter zugelaufen und nahm sie in den Arm. So fest wie jetzt hatte er sie noch nie gedrückt. Als Miriam sich wieder zu dem Weihnachtsmann umdrehen wollte, war dieser verschwunden. "Ich dachte schon, dir wäre etwas passiert." sagte Miriams Vater. Glücklich nahm er seine Tochter an die Hand und ging mit ihr in das nächste Café. Dort tranken sie beide einen heißen Kakao mit extra viel Sahne.

Als sie wieder zu Hause ankamen und Miriams Vater den Schlüssel in die Haustür stecken wollte um sie aufzuschließen, wurde sie von innen geöffnet. Kaum war sie offen rannte Miriam mit einem Freudenschrei in die Arme ihrer Mutter.

"Wie kommst du denn hierher. Solltest du nicht noch im Krankenhaus liegen?" fragten Vater und Tochter verwundert aber trotzdem erfreut. Und auch sorgenvoll

"Nein, nach der letzten Nacht ging es mir heute Morgen so gut, dass ich wieder aufstehen konnte. Meine Blutwerte waren vollständig in Ordnung. Ich soll mich zwar noch etwas schonen und täglich zur Kontrolle kommen, aber ich fühle mich wie neu geboren."

Nach dieser wunderbaren Nachricht schmeckte allen drei das Abendessen umso besser.

Der nächste Tag war Heiligabend. Miriam bekam viele schöne Geschenke. Die Puppe, die sie im Schaufenster neben der Puppenstube so bewundert hatte, ein Buch welches sie sich schon lange gewünscht hatte und einen Kinogutschein, da sie eine begeisterte Kinogängerin war und ihr Taschengeld nie ausreichte.

Ausgerechnet jetzt klingelte es an der Tür.

"Miriam machst du mal auf", sagten Vater und Mutter geheimnisvoll. Miriam legte ihre neue Puppe beiseite und ging zur Tür. Dort stand Herr Beringer von nebenan, ein älterer alleinlebender Mann, der Miriams Eltern ab und zu im Sommer im Garten aushalf. Er hatte einen kleinen Karton mit Löchern in der Hand aus dem es leise fiepte. Er streckte ihn Miriam entgegen. Sie nahm den Karton und wusste sofort was darin war: ein Meerschweinchen.

"Aber, aber ...", stotterte sie.

"Die Meerschweinchen meiner Enkel haben Nachwuchs bekommen und Deine Eltern hatten mir irgendwann einmal erzählt, dass du dir eines wünschst."

Miriam überlegte einen Augenblick und dann sagte sie: "Dann bist du der Weihnachtsmann im Kaufhaus gewesen." Aber wer hat meine Mutter gesund gemacht? dachte sie bei sich, ohne es laut auszusprechen.

"Welches Kaufhaus, Kind?", fragte der alte Mann verwundert. "Ich war die letzten Tage bei meinen Kindern in Ostfriesland, von wo ich auch das Meerschweinchen mitgebracht habe."

Die Eltern baten den Nachbarn herein um gemeinsam das Fest bei einem Glühwein ausklingen zu lassen.

Und Miriam? Miriam glaubte seit heute wieder an den Weihnachtsmann.

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