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Der Tag, an dem der Hund den Schinken klaute

© Silvia Sturzenegger-Post

Am Tag, an dem der Hund den Schinken klaute, fiel unser Jüngster vom Baum. Das war nicht weiter schlimm, weil die Sache mit dem Schinken einfach übler war. Immerhin handelte es sich doch um unser Weihnachtsessen. Und wir waren uns alle einig: Ein Weihnachten ohne Schinken das war wie ... das war wie ... na, das war einfach unvorstellbar! Schließlich herrscht sonst bei uns täglich das nackte Chaos. Darum bestehen wir wenigstens an Weihnachten auf einer gewissen Ordnung.

Natürlich musste die Wunde genäht werden. Was zweifellos auf dem Weg zum Bahnhof erledigt werden konnte, da die Arztpraxis gleich unmittelbar neben dem Bahnhofsrestaurant lag und der Zug mit den Großeltern ohnehin in rund einer Stunde eintreffen würde.

Der Schinken war zu diesem Zeitpunkt noch in unserem Besitz, der Hund schlief nichtsahnend in seiner Kiste und die beiden Großen bemühten sich nach Kräften, ihren blutenden kleinen Bruder mit Trost und den üblichen heiligen Sakramenten zu versehen. Was zugegebenermaßen nicht ganz ohne Geschubse und Gerammel abging. Aber doch nicht unwesentlich dazu beitrug, dass der Kleine einen Moment mit seinem kläglichen Gebrüll aufhörte, und erstaunt seinen Geschwistern zuhörte, die sich gerade eben lautstark darüber unterhielten, wie lebensbedrohlich wohl die klaffende Wunde an der Stirn ihres Bruders sei. Die Aussicht auf einen Heldentod oder zumindest auf die Bewunderung seiner sämtlichen Klassenkameraden verlieh dem Kleinen wieder neuen Mut. Er presste das blutige Taschentuch fest gegen die Stirn, rappelte sich hoch und setzte sich kerzengerade in den Schnee.

In der Zwischenzeit hatte der Papa den Wagen aus der Garage geholt und die Mama ihren Goldspatz in eine Wolldecke gewickelt. Als sie ihn hochheben wollte, regte sich bereits der Widerspruch. Ein gutes Zeichen!

"Nee du, ins Auto einsteigen will ich schon selbst. Dann merk ich nämlich besser, ob ich noch lebe", piepste der Schwerverletzte und es gelang ihm wirklich beinahe, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken.

Vielleicht wäre die Sache mit dem Schinken nicht passiert, wenn unsere Älteste nicht plötzlich von einer mütterlichen Regung überkommen worden wäre. In Windeseile flitzte sie ins Haus zurück. In der Küche lag nämlich der Teddy. Der - das hatte sich die vergangenen sieben Jahre lang unauslöschlich in ihrem Innern eingeprägt - war einfach das Wichtigste im Leben ihres kleinen Bruders. Natürlich nach dem Hund. Und nach der Mama. Und ganz selten mal auch nach der großen Schwester oder vielleicht sogar unter gewissen Umständen auch nach dem großen Bruder. Sie flitzte also los, der Rest wartete gerührt und der Kleine fand endlich wieder zu seinen Tränen zurück, da er sich ganz plötzlich so völlig ohne Teddy schrecklich einsam und verloren fühlte.

Ja. Es wäre unter Garantie nicht passiert! Der Schinken wäre am Weihnachtsabend unversehrt und zufrieden in unseren warmen Bäuchen gelandet. Doch unser Mittlerer verspürte nun ebenfalls das dringende Bedürfnis, einem armen Unfallopfer Gutes zu tun. So sauste er der Schwester hintendrein. Der Papa und die Mama fühlten sich hin- und hergerissen zwischen Stolz auf die Fürsorge ihrer beiden Lieben und leichter Verärgerung über die verzögerte Abfahrt.

Die beiden Großen hatten den Schinken in der Küche aus dem Topf gehoben, ordentlich auf ein Brett gelegt und eine kleine Trost-Ecke fürs Brüderchen abgesäbelt. Also, ein klitzekleines Bisschen hatten sie selbst auch noch davon gekostet. Man musste ja schon sicher sein, dass das Ding wirklich durch war. So sehr der kleine Bruder Schinken auch liebte, man wollte auf gar keinen Fall, dass er ihm nicht bekam, bloß weil er vielleicht noch roh war. Der Eile wegen war es keinem der beiden eingefallen, das gute Stück wieder in den warmen Topf zu legen. Das muss für den armen Hund zu viel gewesen sein. Ich meine, man konnte ja von ihm nicht allen Ernstes verlangen, der Ursache dieses köstlichen Dufts nicht mal fein säuberlich auf den Grund zu gehen.

Der Rest ist schnell erzählt. Zumindest, was den Weihnachtsschinken betrifft:

Frisch vernäht und bestens ausgerüstet mit den seelenruhigen Großeltern betraten wir eine Stunde später das Haus. Es war sofort klar, dass hier während unserer Abwesenheit einiges gelaufen war. Der Hund fühlte sich zu elend, als dass er uns noch groß hätte begrüßen wollen. Eine fettig-glänzende Schleifspur führte direkt vom Küchentisch quer durch den Gang zu seiner Schlafkiste. Der Schinken musste noch ziemlich heiß gewesen sein und der Hund hatte sicherlich ein hartes Stück Arbeit zu leisten, bis er ihn vorsichtig zu seinem Platz bugsiert hatte.

Das Gezeter klang mordsmässig! Vergessen war der halsbrecherische Sturz vom Baum, das viele Blut und der Beinahe-Heldentod. Teddy flog quer durch die Luft und hielt wutentbrannt auf den Hund zu. Was dann aber unserem Jüngsten augenblicklich leidtat. Er setzte zu einer Entschuldigung an, die Älteste dozierte über logische Konsequenzen, die nun das Tier zu tragen habe, und der Mittlere sprach gar von Tierquälerei; schließlich ist solch salzreiches Fleisch alles andere als bekömmlich für Hunde. Der Papa und die Mama standen betreten in der Küche herum. Erst schielte der Papa ein bisschen kläglich zu seiner Frau und dann zu seinen Schwiegereltern. Aber dann fing er ein bisschen an zu grinsen. Dann kuckte die Mama zurück und bemühte sich, ihren empörten Gesichtsausdruck zu bewahren, was nicht besonders überzeugend ausfiel. Schließlich lächelte auch sie und spielte ein klein wenig nervös an einer Haarsträhne herum.

Als dann die Kinder alle drei beim verschüchterten Hund kauerten, fühlten, ob er Fieber habe und darüber berieten, wie sie seine allfälligen Bauchschmerzen am besten linderten, da räusperte sich der Großvater. Umständlich klaubte er seine Pfeife aus der Westentasche, nahm den Tabakbeutel und fing sie an zu stopfen. Dabei murmelte er: "Wäre ja gelacht, nicht? Ein Weihnachten ohne Schinken! Das ist ja wie ... ist ja wie ... na ... einfach unvorstellbar, nicht?"

Worauf die Großmutter in lautes Gelächter ausbrach. Sie stellte scheppernd ihre vielen Tüten ab, griff sich einen Hocker, setzte sich, gluckste und kicherte in einem fort, bis ihr die Tränen kamen. Das irritierte den Papa und die Mama. Auch die Kinder verstummten und schauten verwundert. So lustig war das ja wirklich nicht.

Der Großvater paffte ein wenig Rauch in die Luft, zog sich den anderen Hocker heran, ließ sich ächzend drauf fallen und meinte: "Wollt ihr euch nicht auch setzen? Dann verraten wir euch was."

Da setzten sich der Papa und die Mama auf den Küchentisch. Und so erfuhren wir alle, dass die Großmutter einen großen Weihnachtsschinken dabei hatte. Einen im Teig. Den man bloß noch für ein, zwei Stunden in den Ofen zu schieben brauchte. Den hatten sie nämlich als Werbegeschenk gekriegt von einem früheren Geschäftspartner.

"Tja, und das Riesending wäre wohl zu viel für uns zwei", seufzte die Großmutter zufrieden.

So geschah es, dass dieses Weihnachten doch noch ein Schinken auf den Tisch kam. Es gab einen Haufen zu lachen und zu reden. Richtig gemütlich war's. Und das mit Bauchschmerzen des Hundes kam auch nicht so arg. Immerhin hielt er während des ganzen Essens seinen Kopf auf dem einen Knie unseres Jüngsten bereit, nur für den Fall, dass vielleicht ... ein Stückchen Schinken den Weg in sein großes Hundemaul fände.

***

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