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Die Traumvögel© Sabine KoriathDie Eltern von Kevin, Anja und Laura wurden nach drei Monaten Suche für tot erklärt und somit wurden die Kinder zu Weisen und kamen in einem Heim. Aus dem sie nach über einem Jahr Unterbringung gemeinsam ausbüxten und sich auf der Suche nach ihren Eltern begaben. Als ihre Lage schon aussichtslos erschien, geschah ein Wunder.
Die Dämmerung löste den Tag ab, zu einer Jahreszeit in der es nass, kalt und stürmisch draußen ist. So beschlossen die drei Geschwister, Kevin, Anja und Laura für die Nacht sich einen trockenen Platz zum Schlafen zu suchen. Ein Versteck, das sie im Schlaf vor den Zugriff der Polizei bewahren soll, denn sie hatten sich vor vier Tagen nachts heimlich aus dem Küchenfenster eines alten Kinderheimes davongeschlichen, um sich auf der Suche nach ihren Eltern zu begeben. Außerdem sollte Kevins kleine Schwester Laura, im neuen Jahr in einer neuen Familie untergebracht werden. Die Geschwister sollten auseinander gerissen werden, denn alle drei zusammen, fanden keine neuen Familien. Kevin war zwar erst 13 Jahre alt, trotzdem übernahm er die Verantwortung für seine jüngeren Schwestern. Er schwor ihnen, es niemals zu zulassen, dass sie auseinander gerissen werden. Selbst nach fast zwei Jahren Unterbringung im Heim, glaubte er weiterhin fest daran, dass seine Eltern nicht tot sein und sie eines Tages wieder zusammen sein würden. Es musste einen plausiblen Grund für ihr Fortbleiben geben. Etwas Schlimmes und Unvorhersehbares muss sie davon abhalten, nach Hause zukommen. Sie wollten aus beruflichen Gründen, nur zwei Wochen lang nach Ecuador fliegen, nur so lange sollten die Kinder von ihrer Tante behütet werden. Aber leider wurde sie schwer krebskrank und konnte sich nicht länger um die Geschwister kümmern. Somit wurden die Geschwister in einem Heim untergebracht, aus dem sie nun ausgebüxt sind.
Laura wurde müde und hungrig und ihr zarter Körper zitterte vor Kälte, als sie unter dem hohen Bretterzaun eines alten, verlassenen Papierfabrikgeländes krochen. Dieses teilte sie auch weinend ihrem Bruder mit, indem sie zu ihm sagte: "Kevin, ich kann nicht mehr." Er sah in ihre müden, braunen Augen, aus der Tränen drangen und ihr über die Wangen liefen. Kevin nahm sie in die Arme und drückte sie sanft an seiner Brust, rieb ihr dabei mit seinen Händen über den Rücken und sagte zu ihr: "Laura, du musst nicht traurig sein. Glaube mir, es wird alles gut. Wir werden unsere Eltern finden." Anja sah ihren Bruder an, mit einem Ausdruck, der ihn fragte: "Glaubst du da wirklich dran? Wir werden unsere Eltern nie wieder sehen. Wir werden es nie bis nach Ecuador schaffen, spätestens am Flughafen werden sie uns erwischen. Und auf immer können wir auch nicht zusammen sein. Es sei denn, es geschieht ein Wunder." Was die Geschwister zu dieser Zeit nicht wussten, und auch nicht zu hoffen wagten, war, das dieses Wunder in dieser Nacht seinen Lauf nahm. Kevin löste seine Umarmung, holte aus seiner Jackentasche ein Papiertuch und wusch die Tränen aus dem verweinten Gesicht seiner kleinen Schwester. Danach hielt er es ihr unter die triefende Nase, so dass sie damit ihre Nase ausschniefen konnte. Wieder beteuerte er ihr dabei: "Es wird alles gut. Du wirst schon sehn."
Kevin holte aus seinem großen, schwarz, grauen Rucksack eine Taschenlampe und erspähte mit Hilfe ihres Lichtes, das Gelände aus. Seine Schwestern versteckten sich derzeitig hinter einem alten Container, der verlassen auf dem Gelände stand, und warteten auf Kevins Rückkehr. Laura hatte große Angst, denn aus allen Ecken drangen Geräusche. Das alte Holz des Bretterzaunes knirschte, Papier und Pappe wurde vom Wind hin und her geweht, und aus den verwucherten Sträuchern drangen knackende, schabende Töne und ein leuchtendes Funkeln, wie vier Punkte sahen sie an. Lauras Fantasie und Angst glaubte, dass sich hinter den hohen Büschen unheimliche Wesen verstecken. Wesen mit leuchtenden Augen, mit großen Pranken und scharfen Reißzähnen. Schattenwesen die nichts Gutes im Schilde führen. Gestalten auf der Suche nach alleingelassenen und verirrten Kindern, so wie sie es sind. Aber in Wirklichkeit, waren es nur zwei herumstreuende Katzen, auf ihren all abendlichen Beutezug.
Erleichterung verspürte Laura erst, als ihr Bruder zurück kam und sie in ein trockenes Versteck, eines altem Bürogebäude führte. Als sie den dunklen Raum betraten, holte Anja eine Tüte mit Teelichtern aus ihrem roten Rucksack. Lichter, die sie vier Stunden zuvor aus einer Drogerie entwendet hatte, genau wie die Feuerzeuge, die Tafelschokolade und eine Tüte mit Gummibärchen, die noch in ihrem Rucksack liegen. Anja verteilte ein paar Teelichter auf den Boden im Raum und zündete sie an, so, dass der Raum einwenig erleuchtet wurde und ein Teil der Dunkelheit verschwand. Kevin durchsuchte in der Zeit mit der Taschenlampe die anderen Zimmer im Bebäude. Er war auf der Suche nach trockener Pappe, die er als Unterlage ihres Nachtlagers verwenden wollte. Sie sollte als Isolierung dienen, denn der Fußboden war sehr kalt. Nach kurzem Suchen wurde er fündig, er kam mit ihr zurück und breitete sie in einer Ecke des Raumes aus. Mit der übrigen Pappe versuchte er die eingeschlagenen Scheiben der beiden Fenster abzudichten.
Laura, müde und erschöpft, stellte ihren bunten Rucksack auf den Boden ab und legte sich auf dem unbequemen Lager nieder. Ihre Schwester legte sich neben ihr, so dass Laura sich an ihr schmiegen konnte. Laura war so müde, so, dass sie noch nicht einmal die Schokolade essen konnte. Sie wollte nur noch schlafen, doch die unheimlichen Geräusche, öffneten ihr immer wieder die Augen, und so konnte sie nicht abschalten. Ihr Bruder spürte es, er holte aus ihrem Rucksack einen CD Player, in dem noch eine CD mit Vogelgesang lag. Er wusste, dass sie durch den Gesang der Vogelstimmen immer gut in den Schlaf kam. Es war wie Balsam für ihre kleine Kinderseele. Laura steckte sich die Stöpsel vom Kopfhören in ihre Ohren und legte sich wieder nieder. Es dauerte nicht mehr lange und sie schlief ein, genau wie ihre größere Schwester und ihr Bruder und gemeinsam träumten sie.
Doch Lauras Traum war ein anderer. Sie träumte von einem hellen Licht, von dem sie geblendet wurde und sie aus dem Schlaf riss. Als sie ihre Augen öffnete, stand ein Mann in gebeugter Haltung über sie und sagte leise zu ihr: "Laura. Laura, komm und las uns heimgehen." Aus dem Augenwinkel sah sie, wie ihre Geschwister, begleitet von vier Männern aus dem Raum geführt wurden. Erst da bemerkte sie, dass es die Polizei ist, die sie aufgespürt hatten. Denn ein Obdachloser hatte sie schlafend vorgefunden und die Polizei informiert. Ein wenig traurig, aber auch erleichtert stand sie auf und begleitete den Beamten nach draußen. Mit ihren Geschwistern stieg sie in den Streifenwagen ein und gemeinsam wurden sie zurück zum Heim gefahren. Kevin versuchte an einer roten Ampel aus dem Wagen zu flüchten, aber die Türen waren verriegelt und ließen sich nicht von innen öffnen.
Es war draußen noch dunkel und stürmisch, als sie mit dem Polizeiwagen die Einfahrt vom Heim hochfuhren. Beim aussteigen versuchte Kevin erneut die Flucht zu ergreifen, aber dieser Versuch gelang ihm auch nicht, einer der Beamten holte ihn schnell ein, denn er rechnete schon mit Kevins Vorhaben. Er bekam die Kapuze von Kevins graue Jacke zupacken, da konnte Kevin ruhig ziehen und reißen, es gelang ihm nicht, sich aus dem gezielten Griff des Beamten zu befreien. Bockig und wütend ließ er sich in den großen Flur des Hauses führen. Seine Schwestern und eine Betreuerin warteten schon auf ihn. Als er sich beruhigt hatte, sagte die Betreuerin zu ihnen: "Die Heimleiterin möchte euch sehen." "Auch das noch, " gab er zur Antwort. Auf deren Standpauke hatte er absolut kein bock, er konnte sich schon ausmalen, welche Strafen Frau Disselmeyer sich für sie hat ausgedacht. Mit Widerwillen begleitet er die Beamten zum Büro des Hausdrachens.
Als sie vor dessen Tür standen und die Betreuerin anklopfte und danach die Tür öffnete, glaube Kevin schon, dass der Drachen, mit ihrer fülligen Figur und ihren streng, frisierten, roten Harren, in grimmiger Haltung vor ihrem Schreibtisch steht. Mit einem durchdringenden und stechenden Blick aus ihren grünen Augen. Nur darauf wartend, um mit ihren breiten Mund loszulegen, mit Worten die wie Peitschhiebe nur so durch den Raum knallen. Aber dem war nicht so, Frau Disselmeyer stand nicht vor ihnen, stattdessen eine junge, hübsche Frau, mit langen, fast weißen Haaren, gebunden zu einem Zopf. Mit Augen, so braun wie Bernstein und mit einem Lächeln auf ihren Lippen, über die kein strenges Wort kam. Stattdessen ging sie auf die Kinder zu, nahm Laura in den Arm und sagte zu ihr: " Ich glaube, ein heißes Bad und etwas zu essen tut euch gut. Ihr seid bestimmt müde und auch hungrig?" Danach sah sie die Betreuerin an und sagte zu ihr: "Frau Lindemann, lassen sie bitte für die Kinder ein Bad ein, und danach veranlassen sie, das die Kinder einen heißen Kakao und etwas zu essen bekommen." Dann richtete sie ihren freundlichen Blick auf die Kinder und sagte zu ihnen: "Wenn ihr gebadet und satt seid, denn legt euch hin und schlaft euch erst einmal richtig aus. Ich habe ein Zimmer für euch herrichten lassen, indem ihr euch ungestört ausruhen könnt. Und nun geht mit Frau Lindemann mit, aber ich komme gleich noch einmal nach euch schauen." Anstandslos und ohne Widerwillen begleiteten die Geschwister Frau Lindemann ins Badezimmer. Nacheinander nahmen sie ein heißes Bad, und zogen sich nach dem, saubere Schlafanzüge an. Trafen sich in der Küche wieder und gemeinsam bedienten sie sich, an ihrem bereitgestellten Essen. Gesättigt, aber auch müde, gingen sie auf ihr neues Zimmer und legten sich in ihre frisch bezogenen, und nach Frühlingsblumen riechende Betten. Die Tür ging auf und die neue Heimleiterin betrat lächelnd ihr Zimmer. Zuerst trat sie an Kevins Bett und deckte ihn mit der Steppdecke zu, danach ging sie zu Anja und deckte auch sie richtig zu. Zum Schluss trat sie an Lauras Bett, setzte sich auf dessen Rand und fragte sie dabei: "Was habt ihr euch nur dabei gedacht? Habt ihr wirklich geglaubt, man würde euch nicht finden?" Laura sagte zu ihr: "Wir wollten unsere Eltern suchen." Die Heimleiterin grübelte für einen Moment, doch dann sagte sie zu den Kindern: "Nicht ihr werdet eure Eltern finden, sonder sie werden euch finden. Aber ihr müsst ihnen dabei helfen indem ihr an euren Träumen festhaltet. Nur durch ihnen, können sie euch ausfindig machen." Kevin mischte sich enttäuscht ein und sagte zu ihr: "Träume, welche Träume, wir haben aufgehört zuträumen. Und zwar genau von dem Tag an, als wir erfuhren, das unsere Eltern tot seien und das man uns auseinander reißen will." "Ja ich weiß Kevin, das haben wir zuspüren bekommen, " erwiderte sie. Laura fragte sie: "Wer hat was zuspüren bekommen?" Liebevoll streichelte die ungewöhnliche Frau mit ihrer rechten Hand durch Lauras Gesicht und sagte dabei zu ihr. "Laura, ich möchte euch eine kleine Geschichte erzählen, sie handelt von Traumvögel. Möchtet ihr sie hören?" Kevin zog sich die Bettdecke über den Kopf und meinte: "Nein danke, mir ist schon schlecht." Aber Laura wollte sie hören und so begann die Heimleiterin, sie an zu erzählen. "Jedes Mal, wenn ein Kind geboren wird, erblickt auch sein Traumvogel das Licht der Welt. Somit stellt Gott jedem Kind ein Traumvogel zur Seite, der euch die Kindheit begleitet. Nur mit dem einen Ziel, die Träume des Kindes einzufangen und sie das ganze Jahr über zu bewachen, damit sie in Erfüllung gehen können. Aber es dürfen keine Träume sein, die materielle Dinge beinhalten. Sie müssen aus Liebe, Freundschaft, Vertrauen und Hoffnung bestehen. Und wenn die Träume rein sind, gehen sie in einer Silvesternacht in Erfüllung. Solange, bis die Kinder erwachsen sind und die Träume sich verändern. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, in der sich die Traumvögel verabschieden und sich hoch oben in der Luft sammeln, und gemeinsam fliegen sie zu einem Weitentferntem Baum, hoch über den Wolken. Lassen sich auf ihn nieder und zwitschern Tagelang, den Gesang der Kinderträume. Wenn sie sich nichts mehr zu erzählen haben, dann fliegen sie zurück und mischen sich unter die anderen Vögel, nehmen dessen Gestalt an und erzählen ihnen ihre Geschichte. Die, die Menschen nicht verstehen, sondern nur das Zwitschern und pfeifen hören. Aber leider wird der Gesang der Vögel immer stummer, denn die Kinder haben das träumen verlernt, und die Traumvögel sterben aus. Heute gibt es nicht mehr viele von ihnen, und aus diesem Grunde, haben sie mich geschickt. Und damit eure Traumvögel wieder hoffen dürfen, solltet ihr als Zeichen, kleine, weiße Papiervögel in den Weihnachtsbaum hängen. Denn eure Träume und eure Hoffnung, lassen uns gemeinsam stark werden. Plötzlich drangen laute Tritte und Stimmen in den Raum. Laura wurde dadurch geweckt, sie öffnete ihre Augen und sah in das Licht einer großen Taschenlampe. Ein Mann beugte sich über sie und sprach sie an: "Laura. Laura, komm und las uns Heimgehen." Aus dem Augenwinkel sah sie, wie ihr Bruder und ihre Schwester von Männern nach draußen geführt wurden. Es war wie ein Dejavue, was sich da vor Lauras Augen abspielte. Es gab da nur einen gravierenden Unterschied, denn als sie das Büro der Heimleiterin betraten, stand Frau Disselmeyer vor ihnen. Mit strengen Worten und ernsthafter Mine, sprach sie die Kinder an: "Was habt ihr euch dabei gedacht. Das wird Konsequenzen für euch haben. So leicht lass ich das nicht durchgehen. Aber darüber sprächen wir morgen, und jetzt geht mit Frau Lindemann in die Küche." In der Küche wartete schon ein heißer Kakao und belegte Brote auf sie. Sie setzten sich am Tisch, und aßen mit Heißhunger alles auf und wärmten sich an den heißen Tassen. Derzeitig ließ die Betreuerin ein heißes Bad für sie ein. Danach brachte sie die Kinder in ihre getrennt, liegenden Zimmer. Und dieses Mal wurden ihre Türen abgeschlossen. Nach Anweisung von Frau Disselmeyer. Kevin ging wütend ins Bett und sagte zu sich selbst: "Davon lass ich mich nicht aufhalten. Ich werde schon einen Weg für uns finden, hier heraus zukommen, und ein zweites Mal, findet ihr uns nicht." Wütend boxte er mit seiner rechten Hand in sein Kissen und trat mit den Füßen vor dem Fußteil seines grauen Metthallbettes. Am liebsten hätte er aufgeschrieen, aber diese Niederlage wollte er sich nicht eingestehen. Seine Enttäuschung und seine Wutausbrüche raubten ihn seine letzte Kraft, Reserven, die er in den letzten Tagen mobilisierte um seine Augen aufzuhalten, damit er Wache schieben konnte. Irgendwann schlief er ein. Anja lag traurig in ihrem Bett und versuchte in den Schlaf zukommen, genau wie Laura. Nur Laura besaß etwas, was sich nicht in Besitz ihre Geschwister befand, und das war ihr vorheriger Traum. Das konnte kein Zufall sein, und sie wollte fest an ihm glauben. Wie sagte der ihr erschiene Traumvogel zu ihr: "Der Glaube und die gemeinsame Hoffnung macht uns stark." Laura stand auf, ging zu ihrem kleinen Schreibtisch, holte ein weißes Blatt aus der rechten Schublade und begann einen Vogel daraus zufalten. Sie gab sich sehr viel Mühe damit, und als aus dem Papier ein kleiner Vogel entstand, sagte sie: "Mein Traumvogel. Und glaube mir, dein Gesang wird auf der ganzen Welt zuhören sein und er wird nie verstummen." Danach klebte sie einen dünnen, gelben Wollfaden an den Vogel, ging zurück zu ihrem Bett, und hing den Vogel ans Regal, das über ihrem Bett befestigt ist, auf. Voller Hoffnung und mit festen Glauben an ihrem Traumvogel, legte sie sich nieder, schaute noch eine Weile auf den Papiervogel und schlief ein. Zum Nachmittag hin, wurde sie durch lautes Getrampel und Kinderstimmen wach. Das konnte nur eins bedeuten, sie waren alle auf dem Wege zum Speisesaal. Laura zog sich an und wollte aus ihrem Zimmer, aber sie war noch verschlossen. Erst als Ruhe im Treppenhaus herrschte, hörte sie wie ihre Tür offen geschlossen wurde. Ihre Geschwister warteten schon im Flur auf sie. In Begleitung von Frau Lindemann, wurden sie zu ihrem Platz im Speisesaal geführt. Es gab Erbsensuppe mit Bockwurst. Eigentlich aß Laura sie nicht so gerne, aber sie hatte vier Tagelang nichts warmes mehr gegessen, und so kam ihr die Suppe wie ihr Lieblingsgericht vor. Auch Kevin und Anja aßen sie mit Appetit und leckten sogar noch die Teller ab. Sie sahen danach wie gespült aus.
Der heutige Tag, ist ein Samstag und somit durften die Kinder über den Tagesablauf selbst bestimmen. Einige gingen auf ihre Zimmer, andere wiederum gingen nach draußen und spielten Fußball. Und diejenigen, die sich die Woche über gut benahmen und in der Schule fleißig waren, fuhren mit ein paar Betreuern ins Kino. Kevin und seine Schwestern zählten nicht dazu, sie wurden unter Aufsicht gestellt und durften noch nicht einmal alleine aufs Klo gehen. Sie wurden auf Schritt und Tritt bewacht, selbst in der Schule wurde ihr Handeln und Tun kontrolliert. Somit wurde der noch so klein, erdachte Fluchtversuch im Keim unterdrückt.
Die Weihnachtsferien begannen, und im Heim herrschte große Aufregung bei den Kindern. Aber nicht für Kevin und seine Schwestern, denn jeder Tag der näher rückte, stellte für sie eine Trennung da. Richtig bewusst wurde es Laura erst, als sie ins Besucherzimmer gebeten wurde. Ihre neuen Adoptiveltern kamen vorbei, um sich erneut mit ihr anzuvertrauen. Sie brachten drei Geschenke für Laura mit, eingepackt in buntem Weihnachtspapier. Aufgeregter wie Laura, sagte die große, schlanke Frau zu ihr: "Ich hoffe sie gefallen dir, und du hast sie dir zu Weihnachten gewünscht." Mit der Antwort, die Laura ihr gab, hatte sie nicht gerechnet, denn Laura gab sie ihr zurück und sagte dabei: " Meine Wünsche kann mir nur mein Traumvogel erfüllen. Ich glaube an ihn, ganz feste glaube ich an ihn, und ich weiß, er wird mich nicht enttäuschen und ich werde ihn nicht enttäuschen." Danach drehte sie ihnen den Rücken zu und verließ stumm das Zimmer. Der Mann rief erbost über Lauras Verhalten: "Laura! Komme sofort zurück!" Aber Laura ignorierte ihn und ging einfach weiter. Sie ging zu den anderen Kindern ins Spielzimmer, setzte sich zu einer Gruppe von Kindern ihres Alters an den langen, braunen Holztisch, und bastelte mit ihnen gemeinsam am Baumschmuck. Dabei erzählte sie ihnen laut die Geschichten von den Traumvögeln. Einige Kinder fingen an zulachen, aber andere im Zimmer hörten ihr gespannt zu. Und als sie mit nur noch ein paar Kindern am Tisch saßen, fingen sie an, Traumvögel zu basteln, gleich für alle anderen Kinder mit. Sie schrieben sogar noch die Namen der einzelnen Kinder auf die Flügel, der weißen Papiervögel.
Am Heiligen Abend, hängten sie noch vor dem Frühstück, die Papiervögel in den großen, bunt, geschmückten Weihnachtsbaum im Saal. Am Abend der Bescherung, lagen viele Geschenke unter ihm. Geschenke, die aus gebrauchtem Spielzeug bestand. Spielzeug, für das ein Motorradclub im Sommer zum Straßenfest rief und dabei um Spenden bat. Als Gegenleistung, sorgte eine Band für musikalische Unterhaltung, und die Bayker standen hinter den gossen Grills und verkauften Bratwürste. Dazu gut gekühlte Getränke, und als das Fest zu Ende ging, da war der große Lastwagen bis unter dem Dach gefüllt mit Spielzeug. Und die Geldspende belief sich auf über 1000,00 Euro.
In kleinen Gruppen, aufgeteilt in Jungen und Mädchen, gingen die Kinder zum fast drei Meter hohen Weihnachtsbaum, und jeder von ihnen, durfte sich zwei Geschenke aussuchen. Einige Kinder schauten zuvor zu ihren im Weihnachtsbaum hängende Traumvögel, schlossen dann ihre Augen, kniffen sie feste zu und sprachen leise ein Gebet. Danach widmeten sie sich den Geschenken zu. Wehrend der Weihnachtstage spielten die Kinder friedlich und ausgelassen, oder versammelten sich um den Baum und sangen Weihnachtslieder, begleitet von einer Gitarre, auf der Frau Lindemann die Melodie spielte.
Am Silvestermorgen schmückten die größeren Kinder den Saal, denn heute Abend war Party angesagt. Sie tanzten und sangen und waren guter Stimmung und alle zusammen warteten sie darauf, das, dass Neue Jahr eingeläutet wird. Zehn Minuten vor 24.00 Uhr, stellten sich ein paar Kinder, angeführt von Laura um den Baum. Sie bildeten einen Kreis um den Baum herum, hielten sich an den Händen feste und schlossen dabei ihre Augen. Um Punkt 24.00 Uhr wollten die anderen Kinder nach draußen stürmen um dem Feuerwerk beizuwohnen, aber ein Anblick ließ sie wie Staturen erstarren. Einige, kleine, weiße Papiervögel fingen an mit ihren Flügeln zuflattern und ihre Bänder lösten sich dadurch. Und auf einmal flogen sie gemeinsam aus dem Weihnachtsbaum und begannen über die Köpfe der Kinder zukreisen. Als Laura das sah, sagte sie zu den, an den Traumvögeln glaubenden Kinder: "Ich hab es euch doch gesagt. Es gibt sie wirklich." Die Vögel drehten noch einige Runden durch den Raum, doch dann nahmen sie wieder ihren Platz im Baum ein. Derzeitig war das programmierte Feuerwerk zu Ende, aber keines der Kinder hat es vermisst. Denn was sie heute erlebten durften, was schöner, als jedes noch so große Feuerwerkspecktakel. Es war ein Wunder, das sie Lebenslang nicht vergessen werden.
Es war der dritte Tag im Neuen Jahr, als Kevin, Anja und Laura von Frau Disselmeyer ins Gästezimmer geführt wurden. Kevin rechnete schon mit dem Schlimmsten, aber als sie das Zimmer betraten, standen ihre Leiblicheneltern vor ihnen. Laura rannte sofort los und schrie dabei: "Mama! Papa! Ich wusste ihr werdet uns finden. Das hat mir mein Traumvogel versprochen!" Sie klammerte sich an ihren Eltern und ließ sie nicht mehr los. Als Kevin und Anja begriffen, dass sie nicht träumen, rannten auch sie zu ihren Eltern. Gemeinsam rutschten sie zu Boden und lagen sich danach, weinend in den Armen. Frau Disselmeyer verließ das Zimmer und schloss die Tür zu, sie spürte, das sie in diesem Moment fehl am Platz ist.
Es dauerte eine Zeitlang, bis sie sich gefangen hatten, und ihre Eltern ihnen erzählen konnten, warum sie so lange fort waren. Sie waren mit einer Sportmaschine auf dem Flug zu einem Händler für Antikekunst, als sie von einem starken Unwetter überrascht wurden. Dadurch sind sie wei vom Kurs abgekommen und mussten auf einer nicht bewohnten Insel im Pazifik notlanden. Da man nach ihnen an falschen Orten suchte, und sie dadurch nicht finden konnten, wurden sie hinterher für Tod erklärt. Einem Zufall konnten sie es verdanken, dass sie gerettet wurden. Ein Vogelkundler hat von seltenen, weißen Vögeln mit Augen wie Bärenstein auf einer einsamen Insel im Pazifik gehört und eine Expedition gestartet. Wenn er nicht gewesen, dann wehren sie von dieser Insel wohl nie mehr herunter gekommen. Als Laura das hörte, sagte sie zu ihren Eltern: "Es waren unsere Traumvögel, die den Mann zu euch geführt haben." Aufgeregt erzählte Laura den Eltern von ihren im Traum erschienen Vogel. Danach standen sie auf und begaben sich Richtung Flur. Es herrschte stille im Flur, so dass man eine Nadel hätte fallen hören können, obwohl alle Heimkinder sich dort versammelt hatten. Glaube und Hoffnung lag in der Luft und verbreitet eine Wärme die von reinen Hinderherzen kam. Gemeinsam als Familie, verließen sie das Kinderheim und zogen für kurze Zeit in einem Hotel. Nur so lange, bis sie ein neues Zuhause fanden. Ein kleines Haus, in einer kleinen Seitenstraße außerhalb der Stadt.
Die Träume der anderen Kinder gingen auch in Erfüllung. Sie fanden neue Familien, in denen sie behütet aufwachsen können. Gehen sie zwar heute, alle für sich, ihren eigenen Weg, gibt es trotzdem etwas, was sie jedes Jahr zu einer bestimmten Jahreszeit tun. Kleine, weiße Papiervögel in den Weihnachtsbaum hängen, ihre Traumvögel. Seid dem ist der Gesang der Vögel schöner den je. Und ruht man sich heute unter einem Baum aus, schlisst dabei seine Augen und lauscht dabei dem Gezwitscher der Vögel, dann kann man die Lieder von vielen in Verfüllung gegangenen Träumen hören.
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SPIEGEL ONLINE Bestsellerautorin Patricia Koelle
Weihnachtsgeschichten von Patricia Koelle
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