Weihnachtsgeschichten - Adventsgeschichten
Kurzgeschichte Weihnachten Weihnacht Advent
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Heiligabend

© Kiki de Kock

Seit ein paar Jahren schaut sie den Weihnachtstagen mit gemischten Gefühlen entgegen, zu denen die Familien kreuz und quer durch die Weltgeschichte reisen um sich gemeinsam den Magen zu verderben an den vielen Süßigkeiten und der fetten Gans. Sicher das war nicht immer so, noch vor zehn Jahren fuhr auch sie obwohl schon lange kein Kind mehr nach Hause zu den Eltern in das kleine alte Haus unter den hohen Tannen, die spätestens Sylvester unter der Last des Schnees ächzten und sich den Frühling herbei sehnten. Wenn sie dann nach dem Essen am Kaminfeuer saßen und über die lange zurückliegenden Weihnachten an der Ostsee sprachen, wie sie damals mit ihrem Bruder kleine Geschenke in der Hand, den jedes Jahr wieder Heilig Abend Besuch beim alten Fritz und seiner Frau machten, die ganz allein zu Hause saßen und sich richtig freuten über die Zigarre und den Kaffee oder bei der Putzfrau am Ende der Baracke rein schauten, bei der es immer lustig zu ging. Die Eltern brauchten diese eine Stunde am späten Nachmittag des Heiligen Abend um die letzten Vorbereitungen für das Fest ohne die ungeduldig wartenden Kinder zu beenden, hatten sie doch vor ein paar Stunden noch die letzten Kasperpuppen angezogen, die es gerade rechtzeitig zu den Kindern in der Nachbarschaft schafften, bevor dort der Weihnachtsmann anklopfte. Erst nach getaner Arbeit hatten sie genügend Muße die Geschenke auf den Gabentisch zu legen, die oft noch nicht fertig waren und doch so sehnsüchtig erwartet wurden. An ein Weihnachtwunder kann sie sich ganz genau erinnern, eine heiß ersehnte Puppenstube an der die Ölfarbe noch nass war und die auch in den nächsten Tagen nicht trocknete weil es so kalt war in der guten Stube, die mit einem einfach gemauerten Kamin ausgestattet eher eine Räucherstube war. Vor zehn Jahren hatte sie das letzte Mal in dem alten Haus unter den Tannen den Heiligen Abend verbracht, ein trauriges Jahr, in dem es verkauft wurde weil niemand mehr drin wohnte. Ja damals war Weihnachten noch heilig, während ihr heute die Feiertage die Einsamkeit ihres Single Lebens um die Ohren schlagen, wie ein nasser Waschlappen. Natürlich ist es nicht so, das sie sich nicht bemüht etwas Festtagsstimmung in ihr kleines Haus zu zaubern nur zu einem eigenen Tannenbaum hat sie sich bisher nie durchringen können. Die Erinnerungen waren viel zu schmerzhaft an die windschiefen Tannen mit Lametta behangen, die zu Hause bis zum 9. Januar im Wohnzimmer standen und vor der die Familie im Sonntagsstaat nicht schön aber laut "Oh Tannebaum" sang bis Hund und Katze reiß aus nahmen. In den letzten Jahren allein zu Haus, hatte sie ein eigenes Weihnachtsritual entwickelt, ein ganz gemütlicher Abend, mit einem guten Essen, dabei Musik hören und an vergangene Zeiten denken, genau so wünschte sie sich auch den heutigen Weihnachtsabend. Sie hatte Fleisch gekauft, Soßen kreiert, die Annanas unter einem Klecks Sahne versteckt, wie es zu Hause Brauch war, im Kamin Feuer angezündet und lange in die Flammen geschaut, bis eine Vorfreude auf den Abend durch ihren Körper strömt, die ihr ein fröhliches Lachen aufs Gesicht zaubert über das sich selbst Bella ihr alter Hund wundert. Weich, wie Samt klingen die Kirchenglocken durch die dichten Schneeflocken zu ihr rüber. Gleich wird die Christmesse beginnen, zu der die Menschen eingehüllt in dicke Mäntel durch den tiefen Schnee stapfen, der ihre Stimmen in Watte packt und die Kinder auf den Schlitten jauchzen lässt vor Vergnügen. Schnee, der seit dem frühen Morgen vom Himmel fällt, überzieht wie dicker Puderzucker die Dächer und Bäume, das denen schön warm wird unter ihren Pudelmützen und den kleinen Ort in eine Postkarten Weihnachtswelt taucht, wie sie es nur in der Erinnerung gibt. Bella bettelt schon seit einer geraumen Zeit ihren Nachmittagsspaziergang herbei, so das ihr nichts anderes übrig bleibt als ihren warmen Platz am Kamin zu verlassen um mit dem Hund den vertrauten Weg zum nahen Wald zu gehen. Vorbei an den verschneiten Vorgärten, hinter denen sich die Häuser mit ihren leuchtenden Fenstern verstecken durch die festlich geschmückt Weihnachtsbäume mit den Augen der Kinder um die Wette glänzen. Heiter wird ihr Gang über den Schnee, der unter ihren Schritten ein Lied singt, das ihr vertraut klingt, wie früher geht es ihr durch den Kopf und ihre Füße tanzen einen verliebten Schneewalzer. Was für ein schöner Abend, was für ein wunderbarer Spaziergang durch die verträumte Strasse, die neu und geheimnisvoll erscheint und in die der Mond sein fahles Licht mit einem freundlichen Gruß schickt, den sie gern erwidert. Versunken in ihren glücklichen Gedanken merkt sie erst am Waldesrand, auf dem dunklen Platz an dem die Straßenbeleuchtung dem Rotstift des Bürgermeisters zum Opfer gefallen ist das Bella nicht wie sonst an ihrer Seite läuft. Ein frostiger Schauer überzieht ihre Schultern, als sie weit weg das Heulen ihres Hundes ausmacht, das sich wie eine Einladung anhört die ihr sagen will, komm her ich habe etwas gefunden. Klopfenden Herzens schlägt sie sich durch die tief herabhängenden Äste dem Geheul entgegen, bis sie Bella in trauter Eintracht neben einem Fremden entdeckt, der anscheinend auf sie wartet. "Ich habe mich verlaufen, wenn ihr Hund mich nicht gefunden hätte, hätte ich den morgigen Tag als Schneemann begrüßt" vernimmt sie seine fröhliche wohlklingende Stimme. Gemeinsam gehen sie die paar Schritte zurück zur Strasse und wie sie an der ersten Laterne vorbei kommen, kann sie sein freundliches Gesicht sehen, das ihr irgendwie bekannt vorkommt. Schneller als ihr lieb ist, erreichen sie das kleine Haus, an der sich der Fremde ohne Gruß verabschiedet was ihr erst später auffällt, als sie die Kerzen auf dem festlich gedeckten Tisch anzündet und wie selbstverständlich ein zweites Gedeck zu dem ihren legt. Fertig denkt sie, als die Hausglocke leise schellt und Bella die gerade noch beleidigt unter dem Tisch lag mit lautem Gebell aufspringt. Ein etwas windschiefer Tannenbaum über und über mit Lametta behangen schaut zur Tür herein, an dem der Arm des Fremden hängt und sie fragt, ob er reinkommen darf. "Ja komm herein, ich habe schon auf dich gewartet", hört sie ihre Lippen sagen und ihre Augen glänzen wie in Kindertagen.

SPIEGEL ONLINE Bestsellerautorin Patricia Koelle

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