Es war einmal ein kleines Männlein aus Tannenrinde, das war auf einem großen Adventskranz zwischen den dicken roten Kerzen angebracht. Der Kranz war an der Decke einer Gaststätte angebracht und so konnte das Rindenmännlein mit seinen zwei dunklen Augen aus Stecknadelköpfen alles sehen und hören, was sich unter ihm in dem Gasthaus abspielte.
Manchmal konnte es sogar hinsetzen und seine Beine baumeln lassen, wenn niemand grade hin- oder besser hinauf sah. Allerhand konnte es dort hören und sehen; den Wirt und die Wirtin, die Stammtischbrüder, den Pfarrer und viele andere Gäste, die alle ihre eigene Vorstellung von Weihnachten und seinem Ablauf hatten.
Der Gastwirt sprach meist vom Unsatz und Gewinn während der Weihnachtszeit; die Wirtin schwärmte vom guten Essen, den dazu passenden Getränken und Spirituosen sowie dem Weihnachtsgebäck.
Am Stammtisch ging es mal lustig mal bitter ernst zu; es wurde von Armen und Reichen im Allgemeinen gesprochen, Armen und Reichen auf der Welt, über Länder mit Armen und Reichen und zu guter letzt über den eigenen Reichtum und seine Gründe.
Manchen Gästen und insbesondere dem Herrn Pfarrer ging es in erster Linie um die religiösen Aspekte, Besinnlichkeit und den Umgang miteinander; aber auch die gewohnten und gewünschten Bräuche wurden besprochen und diskutiert. Und so kam und geschah es, dass eines schönen Weihnachtstages sich plötzlich alles um den bis dahin kaum beachteten Adventskranz und seinen vermeintlich allzu gewöhnlichen Schmuck drehte.
"Er müsste grüner sein", sagte der eine. "Die roten Kerzen gefallen mir nicht", sagte eine andere Stimme. Und zu guter letzt tat einer, was er am besten nicht getan hätte, er sagte: "Diese hässliche Männlein aus Tannenrinde passt mir überhaupt nicht, wir sollten es wegschmeißen und gegen ein paar Kugeln ersetzen.
Das hätte er besser nicht gesagt und versucht zu tun; denn als er auf einen Stuhl stieg um das Besagte, nach Übereinkunft mit dem Wirt und den restlichen Gästen, zu tun und dem Männlein daraufhin zu nahe kam, sprang es ihm wütend ins Gesicht; biss ihm erst in die Nase und dann ins Ohr und rutschte dann seinen Rücken auf dem Hosenträgerriemen hinunter, um dann schließlich breitbeinig auf dem Stammtisch zu landen.
Es hielt sich daraufhin nicht lange mit Erklärungen auf, pustetet - bis er leer war - in den Gusseisernen Aschenbecher, der in der Mitte stand und warf zuletzt mit einigen kräftigen Tritten die Gläser und Bierkrüge um. Zum Schluss hüpfte es in der Bratensoße eines Jägerschnitzels herum und wischte sich dann auf dem Pannat eines anderen Schnitzels sorgfältig die Füße ab. Dann hüpfte es, über den Kopf eines anderen Gastes, wieder auf den Kranzring zurück und setzte sich, mit gewohntem stillem Lächeln, als wäre nichts geschehen.
Die Gäste taten es dem Männlein gleich, geschockt jedoch - und seitdem hat keiner der Gäste mehr über Dekoration in Gaststätten - oder sonst wo, geschimpft und gespottet.
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