Weihnachtskrimi - Weihnachtsgeschichten - Krimi
Weihnachtskrimi Kurzgeschichte Weihnachten Weihnacht Advent
eBook-Tipp
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Shiny Nose

© Melanie Feyli

Für Dilara,
dem liebenswertesten Zicklein in meinem Herzen.
Meiner Mutter, die mir eine behütete und
liebevolle Kindheit beschert hat.
Herta und Karl für die Harmonie und das Vertrauen
in mich, egal wer ich gerade zu sein schien.
Alma für jede Menge Kreativität und Fantasie
und die Weitsicht einer modernen Oma.
Heini für ein Haus, welches ich aus seiner Sicht immer bewohnen sollte, aber als Kind nicht wollte.
Heute ist es mein Lebensmittelpunkt.

D A N K E

Die rote Lampe

In der Weihnachtswerkstatt duftete es schon nach Lebkuchen und Zimtplätzchen. Es war ein reges Treiben in der Bäckerei. Alte und junge Wichtel waren stets darauf bedacht die Backbleche rechzeitig aus den Öfen zu nehmen und neu bestückte in dieselben zu schieben.

Der kleine Jonathan, Fred und die anderen Wichtel der Abteilung "Lebkuchen" waren gerade dabei die frischen Kekse mit Zuckerstreuseln zu dekorieren, als ein entsetzter Schrei aus dem Prokuristenbüro des Weihnachtsmannes die gemütliche Stimmung der Wichtel durchbrach. "Oh, oh, was mag jetzt wohl geschehen sein?", fragten sie sich. Noch nie haben sie Herrn W-Mann, so hieß die rechte Hand des Weihnachtsmannes, so aufgebracht gehört. Die Wichtel tauschten unruhige Blicke aus und ein aufgeregtes Raunen war nun von Tisch zu Tisch zu hören.

"Das hat nichts Gutes zu bedeuten", stammelte Fred und stieß Jonathan in die Seite, der vor Schreck zu stark auf die Zuckergusstüte drückte und diese dann mit einem plumpen "Ppph" zerplatzte und der Inhalt der Tüte sich über den kompletten Tisch verteilte. Immer lauter ertönte die Glocke. "Ach du dickes Engelshaar", stieß Jonathan hervor, "Die rote Lampe! Hat sie schon jemals aufgeleuchtet, seitdem du in dieser Abteilung bist, Fred?" "Nein", entgegnete Fred und seine Hände zitterten so, dass er den vollen Kekscontainer nur mit Mühe absetzen konnte.

Durch die Lautsprecher ertönte folgende Ansage: "Sämtliche Abteilungsleiter der Bereiche Wunschzettel haben sich unverzüglich in der 10. Etage im Büro von Herrn W-Mann einzufinden. Melden Sie sich bitte im Vorzimmer bei Frl. Bratapfel."

"Noch mal Glück gehabt, Fred", hastete Jonathan erleichtert. "Uns Kleinen geht es heute mal nicht an den Kragen. Scheint ja ziemlich dicke Luft zu sein, wenn der gesamte Bereich "Wunschzettel" beim Boss erscheinen muss. Mal sehen, was nachher in der Kantine gemunkelt wird."

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Die Abteilung "Lebkuchen" sowie die Kantine waren jedoch nur ein kleiner Teil des Anwesens Shiny Nose, was soviel hieß wie "leuchtende Nase" und an Rudolf, das Rentier, erinnern sollte. Rudolf hatte viele Jahre den Schlitten des Weihnachtsmannes angeführt. Noch vor ca. 182 Jahren hatten alle Rentiere der Welt hier ihr Lager und wurden in der Weihnachtszeit von dort aus zur Geschenkeverteilung zu allen Kindern geschickt.

Nach dem Aufstand der Elche vom 1803 wurde das Lager Shiny Nose nach Santa-Stadt verlegt, um den ständigen Querelen zwischen Elchen und Rentieren aus dem Wege zu gehen. Nachdem Shiny Nose einige Jahre leer stand, wurde es lt. Anweisung des Weihnachtsmannes zu einem neumodernen Christmascenter umgebaut. Hier gab es alles. Von der Tannenanpflanzung, Weihnachtsschmuck, Keksbäckerei, Spielzeugwerkstatt, Computer- und Videospiele, Formulardruckerei für Wunschzettel und Bestellscheine, Organisation und Logistik großer Versandhauskataloge, ja sogar Abteilungen wie "Bio-Weihnachten" bis hin zu "Familienzusammenführung durch den X-Man". Kurz und knapp, Shiny Nose wurde damals um etliche Etagen aufgestockt und wenn die Dezembernächte klar waren, so konnte man noch heute am Himmel bis spät in die Nacht den großen Turm von Shiny-Nose leuchten sehen.

Kurz nach dem Aufruf versammelten sich alle Abteilungsleiter in der Beförderungsstelle "Flotter Esel". Das war ein übliches Verkehrsmittel innerhalb des modernen Weihnachtscenters. Von hier aus konnte man sich mit Transporteseln in die gewünschten Etagen befördern lassen. Natürlich nicht im üblichen Sinne. Jeder Esel der Beförderungsstelle war mit neuesten Snowboards unter den Hufen ausgestattet, so dass man in Shiny-Nose nicht mehr von lahmen Eseln sprach. Je nach Dringlichkeit wurden die Kufen mit verschiedenen Gleitbeschleunigern gewachst. Man konnte wählen zwischen "Trödel-, Eilig- oder aber auch Sofort-Depechewachs". In Ausnahmefällen, und dieses war heute unabdinglich, nahm man das Wachs "Rote Lampe". Es war das schnellste Beschleunigungsmittel in ganz Shiny.

Herr Weihrauch, Frau Fichtennadel sowie Herr Appeltee, so hießen die Mitarbeiter der Wunschzettel-Abteilung, reihten sich in einer Schlange ein und sprangen ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Einer der Esel hatte vor Aufregung Mühe die Wachsdose "ROTE Lampe" zu öffnen und musste einen Nussknacker-Monteur der mobilen Truppe zur Hilfe bitten. Mit einem geschickten Dreh öffnete er die Dose und schon nach kurzer Zeit konnten alle Abteilungsleiter auf den mit frisch gewachsten Snowboards bestückten Eseln hinauf in die 10 Etage reiten.

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Die Fahrt verging wie im Flug. Eine riesige Staubschlange durchzog die einzelnen Etagen, so dass die putzenden Putten, das war eine interne Reinigungsgesellschaft der Weihnachts-AG, schon Sorge hatten, ob die Arbeit der vergangenen Tage vergebens war und der gründliche Weihnachtsputz für die traditionelle Feierstunde am 24. Dezember für alle Mitarbeiter wiederholt werden müsste.

Schon bald hielten die Tiere an der Haltestation der 10. Etage, kurz vor dem Büro Frl. Bratapfels an, als den Damen und Herren schon eine tosende Welle von Zornausbrüchen entgegenschlug. Herr W-Mann lief vor dem Schreibtisch Frl. Bratapfels auf und ab. Wenn man nicht wüsste, dass er so in Rage war, konnte man meinen, er wolle einen Graben in den Fußboden laufen, der vor Schneestürmen oder anderen Katastrophen Schutz gebieten sollte.

Frl. Bratapfel, die Vorzimmerdame von Herrn W-Mann, rückte vor Aufregung ihre Nickelbrille immer wieder in die richtige Position. Da sie so sehr ins Schwitzen geriet, schien sie einfach nicht auf der Nase sitzen bleiben zu wollen. "Wo bleiben die Abteilungsleiter, Frl. Bratapfel?" "Wir sind schon da, Herr W-Mann, keine Panik. Was können wir für Sie tun?", fuhr Herr Weihrauch dazwischen, "Wir sind schon da!" Herr W-Mann kratzte sich panisch am Kopf. "Mitkommen", sagte er "Allesamt mitkommen. Folgen Sie mir ins Büro!", und im Entengang schritt die Gefolgschaft hinter ihrem Chef her.

Das Büro des Prokuristen bot einen Anblick, der einem Angriff gleich kam. Sämtliche Schubladen waren geöffnet. Aktenordner lagen auf dem Fußboden und auf dem Schreibtisch türmten sich Papiere. "Meine Herren! Verzeihen Sie, Frau Fichtennadel, ich meine, meine Damen und Herren. Es ist an der Zeit den Ausnahmezustand auszurufen. Weihnachten kann in diesem Jahr wohl nicht stattfinden. Gerade hat mich ein Engel des Weihnachtsmannes vom Nordpol erreicht", stammelte Herr W-Mann. "Die Lage ist äußerst prekär. Wir müssen handeln, sofort, ich bitte um Vorschläge", sprudelte es aus Herrn W-Mann heraus. "Verzeihung Chef, um was geht es hier eigentlich? Weihnachten soll nicht stattfinden, warum denn? Was ist geschehen?", fragte Herr Appeltee beunruhigt. "Es ist einfach unauffindbar, nicht mehr da!", sagte Herr W-Mann und zwirbelte aufgeregt an seinem so mühsam gedrehten Schnauzbart. "Wat denn, Herr W-Mann? Nu reden 'se ma Klartext", frotzelte Frau Fichtennadel in ihrem burschikos-sächsischen Jargon und zog dabei, wie sie es stets tat, ihre zu knappe Weste herunter, um ihre mehr als üppige Figur zu kaschieren. "Wat ist denn nu?"

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"Das große Buch des Weihnachtsmannes ist nicht aufzufinden, wahrscheinlich sogar gestohlen worden, meine Herrschaften", hechelte Herr W-Mann und rang nach Luft.

Alle Informationen der Kinder und ihre diesjährigen Wünsche waren in dem Buch zusammengefasst. Aktuelle Informationen über kurzfristig geplante Umzüge vor dem heiligen Abend, neue Adressen und sogar Urlaubsadressen über die Feiertage waren hier notiert. Und nun halten Sie sich fest. Santa selbst soll mit einem unbekannten Virus und vielen Decken in seinem Schlitten liegen. Er ist zu schwach aufzustehen. Auf seiner Nase soll sich ständig frisches Gras bilden und sein weißer Bart verfärbe sich stündlich in den schillerndsten Farben neu, wurde mit vertraulich zugetragen. Die Engel vom Pol sind völlig ratlos. Wir müssen zusehen, ob wir noch in Kürze einen Notstandsplan auf die Beine stellen können! Herr Appeltee, sehen Sie mal zu, ob Sie nicht eine relativ aktuelle Adressenliste aller Kinder zusammenbekommen können", sagte Herr W-Mann und sah hoffnungsvoll in die Augen seines Mitarbeiters.

"Eine Ältestenliste müssten wir zusammenbekommen, da hat sich nichts verändert. Die Meisten wohnen noch dort", schmatzte der schwerhörige Herr Appeltee aus der Verwaltung und steckte sich den Rest seines Christstollens in die Backentaschen und kaute genüsslich weiter. "Mensch Herr Appeltee, wie oft soll ich es Ihnen noch sagen. Bitte schalten Sie ihr Hörgerät auf "P3" ein, wenn ich mit Ihnen spreche. Die Rede war von einer Adressen- nicht einer Ältestenliste", knurrte Herr W-Mann. "Wie?", stotterte Herr Appeltee. "Adressenliste aller Kinder, sagte ich", wiederholte Herr W-Mann und wurde mehr und mehr ungehalten. "Ja, ja, natürlich, die Kinder brauchen Geschenke und Schokolade, da geht kein Weg drumherum", kaute Herr Appetee zufrieden und strich den Rest des Puderzuckers an seiner Strickweste ab. "Kommen 'se, Herr Appeltee, lassen se mich mal an dit Jerät, der Chef kriegt schon die Motten", schob sich Frau Fichtennadel dazwischen und walzte auf ihren Kollegen zu. Mit ihren wurstigen Fingern drehte sie kurzerhand an den Knöpfen des Hörgerätes und siehe da, schon war Herr Appeltee wieder voll im Thema. "Nun zu Ihnen Herr Weihrauch! Sind denn schon Wunschlisten für dieses Jahr bei Ihnen eingetroffen oder hatte der Weihnachtsmann Ihnen noch keine Mitteilung zukommen lassen?", wollte Herr W-Mann fordernd wissen. "Schon Herr Prokurist, schon. Ein paar Säcke sind per Engelspost bei mir angekommen. Doch nicht mal die Hälfte aller Wünsche könnten wir somit zu Weihnachten erfüllen. Außerdem ist unser Wunschzettel-Fax seit mehr als einer Woche defekt und unser Systemhaus "Fluchs per Fax" weigert sich wegen der starken Schneefälle zu uns herauszukommen.

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"Herr Weihrauch, hätten Sie nicht wieder mal so mit den Geldern an falscher Stelle geknausert, hätten wir sicher schon ein neues Wunschzettel-Fax und somit einige Sorgen weniger. Wer weiß, ob die Listen nicht schon komplett gewesen wären und wir mit der Produktion der Geschenke hätten anfangen können. Bringen Sie das in Ordnung und ordern sie sofort ein neues Gerät. Es kann von einem unserer Esel abgeholt werden, wenn die Auslieferungen derzeit stocken."

"Frl. Bratapfel", tönte es aus der Sprechanlage, in die Herr W-Mann zu seiner Sekretärin in einer Lautstärke sprach, die das Nutzen der Anlage als fast unnötig erscheinen ließ. "Kommen Sie bitte auch zu mir und bringen Sie die Rundschreibenelfe mit", fauchte er.

Mirinda Bratapfel stupste die Rundschreibenelfe, die ihren festen Platz in einer geöffneten Schreibtischschublade hatte, leise an, damit sie sich von ihrem Ruheplätzchen erheben möge. Frl. Bratapfel ging mit schnellen trippelnden Schritten in das Büro ihres Chefs. "Was gibt's Chef?", fragte sie aufgeregt und die Elfe folgte ihr nach.

"Notieren Sie bitte und übersetzen Sie später auf Elfen-Noel - oder haben Sie Ihre Elfe bereits zu dem längst fälligen Sprachkurs geschickt?" "Nein, Herr W-Mann, aber ein Kursanmeldeformular liegt schon auf meinem Schreibtisch. Verstehen kann sie aber schon ganz gut, glauben Sie mir." Wieder rang Frl. Bratapfel mit den Schweißperlen und kämpfte um den Halt Ihrer Brille.

Elfen-Noel war eine Geheimsprache innerhalb Shinys. Nur die Elfen sprachen sie. Für wichtige geheime Nachrichten besprach Frl. Bratapfel kleine Cassetten, mit dessen Hilfe die Elfen in einem speziell abgesicherten Rundschreibenhäuschen, so nannte sich das kleine Infohäuschen der Elfen, die Nachricht in alle Abteilungen übermitteln konnten, ohne, dass Jemand von außerhalb des X-Mas-Centers geheime Nachrichten abhören konnte.

"Bitte setzen Sie sich alle, meine Herrschaften", und die zitternde Hand von Herrn W-Mann zeigte auf die noch leeren Sitzgelegenheiten in seinem Büro. Ich denke, wir sollten selbst auf die Suche nach dem Buch gehen, denn viel Zeit bleibt uns nicht mehr bis zum Heiligen Abend. Was glauben Sie, sollten wir auch von Shiny selbst einige Gesandte ausschicken Ausschau nach dem Buch aller Bücher zu halten?" "Natürlich", entgegneten alle. "Nun gut, Frl. Bratapfel, schreiben Sie nun und schicken Sie die Nachricht per Elfe anschließend in alle Abteilungen.

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- Das Buch des Weihnachtsmannes ist unauffindbar. Wir bitten alle mutigen und tatkräftigen Mitarbeiter aus allen Abteilungen um Hilfe, das verlorene Buch zu suchen und schnellstens zum Nordpol zurückzubringen. Der Weihnachtsmann würde den ehrwürdigen Finder in einer persönlichen Audienz empfangen. Weihnachten wäre ohne Ihre Hilfe verloren. Mit Ihrer Mithilfe sichern Sie Ihren Arbeitsplatz -

"Danke, dass war's Frl. Bratapfel. Und jetzt mit Depeche-Wachs auf den Flügeln, per Elfe an alle Abteilungen, es eilt." "Ja, aber, Herr W-Mann, wenn ich es vorhin rein zufällig richtig mitbekommen habe, dann ist der Weihnachtsmann derzeit von einem Virus befallen, wie soll er da den edlen Finder in einer Audienz würdigen?"

"Frl. Bratapfel, Ihr rein zufälliges "Mitbekommen" nennt man auf neudeutsch auch belauschen. Das Sie aber auch immer Ihr Ohr an meiner Tür haben müssen. Da kann ich meine Sprechanlage ja auch ständig auf Mithören stehen lassen, damit Sie sich Ihre Frisur beim Anpressen an die Tür nicht zerstören. Von dem Virus wird in der Nachricht nichts erscheinen, das ist eine ganz vertrauliche Information - haben Sie mich da richtig verstanden? Auch bei Ihren Kaffeekränzchen bleibt dieses Thema bitte tabu."

"Natürlich Chef!" Die Gesichtsfarbe Frl. Bratapfels verfärbte sich in ein dunkles purpurrot. Sie senkte den Kopf, gab der Elfe erneut ein Zeichen und wies auf den Ausgang hin. Die kleine Elfe flog aus dem Zimmer.

Kurzerhand besprach die Vorzimmerdame eine Cassette auf Elfen-Noel und setzte der Rundschreibenelfe kleine Kopfhörer auf. Diese machte wie ein Blitz kehrt und flog in ein kleines Häuschen mit der Aufschrift "Rundschreibenhäuschen - Eintritt nur für befugte Elfen". Die Elfe öffnete mit Schwung die Tür und flog auf die Sprechanlage mit den Lampen: rot, gelb und grün, zu. Aha, von hier aus wurden also die Ansagen für die Lautsprecher in alle Abteilungen durch ganz Shiny gemacht. Man musste nur auf Elfen-Noel hineinsprechen, damit es in unserer Sprache aus dem Lautsprecher tönte. Diese Vorsichtsmaßnahme wurde vom Weihnachtsmann schon vor vielen Jahren gewünscht, um aufkommenden Konkurrenzunternehmen keine Möglichkeit des Abhörens zu geben. Diese Form der Ansagen waren in Shiny also völlig sicher - und das war auch gut so.

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Der Plan der Wichtel

Zwischenzeitlich herrschte in der Kantine ein reges Treiben. Alle Mitarbeiter ganz Shinys reihten sich gerade in der Warteschlange zur Essenausgabe auf, als die Lautsprecherdurchsage die Hallen des ganzen Centers durchzog. Fred und Jonathans Augen wurden plötzlich größer. Die Doppelportion Schmalzkuchen mit Lebkuchensauce und Mandelraspeln, auf die sie sich schon den ganzen Vormittag freuten, schienen plötzlich nicht mehr ganz so interessant zu sein. Sie tauschten untereinander schnell einen kurzen Blick, nickten gleichzeitig, als hätten sie sich zuvor abgesprochen und brachen aus der Schlange aus. "Los komm, Jonathan. Lass' uns aufs Zimmer gehen und alles besprechen", drängte Fred, "da machen wir mit". "Gut, wir gehen, lass' uns aber nicht auf unsere Bude, da wird's jetzt voll sein. Wir könnten zu den Tannenanpflanzern, da ist jetzt auch Pause und zwischen den Pflanzen können wir ungestört reden", befand Jonathan und nahm vom Kantinentisch einen Schmalzkuchen im Vorbeigehen.

Schnellen Schrittes liefen Sie nach Draußen und im Tannenwald angekommen, versteckten sie sich unter einer großen Fichte, die Ihnen mit ihren großen Armen Schutz bot.

"Wo könnten wir anfangen? Ich stelle mir vor, dass es eine gute Möglichkeit wäre 'mal bei den flotten Eseln nachzufragen. Die Jungs transportieren schließlich alle Passagiere in ganz Shiny und ohne deren Hilfe kommt hier niemand von A nach B. Da hat der Weihnachtsmann schon damals einen guten Schutzmechanismus eingebaut", sprudelte es aus Fred heraus und sein kalter Atem zog wie ein Nebelschweif durch die Tannenspitzen. "Lass uns auch Glimmer mitnehmen", hüpfte Jonathan auf und ab, um sich warm zu halten.

Glimmer war eine kleine Fee aus der Lebkuchenabteilung, die dort für die Dekoration der Kekse zuständig war. Quirlich, schnell, nach ihrer eigenen Meinung gutaussehend und immer einen Scherz auf den Lippen. Ihre Art mochte jeder und sie hatte den Vorteil fliegen zu können. Da sie sehr klein und wendig war, hatte sie die Möglichkeit ungesehen in alle Ecken Shinys zu gelangen, was manchen Kollegen durch ihre Neugierde, trotz ihrer Beliebtheit, häufig sauer aufstieß. Zu Glimmers Aufgabenbereichen zählte aber auch das Putzen des Mehllagers. Man nutzte Sie hier zur Eckensäuberung, um eine 1A Keksqualität sicherstellen zu können. Dieses geschah stets zum Leidwesen unserer kleinen Fee.

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Ihr ganzer Körper hüllte sich dann in Gespensterfarbe und ließ sie für mehr als einen ½ Tag ausfallen, weil sie sich im Anschluss ihrer Reinigungsprozedur stets im Spiegelbild der güldenen Dekorationen ausgiebig putzte, abstaubte und das Haar neu richtete. Sicher hätte man hier auch auf andere Feen zurückgreifen können, aber Glimmer schaffte es durch ihre zuckersüße Art selbst den allergrimmigsten Abteilungsleiter um den Finger zu wickeln, so dass man über ihre ausgiebigen Frisieraktionen wohlwollend hinwegsah.

Fred war von Jonathans Vorschlag nicht sonderlich angetan. "Muss das sein? Du weißt selbst, dass die Feen noch geschwätziger sind als normale Wichtelfrauen. Wollen wir uns das wirklich antun? Ein Wichtel ein Wort - eine Fee eine Weihnachtsgeschichte. Jonathan, du kennst den Spruch, an dem ist wahrlich etwas dran." "Ja, du hast recht, aber was soll's? Glimmer kann uns wichtige Informationen beschaffen. Sie kann für uns unbemerkt in allen Abteilungen und Etagen spionieren gehen und wer weiß, vielleicht findet sie Wichtiges für uns heraus. Lass' sie uns fragen gehen." "Na gut, wenn du meinst", schnaubte Fred in ein schmuddeliges Taschentuch. Die Pausenglocke läutete das Ende der Mittagspause ein. Wieder herrschte ein eiliges Treiben auf den Gängen, ähnlich wie in einem Bienenstock.

Frl. Bratapfel war gerade dabei die Kanne mit frischem Zimttee zur Seite zu stellen als das Telefon klingelte. "Shiny Nose, guten Tag. Sie sprechen mit Mirinda Bratapfel, der linken Hand von Herrn W-Mann, der wiederum die rechte Hand des Weihnachtsmannes ist. Weihnachtsorganisation der Extraklasse. Was kann ich für Sie tun?" "Mein Gott, guten Tag Mirinda. Ihr Einstiegstext ist aber lang, da fällt Weihnachten ja bald auf Ostern. Nein, Scherz beiseite, meine Gute. Hier spricht Eveline Dezember, die Sekretärin vom Nikolaus. Meine Gute, erinnern Sie sich, wir haben uns auf der Fortbildung "Adventskalender im Wandel der Zeit" kennen gelernt, na dämmert es?" "Ach Eveline, ja natürlich, was kann ich für Sie tun? Wissen Sie, meine Zeit ist heute besonders knapp. Ich weiß nicht, ob Sie schon davon gehört haben? Weihnachten soll dieses Jahr ausfallen, bei uns ist die Hölle los", stöhnte Frl. Bratapfel und nutzte den Moment, um sich ein wenig Parfum hinter ihr Ohr zu sprühen.

Aus der Schreibtischschublade kam ein unterdrücktes Niesen. Es war die Rundschreibenelfe, die wieder 'mal allergisch auf den Duft reagierte. "Hatschi, Entschuldigung Frl. Bratapfel. Ihr Duft bringt mich zum Niesen, meine Augen schwellen schon an."

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"Mirinda, sind Sie noch dran? Hallo, hallo?", rief Frau Dezember durch den Hörer als spräche sie in eine Notrufsäule." "Ja Eveline, meine Liebe, meine Rundschreibenelfe hat ein kleines Problem aber nun sind Sie erst einmal an der Reihe. Was gibt's denn?"

Frau Dezember versuchte die Fassung zu bewahren und begann aufgeregt:" Man munkelt, dass der Osterhase einen Komplott gegen Weihnachten plant. Herr Nikolaus meint, dass er eventuell mit dem Verschwinden des Buches zu tun haben könnte. "Ach, Sie wissen schon davon?", wunderte sich Frl. Bratapfel. "Na, Mirinda, wir sind schließlich Verbundpartner, was glauben Sie, deshalb rufe ich doch an. Die Auftragszahlen des Hasen sehen schlecht aus, sagt man, und auch gesundheitlich stehe es mit ihm nicht zum Besten. Er soll so vergesslich geworden sein. Nachdem er morgens fünf Frühstückseier verspeist hatte behauptete er doch erst kürzlich zu seiner besten Legehenne, sie habe ihm keine Frühstückseier gelegt. Er soll auch den ein oder anderen Eierpunsch zu viel trinken und sich dann fröhlich mit Eierfarbe bemalen. Die Hennen haben Mühe mit der Beschaffung neuer Farben. Na ja, soviel dazu in Kürze."

"Meinen Sie?", antwortete Mirinda erstaunt und schenkte sich Teewasser nach. "Warum will er uns allen Weihnachten madig machen?" "Tja", entgegnete Frau Dezember überlegen, "der Osterhase hat natürlich nicht wie wir diese durchstrukturierte Organisation, will ich 'mal sagen. Shiny greift uns schließlich für den 6. Dezember auch unter die Arme. "Richtig", stimmte Frl. Bratapfel zu. "Aber das Nikolausfest gehört nun einmal zu Weihnachten. Herr Osterhase kann nicht davon ausgehen, dass ich mich auch noch um ihn kümmere. Herr W-Mann raubt mir ohnehin schon den letzten Nerv. Einen Chef dazu kann ich bei aller Liebe nicht mehr ertragen", zeterte Frl. Bratapfel kurz angebunden.

"Mirinda, dass will er auch sicherlich nicht. Sehen Sie mal. Er lebt in einer alten Scheune, am Fuße Shinys - mit all' seinen Legehennen. Für das Marketing ist er allein zuständig. Mit dem Buch des Weihnachtsmannes käme er an alle Firmeninterna". Frau Bratapfel prustete den Schluck aus, den sie zur Sekunde herunterschlucken wollte. "Nein, Eveline! Sie meinen doch nicht etwa Betriebsspionage?" "Richtig, richtig, meine Gute! Er könnte versuchen seine missliche Lage so zu verbessern."

Die Brille von Frau Bratapfel begann erneut zu rutschen. Da half kein Pudern und kein Putzen, die Brille führte heute ein Eigenleben. "Oh Gott, ich muss gleich Herrn W-Mann informieren. Und wenn Sie wüssten was sonst noch passiert ist? Ach, es ist ein Elend", strömte es aus Mirinda heraus. "Na', was denn?

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Erzählen Sie es mir. Wir sind doch Kolleginnen, wir müssen doch zusammenhalten", hauchte Eveline auf süßeste Art durch die Leitung, um ihren Wissensdurst zu stillen. "Ach Eveline, ich darf doch nicht darüber reden. Herr W-Mann hat es mir ausdrücklich untersagt. Aber er tut mir ja auch so leid, wenn er so krank ist" seufzte Mirinda. "Raus mit der Sprache", polterte Eveline Dezember energisch, "Erleichtern Sie Ihre Seele, meine Gute. Es wird Ihnen gleich besser gehen." "Meinen Sie?", jammerte Frl. Bratapfel und berichtete dann haarklein vom Weihnachtsmannschen Virus.

"Nee, ist nicht zu glauben, eeehrlich??? Wissen Sie Details?", und die Neugier Frau Dezembers erhob und überrollte ihre Stimme. "Nein, mehr kann und darf ich nicht sagen. Sie müssen mir versprechen absolutes Stillschweigen zu bewahren. Frau Dezember, ich meine es ernst." Frl. Bratapfel ärgerte sich, wie schon häufig über sich selbst, dass Sie manches einfach nicht für sich behalten konnte. "Aber musste es nun unbedingt diese Frau Dezember sein, bei der ich schwach werde?", dachte Mirinda still vor sich hin. "Nein!" Leise grollte Frl. Bratapfel vor sich hin und sagte stattdessen zu Frau Dezember in den Hörer: "So, Eveline, wir müssen Schluss machen oder hatten Sie noch ein Anliegen?." "Ja aber natürlich, meine Gute. Herr Nikolaus bat mich einen Termin mit Herrn W-Mann zu machen. Am Besten noch in dieser Woche. Passt das?" "Oh, da muss ich erst mit ihm sprechen", versuchte Mirinda nun das Gespräch mit Frau Dezember zu beenden, "Ich melde mich noch heute bei Ihnen." "Ist gut", verabschiedete sich Eveline und legte auf.

In der Zwischenzeit versuchten Fred und Jonathan die kleine Fee von ihrem Plan zu überzeugen. "Stell' dir vor, wie berühmt du werden und bei deinen Freundinnen angeben könntest, Glimmer. Du würdest zur bekanntesten Fee von ganz Shiny werden und den Weihnachtsmann persönlich kennen lernen."

Mit hochgezogenen Augenbrauen zeigte sich Glimmer zunächst desinteressiert und fächerte stolz ihre kleinen Flügel. Ihr Gesicht färbte sich mehr und mehr rot aber sie war viel zu geschmeichelt und eine Spur zu arrogant, um ihre Freude lauthals zuzugeben. Stattdessen bemalte sie routiniert die frischen Kekse mit buntem Zuckerguss und bemerkte leise "Na gut, Jungs, wenn Ihr mich so dringend braucht, kann ich euch nicht im Stich lassen. Lasst uns an die Arbeit gehen."

Sofort begannen die drei mit der Lagebesprechung. "Glimmer, am besten du fliegst mal in Richtung des 10. Stocks und horchst, was im Büro von Herrn W-Mann los ist.

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Wir schlendern derzeit zu den flotten Eseln und checken die Lage", übernahm Jonathan plötzlich die Führung und tätschelte Fred väterlich mit geschwollener Brust.

Bei den flotten Eseln herrschte reges Treiben. Die Lagerbestände des Depeche Waches und das der roten Lampe wurden gerade aufgefüllt als unsere beiden selbsterkorenen Wichteldetektive im Bereich "Flotter Esel" ankamen. Fred beobachtete, dass die kleine Rundschreibenelfe gerade dabei war bei einem sehr alt und weise wirkenden Esel ins Ohr zu sprechen. Aufgeregt schlug sie ihre kleinen Flügel auf und ab - ihre Augen waren dabei weit aufgerissen. Der alte Esel regte sich nicht, weder ein Wimpernzucken, noch ein zustimmendes Nicken. Er gab einem Helfer ein Zeichen und wies auf das Depeche Wachs und seine Hufe. Schnell wurden den Hufen Snowboards angelegt und das zuvor so in sich ruhende Tier sauste auf die Abflugsschneise Shinys zu, hob ab, flog in die Weihnachtslüfte und ward schon bald nicht mehr am Horizont zu sehen.

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Der helfende Karl

Die Nacht war neblig, die Sicht schlecht. Der Esel rieb sich die Nase, wie es ihm einst Rudolph empfahl, um ein rotes Licht an der Nase zu erzeugen. Die Richtung war klar - die Reise sollte zum Nordpol gehen. Mit einer kleinen Tasche bestückt, die man dem Tier kurz vor dem Abflug zusteckte, machte er sich auf seine lange Reise.

"Hey", kam es aus der Tasche, "lass mich heraus - ich bekomme keine Luft." Der Esel, der übrigens Stephanius hieß, zog eine ruckartige Schleife vor lauter Erschrecken über seinen noch unbekannten Mitreisenden.

"Darf ich mich vorstellen, ich heiße "Der helfende Karl" und bin ein heilender Zaubergnom. Die Rundschreibenelfe hat mich laut Herrn W-Mann beauftragt zum Weihnachtsmann zu fliegen und nach seinem Virus zu sehen. Ich hoffe, ich kann diese große Prüfung bestehen. Eine überaus geschickte und liebevolle Zaubergnomin "Die heilende Herta" soll wohl auch schon vor Ort sein. Und wenn ich mal ehrlich bin, ich freue mich sie wiederzusehen, wir haben uns schon lange aus den Augen verloren."

"Mmmmh!", brummte Stephanius - er war kein gesprächiges Tier und für Liebesgeschichten hatte er schon gar nichts übrig. Ihm genügte ein voller Futtertrog und ein ausgefegter Stall. "Ich muss mich konzentrieren, Karl oder wie sie auch heißen mögen. Dieser Flug wird zu einer meiner schwierigsten Aufgaben gehören, die mir je aufgetragen wurden. Ich bin schließlich auch nicht mehr der Jüngste." "Was ist jung mein Lieber?", entgegnete Karl in seiner beruhigenden Art. Auch ich bin weit über 200 Jahre alt und habe noch den Aufstand der Elche von 1803 miterlebt. Es gab' damals viele Kranke - aber auch in dieser Not habe ich viele positive Erfahrungen sammeln können. Ich musste damals versuchen all' meinen Helferzauber, so gut ich konnte, anzuwenden, um Elfen, Wichteln, Gnomen und den Tieren zu helfen. Herr Stephanius - man kann im Leben so viel schaffen und aus jeder Not eine Tugend machen. Vielleicht wird uns unsere Erfahrung zum Ziel bringen." "Ja, Ja! Sicher", tat Stephanius die altklugen Aussagen von Karl ab. "Herr Karl - ich darf doch Karl sagen, oder? Die Rundschreibenelfe hat mir gesagt, dass ich eine Tasche für den Weihnachtsmann abgeben soll - ich soll am Heiligen Tor anhalten und nach den Weihnachtsengeln fragen. Ich soll nichts fragen, sondern nur meine Tasche in die Obhut der Engel geben. Jetzt frage ich mich, wo ist der Inhalt der Tasche?

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Wahrscheinlich haben Sie alles entfernt, um zu ihrem Liebchen zu kommen und die Medikamente für Santa, wo sind die?", schnaubte Stephanius wütend und kleine Feuerstreifen fuhren aus seinen Hufen.

"Mir scheint schon, dass du ein wenig zu alt bist für diesen Job - du bist wirklich ein alter Esel. Ich bin die Medizin für den Weihnachtsmann. Ich sage es noch einmal - ich bin der helfende Karl - ein Zaubergnom." Enttäuscht wandte sich Karl von Stephanius ab und kroch wieder zurück in die Tasche. So über seine Herta zu sprechen, ging ihm schon sehr nahe. Was sollte er aber tun? Schmollend machte er sich in der Tasche eine mitgebrachte Packung Zimtapfelmus auf und löffelte genüsslich, während er an alte Zeiten dachte und den Streit mit Stephanius zu vergessen versuchte.

In Shiny selbst hatte die kleine Rundschreibenelfe gerade wieder ihren gemütlichen Platz in der geöffneten Schreibtischschublade von Frl. Bratapfel eingenommen als Stimmen aus dem Büro von Herrn W-Mann kamen. "Frl. Bratapfel, was - Betriebsspionage? Der Hase soll mit im Spiel sein? Ich hab' es schon immer gewusst. Na ja, wer Jahr um Jahr nur mit alten Hennen zusammenlebt muss einfach mit der Zeit mehr und mehr abstumpfen. Was wissen Sie genau, Frl. Bratapfel? Ihr Frauen werdet da schon nicht hinterm Berg gehalten haben". Aufgeregt goss sich W-Mann ein großes Glas Met ein und trank es in einem Zug aus.

"Ja, also, Herr W-Mann", druckste Mirinda. "Nun Butter bei den Christstollen, Frl. Bratapfel, ich bitte Sie, jetzt ist keine Zeit für Ausflüchte", fauchte Herr W-Mann während er sich ein 2. Glas einverleibte. "Nun ja, Herr W-Mann, sie wissen vielleicht, dass ich Eveline Dezember bei einem Seminar "Adventskalender im Wandel der Zeit" kennen gelernt habe", zitterte Frau Bratapfel. "Nein, das weiß ich nicht. Ich möchte die Fakten zu diesem Fall, nicht mehr und nicht weniger, nun?" "Ja, Herr W-Mann, diese Frau Dezember ist also die Sekretärin von Herrn Nikolaus. Und diesem wurde zugetragen, dass der Osterhase wahrscheinlich mit dem Verschwinden des großen Buches des Weihnachtsmannes zu tun haben könnte. Na ja, Herr W-Mann, und bei dem Gespräch ist mir leider die Information entschlüpft, dass der Weihnachtsmann derzeit mit einem Virus im Schlitten liegt". Der Blick von Mirinda wandte sich beschämt auf den Fußboden und die Brille folgte ihrem Blick und sank zu Boden. Herr W-Mann ging wutschnaubend im Stechschritt auf und ab. Er konnte zunächst keine Worte finden - musste nach Luft ringen "Nein, das will ich nicht glauben". Herr W-Mann führte seinen Stechschritt fort als müsste er die Zinnsoldaten noch auf den traditionellen Weihnachtsmarsch einstimmen.

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"Bitte gehen sie! Raus! Heute denke ich, werden Sie sicher noch einige Mehrarbeitsstunden nehmen wollen, nicht wahr, Frl. Bratapfel? Es ist besser, wenn wir uns heute nicht mehr sehen müssen". Der Prokurist wies mit seinem Zeigefinger auf den Ausgang seines Büros; sein Blick wirkte versteinert.

"Nein, Herr W-Mann", flehte Frau Bratapfel. Lassen Sie uns reden. Ich muss Ihnen doch noch sagen, dass Herr Nikolaus um einen Termin mit Ihnen bat. Ich habe mein Wort gegeben, Frau Dezember noch heute anzurufen, um den Zeitpunkt bekannt zu geben."

"Ach Mirinda", fauchte Herr W-Mann "Sie haben Ihr Wort gegeben? Das hatten Sie auch mir gegeben, aber nein, Madame musste ja wieder tratschen. Nun gut schicken Sie eine Elfe oder rufen Sie dort an und sagen, er kann sich morgen auf seinen modernen Schlitten setzen, oder besser wir lassen ihn gegen 15.00 Uhr mit einem der flotten Eseln abholen. Hoffentlich wird er mir dann nicht gleich wieder Tipps über Weihnachten geben. Nikolaus, ppph, früher gab es Schokolade - heute verschenkt er schon CD- und MP3-Player. Nun gut, ich schweife ab. So wird es gemacht und Punkt."

Herr W-Mann wandte sich von Frl. Bratapfel ab und würdigte sie nicht eines Blickes. "Was machen Sie denn da auf dem Fußboden, Frl. Bratapfel? Wohl ihre Infonotiz fallen lassen, was?", lächelte er nun gehässig. "Nein Chef, ich habe meine Brille verloren. Sie muss hier irgendwo auf dem Boden liegen. "Dann nehmen Sie sie und gehen, bitte", pustete Herr W-Mann und verwies erneut auf den Ausgang.

Frl. Bratapfel tastete nach der Brille, verschwand schnellen Schrittes aus dem Raum und griff zum Hörer. "Ja, Eveline, sind Sie es?", hastete sie durch die Sprechmuschel. "Ja, meine Gute, ich bin es. Aber warum sind Sie denn so außer Atem?" befragte Frau Dezember die verwirrte Mirinda. "Ach, ich bin nur gelaufen, weiter nichts, Eveline. Hier ist viel los. Ich rufe an wegen des gemeinsamen Meetings unserer Chefs. Wir würden Herrn Nikolaus morgen einen flotten Esel schicken. Gegen 15.00 Uhr wird das Tier da sein, schlägt Herr W-Mann vor. Passt es Ihnen? "Ja, lassen Sie mich kurz schauen, ich sehe schnell mal im Terminkalender nach." Frau Dezember knisterte geschäftig mit dem Papier auf ihrem Schreibtisch und nahm sich noch eine gewisse Atempause. "Gut, wir können es einrichten, meine Gute. Sagen Sie Herrn W-Mann Herr Nikolaus wird pünktlich an der Abflugschneise bereit stehen." "Vielen Dank Eveline, wir hören wieder voneinander. Ihnen noch eine schöne Adventszeit. Tschüüüs!", versuchte sich Frl. Bratapfel lässig zu verabschieden.

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Noch im Gehen zog sie sich ihre dicke Lammfelljacke an und verließ, wie von Herrn W-Mann gewünscht, schnellen Schrittes ihren Arbeitsplatz.

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Die Suche beginnt

Fred hatte zwischenzeitlich soviel herausbekommen, dass Stephanius sich in Richtung Nordpol auf die Snowboards gemacht hatte. Das zumindest zeigten die Monitore der "Flotten Esel" an. Jedoch kein konkretes Ziel war hier ersichtlich. "Jonathan, sag 'mal, wo ist eigentlich Glimmer?" "Na hier", flatterte plötzlich die kleine Fee in Augenhöhe der beiden Freunde und ein Duftschwall durchzog ihre Nasenwände. "Mensch Glimmer", sagte Jonathan, wir hätten echt nicht fragen brauchen. Nun kann man es ja deutlich riechen. Welche Parfümerie hast du denn jetzt schon wieder überfallen?" Beide Jungs blinzelten sich zu und belächelten Glimmer. Schnell verfinsterte sich ihr Blick. Die Augenbrauen sahen fast so aus, als wären sie zusammengewachsen. "Wollt ihr nun wissen wo ich war und was ich herausgefunden habe oder wollt ihr nur an mir riechen?", entgegnete Glimmer schnippisch und fächerte aus Trotz einen extra großen Schub Parfum in Richtung Jonathan und Fred. "Puuuh, geh uns bloß ab mit dem Riechkram. Aber nun sag schon. Hast du etwas gehört oder gesehen?", fragte Fred neugierig.

"Eine Fee wie ich hat halt den richtigen Riecher. Ich habe mich doch in der Chefetage aufgehalten. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was ich alles erfahren habe. Wegen euch habe ich mich sogar mit Mehl bestäubt und bin dann an der Decke herumgeflogen. Mal bei Herrn W-Mann und mal im Büro von Frl. Bratapfel. Die weiße Deckenfarbe hat mir Schutz geboten. Und was sage ich Jungs, wir müssen sofort zur alten Scheune des Hasen. Er hat bei der Sache seine Pfoten im Spiel. Los kommt, ich erzähle euch alles unterwegs.", hibbelte sie und flog eine Schleife. "Ja, wir müssen uns jetzt beeilen. Ich habe ein wenig Zeit verloren, denn in meinem Mehlkostüm konnte ich mich schließlich nicht bei euch zeigen. Na ja, und dann hatte Frl. Bratapfel so schöne Parfumfläschen in ihrem Schreibtisch. Die Rundschreibenelfe hat mir gleich ganz freundlich alles angeboten. Ich sollte die Flacons mitnehmen und so musste ich mehrmals bis zu meinem Zimmer fliegen, um meinen Schatz dort einzulagern.", sagte Glimmer mit stolz geschwollener Brust. "Ja, Glimmer, das kann doch echt nicht wahr sein, typisch Frau. Mann oh Mann, du kannst doch nicht von der Bratapfel das Parfum in dein Zimmer karren. Was meinst du, wenn das herauskommt?" "Die kleine Rundschreibenelfe aus dem 10. Stock hat einfach eine Allergie gegen diesen Duftkram und deshalb hat sie mir die Fläschchen geschenkt. Nicht mehr und nicht weniger", fuhr es entsetzt aus Glimmer heraus. "Ich habe es gleich gewusst. Wir hätten keine Fee bitten sollen, Jonathan", schüttelte Fred den Kopf.

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Jonathan kratzte sich ruhig an der Pudelmütze und sprach dann zu beiden. "Wir sollten jetzt keine Zeit verlieren und losfliegen. Glimmer, das bringst du bitte nach unserer Rückkehr wieder in Ordnung. Und jetzt erzähl uns, welche Informationen du hast. Lass' uns einen Esel nehmen, der uns aus Shiny hinausfliegt. Ach, und Eines noch, Glimmer, unterwegs wird es keine Stops für irgendwelche Schönheitsbehandlungen oder Shoppingtouren geben, damit wir uns gleich richtig verstehen. Es ist nicht mehr viel Zeit, um Weihnachten zu retten. "Ist gut", antwortete Glimmer beschämt und steckte ihren kleinen Taschenspiegel zurück in die Seitentasche, den sie zuvor herauszog, um einen kurzen Kontrollblick auf ihr Gesicht zu richten.

Die Esel waren gerade dabei sich von den putzenden Putten die Hufe polieren zu lassen als Fred und Jonathan um einen schnellen Esel baten. Gefallen hatte es dem ausgesuchten Tier nicht sich diese angenehme Politur entgehen zu lassen, aber so war es nun einmal. Als ein Esel in Shiny war man häufig schneller auf den Snowboards als einem dies an manchen Tagen lieb war. Gut dass das Depeche-Wachs gerade aufgefüllt worden war, sodass unsere 3 kleinen Helden gleich losfliegen konnten.

"Wo soll es denn hingehen, die Herrschaften?", fragte der Esel freundlich. "Nun ja", sagte Fred "Bitte fliegen sie uns aus Shiny hinaus - hinunter ins Tal. Wenn möglich, lassen sie uns doch bitte kurz vor der Scheune des Osterhasen absteigen", bat Fred freundlich. "Ist gut, der Herr", antwortete der Esel. "Soll ich warten oder soll ich jedem von Ihnen einen Hol-Mich-Bonbon geben?", freute sich der Esel stolz und sah den verdutzten Dreien in die Augen. "Ja, was ist denn das, Herr Esel?" fragte Glimmer gespannt. "Ach, die sind neu", tat der Esel völlig unwichtig ab, als sei dies nichts Besonderes. "Herr W-Mann wies an, dass wir eigenständig über die Bonbons verfügen dürfen. Wir Esel sollen zukünftig effektiver reisen. Manchmal warteten wir für einige Missionen mehrere Tage fern ab von Shiny, um die Mitarbeiter z.B. zu einem Seminar zu bringen. Wir mussten dann für die gesamte Seminardauer dort verweilen. Häufig mussten wir auch lange auf noch nicht fertige Bestellungen warten, die wir für das Weihnachtsfest abholen sollten. Das soll ab sofort anders werden. Nun verspeist der abzuholende Reisende einfach das Bonbon und wir machen uns sofort auf den Weg den Kunden abzuholen. Das Lutschen löst bei uns einen Impuls aus und wir wissen genau, wo beispielsweise Ihr euch aufhaltet. "Aha"?, sagte Jonathan erstaunt. "Wir sind dann so etwas wie ein lebendiges Navigationssystem?" "Ja, so in der Art" brummte der Esel, "Wie gesagt, wenn Ihr also wieder abgeholt werden wollt, so esst das Bonbon. Jeder sollte gut auf seines aufpassen. Und versucht es auf keinen Fall einfach nur zum Spaß zu lutschen. Eventuell kann es euer Leben retten.

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Wollt Ihr es also oder soll ich ausnahmsweise warten?", fragte Herr Esel und beschichtete bereits erneut seine Snowboards mit neuem Depeche-Wachs.

"Keine Frage, wir testen das Bonbon. Unser Auftrag wird dort eine Weile dauern. Wir können nicht so schnell zurückkommen", erklärte Fred. "Ist gut, meine Herrschaften. Bitte legen Sie die Wärmedecken an - wir fliegen jetzt los", erklärte der Esel und mit einem Schub ging es hinaus in die winterliche Nacht.

Die Luft war eisig aber die Sicht klar. Schön empfanden unsere drei Helfer die Aussicht. Wann hatten sie schon einmal die Möglichkeit erhalten Shiny zu verlassen. Meistens hielt man sich auch zu Urlaubszeiten in dem Komplex Shiny auf. Entweder traf man sich in hübsch eingerichteten Skihütten oder man fieberte zur Weltmeisterschaft im Schneeballwerfen mit, welche im X-Mas-Komplex traditionell alle 2 Jahre stattfand. Warum also ins Weite ziehen? Und Weihnachtsmenschen ist das Reisen in warme Gefilde ohnehin fremd und unheimlich. Wie gesagt, es war nie das Ziel, von unseren Dreien Shiny zu verlassen aber einen gewissen Reiz strahlte diese neue Fremde schon aus.

"Schaut einmal, die vielen Lichter", juchzte Glimmer, "Ob hier die Häuser der Menschen sind. Und seht nur, sind die kleinen Punkte dort unten vielleicht echte Kinder? Oh, ich würde so gern einmal echte Kinder kennenlernen", wünschte sich Glimmer. "Juhu, Jonathan an Glimmer, Jonathan an Glimmer. Willst du uns nun mal erzählen, warum wir uns einen Esel genommen haben und auf dem Weg zum Osterhasen sind?", schoss es wütend aus Jonathan hervor. "Uups, na klar. Also! Das Frl. Bratapfel hat mit dieser Frau Dezember, der Sekretärin vom Nikolaus telefoniert. Es scheint wohl so, dass der Osterhase das Buch der Bücher gestohlen hat, weil er neuerdings alles vergisst und sich die Namen der Kinder nicht mehr merken kann. Auch scheint es als trinke er gern ein Schlückchen zuviel und man sagt, er habe seine Hennen nicht mehr im Griff. Er soll am Fuße Shinys leben, mit all' seinen Hühnern." Noch als sich unsere Freunde über Details austauschten und Vermutungen anstellten, setzte der Esel bereits zur Landung an.

"So, meine Lieben, wir sind da. Ich wünsche euch viel Erfolg. Und seid bitte vorsichtig. Mut ist gut aber verwechselt diesen bitte nicht mit Unvernunft. Hier nehmt nun jeder eurer Hol-Mich-Bonbon und lasst mich wieder reisen." Der Esel sprach es, löste die Wärmedecken seiner Fahrgäste und entließ sie in ein spannendes Abenteuer.

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Am Fuße Shinys

Es war nur wenig Licht auf den unbekannten Straßen. Kein Haus war weit und breit zu sehen. Lange gingen sie an einem großen Waldstück vorbei, sein Ende mündete an einen kleinen See. "Seht nur, dort hinten, hinter dem See, da kann ich eine kleine Hütte sehen. Kommt, lasst uns hingehen. Seid leise und vor allem, Glimmer, quatsch nicht!", bemerkte Fred altklug. Glimmer flog schmollend voraus und anstatt zu schweigen schnurrte sie mit Ihren kleinen Flügeln als hätte sie einen Zusatzturbo eingeschaltet, der einen für ihre Größe schon beachtlichen Krach hervorbrachte. Die beiden Jungen schauten sich an und schüttelten die Köpfe. Sie sagten aber beide nichts, schließlich war ihnen bewusst, dass die kleine Fee schon eine beachtliche Information recherchiert hatte und unsere Mitarbeiter aus der Lebkuchenabteilung sahen sich gedanklich schon bei einer persönlichen Audienz des Weihnachtsmannes.

"Nun kommt schon, ich glaube wir sind richtig. Ich kann Geräusche hören. Ich fliege schon einmal voraus und schaue mir die Sache an." Gesagt, getan und Glimmer flog auf und davon. Fred und Jonathan nahmen die Beine in die Hand und rannten hinterher. Auch verschmolzen ihre Gefühle hier ein wenig mit Angst um die kleine Fee, die beide, trotz Glimmers manchmal schnippischer Art, schon sehr ins Herz geschlossen hatten.

"Oh Jungs", kam die Fee erneut entgegengeflogen. "Der Hase sitzt dort in seiner Hütte mit einer Menge anderer Hasen. Sie prosten sich zu. Ich glaube sie trinken Eierpunsch und jagen die Hühner. Kommt schnell!" Glimmer war ganz aufgeregt und vergaß auch hier leider wieder ihre Lautstärke der Situation anzupassen. "Du hast wohl vergessen, dass wir nicht fliegen können. Wir sind doch schon unterwegs. Jetzt aber leise. Wir schleichen uns heran", belehrte Fred nach ihrem Ankommen. Die Geräusche aus der Scheune wurden immer lauter und klarer. Es hörte sich nach einer Feier - einem Gelange an. Als sie näher herangingen, hatten sie schon bald ein Loch in dem alten Bretterverschlag entdeckt und konnten somit ins Innere der Scheune sehen. Einige alte Holzleisten hatten sich wetterbedingt gelöst und machten die Sicht frei auf das allerheiligste Heim des Osterhasen.

Drinnen ging es ausgelassen zu. Einige Hasen lagen schlafend im Stroh. Die Hennen waren in Aufruhr. Sie liefen aufgescheucht hin und her. Die Hasen trieben sie an und warfen mit Goldstücken um sich. "Los, lauft, ihr blöden Hennen, lauft", konnte man von Innen hören. "Was machen die denn da?", wollte Jonathan wissen.

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"Mmmh, es sieht mir aus, als würden die Hasen einen Wettkampf mit den Hennen veranstalten", antwortete Fred und runzelte unverständig die Stirn. "Na ja, gut, Fred, aber sieh' mal, der Osterhase selbst ist gar nicht zu sehen. Glimmer, was hast du denn da wieder gesehen, den Osterhasen kann ich hier nicht erkennen", und die Augen von Jonathan zogen sich zu Schlitzen zusammen, als könnte er das Geschehen so besser fokussieren. "Quatsch, zeig mal, ich hab' den alten Hasen doch gesehen", prustete Glimmer Jonathan entgegen und stemmte wütend ihre Arme in die Taille. "Ja, klar, der Alte dort hinten ist zwar ein älterer Hase aber doch nicht der Osterhase", schulmeisterte Fred und versuchte einen Fuß zwischen 2 Holzleisten ins Innere der Scheune zu setzen.

"Lass das, Fred", sagte Jonathan besorgt. "Lass Glimmer vorfliegen. Sie soll Ausschau halten, was dort drinnen los ist." "Wie soll ich denn den richtigen Hasen erkennen?", wollte Glimmer wissen. "Ganz einfach", belehrte Fred abermals, "Er hat eine Tätowierung im linken Löffel. Sie zeigt ein rotes Osterei mit gelben Punkten." "Woher willst ausgerechnet du das wissen?", beschwerte sich Glimmer und schaute schnippisch dem Mond entgegen. "Kann ich dir genau sagen, Frl. Neunmalklug, ich war mal mit der Tochter von Frl. Bratapfel befreundet und die hat es mir anvertraut", strotzte es aus dem stolzen Fred heraus, der sich gleichzeitig bemühte nicht schamviolett anzulaufen. "Na, wenn das mal stimmt. Vielleicht wollte sie sich nur bei dir einschmeicheln, wobei ich sie da auch nicht verstehen kann. Sie sieht doch gar nicht so schlecht aus", frotzelte Glimmer.

"Hört jetzt endlich auf zu streiten!", mischte sich Jonathan ein. "Glimmer, du fliegst vor und jetzt Schluss damit. Wir werden wegen eurer Streiterei bald noch entdeckt und niemanden ist damit geholfen, nur weil ihr wie die kleinen Kinder streiten müsst. Hier geht es nicht um euch, hier geht es um Weihnachten für alle Kinder, vergesst das nicht."

Das Machtwort von Jonathan hatte gesessen. Niemand sprach mehr. Einverständig sahen sich die drei an und nickten sich still zu. Glimmer zog eine kleine Tasche, die sie zwischen den Flügeln deponiert hatte, heraus, und bestäubte sich erneut. Diesmal mit braunem Zimtpulver, um sich für die Hasen unsichtbar zu machen, wenn sie an der Holzdecke entlang flog. "Toi, toi, toi", spuckten beide Jungs ihr links und rechts über die kleinen Schultern. "Pass' auf dich auf Glimmer", kam es beiden Freunden synchron über die Lippen. Glimmer errötete und lächelte beklemmt, dann flog sie davon und sauste zwischen 2 Holzspalten hindurch.

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Im Weihnachtsland

"Endstation, Herr Karl", brummte der Esel Stephanius, "Wir haben unser Ziel erreicht. Hier ist das heilige Tor. Ich werde jetzt die Tasche bei den Engeln abgeben, also kriechen Sie bitte in die Seitentasche, es könnte schaukeln. Ich werde jetzt den Reißverschluss schließen." "Danke, Stephanius", sagte Karl und lächelte dem Esel ein letztes Mal zu, bevor er sich tief in die Tasche setzte. "Moment noch, Herr Karl", stammelte Stephanius. "Ich bin manchmal ein brummiger, sturer und alter Esel. Ich möchte mich entschuldigen. Ich glaube Sie sind ganz in Ordnung. Alles Gute und hier, ich lege Ihnen noch ein Hol-Mich-Bonbon in die Tasche. Die sind neu. Wenn Sie ihn lutschen komme ich Sie holen. Alle Daten Ihres Aufenthaltsorts sind hier gespeichert. Neumodischer Kram aber so wird es in Shiny verlangt. Ich muss zurück, früher durften wir Esel noch warten, bis eine Mission beendet war, aber nun? Na ja, zögern Sie jedenfalls nicht das Bonbon zu nehmen. Ich komme dann schnell und hole Sie zurück." Stephanius schluckte trocken herunter und erhob seinen Huf, um ein letztes Mal zu grüßen bevor er nun den Reißverschluss der Tasche schlussendlich schloss. Eine unglaubliche Wärme durchzog Stephanius und mit feuchten Augen klopfte er an die himmlische Pforte, um seine wertvolle Fracht abzugeben. Es klopfte noch einmal aus der Tasche und Karl sprach:" Hab' keine Angst Stephanius, ich werde vorsichtig sein. Sag' Herrn W-Mann, dass ich versuchen werde alles zum Besten zu wenden. Nun aber pssst, ich höre die Engel kommen."

"Ah, Stephanius, wir haben Sie schon erwartet", begrüßte ein kleiner Engel unseren alten Esel. Bitte denke daran nicht zu sprechen. Gib mir die Tasche und flieg nach Hause. Ich danke dir. Gute Reise. Der Engel winkte Stephanius nach, der sich langsam auf die Heimreise machte und in Gedanken noch lange bei Karl weilte, durch den er nun plötzlich ein neues Gefühl kennenlernte - Freundschaft.

Die himmlische Pforte schloss sich. Ein kleiner 2. Engel kam dem ersten entgegen. "Komm' ich helfe dir, Dil", sagte Domi und nahm den 2. Henkel der Tasche. "Hier muss er wohl drinnen sein, der helfende Karl. "Wollen wir ihn nicht schon einmal herauslassen? Es ist doch bestimmt auch eng dort", plapperte Domi drauflos. "Nein, Domi, der oberste Sternenengel hat gesagt, wir sollen keine Zeit verlieren und ihn gleich in die Zauberkammer bringen, die in das Schlafzimmer des Weihnachtsmannes führt", sagte Dil und tippste freundlich auf Domis kleine Stupsnase. "Lass das, Dil! Behandele mich nicht immer wie einen klitzekleinen Engel, nur weil du schon ein paar Jahre älter bist als ich.

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Dann lass uns die Flügel schwingen und zur Zauberkammer fliegen", sagte Domi stolz und schüttelte seine Federn besonders stark auf. "Domi?", bemerkte Dil, "Weißt du eigentlich wie es zur Zauberkammer geht?", fragte Dil mit großen Augen. "Na, klar, auch kleine Engel können sich vorher informieren. Mir hat der oberste Sternenengel nämlich für uns beide 'ne Tüte Puderzucker mitgegeben. Wir sollen Sie uns gegenseitig auf die Flügel streuen und dann werden wir den Weg schon finden", strotzte es aus Domi stolz heraus und seine Augen blitzten vor Glück. "Cool, na dann mal los, Domi. Wo ist die Tüte? Soll ich bei dir zuerst pulvern?", fragte Dil und lächelte den kleinen Domi an. "Die Tüte hab' ich mir in die Flügeltasche gesteckt. Warte, ich hol sie heraus", freute sich der kleine Schülerengel und griff in die Tasche.

Die Engel bestäubten sich gegenseitig und flogen los. Schon bald standen sie vor der Zauberkammer. "Das Losungswort?", befragte der messingfarbene Türklopfer die beiden. "Losungswort? Häääh?", fragte Dil. "Domi, hat dir der Sternenengel vielleicht auch gleich das Losungswort gesagt?", entrüstete sich Dil. "Nee, das weiß ich nun auch nicht. Ach' du heiliger Bimbam, wie sollen wir denn nun da reinkommen? Der Sternenengel hat nur gesagt wir sollen auf die Tasche aufpassen und unbedingt abgeben." Domi schaute verzweifelt.

Plötzlich kamen Klopfgeräusche aus der kleinen Tasche, die beide Engel jeweils mit einem Henkel trugen. "Du Domi, es klopft aus der Tasche. Wollen wir doch mal hineinschauen?" "Nein, Dil. Du hast gesagt, das dürfen wir nicht", sagte Domi und seine Wangen röteten sich vor Aufregung.

"Hallo, Ihr beiden", kam es aus der Tasche. "Macht bitte den Reißverschluss auf. Ich muss hier aussteigen", sprach Karl aus der Tasche. "Ich habe das Losungswort." "Dil, Dil, er hat das Losungswort. Warte, du in der Tasche, ich mache den Verschluss auf", freute sich Domi und zog auch schon am Reißverschluss. Der helfende Karl kroch aus der Tasche. "Ich bin der helfende Karl. Ich muss nun durch diese Tür gehen." "Tag Herr Karl", sagte Dil, "Du bist aber klein! Wo sollen wir dich absetzen?" "Setzt mich auf den Türgriff. Ich muss das Losungswort durch das Schlüsselloch sprechen. Ich darf es euch nicht sagen." Karl streichelte beiden Engeln über den Kopf und lächelte sie an. Domi und Dil wurde es warm ums Herz. Sie lächelten und flogen davon. "Tschüss, Onkel Karl", winkte Domi Karl noch einmal zu und flog hinter Dil her.

"Schneegestöber", sprach Karl durch das Schlüsselloch und schnell öffnete sich die schwere Holztür. Kein Mensch war zu sehen. "Hallo, ist das jemand? Mein Name ist der helfende Karl.

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Ich komme aus Shiny Nose und soll hier nach dem Virus des Weihnachtsmannes schauen. Hallo, ist da jemand?", rief Karl erneut und formte dabei seine Hände zu einem Trichter. "Ja, hallo Herr Karl. Mein Name ist Heinrich. Ich bin ein Vertrauter des Weihnachtsmannes", sagte eine Mann, der Karl entgegenging. "Jahrelang habe ich mich um die Weihnachtspost gekümmert und stand Herrn Weihnachtsmann beratend zur Seite. Nun bin ich aber mit meinem Latein am Ende. Was ist das nur für eine große Schmach, die über Weihnachten gekommen ist? Es steht ein Fluch über Weihnachten. Erst verschwand das Buch des Weihnachtsmannes und dann kam dieser schreckliche Virus über meinen Herrn. Was soll ich bloß machen? Schon viele Gesandte haben versucht ihn zu heilen. Ich selbst habe verschiedenste Teesorten an meinem Herrn ausprobiert aber er reagiert einfach nicht darauf. Bitte hilf uns, Karl", flehte Heinrich, der liebevoll "Heini" genannt wurde und nahm Karls Hand.

"Führ mich zu ihm, Heini, ich möchte den Weihnachtsmann sehen", bat Karl und folgte dem sich sofort in Bewegung setzenden Heini. Sie gingen durch einen langen Flur, über viele Treppen, überquerten eine Schlittschuhbahn, dann eine Tannenschonung, bis sie in ein, wie Heini es nannte, Weihnachtsland kamen. Es schneite in den Räumen. Frischer Schnee fiel von der Decke und seichte Weihnachtslieder kamen mit jedem Windzug aus den dicken purpurfarbenen Samtvorhängen. "Die Sicht ist heute sehr schlecht, Karl, es ist sehr neblig, Es tut mir leid, wir sind aber gleich da", erklärte Heini und legte seinen Schal beschützend über den kleinen Gnom. "Sag einmal, Heini, warum schneit es denn hier aus der Decke? So etwas gibt es nicht mal bei uns in Shiny, erstaunte es Karl. "Nun, du bist hier im Weihnachtsland, da geht es wahrlich wunderlich zu, glaube mir", entgegnete Heini und versuchte seine Schneebrille mit seiner freien Hand aus der Tasche zu ziehen. "So, nun kann ich alles ein wenig besser sehen", erklärte Heini und schob die Skibrille noch einmal zurecht. "Kannst du dort vorne den großen Schlitten erkennen, Karl? Dort liegt er drinnen, der Weihnachtsmann", zeigte Heini geradeaus. "Das große Ding dort vorne, meinst du?", fragte Karl neugierig und die Aufregung stieg.

Sie kamen dem Schlitten näher. Ein großes Holzgefährt mit vielen Decken aus Fell und Samt, einigen Bratäpfelöfen und diversen Kakaoautomaten mit Millionen und Abermillionen von Lichterketten geschmückt und mit Weihnachtskugeln verziert, zeichnete sich mehr und mehr ab. Mit vielen Geschenken war das Gefährt bestückt und ein großer Schokoladenbrunnen sprudelte auf der Nordseite des Schlittens und verwandelte die Luft in einen Duft von frischem Schokoladenpudding. "Oh, Heini, ich glaube ich kann ihn schon sehen. Mein Gott, wir müssen uns beeilen.

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Er sieht ja wirklich schlimm aus. Und schau dir dieses Gras auf der Nase an - und dieser Bart, macht bald den Eindruck als wäre es Faschingszeit", wunderte sich Karl und streifte sich den Schnee von den Schultern. Und Heini, was machen die ganzen Gnome dort um den Weihnachtsmann herum?", fragte Karl besorgt.

"Ja, das sind alles Helfergnome, die derzeit schon nach ihm gesehen haben, konnten ihm aber nicht helfen. Der Weihnachtsmann reagiert einfach nicht. Sie haben es schon mit Vanilleriechsalz versucht und diversen Zauberwässerchen aber nichts will richtig gelingen. Der Weihnachtsmann wacht nicht auf und das Fest schreitet mit großen Schritten voran. Sein Bart verfärbt sich stündlich und mit dem Nachschneiden des frischen Grases auf seiner Nase kommen die Gnome kaum nach", berichtete Heini verzweifelt und wischte sich, trotz der Kälte, den Scheiß von der Stirn.

Karl fasste sich ans Kinn und begann nachzudenken. "Lasst mich mit ihm ganz allein. Ich brauche Ruhe", bat Karl den Vertrauten des Weihnachtsmannes und schloss die Augen. "Ja, aber Karl, so etwas habe ich noch nie erlaubt. Der Weihnachtsmann kann doch nicht mit dir kleinem Gnom ganz alleine sein. Was bildest du dir denn ein?", empörte sich Heini. "Ich bilde mir gar nichts ein. Ich brauche Ruhe, um hier eventuell helfen zu können. Bitte schicke also alle anderen Gnome hinaus und lass mich mit ihm ganz allein", bat Karl erneut und nahm dann keine Kenntnis mehr von Heini.

Heini drehte sich herum, gab den anderen Gnomen ein Zeichen, die sich dann in Windeseile zurückzogen. Doch blitzschnell öffnete Karl noch einmal seine Augen, um eventuell die heilende Herta erblicken zu können, die er so gern hätte wiedergesehen, aber in der Kürze der Zeit konnte er sie nicht aus der Masse erkennen. "Schade", dachte er zu sich und wandte sich wieder dem Weihnachtsmann zu.

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Die Stimme aus dem Bratapfelofen

Da lag er nun. Ein stattlicher alter Mann mit langem Bart, einer dicken Knollnase und einer Brille, die je nach Sonneneinstrahlung, wie kleine Diamanten funkelte. Seine Ohren waren fleischig und groß, die Augenbrauen buschig, aber nicht beängstigend zusammengewachsen. Das Gesicht war rund und die Wangen rosig rot, als hätte man dem Weihnachtsmann Rouge aufgelegt. Ja, aber dieser bunte Bart, der sich minütlich verfärbte und dieses Gras auf der Nase passten nun wahrlich nicht ins Bild und erschienen beängstigend. "Hallo Herr Weihnachtsmann! Können Sie mich hören? Ich komme aus Shiny und möchte Ihnen helfen. Heute ist schon der 07. Dezember und wir haben nicht mehr viel Zeit. Wissen Sie, Ihr großes Buch der Bücher ist ebenso weggekommen und ich soll nach Ihrem Virus sehen. Herr Weihnachtsmann, können Sie mich hören?" Nichts, keine Reaktion, der Weihnachtsmann blieb beharrlich in seiner Schlafposition und regte sich nicht. Karl näherte sich ihm und kletterte über seine Beine, zog sich an unzähligen Samtdecken bis zu seiner Hand herauf, der Hand Santas. Karl nahm sie und sprach nun nicht mehr.

Er streichelte die große Hand über eine lange Zeit - und auch nach Stunden ließ er nicht nach, als plötzlich ein Geräusch aus einem der Bratapfelöfen kam. "Hilfe, Hilfe, Karl, bitte rette mich. Ich bin hier, hier im Bratapfelofen", hustete eine zierliche Stimme aus dem Ofen. "Wo bist du, hier sind so viele Öfen?", suchte Karl nach der flehenden Stimme. "Hier bin ich. Ich bekomme schon keine Luft mehr - rette mich. Man hat mich hier eingesperrt." "Klopfe gegen die Tür. Spar deine Kraft - ich werde dich finden", sagte Karl und ließ nun erstmals die große Hand des Weihnachtsmannes los.

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Der Einfrierzauber

Zwischenzeitlich flog Glimmer in die Scheune des Osterhasens. Geschickt hielt sie sich immer nah an der Decke, um im Schutz ihres Zimtpulvers nicht erkannt zu werden. Sie flog auf ein Gelage zu. Mindestens 20 Hasen vergnügten sich mit Eierpunsch und vielen aufgeschreckten Hühnern, die unter tosenden Anfeuerungsrufen der Hasen um ihr Leben rannten. Doch wo war er nun, der Hase, der richtige Osterhase? Irgendwo musste er doch zu finden sein. Der Hase mit dem tätowierten Ei im Löffel. Und richtig, da lag er. Betrunken auf jeder Menge zerschlagener Eier, schnarchte er lautstark und pustete mit seinem Atem fliegende Federn seiner Hennen gegen die marode Holzdecke. Glimmer flog näher an ihn heran. Und da war sie, die Tätowierung im linken Ohr des legendären Osterhasen. "Eigentlich traurig", dachte sie sich. "Wenn ihn all' die Kinder so sehen könnten, die ihn doch so liebten und verehrten".

"Da hat der Alte doch selber Schuld", schrie ein betrunkener Hase. Der soll endlich den Löffel abgeben. Was muss er sich Jahr für Jahr auch solch' einen Stress machen. Er ist viel zu alt dazu. Er ist alt und krank und überhaupt hat er lange genug den Ruhm allein für sich eingeheimst. Immer mussten wir für ihn springen, Körbe flechten, Eier färben, zu Ostern ausliefern gehen. Jetzt bin ich mal dran. Er soll seine Tätowierung an mich abtreten, dann wird alles anders. Die Kinder sollen mich lieben und nicht diesen alten Kerl. Wir ziehen das Ding ganz groß auf. Die Hennen kommen weg. Wir werden das alles maschinell abwickeln. Billig und schnell muss alles gehen. Wenn wir dann noch den Weihnachtsmann ausgemerzt haben, wird unser Fest das größte und beliebteste für die Kinder werden", johlte der halbstarke Hase und goss sich ein Glas Eierpunsch nach. "Yeaaah", bejubelte das Hasenvolk ihren neuen Anführer, während die Hennen weiter um ihr Leben rannten.

"Was hast du dem Alten eingeflößt, Pierre?", so hieß der halbstarke Hase, befragten ihn seine Anhänger "Ach, ein bisschen von diesem typischen Weihnachtstee. Ihr wisst doch, den der den stärksten Hasen umwirft. Mit der richtigen Menge Eierpunsch war es ein Leichtes, es dem Alten einzuflößen. Nun liegt er da. Keiner wird ihm helfen können", lachte Pierre lautstark. "Schon bald werden wir seine alte Hütte übernehmen. "Ja aber wie willst du die Tätowierung in dein linkes Ohr bekommen?" "Das lasst mal meine Sorge sein, und wenn ich ihm das Fell von den Ohren ziehe", grinste er hämisch und zog überheblich an seiner Latzhose.

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Glimmer stieß einen kleinen Schrei des Schreckens aus und fächerte sich selbst frische Luft zu, um vor Aufregung und Angst nicht ohnmächtig zu werden. Wie konnte ein Hase nur so gemein sein und den alten Hasenherrn so in sein Verderben laufen lassen. Glimmer schoss durch den Spalt wieder heraus aus der Hütte, um ihren Freunden die Information möglichst schnell zukommen lassen zu können.

Ihre Augen waren stark errötet und ihr Puls schlug und raste. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Herz bis zum Hals pulsierte. Ihre Gedanken überschlugen sich und sie fand nicht die richtigen Worte, um Fred und Jonathan die Situation entsprechend zu erklären.

"Jungs, der Osterhase stirbt und Pierre, ein halbstarker Hase, will den Job übernehmen. Wir müssen den Weihnachtstee aus ihm herauspumpen und sofort das Hol-Mich-Bonbon nehmen. Wir müssen Herrn W-Mann um Hilfe bitten. Los, lutscht das Bonbon, damit der Esel uns nach Hause fliegen kann.

"Was für'n Tee, Glimmer? Welcher Pierre? Ich verstehe kein Wort", wunderte sich Fred und schaute die kleine Fee mit großen Augen fragend an. "Jungs, ein jüngerer Hase möchte das Amt des Osterhasen übernehmen und anschließend das Weihnachtsfest abschaffen, damit alle Kinder nur ihn lieben werden und er auf der Welt allein angesehen und reich werden kann", schnaubte Glimmer und schüttelte ihre kleinen Flügel auf. Beide Wichtel der Lebkuchenabteilung Shinys griffen nun gleichzeitig nach dem Bonbon. Jonathan schob Fred kurzerhand zur Seite und begann zu lutschen. "Paaah, eklig, der Geschmack", beschwerte er sich kurz. "Danach geht es nun nicht, lass uns lieber nachschauen, wo der Esel am besten unbemerkt landen kann. Wie lange es wohl dauern wird, bis die Abholinformation in Shiny ankommt?", fragte Fred.

"Nicht länger als ein Augenzwinkern", scharrte der alte Esel mit schnellsten Snowboards unter den Hufen und der Boden erschütterte bei seinem Aufsetzen. "Ihr habt mich gerufen, habt ihr eure Mission erfüllt?", strahlte er voller Glück in seinem Alter noch ein solches Tempo an den Tag zu legen. "Nein, eben nicht", sagte Jonathan und lutschte noch angeekelt auf dem Rest des Hol-Mich-Bonbons. "Drinnen in der alten Scheune liegt der Osterhase. Man hat ihn vergiftet und die Täter feiern ein Fest in der Hütte und warten auf den Tod des Hasen. Er hat Weihnachtstee eingeflößt bekommen?", fuhr es aus Jonathan verzweifelt heraus. "Ach du dicker Esel, wir müssen Hilfe holen. Wir benötigen einen Einfrierzauber, um die jungen Hasen stillzuhalten und den Osterhasen nach Shiny zur Behandlung mitzunehmen.

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Die Zeit muss angehalten werden", belehrte der Esel weise. "Du bist lustig", sagte Fred "und wie hast du dir das vorgestellt? Soll Glimmer vielleicht mit ihrem aufdringlichen Parfum noch mal in die Scheune fliegen und die jungen Hasen damit ohnmächtig machen, während du den Osterhasen auf deinen Rücken lädst, oder wie?" "Hör auf damit", beschwerte sich Jonathan. "Herr Esel wird schon wissen, was er sagt, schließlich ist er 'ne ganze Ecke älter als wir".

Herr Esel ließ sich von dem Teenagerstreit gar nicht aus der Ruhe bringen, sondern versuchte sich stattdessen mühsam hinzusetzen und hatte doch sichtlich Probleme damit. Hin- und her schaukelte er mit den Hüften bis er mit einem Rutsch auf dem Hosenboden saß und zunächst genüsslich entspannte. "Na, das kann doch nicht wahr sein", wieder stemmte Glimmer ihre kleinen Arme in die Hüften, "Sie wollen sich doch wohl jetzt nicht ausruhen, Herr Esel?" "Seid still!" Nicht mehr und nicht weniger erklärte Herr Esel und atmete tief ein. Er fiel in einen Dämmerschlaf. Ganz langsam erhob er einen seiner Hufe und versuchte damit seine Nüstern zu berühren.

Für den Beobachter schien es belustigend. Es schien nicht ganz einfach zu sein. Die Knochen des Esels waren einfach schon zu alt, als das es hätte schneller gehen können. Mit dem Huf an den Nüstern angekommen rieb Herr Esel kreisförmig seine Nase. Immer und immer wieder. "Was macht der da?", wollte Fred wissen und hüpfte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.

"Seid still" rief er noch ein letztes Mal und kreiste weiter mit dem Huf um seine Nase herum. So verging noch eine ganze Stunde bis sich plötzlich eine goldene Kugel zwischen seinen Augen bildete, die dann zu Boden fiel. Die Kugel bewegte sich, bekam winzige Beinchen und wuschlig goldene Haare mit einem lustigen Gesicht. Die Goldkugel setzte sich in Bewegung und rollte durch den Schlitz zweier Holzleisten in die Scheune. "Ist das etwa ....?", fragte Glimmer aufgeregt. "Ja, das ist ein Einfrierzauber - die Kugel zerplatzt nachdem sie den Zauber aktiviert hat, als sei sie nie da gewesen. Ich habe den Zauber schon lange nicht mehr aktiviert, deshalb hat es ein wenig gedauert. Gleich können wir rein, wenn der Innenraum kurz hellblau aufgeleuchtet hat", wies der Esel an und zeigte mit einem Huf auf die Scheune, während er gleichzeitig versuchte sich langsam wieder aufzurichten.

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Das Wiedersehen

Währendessen die Goldkugel in die Scheune kullerte, so suchte Karl noch mit allem Geschick nach den Klopfzeichen aus dem Bratapfelofen - hinter den himmlischen Pforten. "Ich kann dein Klopfen nun deutlicher hören. Hab keine Angst, ich werde dich gleich befreien", beruhigte Karl auf der Suche nach der ihm so vertrauten Stimme. Er öffnete noch einige Öfen vergebens als er endlich das richtige Türchen gefunden hatte. "Herta, du?" Karl konnte sich eine Freudenträne nicht verkneifen und vergaß darüber hinaus den schlafenden Weihnachtsmann, der zwischenzeitlich schon 3 x seine Bartfarbe gewechselt hatte. Nie hätte er gedacht seine Herta jemals wiederzusehen. Nie hätte er sich erträumt, dass die Stimme, die er hörte, auch wirklich von Herta hätte kommen können.

Beide Gnome lagen sich lange in den Armen. Sie brauchten sich nicht zu unterhalten. Sie kannten sich in- und auswendig, sodass es nicht nötig war, die kostbare Zeit mit Redereien zu verschwenden. Sie hielten sich als wollten sie sich niemals mehr loslassen und tief im Inneren wussten sie, dass sie dies auch nicht tun werden.

"Wer hat dich dort eingesperrt, Herta?" und Karl wischte sich verstohlen eine Träne vom Gesicht. "Karl, es war Barbarella. Sie war es. Sie hat den Weihnachtsmann mit einem Fluch belegt und nicht nur den. Auch der Osterhase ist davon betroffen. Sie nutzt andere Engel, Wichtel, Weihnachtstiere, Hasen, ganz egal wen, damit diese für sie ihren bösen Plan verwirklichen sollen. Ostern und Weihnachten sollen nicht mehr stattfinden, damit sie mit ihrem neuen großen Einkaufscenter alleinigen Umsatz machen kann. Der Osterhase würde dann keine Eier mehr färben und selber Schokolade herstellen. In Shiny Nose würde kein Spielzeug mehr hergestellt werden und keine Kekse mehr gebacken. Alle Eltern sollen nur noch bei Barbarella kaufen, damit sie sich allen Luxus leisten kann und somit die Macht über alle Menschen erlangt." "Mein Gott, das ist ja schrecklich, Herta. Aber was ist Barbarella für ein Wesen, allen Kindern den Zauber von Weihnachten und Ostern zu nehmen?", fragte Karl beunruhigt. "Sie ist eine böse Hexe, die jedermanns Gestalt annehmen kann."

Ja, das war Barbarella wirklich. Ursprünglich war sie eine weibliche Hexe mit untersetzter Figur und einer Knollnase. Auf ihr wuchs ein entzündliches Mal, was je nach Wetterlage mal dicker oder dünner erschien.

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Da ihre Beine doch sehr kurz und dick waren und ihre Oberarme eher massig als muskulös erschienen, tauschte sie doch all zu gern ihr Aussehen mit dem von attraktiven Frauen. Wandelte sie ihr Aussehen, so führte sie Böses im Schilde. Ihr Motto: Falsche Freundlichkeit gegen Gewinn, Gold, Geld. Wenn sie nur wüsste, welch' eine traurige Gestalt sie doch darstellte. Wie arm sie doch in Wirklichkeit war, denn sie konnte eines nicht: Lieben und selber Liebe schenken. Dieser Reichtum blieb ihr verwehrt.

Karl und Herta hielten sich immer noch in den Armen und sahen sich tief in die Augen. "Herta, komm erzähl' mir alles, damit wir den Kindern in der Welt helfen können", und Karl drückte Herta dabei ganz fest an sich.

"Na ja, ich bin seit geraumer Zeit hier oben beim Weihnachtsmann, wie du weist. Wir heilenden Gnome wurden schon lange zu ihm abkommandiert, um ihn von seinem Virus zu befreien. Dies alles geschah noch bevor ihr in Shiny Nachricht bekommen habt. Heinrich oder wie wir ihn nennen, Heini, der engste Berater unseres Herrn Weihnachtsmannes, hat uns hier hergeholt. Er erzählte uns, dass auch der Osterhase schwer krank im Bett liege. Vorher hatte man überall schlecht über den Hasen gesprochen, so dass bei euch in Shiny schon unter den Sekretärinnen vom Nikolaus und eurem Herrn W-Mann gemunkelt wurde, dass der Osterhase trinke und er das Buch des Weihnachtsmannes genommen habe. Es soll sogar geheißen haben, dass der Osterhase sich die Marketingstrategien von Shiny habe abgucken wollen. Nicht umsonst färbt sich der Bart des Weihnachtsmannes bunt und bedenke das Gras, was ihm auf der Nase wächst. All' das verstärkt doch den Verdacht gegen den Osterhasen. Die Fäden zieht hier jedoch Barbarella. Sie hat das Unglück über uns gebracht und sie hat sich auch einen heranwachsenden Hasen Untertan gemacht. Er führt böse Machenschaften gegen den Osterhasen. Pierre, so heißt er, denkt er kämpfe für sich selbst, um an die Stelle des echten Osterhasen treten zu können und mit Barbarella schließlich leben zu können. Er selbst ist so verblendet, dass er nicht begreift, dass sie zu richtiger Liebe gar nicht fähig ist und keinen neuen Osterhasen neben sich bestehen ließe.

Als wir heilenden Gnome dem Weihnachtsmann, trotz großer Bemühungen, nicht von seinem Virus befreien konnten, hat Heini schließlich dich angefordert, Karl. Wir beide sollten ihn heilen. Kurz bevor du aber hier bei uns ankamst, hatte Barbarella mich in diesem Bratapfelofen eingesperrt. Seitdem ist sie verschwunden und wird wahrscheinlich weiterhin ihr Unwesen treiben, um ihrem Projekt "alleiniges Einkaufszentrum für die Menschen" näherzukommen", erklärte Herta besorgt.

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"Ho, ho, ho!" kam es aus dem mit Samtdecken bestückten großen Schlitten. "Könnt ihr mir wohl ein großes Stück Lebkuchen und einen Tasse voll heißem Kakao bringen? Ich bin doch noch ein bisschen schwach." "Weihnachtsmann?", so sprachen Herta und Karl zeitgleich. "Was ist passiert? Wieso bist du plötzlich wach?", erkundigte sich Karl. "Ach Karl", sagte der Weihnachtsmann. "Kein böser Zauber kann stärker als die Liebe sein. Ich wusste, dass wenn ihr euch hier wiedersehen würdet, der böse Zauber meines Fluches gebrochen würde. Karl, Heinrich hat dich schließlich nicht umsonst zu uns geholt: Hier solltest du deine Herta wiedersehen. Es war ihm klar, dass eure Liebe den Fluch aufheben würde, den Barbarella ausgesprochen hatte", erklärte der Weihnachtsmann und rieb sich hungrig den Bauch.

"So, nun brauche ich eine Stärkung. Wie es aussieht ist keine Zeit mehr zu verlieren; Weihnachten kommt mit großen Schritten."

Mit einem großen Rück flog die große schmiedeeiserne Tür auf und Domi und Dil platzten mit einem Tablett bestückt mit Lebkuchen und Kakao für alle ins Geschehen. Wie kleine Engel eben sind, flogen sie gleich mehrere Kreise bevor sie das Tablett abstellten. Und ehrlich gesagt, wer die beiden kennt, weis zu schätzen, dass immerhin die Hälfte des Kakaos in der großen Kanne geblieben war. Wie freuten sich die Engelskinder ihren Weihnachtsmann wieder wohl auf zu sehen. Und tuschelnd und übermütig flogen sie noch einige Pirouetten, bevor sie die Nachricht im gesamten Himmelsreich verbreiten wollten. "Kinder", rief der Weihnachtsmann seinen beiden Schützlingen nach, "Die Neuigkeiten könnt ihr gern allen berichten. Behaltet aber bitte die Nachricht für euch, wenn Boten hinein- und hinausgehen. Wir müssen dem Bösen kein zusätzliches Futter geben", erklärte Santa und lächelte seinen Engeln nach.

Dil und Domi schauten sich stolz, verstohlen und auch ein wenig unverstanden an, als wollten sie sagen, dass sie doch keine Tratschengel und schon so groß seien, von dieser Gefahr zu wissen. Ja, wenn es sich nicht um den Weihnachtsmann selbst gehandelt hätte, so hätten sie schon gern das ein oder andere Widerwort entgegnet, aber so?

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Erkundigungstüten

Zwischenzeitlich war die Anspannung in Shiny Nose unerträglich. Die Nerven Herrn W-Manns liegen blank. Niemand seiner Mitarbeiter hatte sich bisher zurückgemeldet. Was war mit dem Weihnachtsmann? Hat der Esel Stephanius die wichtige Tasche abgeben können? Wo sind die Wichtel aus der Lebkuchenabteilung mit Herrn Esel hin und warum war dieser noch nicht zurück?

"Frl. Bratapfel. Bitte erstellen Sie mir eine Liste über alle Mitarbeiter Shinys, die an der Rettungsaktion des Weihnachtsmannes beteiligt sind, samt Eseln. Wir müssen jetzt handeln. Was dort draußen wohl los sein mag?" Herr W-Mann kratzte seinen nur karg behaarten Kopf. "Gerne Herr W-Mann. Wie wäre es denn mit einem Baldriantee mit Vanillearoma? Sie müssen zur Ruhe kommen. Ich habe auch schon versucht über Frau Dezember etwas herauszufinden. Sie wissen ja, die kann zu allem etwas sagen, aber unter der Nummer ist einfach seit Tagen niemand mehr zu erreichen. So, nun aber gut. Ich werde Ihnen die Liste gleich fertig stellen."

Herr W-Mann schüttelte den Kopf. Mein Gott, was konnte ihn die Geschwätzigkeit von Frl. Bratapfel auf die Palme bringen. Und dieses ständige Telefonieren mit Frau Dezember war ihm ein Dorn im Auge, zumal Frau Dezember zwar zu allem etwas zu sagen hatte, was aber nicht immer der guten Sache beitrug. Wäre Frl. Bratapfel nicht so eine tüchtige Person, er wüsste was er zu tun hätte. Seine Gedanken machten Meilensteine. Er dachte an alte Zeiten, an früher und schloss sein Zimmer, um in den Personalakten zu suchen.

"Da war doch immer.... Wo haben wir dieses Zeug denn nur abgelegt? Es muss doch hier irgendwo sein? Sie kann sich ja nicht in Luft auflösen. So 'ne kleine Tüte - die kann doch nicht ...? ", sprach er zu sich selbst und suchte ungestüm in einer Personalakte. "Herr W-Mann, haben sie mich gerufen?", erkundigte sich Frl. Bratapfel, bereits mit der geforderten Liste in der Hand. "Nein, habe ich nicht, entgegnete er brummig, "Aber wo Sie schon einmal hier sind. Sagen Sie mal, Frl. Bratapfel, wo haben wir diese kleinen Erkundigungs-Tütchen in die Akten gelegt?", fragte Herr W-Mann in seiner nur allzu gut bekannten Forschheit. "Gar nicht - Herr W-Mann. Ich sollte sie vor einem Jahr aus den Akten nehmen und in den Tresor legen. Jede Tüte ist mit der Personalnummer eines jeden Angestellten versehen", erklärte Mirinda und positionierte ihre Brille neu. "Genau, genau, meine Gute. Ich wollte nur mal sehen, wie es um Ihr Gedächtnis steht", lachte Herr W-Mann und versuchte seine sichtliche Erleichterung zu verbergen.

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"Na, dann geben Sie mir mal die Liste und suchen Sie mir zu jedem abtrünnigen Mitarbeiter, Esel usw. die Erkundigungs-Tütchen heraus. "Wird gemacht Chef. Wie sieht es nun mit einem Teechen aus, Herr W-Mann, zur Beruhigung?" und Frl. Bratapfel blinzelte lieblich. "Meinetwegen", brummte er nur in altbekannter Manier und konzentrierte sich nun auf die Liste seiner derzeit fehlenden Mitarbeiter.

Die Erkundigungstütchen waren eine feine Sache - gerade für so schwierige und verzwickte Situationen, wie sie gerade in Shiny herrschten. In ihnen war der ureigenste Körpergeruch eines jeden Mitarbeiters Shinys vakuumverpackt. Schüttelt man ein Tütchen auf, so bilden sich Kristalle, die durch die Luft bis ans Ziel seines Besitzers fliegen können - wie ein glitzernder Nebelschweif. Dort bei dem Mitarbeiter angekommen, können die Kristalle die Situation, die Gefahren, die Geschichten, die der fehlende Mitarbeiter derzeit durchlebt oder durchlebet hatte, aufnehmen, wie eine alte Wahrsagerkugel, nur einfach auf Shiny Nose Qualität - eben moderner. Die Kristalle saugen Informationen unbemerkt auf wie ein Schwamm. Die verschollenen Mitarbeiter selbst bekommen hiervon nichts mit. Dieses stammt aus einer Betriebsvereinbarung Shinys, um die Mitarbeiter nicht unnötig in Gefahr zu bringen oder aber auch um schwänzende Wichtel, arbeitsfaule Esel oder shoppende Feen bei Nichterscheinen auf der Arbeit zu überführen und ggf. weitere Schritte gegen sie einzuleiten.

Herr W-Mann betätigte noch einmal seine Sprechanlage in das Nebenzimmer von Frl. Bratapfel. "Ach, Frl. Bratapfel, bitte beachten Sie aber die Zahlen ganz genau. Nicht, dass Sie mir wieder mit Zahlendrehern arbeiten. Dafür haben sie ja ein Händchen." Frau Bratapfel rutschte vor Wut gleich der Lippenstift aus der Hand. Auf dem Fußboden angekommen zerbrach er nicht nur, nein, er machte auch noch einen hässlichen Fleck auf dem Teppichboden. Gern hätte sie jetzt das Sch-Wort gesagt, aber seitdem die Rundschreibenelfe bei ihr quasi als Mitarbeiterin in der Schreibtischschublade arbeitete, versuchte sie sich solche Worte tunlichst abzugewöhnen. "Ja, Herr W-Mann, ich werde darauf achten", sprach Frl. Bratapfel in den Sender, währenddessen sie schlimme Grimassen zog, um ihre Wut herauszulassen, da die Elfe ihr gerade den Rücken zuwandte.

"Rundschreibenelfe", stupste Mirinda ihre kleine Freundin an, "Bitte flieg doch einmal zu den putzenden Putten, sie mögen heute nach Feierabend mal nach dem Fleck sehen, damit es morgen nicht gleich wieder Ärger gibt. Ich hab dir alles auf die Kassette gesprochen, solange du noch ein bisschen Probleme mit dem Sprechen hast."

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Die Elfe lächelte und flog in das Rundschreibenhäuschen, um sich alles in Elfen-Noel übersetzen zu lassen. Frl. Bratapfel selbst suchte währenddessen die Tüten fein säuberlich heraus und packte sie in einen kleinen Karton. Glücklich darüber, dabei auch nach mehrfacher Kontrolle keinen Zahlendreher entdeckt zu haben, huschte sie in das Büro ihres Chefs. "Ahhh, mein Tee, danke, meine Gute", und Herr W-Mann konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Oh, Chef, den habe ich leider vergessen, wollte sagen, das Teewasser ist noch nicht ganz heiß. Dauert nur noch eine kleine Minute, Chef", und Mirinda errötete sichtlich. Das tat sie übrigens immer, wenn sie Herrn W-Mann anflunkerte. Herr W-Mann machte sich daraus einen Spaß und genoss es sichtlich. "Ist schon gut Mirinda", sagte er, "Ich kann dieses gesunde Krams sowieso nicht mehr sehen, aber vielleicht haben Sie in diesen schweren Zeiten einen kleinen Weihnachtsurbock für mich. So richtig schön mit einer Blume auf dem Bier. "Ist gut, Herr W-Mann, ich weis schon - sieben Minuten braucht ein gutes Bier. Ich werde Ihnen gleich eines zapfen und bringen lassen. Unser Pup "Himmlisches Töpfchen" müsste schon geöffnet haben. Mirinda machte auf dem Absatz kehrt und ärgerte sich, dass sie wieder vor dem Chef errötete. Nach all den Jahren hatte sie immer noch nicht das Rückgrat sich gegen ihren Chef auch nur im Geringsten zu behaupten. "Da muss ich noch an mir arbeiten", sagte sie zu sich selbst und griff zum Hörer, um im "Himmlisches Tröpfen" ein kühles Bier für ihren Chef zu ordern.

Herr W-Mann studierte unterdes den Beipackzettel der Erkundigungstütchen. "Mmmmh? Tüte schütteln. Ca. 1 - 2 Minuten abwarten, bis sich die Tüte zu einem prallen Beutel verwandelt. Tüte sofort öffnen und an der Abflugschneise der flotten Esel in den Nordwind halten. Achtung! Inhalt bitte nicht inhalieren. Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie einen heilenden Gnom. Na, gut, dann werde ich mich mal auf zu der Abflugschneise machen. Ist immer besser, wenn man sich auf sich selbst verlässt - dann ist man auf der sicheren Seite", sprach er zu sich selbst und setzte sich in Bewegung.

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Eine kurze halbe Stunde

Zwischenzeitlich hatte der Einfrierzauber in der Scheune des Osterhasen zu wirken begonnen. Das hellblaue Licht blitzte auf. Ein Schriftzug eröffnete sich gleichzeitig am Himmel. Gebt auf die Hexe Barbarella acht. Sie will Weihnachten und Ostern zerstören und achtet auf ein großes Einkaufscenter. Die Nachricht am Sternenhimmel nahmen unsere Retter zur Kenntnis, konnten sie aber nicht zuordnen. Fred, Jonathan und der Esel machten sich folglich unbesehen der Nachricht ans Werk, um einige marode Latten der Scheune zu entfernen. Aufgeregt umkreiste Glimmer währenddessen das Geschehen. "Macht schneller", schrie sie aufgeregt, "wer weiß, wie lange der Einfrierzauber wirkt. Wir müssen den armen Hasen hier herausholen." Und Glimmer machte noch einige mächtig wichtig aussehende Turnübungen, um ihre Muskeln fit zu halten. Schließlich sei sie ja keine kraftlose Fee, die nur auf das Äußere acht gab. Na ja und während sie so nachdachte kam ihr aber der Gedanke, sich schon gar allzu lange nicht mehr den Lidstrich nachgezogen zu haben. Gesagt - getan. Aus ihrem kleinen Schminktäschchen zog Glimmer kurzerhand einen Eyeliner und ging tatkräftig ans Werk. "Ich glaub' es nicht", regte sich Fred auf "Wir kämpfen hier ums Überlegen und Madame schminkt sich nach." Beide tauschten böse Blicke aus und Glimmer ließ ihren Schminkstift verstohlen zurück in ihre Tasche gleiten.

"So, nun müsste es reichen", erklärte der Esel, "Jetzt müsste der Durchgang groß genug sein, damit wir durchpassen. Ich geh' mal vor. Der Einfrierzauber hält nur eine halbe Stunde. Bis dahin müssen wir den Osterhasen von hier gebracht haben. Die Zeit reicht allerdings nicht mehr aus, um die anderen Hasen festzunehmen. Hier brauchen wir Verstärkung und müssen noch einmal wiederkommen. Los, versucht mir mit dem alten Hasen zu helfen. Nehmt sein Bettzeug und legt ihn mir dann auf den Rücken. Ihr müsst für den Rückflug ein wenig zusammenrücken - der Platz wird sehr eng. Ich war auf einen weiteren Fahrgast nicht vorbereitet. Passt auf - seid vorsichtig mit ihm, damit wir ihm nicht unnötig wehtun", wies der Esel an und blinzelte ein wenig schulmeisterhaft. "Boooah, riecht der. Ein Schaumbad in Shiny wird ihm nicht schaden", sagte Jonathan und versuchte zur anderen Seite zu atmen. Fred bemühte sich die Füße des Osterhasen zu fassen, doch musste noch mehrfach nachfassen um ihn richtig in den Griff zu bekommen. "Kommt, die Herren", sagte der Esel, "die Zeit wird knapp. Versucht ihn mir auf den Rücken zu legen. Ich zähle vor - auf 3 macht ihr einen Rück, als wolltet ihr ihn mir über die Schulter werfen. Ich werde ihn fangen, wenn ihr die Richtung ein wenig verpassen solltet. Und EINS, ZWEI, DREIII."

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Fred und Jonathan gaben ihr Bestes. Kämpferisch und stolz genug, um sich ihre Anstrengung nicht anmerken zu lassen, hievten sie den alten Hasen auf den Rücken des Esels. Dieser sackte für einen kurzen Moment in die Knie - fing sich aber schnell wieder. "Meine Güte", sagte er, "was kann altes, zähes Fleisch doch für Gewicht haben. "Das musst du nun gerade sagen", entgegnete Glimmer und nutzte die Möglichkeit sich den besten Platz für die Rückreise zu sichern. Möglichst fern ab vom Atem des Hasen. "Werde in einem deiner Ohren Platz nehmen", sagte sie zu dem Esel und kuschelte sich bei dem aufkommenden Wind in sein felliges Eselsohr.

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Vorbereitungen in der Krankenstation

Beim Weihnachtsmann unterdes' war die Stimmung gut. Santa, wie ihn die Kinder nun neuerdings auch nannten, war wieder gestärkt, nach all' dem Lebkuchen und dem sahnigen Kakao. "So, Ihr Lieben", sagte er und strich den letzten Rest der Sahne aus seinem dicken, buschigen Bart, der noch leicht grünlich-gelb schimmerte. "Lasst uns nach Shiny aufbrechen. Es wird höchste Zeit die Dinge selber in die Hände zu nehmen, um den Kindern Weihnachten zu ermöglichen und meinen guten Freund, dem Osterhasen, wieder auf die Beine zu helfen. Herta, Karl, legt euch eure dicken Schals um, die Weihnachtsluft ist kalt in unserer Welt. "Ja, aber wieso nach Shiny?", wollte Karl wissen, "der Osterhase liegt doch noch in seiner Scheune. Sollten wir nicht vielleicht gleich dorthin fliegen?" "Nein, wir fliegen nach Shiny. Heinrich, mein engster Berater hat mir auf dem Tablett mit dem Lebkuchen und dem Kakao eine Nachricht zukommen lassen. Im Moment sind bei dem Osterhasen bereits einige Wichtel aus Shiny und ein alter Esel, den ich übrigens sehr gut kenne, soll einen Einfrierzauber ausgesprochen haben. Er schafft es somit den Osterhasen aus der Höhle des Bösen zu befreien. Sie sind wohl schon auf dem Weg nach Shiny. Auf den alten Esel ist Verlass. Jahrelang hatte er meinen Schlitten gezogen, bis er es mit den Bandscheiben bekam. Seitdem fuhr er nur noch Fahrten für Shiny. Ihr braucht euch also keine Sorgen zu machen. Heinrich wird uns gleich den Schlitten herrichten und ihn nochmals mit dicken Fellen ausstatten, damit wir nicht frieren werden. Die Fahrt wird einige Stunden dauern. Wir müssen Umwege fliegen, damit Barbarella die Fährte nicht findet. Mit 2 Liebenden auf dem Schlitten kann uns nichts passieren. Ihr wisst ja, das böse Mächte dann keine Chance haben. Wir werden Barbarella anschließend suchen und uns um die übrigen Hasen aus der Scheune kümmern, wenn es meinem Kumpel, dem Osterhasen, wieder besser geht."

Gesagt, getan. Die mächtige Tür zum Weihnachtsmann öffnete sich erneut und Heinrich kam mit einigen Felldecken bestückt in das Wohnzimmer des Weihnachtsmannes. "Ich habe Ihnen noch ein wenig Proviant eingepackt, Herr Weihnachtsmann. Und passen Sie auf die Windböen auf. Es soll diese Nacht sehr stürmisch werden", belehrte Heinrich und sicherte das Proviant, welches in einem großen Korb eingepackt war, zusätzlich mit einem Lederriemen am Schlitten. "Guten Flug, die Herrschaften".

"Danke, Heinrich" und der Weihnachtsmann gab Heinrich zum Abschied seine große Hand. Karl und Herta bestiegen auf der Hand Santas den großen Schlitten.

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"Sollten wir nicht vielleicht schon einmal Herrn W-Mann eine Nachricht zukommen lassen, Herr Weihnachtsmann?", fragte Herta besorgt. "Nein, das ist nicht nötig. Herr W-Mann steht zur Sekunde an der Abflugschneise von Shiny und versendet Erkundigungstüten, die jeden fehlenden Mitarbeiter aufspüren können. Er kann hierdurch genauste Information über euer Befinden erhalten. Macht euch also keine Sorgen. Herr W-Mann ist bereits in Kürze über unseren Abflug informiert", beschwichtigte der Weihnachtsmann beruhigend.

Und wirklich. Herr W-Mann hatte sich zeitgleich zur Abflugsschneise begeben und versandte die Erkundigungstüten und der glitzernde Nebel seiner Sendung hob ab in die Lüfte hinaus in die Nacht. Gerade als er den ersten Schluck seines Bieres aus dem "Himmlischen Tröpfchen" nahm, war der glitzernde Nebel bereits zurück in sein Büro gezogen. Der Flachbildschirm im Büro von Herrn W-Mann begann zu flimmern und zeigte bereits einige Sekunden später das bereits Geschehene. Den Flug Karls zum Weihnachtsmann und die Heilung Santas. Den jämmerlichen Zustand des Osterhasens, den Einfrierzauber und den Rückflug des alten Esels nach Santa. Die Geschichte Barbarellas und, und, und. Herr W-Mann stellte sein Glas ab. "Mein Gott, was ist nur alles passiert? Wo soll das noch hinführen?", fragte er sich. Schnell bestellte er Frl. Bratapfel zu sich ins Büro. "Frl. Bratapfel", ertönte es erneut durch die Sprechanlage. "Kommen sie schnell mit der Rundschreibenelfe zu mir ins Büro. Es pressiert." "Was will er denn jetzt schon wieder?", fragte Frl. Bratapfel die Rundschreibenelfe. "Komm' schnell. Trage du bitte die Cassette. Mein Lack ist noch nicht trocken". Sie pustete und wedelte mit den Händen. Wieder lief Herr W- Mann auf und ab. So, wie vor einigen Tagen als er von dem Verschwinden des großen Buches des Weihnachtsmannes hörte. "Nun stellen Sie sich einmal vor, was passiert ist, Frl. Bratapfel? Ich spule die Bilder des Fernsehers noch einmal zurück. Schauen Sie sich die Bilder an", forderte er erneut auf. "Wir müssen schnellstens die Krankenstation informieren. Alle helfenden und heilenden Gnome sollen kommen. Ob im Urlaub, im Feierabend oder sonst wo. Das ist mir egal. Warum der Weihnachtsmann allerdings diesen Hasen hier mit zu uns bringt ist mir ein stinkendes Rätsel aber irgendwie verstand er sich mit dem alten Gesellen schon immer gut", schüttelte W-Mann seinen Kopf und trank das Bier auf ex aus. "Nun ja, Herr W-Mann, aber wie es aussieht können wir uns doch nur mit dem Osterhasen verbünden, wenn Sie die Bilder genau betrachten", erklärte Mirinda. "Das sehe ich selber, Frl. Bratapfel. Das müssen Sie mir nicht erklären", schimpfte er. Ein wenig war er schon betroffen, das Frl. Bratapfel die komplizierte Lage schneller zusammenfassen und verstehen konnte als er selbst.

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"Gut jetzt", brummte er, "wie gesagt, lassen Sie die Krankenstation herrichten. Die Elfe soll schnell mal rüberfliegen und alle nötigen Kräfte mobilisieren." "Ist recht, Herr W-Mann. Werde die Elfe gleich die Nachricht versenden lassen.

Frl. Bratapfel trippelte aus dem Büro ihres Chefs. Schnell und geschickt hatte sie in Kürze die Cassette in Elfen-Noel besprochen und schon bald machte sich die Rundschreibenelfe in ihr kleines Informationshäuschen auf, um die Nachricht weiterleiten zu können.

Die helfenden Gnome waren zunächst recht verwirrt, diese merkwürdigen Tätigkeiten verrichten zu müssen. "Ja, da hat der W-Mann uns ja wieder etwas aufgehalst. Der weis doch genau, dass wir hier nur auf Weihnachten eingerichtet sind. Wie sollen wir uns hier auf Hasenkrankheiten einstellen? Da müssen wir erst einmal einige Bücher durchgehen", sprach der heilende Obergnom, bereits auf dem Weg zu seiner Bibliothek. "Na, mal sehen. Mmmmmh? Hasenviren? Mal sehen, ah ja, hier steht etwas", und der Obergnom blätterte langsam im Inhaltsverzeichnis für seltene Viren, während seine OP-Schwester ihm fürsorglich den Schweiß von der Stirn tupfte. "Ach du dicker Zimtstern. Wir müssten ihn zunächst in einem Möhrenmus baden und entsprechende Zusätze wie Maiglöckchenduft oder Krokusblüten hinzugeben. So etwas haben wir doch gar nicht vorrätig. Ich könnte hier mit Koriander oder Schokoladenfango mit Zimtstangen oder ähnlichem dienen, aber so? Und was mache ich mit meinen Mitarbeitern? Die OP-Schwester wusste wovon ihr Chef sprach, denn die heilenden Gnome waren allergisch gegen alle österlichen Zusätze.

"Gut Frau Oberschwester. Bitte schicken Sie zunächst wieder die Rundschreiben-Elfe zu Herrn W-Mann zurück. Lassen Sie berichten, dass wir hier keine Medikamente für Osterviren zur Verfügung haben und ich mich zunächst einmal um die Schutzmaßnahmen für meine Mitarbeiter kümmern werde. Es sollen alle Gnome und auch die putzenden Putten meiner Krankenstation in den Behandlungsraum kommen und sich dort in Reih und Glied aufstellen, damit ich sie alle mit einer ordentlichen Ladung Marzipanserum gegen die Osterallergie impfen kann. Eile ist geboten. Das Serum wirkt erst in einer Stunde und wer weiß, wann unser Patient kommen wird. "Ist gut", nickte die Oberschwester leise "ich werde sofort alles vorbereiten".

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Komplikationen

Währenddessen war der alte Esel bereits mit dem Osterhasen auf dem Rücken und den drei kleinen Freunden auf dem Rückflug nach Shiny. "Wie lange brauchen wir noch, Herr Esel?", fragte Glimmer gespannt, die sich emsig im Fell des Eselsohres festhielt, denn der aufkommende Wind wurde immer stärker und die Sicht deutlich schlechter. "Ich kann es dir noch nicht sagen. Normalerweise ist die Hol-Mich-Maßnahme ganz unkompliziert und die Hin- und Rückreise vergeht wortwörtlich wie im Flug, aber bei diesem Wetter kann ich die Richtung nicht richtig orten und habe Probleme mit der Last auf meinem Rücken vorwärts zu kommen", erklärte der Esel und versuchte seine aufkommende Verzweiflung nicht nach Außen zu tragen.

Die Luft wurde nun beängstigend kalt und die Nacht färbte sich mehr als dunkel. Die Reisebeleuchtung, die in Shiny für jeden Esel standardisiert wurde, reichte nicht mehr aus. Kältekristalle rieselten aus den Wolken und Herr Esel senkte seinen Kopf.

"Es tut mir leid, meine Lieben. Wir müssen landen. Ich muss einen Notruf absetzten. In dieser Höhe kann ich nichts mehr sehen. Wir müssen tiefer gehen. Haltet euch fest und versucht den Hasen durch Massagen warm zu halten. Es wird sicherlich gleich noch kälter werden.

Im Steilflug setzte der Esel zur Landung an. Fred und Jonathan hielten sich die Hände - sie hatten Angst. Glimmer stieß noch ein Kurzgebet aus, dass sie zukünftig nicht mehr so viel auf ihr Äußeres geben werde und sich mehr auf die inneren Werte der Weihnachtsmenschen konzentrieren wolle, wenn sie dieses doch bloß allesamt überstehen mögen.

"Seht nur, dort unten kann ich Licht sehen", stieß Fred einen Freudenstoß aus, "Hier können wir sicher Hilfe holen." "Oh, dort leben bestimmt die Menschen. Lasst mich auch mal gucken. Habt ihr schon einmal einen gesehen - einen Erwachsenen oder ein echtes Kind?", und Glimmer hielt neugierig ihre kleine Nase aus dem Ohr des Esels. "Glimmer, geh' wieder zurück in mein Ohr. Wenn jetzt ein Windzug kommt, fliegst du davon. Du bist viel zu leicht für solche Kapriolen", belehrte der Esel und legte noch ein wenig Tempo zu.

Große Leuchtreklame war von weitem immer deutlicher zu erkennen. Schon bald hatten sie die Erde erreicht. "Festhalten - Wir setzen jetzt auf", sagte der Esel und setzte die Snowboards auf einem Feld zur Landung an.

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Wo waren Sie hier nun gelandet? Ein großes Feld war zu sehen, daneben Gerüste, Baukrane, Paletten mit Steinen. Gleich nebenan war ein großes Warenhaus zu erkennen mit mächtiger Leuchtreklame. Umzogen von kleinen Kiosken, Imbissbuden, Kinos, Pizza-Bringdiensten, Modeschmuckboutiquen und Friseursalons. Die Leuchtreklame warb ebenso für das größte Spielzeug- und Freizeitzentrum, Lebensmittel, Sportzubehör sowie eine Sporthalle zum Schwimmen und Skifahren oder auch zum Rodeln. Eine riesige Eisbahn umkreiste das Einkaufcenter, welches als Mittelpunkt daraus emporwuchs. Ähnlich wie in Venedig war das Center nur über kleinste Brücken zu erreichen, die für Fußgänger die Möglichkeit bot, somit die Eisbahn zu umgehen. Aber- und Abertausende Menschen zogen auf Schlittschuhen Ihre Bahnen zu heißen Sambarhythmen. Es kam einem Karneval gleich. "Boooah!" Fred war ganz überrascht über die Größe des Centrums. "Dagegen ist unser Shiny ja ein kleiner Tante Emma-Laden", sagte er erstaunt und war gedanklich schon auf dem Weg das Innere dieses Centers zu inspizieren. "Fred, denk' an die Himmelsschrift, die wir nicht verstanden haben. Das kann doch nur das Center von Barbarella sein. Siehst du auch die Bauarbeiten? Da wird sie sicher schon Anbauten geplant haben, wenn sie Ostern und Weihnachten erst mal zu Nichte gemacht hat."

"Richtig, mein Sohn", erklärte der Esel. "Wir müssen ganz leise sein. Wie schon gesagt. Denkt an den Schriftzug am Himmel vor der Scheune des Osterhasen. Barbarella wird uns sicher schon suchen und wahrscheinlich versuchen ihren Plan am Hasen zu vollenden. Wir dürfen es nicht dazu kommen lassen. Atmet bitte alle auf 3 ganz tief ein. Zieht dem Osterhasen bitte diese Atemmaske über den Mund und betätigt diese Handpumpe. Ich werde auf 3 ausatmen. Mein Atem wird uns unsichtbar machen. Gleichzeitig musst du die Handpumpe für die Atemmaske des Hasen betätigen, Fred, damit auch er nicht mehr sichtbar sein wird. Achtung es geht los. Eins, zwei, drei."

Der alte Esel stieß einen langen und tiefen Atemzug aus und umschloss sich und seine Freunde in einer unsichtbaren Blase. "Man kann uns nicht mehr sehen aber gebt Acht, unsere Stimmen sind zu hören. Seid also vorsichtig", wies er an und begann sich zu konzentrieren.

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Santas Rückreise

Zwischenzeitlich saßen Karl und Herta eingekuschelt in einigen dicken Fellen, zusammen mit dem Weihnachtsmann in dem sagenumwogenen Schlitten, gezogen von einer Mannschaft der besten Zugrentieren Santas auf der Rückreise nach Shiny Nose. "Meine Güte. Wie lange war ich schon nicht mehr in Shiny Nose?", sagte der Weihnachtsmann und war sichtlich aufgeregt. "Ich habe mich ja schon vor Jahren direkt zum Nordpol begeben und Herrn W-Mann die gesamte Organisation überlassen. Irgendwie war es mir zu stressig geworden. Ich wollte am Pol einfach mehr Ruhe finden. Mal sehen wie es jetzt dort aussieht? Ein wenig gespannt bin ich schon. Die Zeiten sind schließlich schneller geworden. Wenn ich bedenke, was ich heute zu den Kindern transportiere und was früher noch auf meinem Schlitten lag. Mit diesem neumodernen Kram kenne ich mich einfach nicht mehr aus - dafür bin ich zu alt. Kurz vor Weihnachten kommen dann die Kuriere Shinys zum Pol und beladen meinen Schlitten. Wenn ich dann zu den Kindern am Heiligen Abend sprechen muss, so muss ich immer viele Gebrauchsanweisungen und Spickzettel lesen, um das Gewünschte auch richtig an die Kleinen weitergeben zu können", sagte der Weihnachtsmann. "Ich freue mich auch", bestätigte Herta, "Jahrelang war ich eher auf der Rundreise, um Kranken zu helfen. Sicher ist in Shiny alles anders geworden?", sah sie Karl fragend an. "Da hast du recht Herta, du wirst nichts mehr wiedererkennen. Es ist alles moderner und bei Weitem hektischer geworden als zu damaligen Zeiten, als wir hier beide noch gemeinsam hier gearbeitet haben", blinzelte ihr Karl zu.

Die Zeit verging schnell und schon bald erreichten unsere Freunde ihr Ziel.

"Seid vorsichtig, meine Lieben. Ich kann schon die Ladebahn auf den Dach Shinys sehen. Wir setzten gleich zur Landung an. Legt eure Klettverschlüsse an, dass ihr mir nicht aus den Fellen fallt", sagte der Weihnachtsmann und zeigte mit seinen großen Händen der hell beleuchteten Landebahn entgegen. "Warum fliegen wir nicht zu der Einflugsschneise der Flotten Esel, Herr Weihnachtsmann?", erkundigte sich Karl. "Die Einfahrt ist einfach viel zu klein für unseren Schlitten. Wir müssen auf dem Dach landen. Wisst ihr denn nicht, dass von dort aus ein Fahrstuhl direkt herunter in den Kamin vom Büro von Herrn W-Mann führt?", und sichtlich stolz empfand es der Weihnachtsmann selbst und genoss diese so speziell für ihn erfundene Neuerung. "Wisst Ihr, diese Kaminfahrten sind zwar legendär aber mein Personal schimpft jedes Jahr über meine verrußte Kleidung. Und ehrlich gesagt. Für meine Lungen ist das auch nicht das Gelbe vom Ei. Da kommt mir so ein moderner Fahrstuhl in einem Kamin schon gut zu Passe", grinste er stolz und strich sich seinen roten Mantel glatt.

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Das Empfangskomitee stand schon in Reih' und Glied und beim Aussteigen des Weihnachtsmannes selbst stimmte der Engelschor einstimmig und mit goldenen Kehlen ein feierliches "Oh du fröhliche..." an. Herta und Karl verließen den Schlitten über die großen Taschen des Weihnachtsmannmantels und konnten daher leider nur zuhören, das Komitee aber nicht sehen. Herr W-Mann stand mit stolzer Brust gestählt in einem Pelzmantel samt wehendem Banner mit der Aufschrift "Willkommen in Shiny". Das Cateringteam des "Himmlischen Tröpfchens" reichte einige Tabletts mit Glühwein zur Begrüßung.

Der Weihnachtsmann grüßte freundlich und bat gleich hineinzugehen. "Herr W-Mann ich grüße Sie recht herzlich. Ihre helfenden und heilenden Gnome Herta und Karl haben mir das Leben gerettet. Ich danke Ihnen sehr. Behutsam setzte der Weihnachtsmann Herta und Karl ab, die sich gleich auf den Weg in die Krankenstation machten, um den Osterhasen schnellstens helfen zu können und alte Freunde zu treffen. "So, nun müssen wir nur noch zusehen, wie wir den Osterhasen wieder auf Vordermann bringen können. Ist er schon angekommen?", erkundigte sich Santa und sah gespannt in die Augen seines Prokuristen. "Ach, Weihnachtsmann. Ich grüße Sie auch ganz herzlich. Was bin ich froh, dass es Ihnen besser geht. Nur schade, dass wir uns auf diese Art und Weise wiedersehen müssen. Viel lieber wäre mir eine Dienstbesprechung unter besseren Vorsätzen gewesen. Aber nein, der Osterhase ist noch nicht bei uns eingetroffen. Ich habe zwischenzeitlich unsere Erkundigungstüten versandt. Sie wissen doch. Hier können wir feststellen, wo sich unsere Mitarbeiter aufhalten und wie es Ihnen geht, wenn sie sich außerhalb von Shiny aufhalten. Sie müssten aber jeden Moment hier eintreffen. Der Esel ist über ein Hol-Mich-Bonbon bereits auf der Rückreise. Ich habe mir die Informationen in meinem Büro schon über meinen neuen Flachbildschirm angesehen. Soll ich es wiederholen und eine erneute Erkundigungstüte senden, um die Lage zu überprüfen, Herr Weihnachtsmann?", fragte Herr W-Mann ein wenig besorgt. "Nein, mein Guter. Das ist nicht nötig. Wenn Sie sagen, sie sind unterwegs, dann sind sie es auch."

Als Herr W-Mann und der Weihnachtsmann das Büro betraten, verließen gerade die letzten putzenden Putten die Räumlichkeiten. Reinlich wie Herr W-Mann nun einmal war, hatte er sicherlich angeordnet sein Shiny noch einmal auf Hochglanz zu polieren, bevor der hohe Besuch die Pforten seines X-Mas-Centers betrat. Eine kleine Putte war so aufgeregt, noch möglichst unbemerkt am Weihnachtsmann vorbeifliegen zu können, dass sie beinahe die Türzarge verpasst hätte und gegen die Wand gesteuert wäre. Schamviolett verfärbten sich ihre Wangen und nur knapp flog sie an dem langen Bart Santas vorbei und hatte Mühe sich nicht zusätzlich noch in seinen langen Barthaaren zu verfangen.

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Ängstlich und gleichzeitig übermütig zugleich, ihn fast selbst einmal berührt zu haben, zog sie sich zu den anderen Putten in den Aufenthaltsraum des Reinigungstrupps zurück und berichtete stolz von ihrer Begegnung.

Der Weihnachtsmann und Herr W-Mann setzten sich, während Frl. Bratapfel zeitgleich Gebäck und frisch aufgebrühten Vanilletee reichte. Voller Aufregung hatte sie Mühe das Tablett ruhig auf einem Nebentisch abzusetzen. Sie stützte beim Einschänken Ihre rechte Hand mit der linken, um bloß nicht negativ aufzufallen oder gar etwas zu verschütten. "Herr Weihnachtsmann. Darf ich Ihnen vorstellen. Das ist Frl. Bratapfel. Sie ist meine Sekretärin", brüstete sich W-Mann als wäre er auf seine Mirinda doch sichtlich ein wenig stolz. "Oh, guten Tag, Herr Weihnachtsmann. Sehr angenehm. Welch' ein hoher Besuch. Sie müssen schon entschuldigen. Den Nikolaus habe ich auch schon kennen lernen dürfen, aber den leibhaftigen Weihnachtsmann, das bringt mich schon ein wenig um den Verstand, zumal auch den Osterhase im Moment auf dem Weg zu uns ist und ich mich doch bereits heute morgen schon mit Zimttee bekleckert habe. Ich hoffe Sie sehen es mir nach. Wissen Sie, der Tee, den ich Ihnen gerade aufgebrüht habe, ist aus frischen Zimtstangen - habe ich selbst für Sie gerieben, obwohl meine Rundschreiben-Elfe bei dem Geruch immer niesen muss. Wissen Sie, sie arbeitet aus meiner Schreibtischschublade heraus und hat es extra über sich ergehen lassen." "Ist schon gut, meine Liebe", sagte der Weihnachtsmann und wusste über Mirindas Aufregung. "Nun aber, Frl. Bratapfel", schaute Herr W-Mann sichtlich böse mit zusammengekniffenen Augen und wies mit Blicken dringlich auf die Ausgangstür. "Wissen Sie, Herr Weihnachtsmann. Sie ist keine Schlechte. Sie redet nur für ihr Leben gern und an manchen Tagen mehr als an anderen aber ansonsten ist sie eine zuverlässige Kraft." "Schon gut Herr W-Mann", beschwichtigte der Weihnachtsmann, "Lassen Sie uns lieber zu unserem Konzept kommen. Was ist mit meinem großen Buch? Gibt es da schon Neuigkeiten oder haben Sie Ihre Angestellten angewiesen sich darum zu kümmern? Wie kommen wir an alle Adressen, um kein Kind zu vergessen? Was ist mit denen, die umgezogen sind? Haben Sie schon eine Erklärung?" Mit etwas forscherer Stimme forderte Santa die Informationen von Herrn W-Mann ein. "Nun ja, das Buch ist nach wie vor verschwunden. Einige Gesandte von Shiny sind ausgeströmt, um es zu suchen. Dann habe ich nur Informationen über Ihren Virus und den des Osterhasen über die Erkundigungstüten vorliegen. Über das Buch habe ich leider keine weiteren Fakten." Herrn W-Mann war es sichtlich peinlich. Wie zu früheren Schulzeiten wischte er sich verstohlen den Schweiß an seiner Stoffhose ab.

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In den nächsten Stunden erlosch das rote Besprechungslicht im Büro von Herrn W-Mann nicht. Rotlicht bedeutete keinen Eintritt für niemanden aus Shiny - dringende Dienstbesprechung. Der Weihnachtsmann erklärte detailliert die Situation um Barbarella. Er unterstrich noch einmal die Wichtigkeit dem Osterhasen zu helfen, um Barbarella nicht indirekt zu unterstützen, ihrem Plan des alleinigen Einkaufscenters näher kommen zu lassen. Die Lage um das fehlende Buch gestaltete sich schwierig. Wie sollten all' die Kinder beschenkt werden, wenn die Daten, die in Shiny gespeichert waren, nicht mehr aktuell waren, wie Herr W-Mann leider zugeben musste.

"Herr W-Mann. Wir müssen unbedingt in die Scheune des Osterhasens und die Hasen und Hennen mitnehmen. Der Einfrierzauber wird jetzt nicht mehr anhalten. Die halbstarken Hasen werden schon auf und davon sein oder Barbarella hat sie sich bereits zu Eigen gemacht. Und sagen Sie mal ...? Ich mache mir langsam wirklich Gedanken um den alten Esel. Er war jahrelang bei mir angestellt. Ich frage mich, wo er bleibt. Mit dem Hol-Mich-Bonbon soll doch alles so schnell gehen. Ich bitte Sie mit mir nochmals zur Einflugsschneise zu gehen, um eine erneute Erkündigungstüte für den Esel zu versenden", bat der Weihnachtsmann. "Ja, ich werde gleich Frl. Bratapfel darum bitte ein erneutes Erkundigungstütchen für Herrn Esel herauszusuchen." Herr W-Mann ging zu seiner Sprechanlage und bat Frl. Bratapfel um ein weiteres Tütchen. Nicht unterlassen konnte er damit die Bitte auch hier gezielt auf die Personalnummer zu achten.

Frau Bratapfel eilte schnell herbei um dem Tresor das Gewünschte zu entnehmen. "Bitte sehr, Herr W-Mann", sagte sie und verließ schnellen Schrittes das Zimmer.

"Kommen Sie. Lassen Sie uns schnell zur Abflugsschneise gehen, Herr W-Mann. Ich habe kein gutes Gefühl", wies der Weihnachtsmann mit besorgtem Gesicht an.

Beide machten sich auf den Weg zu den "Flotten Eseln". Dort angekommen schüttelten sie dann das Tütchen auf und entließen den Körpergeruch - wie auf dem Beipackzettel angegeben - in den Nordwind. Ohne Worte gingen Sie zurück in das Büro von Herrn W-Mann, um keine Szene zu verpassen, währenddessen der Flachbildschirm schon langsam zu flimmern begann.

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Die Begegnung mit Barbarella

Schon einige Sekunden später wurden die Bilder klarer. Und da war sie, die Baulandschaft des Einkaufszentrums, samt der luxuriösen Leuchtreklame. Nicht aber waren Fred, Jonathan, Glimmer sowie der Esel zu sehen. "Es ist mir ein Rätsel. Warum können wir Ihre Mitarbeiter nicht sehen? Sind Ihre Erkundigungstüten vielleicht schon abgelaufen, Herr W-Mann?", fragte der Weihnachtsmann besorgt. "Nein, dass kann nicht sein", entgegnete Herr W-Mann und überprüfte heimlich und verstohlen den Beipackzettel der leeren Tüte, die er in seiner Hosentasche verstaut hatte und schnaufte entspannt. "Nein, Herr Weihnachtsmann, die Tüten sind in Ordnung. Ich kann mir das alles auch nicht erklären."

Währenddessen schlug unseren Freunden vor dem Shoppingcenter das Herz bis zum Hals. Gerade neben Ihnen sahen sie Barbarella in einem getigerten Pelzmantel aus einer Stretchlimousine aussteigen. In einer Leggins, diese in dicke Leopardenstiefel gesteckt, sprach Sie mit einem Architekten, dem sie Anweisungen für diverse An- und Umbauten Ihres Centers gab, als Barbarella plötzlich über die Hufe des unsichtbaren Esels fiel. Gern hätte dieser laut aufgeschrien. Er musste sich auf seine alten Zähne beißen und Stärke zeigen. Nur langsam richtete sich Barbarella wieder auf. Schmerzverzerrt entkrampfte sich nur langsam ihr Gesicht. "Moment mal?", sagte sie verwundert, "Ich rieche Weihnachtsmenschen. Sie sind ganz in meiner Nähe. Entschuldigen Sie, Herr Architekt. Ich komme später wieder auf Sie zurück. Ich habe einen dringenden Termin vergessen", und hämisch grinste sie. Der Architekt zog stumm ab. Er hatte viel zuviel Angst diesen dicken Fisch von der Angel zu lassen. So einen großen Auftrag hatte er schon lange nicht mehr bekommen und wollte sich diese Chance selbst nicht verderben.

Barbarella rieb sich die Hände. Sie roch Weihnachtsmenschen und Hasenfleisch, da gab es für sie gar keinen Zweifel. Glimmer musste sich zusammenreißen. Ein Haar des Eselsohres, in dem sie saß, kitzelte sie direkt in der Nase und "Hatschi", entkam ihr ein für kleine Feen lautes Niesen, sodass die Unsichtbaren Gefahr liefen sich zu verraten.

Barbarella hielt inne - ihr Atem stockte. Sie konnte die Zusammenhänge noch nicht ganz begreifen. Es roch eindeutig nach Weihnachtsmenschen und nach in die Jahre gekommene Hasen. Wie gestaltet sich jedoch beides zusammen? Woher kam das Niesen? Sie machte sich Gedanken. Pierre hatte die Hasen doch wohl unter Kontrolle halten können?

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Der Osterhase wird doch sicherlich schon tot sein und Pierre wird ihn hoffentlich schon entsorgt haben. Aber warum hatte er ihr noch kein Zeichen gegeben, dass der Coup gelungen sei? Warum fand sie nur keine Antworten auf ihre Fragen. Was haben die Weihnachtsmenschen bloß mit den Hasen zu tun? Die einzige Verbindung liegt am Nordpol. Diese Herta, die sie eingesperrt hatte, wusste Bescheid. Sie war aber sicher in einem Bratapfelofen eingeschlossen, neben einem kranken Weihnachtsmann. Alles passte für Barbarella gedanklich noch nicht zusammen.

"Nimm deine Ohrhaare aus meiner Nase", beschwerte sich Glimmer leise. "Gleich wird sie uns entdecken und uns etwas Schlimmes antun. Ich habe solche Angst. Ich werde gleich ganz laut um Hilfe schreien", wisperte Glimmer und zitterte am ganzen Körper. "Und genau das wirst du nicht tun. Reiß dich endlich einmal zusammen. Die Hexe steht nur einem Meter von uns entfernt. Was meinst du, was sie mit uns macht, wenn wir zu schreien beginnen?", befragte der Esel Glimmer leise und grummelte vor sich hin. "Ich habe versucht einen Notruf nach Shiny abzusetzen. Diese telepathische Maßnahme funktioniert aber nur bei normalem Puls. Ich muss aber zugeben, dass ich sehr aufgeregt bin und mein Puls zu hoch ist, um den Ruf zu senden", outete sich Herr Esel. "Haben Sie denn kein Handy dabei, Herr Esel?", wollte Jonathan wissen. "Wir haben unseres in Shiny auf unseren Zimmern. Auf der Arbeit dürfen wir es nicht nutzen", erklärte Jonathan. Der Esel senkte seinen Kopf. "Für so was bin ich zu alt, Kinder. Ich kann mit diesem kleinen Tasten nicht umgehen. Was aber noch schlimmer ist. Unsere unsichtbare Hülle wird gleich vergehen - dann kann uns Barbarella sehen - wir werden in Kürze wieder sichtbar." Der alten Esel senkte seinen Kopf noch tiefer als zuvor und war der Verzweifelung nahe.

Herr W-Mann sowie der Weihnachtsmann saßen noch vor dem Bildschirm und starrten auf Barbarella. Leider war der Ton gestört, sodass sie sie nur vor dem Einkaufscenter haben sehen können und einen Herren, der sich per Handschlag von Barbarella verabschiedete und ging. "Das ist also Barbarella, die uns so in das Unglück gestürzt hat?" überkam es Herrn W-Mann. "Ja, das ist sie, leider Herr W-Mann. Wir müssen uns um sie kümmern, bevor sie noch mehr Unheil anrichten kann. Was ich aber nicht verstehen kann. Wo ist der Esel, für den wir eine Erkündigungstüte versandt haben? Warum werden denn diese Bilder gesendet. Wo steckt er? Warum können wir ihn nicht sehen?"

Und just in diesem Moment begann das Bild erneut zu flackern - die Intensität der Erkundigungstüte ließ nach. Die Sicht wurde schwach, bevor sich der Fernseher gänzlich abschaltete.

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Im letzten Moment des Aufflackerns jedoch verging der unsichtbare Zauber und Fred, Jonathan, Glimmer, der Osterhase sowie der Esel waren nun wieder sichtbar. Für alle waren sie nunmehr wieder zu sehen. Für den Weihnachtsmann und Herrn W-Mann vor dem Fernseher, jedoch auch für Barbarella, die nun nur einen halben Meter von unseren Helden entfernt stand.

Dann wurde der Bildschirm schwarz. "Oh du meine Güte, Herr W-Mann. Nun wird mir alles klar. Der Esel hatte sich und ihre Mitarbeiter für einen Zeitraum unsichtbar gemacht, weil sie in Gefahr kamen, deshalb waren sie auf dem Bildschirm nicht für uns sichtbar", erklärte der Weihnachtsmann. "Na, ich bitte Sie, Herr Weihnachtsmann. Ich habe sie doch gerade alle gesehen, bevor dann der Zauber der Erkündigungstüte erlosch." "Herr W-Mann ich erkläre Ihnen die Sache später, ich muss jetzt handeln. Hier nehmen Sie diese Kiste. Darin sind alle nötigen Medikamente für den Hasen. Ihre Heilgnome sind hier sicherlich nur auf Weihnachts- und nicht auf Osterkrankheiten eingestellt. Ich werde gleich mit allen Vermissten von Barbarellas Center zurück sein. Ihre Leute sind nun wieder sichtbar und in großer Gefahr. Ich hoffe ich komme nicht zu spät und Barbarella hat noch nicht so schnell handeln können.

Es gab einen riesigen Knall und Herr W-Mann wurde von dem unendlich großen Unterdruck, der nun entstand, an die Wand gedrückt. Nebel lag in dem Büro. Frl. Bratapfel stürmte den Raum mit einem Handfeuerlöscher und löschte fröhlich darauf los. Vom Weihnachtsmann gab es keine Spur mehr. Er war verschwunden.

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Eilige Rettung

Ja, Sie waren nun sichtbar. Fred, Jonathan, Glimmer und der Esel schauten regungslos und starr in Barbarellas kalte Augen. Diese konnte ihren Augen kaum glauben. Da war er, der Hase, den sie zu schänden gedacht hatte, gemeinsam mit diesen Weihnachtsmenschen aus Shiny, dessen Geruch sie schon längst feststellt hatte. Sie musste ihn zurückbekommen, den Hasen, um sicherzustellen, dass er auch wirklich tot sei. Und zunächst beruhigend für sie, lag er weiterhin regungslos auf dem Rücken des Esels. Gerade, als sie mit dem Schrei einer hysterischen Furie auf ihr Gegenüber losgehen wollte, geschah es. Es gab einen erneuten starken und lauten Knall. Der Weihnachtsmann kam aus dem Nichts, öffnete seinen roten Mantel und gewährte seinen Schützlingen Unterschlupf, die zunächst alle durch den großen Schub, der ausgelöst wurde, zur Seite gedrückt wurden. Ein weiteres dumpfes Geräusch war zu hören und Santa ward nicht mehr gesehen. Mit ihm fehlte die so heiß geliebte Beute Barbarellas. Allein ein dichter Nebel deutete für sie darauf hin, dass das soeben Geschehene Wirklichkeit gewesen war.

Barbarella stampfte mit ihren dicken Beinen auf den Boden, fluchte und grämte sich. Sie raufte ihre gebleichten Haare. Zugleich ihre dicke Warze auf der Nase entzündlich anschwoll. So nah am Ziel gewesen zu sein und nun doch so fern. Sie war nicht der Typ Hexe, der mit Niederlagen umgehen konnte und schwor Rache.

Der Rückflug des Gefolges geschah wie im Flug. Schon bald hatte Santa mit seinen Freunden Shiny Nose erreicht. Die Ankunft war hektisch und aufregend. Unter Anspannung stand das gesamte Ärzteteam für den Osterhasen bereit als der Weihnachtsmann zeitgleich mit einem lauten "Puff" in dem speziell vorbereiteten Krankenzimmer erschien. Schnell öffnete er seinen großen, weiten Mantel, um seine wertvolle Fracht abzusetzen. Der Osterhase wurde sofort behutsam in ein Krankenbett gehoben. Aber auch der Esel, Fred, Jonathan und Glimmer wurde führsorglich umsorgt. Es war ein emsiges Treiben.

Gerade als Herr W-Mann den Raum betrat und dem Hasen der Puls gemessen wurde, hatte das Pflegepersonal alle Anwesenden aus dem Raum verwiesen. Nur das Krankenpersonal sowie Herta und Karl durften dem Geschehen beiwohnen. Ein heißes Bad mit Möhrenmus wurde eingelassen und Zusätze wie Krokus- und Maiglöckchenduft hinzugefügt. "Ja, er lebt noch", sagte der oberste Heilgnom, "der Puls ist zwar schwach, aber er lebt noch." Ein Jubeln durchzog den Raum. Zügig und schnell hievten sie den Osterhasen in das frisch eingelassene Bad.

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Vorsichtig achteten die Pfleger darauf, dass der Kopf nicht im Möhrenmus versank. Eine Essenz aus frischem Ei wurde hinzugegeben. Gespannt warteten die Helfer auf eine Regung des Osterhasens jedoch nichts geschah. Er blieb unbewegt in seinem frischen Bad aus warmem Möhrenmus. Er reagierte auf kein Klopfen nach Reflexen an den Knien oder auf Zwicken in die Oberarme. Mehr und mehr spannte sich die Situation an. Vorsichtig versuchte man ihm die Lider zu öffnen, doch auch das blieb ohne Erfolg.

"Nichts - keine Reaktion", sagte ein Pfleger, der die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Schon bald wurden Herta und Karl an das Krankenbett gerufen. Zumindest ihre Liebe sollte den alten Hasen wieder gesund werden lassen. War es doch auch beim Weihnachtsmann gelungen. Die beiden Heil- und Helfergnome streichelten das nasse Hasenfell aber er reagierte nicht. "Ich glaube ihm fehlt etwas ganz Entscheidendes. Er ist hier in der Weihnachtswelt. Er fühlt sich in seiner Welt am Wohlsten. Was könnte er vermissen?", fragte sich Karl und sah erwartungsvoll in Hertas braune Augen. "Ich weiß es auch nicht Karl", erwiderte Herta und war der Verzweifelung nahe. "Alma?", sagte eine leise unterschwellige Stimme. "Alma!" "Schau, Karl", der Osterhase hat zu uns gesprochen.

Dann wurde es ruhig im großen Krankensaal von Shiny Nose. Alle warteten auf das Erwachen, ein weiteres Lebenszeichen, des Osterhasens und die Stille im Raum schien laut zu werden, bei all' der Anspannung innerhalb des großen Gemäuers. Es tat sich nichts. Der Osterhase blieb genauso unbewegt liegen wie zuvor. Er sprach kein einziges Wort mehr. Er blieb starr und stumm - wie gelähmt. Sein Puls sank beträchtlich ab. Helfer eilten herbei und schlossen ihn an diverse Messgeräte an, die jedoch nur beängstigend schwach ausschlugen. Der Obergnom verabreichte ein Frühlingsserum, in der Hoffnung auf Erfolg.

Wer ist Alma, fragte man sich und kam dabei auf keine fruchtende Antwort. "Wir müssen Santa um Rat fragen, Herta. Vielleicht kann er uns helfen." Karl bat die Oberschwester nach dem Weihnachtsmann zu fragen. Dieser befand sich zwischenzeitlich mit Herrn W-Mann im Büro, um die angespannte Situation zu beraten.

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Aktion Nikolaus

"Ach wissen Sie Herr W-Mann. Mir ist wohl bekannt, dass sie mit Ihrem Kollegen, dem Nikolaus nicht besonders auskommen, da er uns in Sachen Geschenke nun bald den Rang ablaufen wird. Aber was soll es? Die Zeiten gebieten es nun, dass wir zusammenhalten müssen. Wir sind schließlich Verbundpartner, vergessen Sie das nicht. Wir sollten Frl. Bratapfel bitten mit Herrn Nikolaus Kontakt aufzunehmen. Er soll zu uns kommen und sich um die hinterbliebenen Hasen aus der Scheune kümmern. Sie werden keine Ruhe geben. Dieser Pierre hat dort das Zepter übernommen. Er glaubt der Nachfolger des Osterhasens zu sein. Er wird Barbarella behilflich sein Weihnachten abzuschaffen, damit er, wie er denkt, Ostern als alleiniges Fest ausrichten kann. Noch hat er nicht verstanden, warum sie solch ein riesiges Einkaufscenter hat erbauen lassen. Sie wird ihm ebenso schaden, was aber im Moment nicht unser Problem sein sollte. Wir müssen auch die Hennen des Herrn Osterhasen zu uns holen. Sie sind ihm so sehr ans Herz gewachsen. Was auch immer über Herrn Hase erzählt wurde. Alles nicht wahr, sage ich Ihnen, Herr W-Mann. Alles nicht wahr. Lassen sie diesen Fall also um Gottes Willen durch den Nikolaus erledigen. Wir müssen das Buch der Bücher suchen gehen - in der Höhle des Löwen - Barbarellas Einkaufscenter. Denn darum müssen wir uns selbst kümmern, mein Guter", wies der Weihnachtsmann an und atmete tief und schwer durch.

Die Oberschwester stürmte in das Büro von Herrn W-Mann hinein, so dass Frl. Bratapfel Mühe hatte sie aufzuhalten. "Entschuldigen, Sie Herr W-Mann. Ich konnte Sie nicht stoppen", wehrte Frl. Bratapfel ab. Die Oberschwester der Heilgnome ließ sich nicht abweisen. "Herr Weihnachtsmann. Sie mögen bitte zu Herrn Osterhase kommen. Er hat für kurze Zeit gesprochen. Herr Karl bat, sie zu Rate zu ziehen. Es eilt", pustete sie atemlos und erschöpft. "Was hat er denn gesagt, Frau Oberschwester? Bewegt er sich wieder, atmet er regelmäßig?", befragte der Weihnachtsmann die Oberschwester voller Aufregung. "Na ja", sagte diese. "Eigentlich hat er nur ein Wort gesagt. Alma!"

Der Weihnachtsmann rieb seinen weißen Bart und dachte nach, während er sich gleichzeitig mit Herrn W-Mann in Richtung Krankentrakt aufmachte. Noch unterwegs rief Herr W-Mann Frl. Bratapfel zu, sie möge bitte Herrn Nikolaus unverzüglich abkommandieren. Ein flotter Esel würde schon bereitstehen.

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Frl. Bratapfel sah der Angelegenheit ziemlich misstrauisch entgegen, zumal der Nikolaus schon vor Tagen einen Termin mit Herrn W-Mann hatte ausmachen lassen, dann an der Abflugschneise bereit stand und kein Esel Shinys habe ihn dort abgeholt und das Telefon war dort merkwürdigerweise tagelang gestört, sodass man nicht einmal hätte vorzeitig absagen können. "Wie soll ich das nun Frau Dezember erklären?"; murmelte Mirinda vor sich hin, während sie geschäftig die Nummern ihres Tastentelefones betätigte. "Hallo, Vorzimmer des Nikolauses. Sie sprechen mit Eveline Dezember", säuselte es bereits einige Momente später aus gegenüberliegenden Leitung. "Ja, hallo Frau Dezember. Hier ist Mirinda, Mirinda Bratapfel", und Frl. Bratapfel hatte Mühe ihre Stimme kontrolliert zu steuern. "Ach, Sie? Na, das wir das noch einmal erleben dürfen. Ich will Ihnen mal etwas sagen, Frl. Bratapfel. Mein Herr Nikolaus hat stundenlang an unserer Abflugsschneise gestanden, um auf ihren Esel von der flotten Truppe zu warten, oder wie die auch immer heißen mögen. Er ließ sich nicht beirren und hat lange dort gewartet. Solange, bis ihn ein Schnupfen erwischt hat. Na ja, Sie wissen schon. Ein Nikolaus unterscheidet sich da auch nicht von anderen Männern. Ich hatte schon Mühe seine Jammereien zu ertragen. Und sie haben es nicht einmal für nötig gehalten, den Termin abzusagen." Ein Bildtelefon wäre in dieser Situation wirklich nicht nötig gewesen, um sich vorstellen zu können, wie die Mimik von Frau Dezember ausgesehen hatte. "Ja, sie haben ja recht, Frau Dezember aber ihr Telefon schien defekt gewesen zu sein. Ich konnte sie tagelang nicht erreichen. Es bleibt nun aber keine Zeit mehr, um viel zu erklären. Der Weihnachtsmann ist wieder genesen und hier bei uns in Shiny. Wir benötigen wirklich ihre Hilfe. Sagen Sie Herrn Nikolaus er möge sich erneut an ihre Abflugsschneise begeben. Wir senden Ihnen einen Esel, der gleich bei ihnen eintreffen wird, um ihn abzuholen. Diesmal wird nichts schief gehen, dafür garantiere ich. Es ist Eile geboten. Wir brauchen dringend die Hilfe von Herrn Nikolaus", erklärte Frl. Bratapfel und klickte aufgeregt den Stift ihres Kugelschreiber rein und heraus. "Ist gut, Mirinda. Ich werde ihn gleich verständigen. Er wird sich bereit machen. Mein Gott, bin ich aufgeregt. Lassen sie uns später weitersprechen. Ist ja alles ungewöhnlich. Ich bin froh, wenn dieses Jahr ein Ende nimmt. Auf Wiederhören, meine Gute. Bis bald dann." Ja, Eveline, machen Sie es gut. Bis dann", und Frl. Bratapfel legte auf.

Frau Dezember verließ übereilt ihren Arbeitsplatz. Ja, so sehr in Eile, dass sie mit ihrem neuen Kostüm an der Schreibtischecke hängen blieb und das Innenfutter zerriss. Mit einem Fluch auf den Lippen blieb sie jedoch nicht stehen, sondern informierte pflichtbewusst wie sie war, den Nikolaus über die neuen Geschehnisse.

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Dieser war gerade dabei sich in einem brandneuen Katalog der Spielzeugmesse über neue Produkte zu informieren als ihn die Nachricht erreichte. Schnellen Schrittes forderte er seinen Wintermantel und begab sich zur Abflugschneise, wo einer der schnellsten Esel Shinys soeben eingetroffen war und einen großen Eimer frisches Wasser trank.

"Oh, Herr Nikolaus, entschuldigen Sie, ich habe Sie nicht kommen sehen. Einer Ihrer Angestellten war so freundlich mir einen Eimer Wasser anzubieten. Mein Maul war durch den schnellen Flug schon recht trocken geworden. Bitte steigen Sie auf, wir können sofort abfliegen. "Schon gut, Herr Esel. Wir wollen keine Zeit verlieren. Der Weihnachtsmann schickt nach mir", entgegnete der Nikolaus stolz und bedeckte seine Beine zusätzlich mit einer gesteppten, warmen Decke. Es kann dann losgehen", forderte er den Esel auf, der bereits Anlauf nahm, um das Tempo bis zum Ende der Flugbahn so zu erhöhen, um gekonnt abfliegen zu können.

Schon bald zogen Sie durch die kalte Weihnachtsluft. Der Esel nutzte die Zeit den Nikolaus über die Geschehnisse zu informieren. "Herr Nikolaus. Frl. Bratapfel hat mich gebeten Ihnen die Situation schon im Vorfeld zu erklären, damit Sie auch gleich im Bilde sind", erklärte der Esel und berichtete vom Weihnachtsvirus, seiner Heilung, der Misere mit dem Osterhasen und der neuen Übernahme seiner Macht sowie von der Hexe Barbarella und ihrem bedrohlichen Plan. Der Nikolaus schwieg bis zu seiner Ankunft. Vom Weihnachtsmannvirus hatte er schließlich schon lange gewusst, aber, dass der Osterhase unschuldig sein sollte, wo er doch dachte er wolle auch ihm selbst Böses antun und die Geschichte mit der Hexe machte ihn mehr als sprachlos. Nun konnte er sich auch erklären, warum seine Telefone über Tage nicht funktionierten. Wollte er sich doch schon lange mit Herrn W-Mann austauschen, doch alle Kommunikationsmittel zur Außenwelt waren gestört.

Schon bald hatten die beiden die Station der flotten Esel erreicht. Der Nikolaus stieg schnellen Schrittes ab und begrüßte das bereits auf ihn wartende Frl. Bratapfel. Sie hatte Fred und Jonathan gebeten einen Korb leckerer Kekse vorzubereiten, die dem Nikolaus bei der Ankunft gereicht wurden. Es war keine Zeit ein angemessenes Empfangskomitee zu stellen. Ein paar Kekse und ein warmer Kakao mussten in diesem Fall reichen.

"Willkommen, Herr Nikolaus. Mein Name ist Mirinda Bratapfel. Wir haben schon einige Male miteinander telefoniert. Ich möchte Sie bitten gleich mit in die Krankenstation zu kommen.

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Hier erwarten Sie bereits der Weihnachtsmann und Herr W-Mann. Ich denke der Esel hat sie über die Vorkommnisse der letzten Zeit in Kenntnis gesetzt." "Natürlich, Frl. Bratapfel. Ich bin im Thema. Bitte gehen Sie doch vor", und ließ der freundlichen Dame mit einem Fingerzeig den Vortritt. "Vielen Dank, Herr Nikolaus. Bitte steigen Sie auf diesen internen Esel. Er hat gerade frisches Wachs auf die Snowboards bekommen und kennt den Weg. Er wird sie in den Krankentrakt bringen, wo sich derzeit der Osterhase aufhält. War nett Sie kennen gelernt zu haben. Bis nachher vielleicht", und Frl. Bratapfel zog winkend ab. "Danke! Ja, und danke für den Kakao", und während er noch sprach machte er sich schon auf, die Anstelltreppe zum Aufsteigen auf den doch recht großen Esel zu nutzen. Sekunden später schon erreichten Sie die Krankenstation.

Der Weihnachtsmann saß am Bett des Osterhasen. Nur allzu mühsam versuchte er mit seinem alten Kollegen zu sprechen, doch leider ohne Erfolg. Der Osterhase blieb weiterhin stumm. "Alma, Alma?", sprach der Weihnachtsmann vor sich hin. Wer könnte das nur sein? Wenn er trotz seiner Schwäche noch ihren Namen sagen konnte, so musste das sicher der Schlüssel zu unserem Ziel sein, ihn zu heilen. "Osterhase", sprach er zu seinem alten Freund. "Wir werden Alma finden. Ich verspreche es dir. Sie wird bald hier sein". Der Weihnachtsmann überkreuzte seine Zeige- und Mittelfinger, um seine Notlüge zu entschuldigen. Wenn eine Notlüge der guten Sache diene, so dachte er, konnte man auch schon einmal flunkern. Der Osterhase öffnete für einen kurzen Moment seine Augen und verfiel dann wieder in einen Dämmerzustand. "Das muss wirklich die Lösung sein", mischte sich Karl ein. "Herr Weihnachtsmann, haben Sie seine Reaktion gesehen?" "Ja, Herr Karl, das habe ich", antwortete der Weihnachtsmann und löste heimlich seine überkreuzten Finger.

"Entschuldigung", warf der Nikolaus in den Raum. "Sie haben mich gerufen, Herr Weihnachtsmann?" "Oh, ja, mein Lieber. Wie gut, dass Sie da sind. Wir benötigen Ihre Hilfe. Kommen Sie bitte mit Herrn W-Mann und mir in sein Büro. Sie müssen uns zum Wohle Aller helfen", sprach Santa und sprang auf den soeben zum Stillstand gekommenen Esel.

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Stromausfall

Im Büro von Herrn W-Mann angekommen wurden sofort wichtigste Informationen ausgetauscht. Der Nikolaus sollte sich auf den Weg in die Scheune des Osterhasen machen und sich von dort aus auf die Suche nach den halbstarken Hasen und den Osterhennen begeben. Gezielt sollte er nach Alma Ausschau halten, von der noch niemand wusste, wer sie war. Als Helfer sollten erneut Fred, Jonathan und Glimmer mit auf die Reise geschickt werden, die sich mit den dortigen Gegebenheiten bestens auskannten. Ein durch den Weihnachtsmann selbst zusammengestellter Korb mit diversen Schutzzaubern sollte Hilfe in schwierigen Situationen bieten. Gerade als sich das Helferteam mit dem letzten Proviant auf einem frischen Esel wiederfand und in die Lüfte abhob, erlosch das Licht des gesamten X-Mas Centers.

Die mobile Truppe, ein Elektrikerteam, schwärmte sofort aus aber konnte keinen Kurzschluss feststellen, die Sicherungen waren alle in Ordnung und trotz größter Bemühungen, wollte der Stromkreis sich nicht mehr schließen. Nach geschäftigen Suchen, nach Kerzen und Glühwürmchen für den Notfall, erstrahlte das Licht schon bald wieder, wie von Geisterhand, wie eh und je - das weihnachtliche Licht Shinys. Doch wo war er, der Osterhase? Die Badewanne war leer. Allein eine tropfende Spur mit Möhrenmus wies darauf hin, dass der Hase da gewesen war. Die Spur endete aber ganz plötzlich und dieses nicht an einem Ausgang, sondern mitten im Raum. Sie brach einfach ab und endete im Nichts. Als der Weihnachtsmann wohlwissend und vorausschauend das Krankenzimmer erreichte, um nach dem Osterhasen zu sehen, erkannte er bereits den verwaisten Platz.

"Sie war es. Es war Barbarella", grollte er. "Sie hat unseren Osterhasen entführt. Herr W-Mann, Sie bleiben hier und halten mich auf dem Laufenden. Der Nikolaus ist auf dem Wege zur alten Hütte des Hasens und ich werde mich auf den Flug zu Barbarellas Einkaufscenter machen. Zum Schutz benötige ich Sie Herta und auch Herrn Karl. Bitte kommt. Ich setze euch in meine Manteltasche."

Und gesagt, getan, nahm er beide auf seine große Hand und setzte sie vorsichtig in der samtigen Tasche ab. Das Licht begann erneut zu flackern und weg war er, der Weihnachtsmann. Der Nebel des starken Schubes setzte sich nur langsam. Die Sicht wurde klarer. Die restlichen heilenden Gnome und Herr W-Mann sahen sich verdutzt an. Niemand sagte ein Wort. Den Gesichtern war einfach nur große Hilflosigkeit anzusehen.

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Barbarellas Center

Währenddessen hatte der Weihnachtsmann schon bald das große Einkaufscenter erreicht. Die Leuchtreklame war so groß und mächtig, dass sie schon kilometerweit zuvor zu sehen war. Mit einem lauten Knall setze er vor der Transferbrücke à la Venedig des Centers schließlich auf. Herta und Karl hielten sich die Hand. Trotz des Wissens, dass ihnen niemand etwas anhaben konnte, fürchteten sie sich. Beharrlich hielten sie sich in dem Innenfutter der großen Tasche des Mantels Santas fest. Der Weihnachtsmann stürmte beharrlich über die Brücke. Er war so in Rage, dass sie doch arg zu wackeln begann und Herta und Karl Angst hatten seekrank zu werden, bis er schließlich den Eingangsbereich des lichtumfluteten Einkaufscenters erreichte. Er versteckte sich nicht, nahm keinen Hintereingang, sondern ging schnellen Schrittes direkt durch den Haupteingang. Alle Mitarbeiter dort waren zur Freude der Kinder bunt geschminkt. Clowns und Jongleure ermunterten die Kinder und deren Eltern, die mit strahlenden Augen die Akteure betrachteten.

Der Weihnachtsmann schob an ihnen vorbei in Richtung Kundeninformation, um nach Barbarella zu fragen. Die ungläubigen Blicke der Mitarbeiter verfolgten den Weihnachtsmann. Keiner von ihnen konnte und wollte es glauben, den leibhaftigen Weihnachtsmann zu sehen. Sie zeigten mit Fingern auf ihn und ein Wispern und Raunen durchzog den Eingangsbereich des großen Centers. "Herr Weihnachtsmann?", so flüsterte Herta aus der Manteltasche. "Sind wir schon drinnen?", fragte sie zaghaft. "Ja, Herta", so antwortete er, "Wir sind Mitten im Geschehen." "Ja, ist das nicht zu gefährlich, wenn uns hier all' die Kinder und deren Eltern sehen? Und bedenken Sie die ganzen Angestellten, Herr Weihnachtsmann", mischte sich Karl in das Gespräch ein. "Keine Angst, Herr Karl", entgegnete der Weihnachtsmann. Das Center habe ich zuvor mit einem Vergiss-mich-Zauber belegt. Alle Personen werden uns vergessen haben, wenn wir an Ihnen vorbeigezogen sind." Der Weihnachtsmann tätschelte liebevoll seine Manteltasche und hielt an der Information an.

"Guten Tag. Meine Dame. Ich komme vom Nordpol und habe hier einen Termin mit Ihrer Chefin - Frau Barbarella. Bitte melden Sie mich bei ihr an", wies Santa an und zeigte auf das Telefon neben der Rezeptionsdame. "Guten Tag", sagte sie freundlich. "Kennen wir uns? Ich meine ich habe sie schon irgendwo einmal gesehen. Ich kann mich aber nicht daran erinnern", deutete die rothaarige Frau an und sah in den Terminkalender. "Komisch? Ich habe gar keinen Termin eingetragen. Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht in der Zeit geirrt haben?

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Der nächste Termin steht hier erst in einer Stunde; mit einem Spielzeugvertreter, Herrn Toy", erklärte die rothaarige Dame der Information und überprüfte erneut mit ausgestecktem Zeigefinger und frisch lackierten Nägeln die Eintragungen Ihres Terminkalenders.

"Junge Frau. Ich bin Herr Toy. Mein Flieger landete früher, sodass ich noch ein bisschen zu früh dran bin", und schnell sah man den Weihnachtsmann erneut seine Zeige- und Mittelfinger kreuzen, wie er es sich bei einer Notlüge zur Gewohnheit gemacht hatte. "Richtig. Jetzt erkenne ich sie auch. Ich wusste doch nicht mehr, warum sie mir so unheimlich bekannt vorkamen. Bitte nehmen Sie den Fahrstuhl. Ich werde Sie gleich anmelden. Frau Barbarella finden Sie in der 55. Etage. Gleich die erste Tür rechts. Sie haben dort eine wunderschöne Aussicht über die Stadt, wie sie gleich sehen werden.

Karl und Herta unterdes verdrehten die Augen und wunderten sich doch schon sehr über die Naivität mancher Menschen. Freuten sich jedoch, dass bis dato alles gut zu klappen schien.

Kurz darauf erreichte der Weihnachtsmann die 55. Etage des großen Einkaufscenters. Vorbei an herrlichen Kinderbekleidungsmoden, Kinos, diversen Restaurants. In der Mitte des Gebäudes zierte ein großer Brunnen mit bunten Fischen das Centrum und drumherum lagen einige Fahrgeschäfte, die Santa selbst nur von großen Weihnachtsmärkten kannte. Es roch lecker hier und es herrschte ein wirklich buntes Treiben. Innerlich hatte er schon ein wenig Bedenken, sich mit dieser Dame anzulegen. Sie hatte alles wirklich liebevoll herrichten lassen. Alles was das Herz begehrte konnte man hier kaufen.

Große Heizungsrohre verliefen an der Decke entlang aber dem Weihnachtsmann war es innerlich doch bemerkenswert kalt. Er musste darüber schmunzeln. Schließlich wusste er, dass kein Öl dieser Welt ein Gebäude wohlig warm erscheinen ließ, wenn Entscheidendes fehlte: Liebe! Ja, und wenn er sich richtig umsah, so waren alle Kinder und ihre Eltern in dicke Mäntel eingehüllt, obwohl es draußen für diese Jahreszeit entschieden zu warm war. "Zittert nicht, meine Freude in der Tasche", sprach er hinab zu Herta und Karl. Hier gibt es keine Liebe. Versucht euch an meinem Innenfutter hochzuziehen und schaut einmal aus meiner Tasche. Haltet euch aber gut fest, damit ihr nicht herausfallt. Auf den ersten Blick werdet ihr alles als wunderschön empfinden, aber seht bitte genauer hin", mahnte er und half seinen Freunden den Aufstieg aus seiner Tasche zu erleichtern.

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"Oh ja", sagte Herta. "Dort oben sind überall dicke Eiszapfen an der Decke. Und schaut, dort rechts in dem Café: Aus der Tasse der Gäste dampft duftender Cappuchino. Und seht: Die Untertassen sind an den Tassen festgefroren, sodass die Gäste beides zum Mund führen müssen, um zu trinken. Stimmt, hier kann keine Liebe sein. Überall ist es bedrohlich kalt. Wo ist hier die Wärme in den Herzen der Menschen?" Herta war verständnislos über die Oberflächlichkeit der Menschen und doch auch zufrieden über ihre Chance mit der Zauberkraft der Liebe doch noch alles zum Guten wenden zu können.

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Die 55. Etage

Santa und seine Freude erreichten das Büro von Barbarella. Übermütiges Lachen war deutlich durch die Türschwelle zu hören. Zunächst überzeugte sich der Weihnachtsmann, ob jemand auf dem Flur zu sehen war und nahm dann einen ausgiebigen Blick durch das Schlüsselloch von Barbarellas Büro. Sie unterhielt sich mit einem Hasen. Soweit konnte er alles erkennen. Da er aber im Laufe der Jahre immer mehr Probleme mit dem Hören hatte, so öffnete er ganz behutsam die Tür, sodass er durch einen kleinen Spalt der Unterhaltung der Beiden folgen konnte.

"Ach Pierre, das wird ein Spaß. Ich sage dir. Wir können uns nachher sehen und alles Weitere besprechen. Sie nur zu, dass du dem Osterhasen noch eine ordentliche Menge von diesem Weihnachtstee spritzt. Und lass meine Wachen vor seinem Bett stehen, damit der zähe Alte endlich das Augenlicht schließt und keine Zicken macht. Diese Heilgnome aus Shiny hatten ihn schon wieder ganz gut aufgepäppelt. Die restlichen Hasen des Osterhasen können vorerst bei mir im Lager arbeiten. Verkaufe ihnen die Geschichte ein bisschen interessant, damit sie auf den Deal eingehen. Du musst jetzt gehen. Der Spielzeugvertreter, Herr Toy, kommt ein wenig früher. Wir wollen die neue Kollektion durchgehen. Er ist schon auf dem Weg zu mir und er muss jeden Moment hineinkommen", erklärte Barbarella und konnte ein zufriedenes Grinsen nicht verbergen.

"Ja, aber Barbarella?", fragte Pierre. Wieso sollen meine Hasen denn bei dir im Lager arbeiten? Ich werde schließlich der neue Osterhase und sie sind doch schließlich mir unterstellt", empörte sich Pierre noch recht unterschwellig. "Ach mein Liebling. Sei doch kein Dummchen. Sie sollen bei mir doch nur den richtigen Schliff bekommen, damit sie dann für dich effektiver arbeiten können, wenn du das Zepter von Ostern allein in der Hand hältst. Im Moment können Sie sich doch somit ein bisschen Geld dazuverdienen und du hast es später leichter mit ihnen. Nimm ihnen nachher einfach das Geld ab und lade mich mal wieder zu einem netten Urlaub zum Skifahren ein. St. Moritz könnte mir gefallen", und verführerisch drückte Barbarella dem ahnungslosen Pierre einen dicken Schmatzer auf die Wange.

"Du hast die besten Ideen!", grinste Pierre über das ganze Gesicht und wollte sich gerade zum Ausgang machen, als Barbarella ihn noch an einem Arm festhielt und ergänzte. "Vergiss nicht, Schatz, die Hennen in die Drahtkäfige neben den Müllcontainern einzusperren.

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Ich werde ihre Eier als Bioeier verkaufen und speisen können die Hühner den Kompostmüll gleich nebenan. Wenn du für dein Osterfest also Eier brauchen solltest, könnte ich sie dir zu einem fairen Preis lassen und du bräuchtest dich nicht mehr den ganzen Tag dem Tratsch der Hennen auszusetzen. Das war dir doch immer schon ein Dorn im Auge, nicht wahr, Liebling?", und zärtlich streichelte sie sein zottliges Fell. Pierre warf ihr eine Kusshand zu und verließ beschwingt den Raum.

Der Weihnachtsmann schloss eilig die Tür und versteckte sich in einem Seitengang, neben einer Abstellkammer, um nicht auf den Hasen zu treffen.

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Das Gedicht

Währenddessen erreichten Fred, Jonathan, der Esel, der Nikolaus sowie die kleine Glimmer erneut die alte Scheune des Osterhasen. Vorsichtig schlichen Sie sich an den alten Bretterverschlag heran. "Merkwürdig", drängelte sich Glimmer hervor. "Hier scheint Niemand mehr zu sein. Alles ist still. Meint Ihr, ich sollte mal vorfliegen, um nachzusehen?", fragte sie in die Runde und beschleunigte, ohne auch nur eine Antwort abzuwarten, das Tempo in Richtung zweier fehlender Holzleisten, um hindurch zu fliegen.

"Halt", warnte der Nikolaus. "Ich weiß nicht, wie es bei euch in Shiny gelebt wird, aber bei uns gibt es so etwas wie Tarnfarben oder wolltest du etwa in deiner bunten Tracht hineinfliegen?" "Uuuuuups", druckste Glimmer verschämt und Fred und Jonathan verdrehten die Augen. "Ja, Sie haben recht, Herr Nikolaus. Ich werde mir gleich ein wenig Zimtpulver auf die Flügel machen, damit ich nicht zu sehen bin, wenn ich an den Holzwänden entlangfliege", sagte sie und zog fluchs das Pulver aus ihrer kleinen güldenen Tasche. "Glimmer, bitte berühre nichts, wenn du jetzt gehst. Wir müssen alle Details überprüfen. Sei bitte vorsichtig. Wenn du in 5 Minuten nicht zurück bist, werden wir dir zur Hilfe kommen", belehrte der Nikolaus und faltete seine Hände zu einem kurzen Gebet.

Kurzerhand hatte Glimmer sich mit frischen Zimtpulver eingestäubt und machte sich auf und davon und ward schon alsbald nicht mehr zu sehen. Drinnen angekommen schaute sie auf die Reste der Feier der Hasen. Doch es war niemand mehr da. Keine Hennen und keine Hasen und auch von Pierre war keine Spur zu sehen. Sie durchsuchte alle Zimmer. Die Erinnerungen der Flucht nach Shiny nahmen sie schon ein wenig mit. Was hatten sie alle an Ängsten ausgestanden? Innerlich war sie schon mächtig stolz auf sich, der Lage so tapfer ins Auge zu sehen. Und wie Glimmer nun einmal war, drifteten ihre Gedanken ab und sie sah sich auf einer abschließenden Feier in Shiny, in einem goldenen Kleid mit Krone geschmückt und wurde von den höchsten Persönlichkeiten Shinys für die Rettungsaktion geehrt.

Gerade als sie sich in Gedanken auf einem roten Teppich schreiten sah, drangen der Nikolaus mit seinem Gefolge ins Innere der Scheune. "Mein Gott Glimmer, geht es dir gut? Ist dir etwas passiert? Warum bist du nicht wieder herausgekommen? Ist alles in Ordnung?" Jonathans Fragen überschlugen sich als sie auf Glimmer trafen, die sich mit einem kleinen Fächer in der Hand bei geschlossenen Augen Luft zufächerte und in einer schreitenden Weise an der Decke entlang flog und gleichzeitig eine Hymne summte. "Ja, das kann doch echt nicht wahr sein. Was macht Madame denn jetzt nun wieder?

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Übst du Hochzeit oder läufst du auf einem Laufsteg entlang? Wir machen uns Sorgen und du spielst hier genüsslich Prinzessin." Fred war außer sich vor Zorn und bereute es gerade jetzt aktuell erneut Jonathan damals den Vorschlag nicht ausgeschlagen zu haben, Glimmer auf die Exkursion mitzunehmen. Die kleine Fee tat gar nicht dergleichen und berichtete kurz und knapp, dass sie bereits alles inspiziert habe und keiner der Räume noch bewohnt sei.

Der Nikolaus unterbrach kurzerhand die Diskussion und wies an, nach Indizien zu suchen. "Wir müssen nachsehen, ob wir Hinweise, Zettel oder etwas anderes finden, was uns weiterbringen könnte. Schaut in allen Schubläden und Schränken nach.

Es verging eine kostbare Stunde aber unsere Freunde kamen ihrem Ziel in keinster Weise näher. "Wer oder was soll denn nur diese Alma sein?", fragte sich der Nikolaus. "Vielleicht ist es eine Henne, die er besonders mag", sagte Fred ganz überheblich wichtig. "Mag möglich sein, aber wo soll sie sein? Sicher hat dieser Pierre sie mitgenommen", entgegnete Fred und kratzte sich am Kinn.

"Moment mal", sprudelte es auch Glimmer heraus. "Der Osterhase scheint auch poetisch zu sein. Hier auf seinem Klavier liegt ein selbst geschriebenes Gedicht. Soll ich es mal vorlesen?" "Ach Glimmer", sagte der Nikolaus. "Dafür haben wir nun wirklich keine Zeit." "Aber hört doch", so Glimmer, "der Text reimt sich so schön. Hört zu - ich lese mal vor", erklärte Glimmer vorlaut und begann ungefragt vorzulesen.

"Du findest es ganz tief im Meer. Die Menschheit fürchtet es gar sehr. Derzeit eingeschlossen von einer Schicht, kommt es nicht ans Sonnenlicht."

"Hör auf damit Glimmer. Das ist kein Gedicht. Lass uns wieder nach Hause fliegen. Hier ist nichts", beschwerte sich Fred und zeigte unserer kleinen Fee einen Vogel."

"Lies weiter, mein Kind. Es könnte eine Nachricht sein. Vielleicht wollte der Osterhase etwas mitteilen und hatte gehofft, dass jemand seine Nachricht findet", erklärte Herr Nikolaus und forderte sein Retterteam zum absoluten Stillschweigen auf.

"Also ich beginne noch einmal von vorn", wies Glimmer darauf hin und begann erneut zu lesen":

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"Du findest es ganz tief im Meer. Die Menschheit fürchtet es gar sehr. Derzeit eingeschlossen von einer Schicht, kommt es nicht ans Sonnenlicht. Verzaubert schon seit langer Zeit, ist es eingeschlossen in seinem Wasserkleid. Es gibt viele Geschichten, dass es Böses muss verrichten. Für seine Herrin jederzeit, ist das Ungeheuer stets bereit. Zur Verwirklichung von ihrem Plan; macht es sich Barbarella Untertan. In dem Bauch versteckt sich eine wertvolle Fracht, die den Kindern in der Welt zuvor viel Freude hat gebracht. Das Buch der Bücher trägt es versteckt, in der Hoffnung, dass es hier niemand entdeckt. Im Herzen ist das Seeungeheuer gut, findet sich jemand, der hat ausreichend Mut. Und wollt ihr wissen was es schon lange war - eine Seeschlange namens A L M A.

Mit aufgerissenen Augen schauten sich die Freunde gegenseitig an. Zunächst blieben sie stumm, bis jedermann durcheinander sprach. Alle wollten den Text analysieren und erklären. Es herrschte ein wirres Durcheinander.

"Ruuuheee", der Nikolaus wurde sichtlich böse. "Wir können hier nicht alle durcheinander reden, meine Herrschaften, das bringt uns nicht im Geringsten weiter. Als erstes müssen wir den Weihnachtsmann informieren, dass Alma ein böses Seeungeheuer ist, das in irgendeinem Gewässer eingeschlossen ist. Warum auch immer. Fred, schau du gleich mal in dem Korb vom Weihnachtsmann nach, ob er etwas hineingepackt hat, was uns nun weiterhelfen könnte." Und gleich durchstöberte Fred bereitwillig den Inhalt des großen Korbes.

"Ja, lasst mal sehen. Hier gibt es eine Paste für den kleinen Hunger zwischendurch. Und hier haben wir eine Feder mit Augen, die Dinge ausspionieren kann, und hier eine Kerze, die Böses abwenden kann. Und weiter noch ein Bonbon, mit dem man lügen kann, ohne rot zu werden, eine Taschenlampe für Infrarotlicht und einen Schnupftabak, der anderen das Fürchten lehren sollte. Und, und, und....", erklärte Fred.

"Ach, das hilft uns alles nichts", winkte der Nikolaus ab. "Ähm, wenn ich mich mal einmischen dürfte", bat der Esel. "Ich könnte doch einen telepatischen Notruf absetzen. Mein Puls ist normal. Es sollte also funktionieren. So wissen Herr W-Mann und der Weihnachtsmann gleich Bescheid und können aktiv werden, das Seeungeheuer zu finden. Ich werde den Text gleich mitsenden." Und so geschah es. Nach einer kurzen Besprechung stimmten der Nikolaus und seine Helfer der Idee des Esels zu.

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Der telepathische Notruf

Zeitgleich fassten sich der Weihnachtsmann sowie Herr W-Mann an die Stirn. Die Gedankenübertragung löste bei beiden einen stechenden Kopfschmerz aus. Der Weihnachtsmann versuchte in seinem Versteck, dem Seitengang zu Barbarellas Büro, möglichst unbemerkt zu bleiben und biss sich daher beim Ankommen der Daten auf die Zähne. Herr W-Mann, in Shiny jedoch, machte keinen Hehl daraus und schrie so laut auf, dass Frl. Bratapfel sich selbst mit Riechsalz beatmen musste, um nicht die Fassung zu verlieren. Wenige Sekunden später war bereits alles überstanden. Herr W-Mann sowie der Weihnachtsmann waren über die Situation im Bilde. Nun war es an der Zeit sich miteinander zu verständigen. Herr W-Mann kramte in seiner Schublade und räumte geschäftig in ihr herum.

"Frl. Bratapfel", ertönte es alsbald durch die Sprechanlage. "Wo liegen meine Telekabel?", herrschte er. "Moment, ich komme", sagte Mirinda eilig und betrat sogleich das Büro ihres Chefs. Sie meinen diese Dinger, die ich Ihnen an den Kopf kleben muss, damit sie gedanklich mit einer anderen Person verbunden sind?", fragte Frl. Bratapfel. "Ja, genau, die Dinger meine ich. Wo haben Sie die denn nun in Gottes Namen hingebusselt? Mein Gott, Ihre Ordnung möchte ich haben", schimpfte er. "Wenn Sie die bloß hätten, Chef", lachte Mirinda. "Ach, sehen Sie, da liegen sie ja. Direkt vor Ihrer Nase."

Kurzerhand legte Mirinda Herrn W-Mann die Telekabel an. Dieser bat wiederum darum ihn allein zu lassen und nicht gestört zu werden, um sich besser konzentrieren zu können. Eilig verließ Frl. Bratapfel das Büro. Neugierig versuchte sie das Geschehen von draußen zu belauschen. "Denken Sie nicht einmal daran, Mirinda", rief ihr Herr W-Mann noch nach. "Wie gesagt, die Telekabel funktionieren telepathisch. Sie werden davon nichts mitbekommen. Bitte gehen Sie also vom Schlüsselloch weg und widmen Sie sich ihrer Arbeit", sagte Herr W-Mann und freute sich wieder einmal diebisch seine Mirinda so gut zu kennen. Wortlos verließ diese den Türrahmen und grollte still vor sich hin.

Herr W-Mann selbst zog sich in seinen großen Sessel zurück und schloss die Augen. Schon bald bemerkte er, wie das Blut schneller durch seine Adern floss und sein Atem beträchtlich ruhig wurde. Die Gedanken begannen zu ziehen. Folgende Fragen stellte er an den Weihnachtsmann und erzählte zusätzlich gedanklich vom Geschehenen.

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"Herr Weihnachtsmann. Sind Sie gesund im Einkaufscenter Barbarellas angekommen? Ist alles in Ordnung? Der Nikolaus hat herausgefunden, wer Alma ist. Alma ist ein Seeungeheuer. Wie es aussieht hat es in seinem Magen das Buch der Bücher, nachdem wir schon so lange suchen. Wo sich Alma aufhält ist noch unklar. Sie scheint in einem Gewässer zu leben, aus dem sie nicht mehr herauskommt. Sie ist verhext. Eine kalte Schicht, trennt sie von der Oberfläche. Können Sie sich vorstellen, wo sich Alma aufhält? Der Osterhase hatte diese verschlüsselte Nachricht als Gedicht auf seinem alten Flügel liegen lassen. Die Scheune des Osterhasen ist verweißt. Niemand ist mehr dort. Der gesandte Esel hat mir die Nachricht zukommen lassen. Sollen Herr Nikolaus und seine Helfer zurück nach Shiny kommen?"

Dann endeten die Gedanken von Herrn W-Mann und schon kurz darauf erreichten ihn die Antwortgedanken Santas.

"Herr W-Mann. Der Nikolaus soll schnell nach Shiny zurückfliegen und sich und ihre Angestellten in Sicherheit zu bringen. Auch ich habe die Nachricht über den Esel erhalten. Der Osterhase und die Hennen sind hier bei Barbarella. Ich weiss nur noch nicht wo. Ich werde mit Herta und Karl nach ihnen suchen. Pierre hält sich auch hier auf. Barbarella benutzt auch ihn. Seine Hennen hat sie eingesperrt und die Hasen sollen ihr zunächst als Lagerarbeiter dienen. Ja, und das Seeungeheuer? Was kann ein Gewässer sein, das eine Oberfläche hat, die man nicht durchbrechen kann? Das ist noch ein Rätsel!"

Hier endeten die Gedanken des Weihnachtsmannes.

"Pssst", meldete sich Karl aus der Manteltasche zu Wort. "Herr Weihnachtsmann. Wir müssen hier weg, damit wir nicht entdeckt werden. Ich höre Schritte."

Der Weihnachtsmann öffnete die Tür der angrenzenden Abstellkammer und ging hinein. Hier erklärte er Karl und Herta die aktuelle Situation.

"Ich muss euch beiden zunächst zum Osterhasen bringen. Ihr müsst versuchen ihm am Leben zu halten, bis wir Alma und das Buch in Sicherheit gebracht haben. Vielleicht ist das unser Rezept für die Genesung des Osterhasens.

"Moment mal, Herr Weihnachtsmann", erklärte Herta. Sie haben doch von der großen Eisbahn berichtet, die um das Einkaufscenter herumführt.

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Vielleicht ist das Ungeheuer darunter eingeschlossen, um Barbarella vor Eindringlingen zu bewachen. Das könnte eine Oberfläche sein, die Alma nicht durchbrechen kann. Wenn wir das Eis auftauen könnten, würde das Seeungeheuer an die Oberfläche gelangen und das Buch herausgeben können. Wir müssen es einfach schaffen, das Eis zum Tauen zu bewegen." "Herta", das ist es", sagte der Weihnachtsmann und überglücklich strich er mit seiner großen Hand über Hertas Kopf. "Lasst uns gleich herausgehen und uns die Schlittschuhbahn ansehen. Haltet euch fest; ich werde uns dort hinbringen. Achtung - auf Drei! Sie hinterließen die Abstellkammer im tiefen Nebel und fanden sich schon kurz darauf auf der rutschigen Eisbahn wieder.

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Ein Weihnachtsmann als Aushilfe

"Es wird kein leichtes Unterfangen sein", sagte der Weihnachtsmann. "Mit einem verwunschenen Seeungeheuer ist nicht zu spaßen. Stellt euch vor wie böse es sein muss, wenn sich selbst eine böse Hexe dieses als zusätzlichen Schutz zulegen muss. Schaut, dort vorne kann man sich Schlittschuhe leihen. Ich werde versuchen ein paar Bahnen zu ziehen. Mal sehen, ob ich das noch kann. Ich stand schließlich schon Jahre nicht mehr auf den Kufen", erklärte der Weihnachtsmann und freute sich sichtlich auf seine Erkundigungsfahrt. "Ist das wirklich eine gute Idee, Herr Weihnachtsmann? Bedenken Sie, wie krank Sie waren. Ob das wohl das Richtige für Sie ist?", befragte ihn Karl. "Um richtig oder falsch geht es hier nicht mehr. Ich muss nur aufpassen, dass wir nicht erwischt werden. Ich werde sagen, dass ich von Barbarella engagiert wurde, um die Kinder zu erfreuen, wenn mich jemand anspricht, warum ich solch einen roten Mantel trage. Sperrt eure Augen und Ohren auf. Ich werde euch nun aus meiner Tasche holen. Haltet euch bitte an dem Mantelsaum fest, damit ihr nicht herunterfallt. Wir müssen herausfinden, wo sich der Osterhase aufhält. Es ist also günstig in der Nähe der Angestellten zu fahren und gleichzeitig die Eisfläche im Auge zu behalten, ob wir eventuell etwas von dem Ungeheuer sehen können", wies der Weihnachtsmann an und erreichte auch schon den Schlittschuhverleih.

"Guten Tag. Schulze, mein Name. Ich soll mir hier Schlittschuhe ausleihen. Sie wundern sich sicher über mein Outfit", erklärte der Weihnachtsmann dem verdutzen Angestellten des Verleihs. "Ihre Chefin hat seit kurzem Rentner im Programm, die sich ein bisschen um die Kleinen auf dem Eis kümmern sollen. Und seien wir mal ehrlich. Bei der Rente heutzutage muss man zusehen, wo man bleibt. Und die Kinder halten mich bestimmt auch zusätzlich noch jung. So hat man gleich eine Aufgabe", und grinsend zog der Weihnachtsmann mit seinem Schlittschuhen in Größe 48 von Dannen. "Na, dann - Herr Kollege. Herzlich willkommen im Team", rief ihm der Angestellte nach und brummelte noch leise vor sich hin:" Mein Gott, lebt der aber auf großem Fuß" und widmete sich unbesehen dem nächsten Kunden zu.

Zwei Kinder unterhielten sich, während sie eine Pirouette einstudierten. "Schau mal, Veronique. Da unten im Wasser blitzt es", sagte Til, der wissbegierig auf die gefrorene Eisschicht schaute. "Das kenne ich schon", erklärte Veronique. Was glaubst du, warum ich immer wieder hier her kommen möchte? Manchmal kommen auch Geräusche aus der Tiefe und Blitze. Ist bestimmt einer dieser Lightshows. Sieht aus wie eine Silvesterrakete von unten.

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Deshalb wollte ich dich doch heute unbedingt mitnehmen. Meine Mutter erlaubt mir nicht so oft hier herzukommen. Sie sagt diese Lightshows sind so teuer. Ich solle lieber auf unserer gefrorenen Wiese neben unserem Haus laufen. Ich konnte sie aber heute überreden." Das Mädchen strahlte.

"Cool", sagte Til und hätte am liebsten seine Nase auf die kalte Oberfläche gesetzt, um bloß keinen Blitz zu verpassen.

Herta tippte den Weihnachtsmann an. "Aha, dann muss das Ungeheuer also genau unter uns sein", wimmerte Herta ein wenig. "Hab' keine Angst", mischte sich Karl dazwischen. "Solange wir nur laufen wird es nichts machen. Da bin ich mir sicher."

Schon bald schlitterten sie auf eine Imbissbude zu. Die Schlange dort war lang. Die Kinder kauften sich Pommes und frische Bratwürste. "Lasst uns hier halten. An einem Stehtisch können wir vielleicht etwas mitbekommen." Der Weihnachtsmann stoppte und zeigte auf die Menschentraube. "Seht nur, das dort muss dieser Pierre wieder sein. Na, da lassen wir uns jetzt aber eine Wurst schmecken und werden dem Hasen mal aufs Fell gucken."

Gesagt, getan. Der Weihnachtsmann, Herta und Karl stoppten an der Imbissbude und reihten sich in die Schlange ein. Sie konzentrierten sich ganz auf das Gespräch, welches am Bistrotisch vom Hasen Pierre stattfand.

"Man soll ja nicht unken aber es sieht echt schlecht mit dem Osterhasen aus. Ich habe ihm gerade eine Ladung Weihnachtstee gespritzt. Er ist echt zäh, der Alte. Der Puls ist noch zu spüren. Ich gehe gleich noch mal zu ihm. Barbarella fragt schon immer", sagte er zu einem Mann mit Pudelmütze und setzte dann nach. "Wenn ich den Alten nur umlagern könnte. Er liegt in der Kuppel des Centers- ganz oben unter dem Dach in einer kleinen Kammer. Man kommt nur über eine Treppe nach oben. Weißt du, an diesem Nebeneingang - direkt bei den Müllcontainern ist ein kleiner Eingang. Ich sag dir. Da gibt es keinen Aufzug. Wenn er von dort fliehen will, würde er schon unterwegs sterben, bei dem langen Abstieg. Ich werde gleich noch eine Wurst essen. Der Anstieg kostet echt Kraft. Bald wird die Sache hoffentlich in trockenen Tüchern sein" und der Hase orderte mit seinen befellten Pfoten gleich noch einen Nachschlag.

"Ach, dann musst du auch noch einmal um das ganze Gebäude rennen?", fragte der Mann mit der Pudelmütze. "Das sag ich dir", antwortete Pierre kurzerhand und nahm einen Schluck aus seiner Cola.

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Ohne Worte schauten sich unsere 3 Freunde an. Aha, da also hatten sie den Osterhasen versteckt. "Wir müssen irgendwie unbemerkt dort hinaufkommen", murmelte der Weihnachtsmann leise und sah auf seine kleinen Helfer hinunter. "Karl, sei doch bitte so gut und hole aus deiner Seite der Manteltasche 3 noch unreife Nüsse. Ich werde dich hinuntersetzen", bat Santa und half Karl mit seiner großen Hand in die Manteltasche zu gelangen. "Oh, hier ist es aber dunkel. Ich kann schlecht sehen. Hier sind mehrere Nüsse; die Farbe kann ich allerdings nicht erkennen", erklärte Karl. "Halte einfach meinen Zeigefinger fest. Er wird dir gleich leuchten. Na, siehst du etwas?", fragte der Weihnachtsmann.

"Ja, alles in Ordnung. Nun kann ich sehen. Oh, hier sind sie, die grünen Nüsse. Ich habe sie. Bitte hole mich wieder zu euch herauf", forderte Karl und versuchte keine kostbare Zeit zu verlieren.

Plötzlich wurde das Eis unruhig. Es riss einen Spalt in das Eis und ein starker greller Blitz zischte durch die sich bildende Öffnung. Die Kinder stoben zur Seite und die Imbissbude begann für einen Moment zu wackeln; dann herrschte Ruhe.

"Da muss mal wieder ein Elektriker ans Werk. Wahrscheinlich funktioniert die Laseranlage nicht mehr richtig. Das haben wir in letzter Zeit häufig", erklärte der Wirt der Imbissbude und drehte ruhig seine Bratwürste auf dem Grill.

Herta, Karl sowie der Weihnachtsmann sahen sich stumm in die Augen. Sie wussten, dass dieses kein gutes Zeichen war. Das Ungeheuer schien ausbrechen zu wollen. Ein Raunen zog durch die Reihen. Einige ältere Frauen, die mit ihren Enkeln hier her gekommen waren, berichteten leise von früheren Zeiten - von einem Seeungeheuer, was hier sein Unwesen getrieben hatte. Heutzutage war es aber nicht mehr gestattet darüber zu reden. Es wäre ein Gerede der alten Leute, so hieß es. Sie kamen ungern mit den Kindern hier her. Diese liebten jedoch die Attraktion der Lasershow unter Wasser, was den Damen jedoch nicht geheuer schien, wenn sie zurück an alte Zeiten dachten.

Beide Heilgnome und auch der Weihnachtsmann selbst aßen die Nüsse. "Was geschieht nun mit uns?", fragte Herta gespannt. "Wir werden uns nun gleich verwandeln", sagte der Weihnachtsmann. "Ihr werdet gleich aussehen wie dünne Küchenhilfen. Wenn wir uns einfach in die Kammer hinaufzaubern würden, könnte ich bei meiner Breite sicher Schwierigkeiten bekommen, daher müssen wir es auf diesem Wege versuchen.

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Wenn wir den Eingang bei dem Komposthaufen nehmen, fallen wir bestimmt als Küchenhilfen nicht gleich auf und sind dünn genug, um die Treppe hinaufzusteigen. Seid ihr bereit?", befragte er seine Freunde, die sichtlich Herzklopfen hatten.

"Ja, aber was wollen wir dem Osterhasen sagen oder geben, damit er aufwacht", fragte Karl doch sehr kritisch. "Ich bin mir sicher, dass mein alter Freund, der Osterhase auf den Namen Alma reagiert. Es hat schließlich schon einmal geklappt, in Shiny. Bitte nehmt auch ein wenig Wasser von dem sich öffnenden Spalt mit. Hier, nehmt eine dieser leeren Coladosen, die die Kinder hier einfach weggeworfen haben. Vielleicht hilft es uns weiter", sagte Santa und hoffte inbrünstig, dass sich seine Hoffnung bestätigen würde.

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Der Aufstieg zur Kammer

Schon bald vergrößerten sich die Arme und Beine Hertas und der Weihnachtsmann begann in sich zusammenzufallen. Er wurde sichtlich kleiner. "Oh, die Verwandlung beginnt. Wir müssen zusehen, dass wir von hier wegkommen. Ich werde uns über den Nebel zu den Müllcontainern zaubern", sagte Santa und hinterließ alsbald nicht mehr als einen weißen Rauch.

Barbarella befragte in der Zwischenzeit an der Information nach, wo denn Herr Toy bliebe, der Spielzeugvertreter. Die rothaarige Dame erklärte, dass sie sich nicht mehr daran erinnern könne und löste einen Wutanfall bei ihrer Chefin aus. Ja, das muss wohl an dem Vergiss-mich-Zauber liegen, den der Weihnachtsmann vor Betreten des Einkaufscenters ausgesprochen hatte.

Herta und Karl entdeckten gleich an den Containern angekommen auch das Versteck der Hennen. "Santa, lass uns einen Esel aus Shiny bitten die Hennen abzuholen.", sagte Herta besorgt. "Die Armen sehen so unglücklich aus." "Nein, meine Gute. Dafür ist es noch zu früh. Vielleicht wacht der Osterhase auch nur wegen seiner so geliebten Hennen auf. Das Risiko müssen wir leider eingehen. Wir können und dürfen jetzt noch nicht handeln. Die Zeit ist noch nicht reif dafür", erklärte der Weihnachtsmann in einer zunächst befremdlichen Gestalt eines Küchenjungen.

Die Tür ließ sich über einen kurzerhand "Sesam-öffne-dich-Vers" des Weihnachtsmannes mühelos öffnen. Die ihnen entgegenkommenden Küchenhelfer schauten zunächst fragend aber nicht misstrauisch. Schließlich war Barbarella eine Chefin, bei der ein ständig wechselndes Personal auf der Tagesordnung stand und in Verbindung mit dem ausgesprochenen Vergiss-mich-Zauber waren unsere 3 Helden auf der sicheren Seite.

Der Anstieg war beschwerlich. Doch mussten sich Herta, Karl und auch der Weihnachtsmann beeilen Pierre zuvor zu kommen. Es verging tatsächlich eine geschlagene ¾ Stunde bis das Ziel erreicht war. Nur eine schwere Eisentür trennte die Retter von dem Osterhasen.

Wieder sprach Santa ein paar Worte in Richtung Tür und schon öffnete sie sich ohne Anstrengungen, zumal zum Glück aller das Wachpersonal des Osterhasens gerade Pause zu haben schien.

Da lag er nun. Völlig abgemagert und blass. Der Osterhase, den alle Kinder so liebten.

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"Osterhase", befragte ihn Herta. "Kannst du uns hören?" Es kam keine Antwort von dem Holzbrett, auf das der Hase in einen kalten Raum gelegt wurde.

Santa trat an seinen Freund heran. "Herr Osterhase, ich bin es, der Weihnachtsmann. Man hat sie entführt. Wir möchten Ihnen helfen. Wir wissen jetzt wo Alma ist. Sie ist ein Seeungeheuer und lebt unter einer Schlittschuhbahn ganz in Ihrer Nähe. In ihrem Magen trägt sie das Buch der Bücher. Sie haben uns sehr geholfen. Ich danke Ihnen. Es gelingt uns jedoch nicht den Zauber zu brechen, um sie aufzuwecken. Bitte helfen Sie uns", flehte der Weihnachtsmann den Osterhasen an und hoffte auf eine kleine Reaktion.

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Nikolaus Rückkehr

Der Nikolaus hatte unterdes die Hallen von Shiny Nose erreicht. Herr W-Mann bat ihn und auch Glimmer sowie Fred und Jonathan, ja sogar Herrn Esel zu sich ins Büro.

"Wie schön, dass sie wieder da sind, meine Guten. Ich habe mir solche Sorgen gemacht", erklärte Herr W-Mann und bot zugleich frischen Vanilletee an. Der Weihnachtsmann bat mich Sie sogleich wieder zurückzuholen. Sie haben ja in den letzten Tagen wirklich viel mitgemacht. Lassen Sie mich gleich noch einige Erkundigungstüten versenden, damit wir wissen, wie es Karl, Herta und Herrn Weihnachtsmann ergeht", sagte Herr W-Mann und tätschelte seinen Kollegen, Herrn Nikolaus die Schulter. "Frl. Bratapfel, bitte die Erkundigungstüten für Herrn Karl und Frau Herta", sprach er durch die Freisprechanlage in das Büro seiner Sekretärin.

"Ist gut Chef", entgegnete sie. "Ich bin gleich bei Ihnen, Herr W-Mann." Mit schnellen trippelnden Schritten erreichte Frl. Bratapfel den Tresor ihres Chefs und suchte die gewünschten Tütchen heraus. "Danke, Mirinda. Wir werden gleich zur Abflugsschneise gehen, um die Erkundigungstüten zu versenden. Bitte schalten Sie doch schon einmal meinen Flachbildschirm ein. Wir werden gleich zurück sein", bat Herr W-Mann und machte sich mit seiner Gefolgschaft auf den Weg.

An der Abflugschneise angekommen hatte Herr W-Mann mit einem routinierten Griff die Tüten kurzerhand aufgeschüttelt, sodass sich Kristalle bildeten und an einem dafür vorgesehenem Zugfaden geöffnet. Der Nordwind griff dessen Inhalt schnell auf und trug ihn in die winterliche Nacht. "So", sagte Herr W-Mann schon fast ein wenig entspannt und machte sich mit seinen Anhängern schnellen Schrittes auf zurück in sein Büro. Dort angekommen, sahen der Nikolaus, Fred und Jonathan, der Esel sowie Glimmer und Herr W-Mann selbst gespannt in den Bildschirm, um nichts vom Geschehenen zu verpassen.

Die Bilder klarten sich auf. Schon kurz darauf sahen sie die Ankunft des Weihnachtsmannes im modernen Centers Barbarellas und horchten dem Gespräch zwischen Pierre und der Hexe. Sie verfolgten den Einsatz Santas auf der Schlittschuhbahn und dem Gespräch an der Würstchenbude, bis hin zu deren Verwandlung zu Küchenhilfen und dem immer noch in einer Kammer liegenden Osterhasen.

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"Hoffentlich sind sie vorsichtig", rief Glimmer und schaute mit großen Augen in die von Fred und Jonathan. "Na, klar sind sie das", erklärte Fred. "Der Weihnachtsmann ist ein Profi. Er wird dem alten Hasen sicher helfen können und Karl und Herta schnell und gesund wieder zu uns zurückbringen."

Das Bild verdunkelte sich. Zunächst waren unsere Freude noch schemenhaft zu sehen, dann schwärzte sich der gesamte Bildschirm und der Ton verstummte gänzlich. Die Wirkung des Pulvers verebbte. "Mmmmh", wunderte sich Herr W-Mann und zwirbelte seinen so gut gepflegten Schnurrbart. "Hoffentlich reagiert der Osterhase. Wir wollen mal beten, dass allein der Name seiner Alma in ihm etwas bewegen wird." Herrn W-Mann war die Verzweiflung sichtlich ins Gesicht geschrieben. Stumm saßen sie gemeinsam noch miteinander. Eine richtige Einsicht hatten diese Erkundigungstüten nicht gebracht. Zwar hatte man nun die Gewissheit, dass es dem Weihnachtsmann und Herta und Karl gut gehe, der Osterhase noch am Leben sei, nur eine Lösung schien noch nicht in erreichbarer Nähe zu sein.

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Verschüttetes Wasser

In der Kammer des Osterhasen stieg unterdes die Spannung. Karl, Herta und auch der Weihnachtsmann sprachen gleichzeitig auf den alten Hasen ein. Es herrschte ein sichtliches Durcheinander. Jeder von ihnen wartete auf eine kleine Reaktion des Hasens aber nichts geschah. Sie zerrten und zogen an den Armen und Beinen des Osterhasen, schon sichtlich ungestüm und hilflos. Nichts, keine Regung. Der alte Gesell wollte und wollte nicht aufwachen.

Durch das starke Rütteln stieß der Weihnachtsmann gegen Karl und dieser schubste versehentlich seine Herta, sodass diese zur Seite fiel und mit ihr das kostbare Wasser aus der Coladose im hohen Bogen herausspritzte. Der Strahl zog eine Bahn und endete genau in der Mundöffnung des Osterhasens.

"Mensch Herta, kannst du nicht aufpassen?", und erstmalig hörte man Karl in diesem Ton mit ihr sprechen. "Dachtest du, ich habe das mit Absicht gemacht?", fuhr sie ihm entgegen. "Wenn du mich nicht geschubst hättest, wäre das Ganze doch gar nicht passiert, dann hätte ich das Wasser nicht verschüttet. Und tu nicht so, als wäre keines mehr davon da. Es ist mir klar, dass wir dann wieder noch einmal die lange Treppe nehmen müssten, um neues zu holen, aber nun kann ich es auch nicht mehr ändern."

Herta drehte Karl die Schulter zu und verschränkte ihre Arme. Ihre Lippen zogen sich schmollend zusammen. Ein wenig tat es ihr schon weh sich mit ihm gestritten zu haben, sie sah es aber auch nicht ein, hier kleinlaut nachzugeben. Karl grummelte: "Typisch Gnomfrauen. Bloß keine Fehler zugeben." Beide vergruben sich in ihrem Gram und achteten nicht auf die Geschehnisse um sie herum.

Einige Momente später schauten Herta und Karl zum Weihnachtsmann herüber, der schweigend und mit einem breiten, zufriedenem Grinsen seine Freude gar nicht mehr für sich behalten konnte. Für jedermann ersichtlich musste etwas ganz Besonderes geschehen sein.

Da lag er nun unser Osterhase. Er schaute zufrieden an die Decke der Kammer und lächelte zaghaft. Die Anspannung der letzten Tage standen ihm auf das Gesicht geschrieben, aber auch die Erleichterung, wieder am Leben teilhaben zu können. Er hob seinen Kopf und bedankte sich. "Wer seid ihr?", fragte er.

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"Ich bin es, der Weihnachtsmann, mein alter Freund, und das sind Karl und Herta - es sind helfende und heilende Gnome. Wundere dich nicht. Wir haben uns in Küchenhilfen verwandelt, damit wir nicht entdeckt werden. Die Hexe Barbarella hat dich entführt. Wir sind hier, um dich zu retten. Warte, wir verwandeln uns zurück, damit du uns erkennen kannst", und zeitgleich zog der Weihnachtsmann 3 weitere noch grüne Nüsse aus seiner Küchenjacke und bot diese Herta und auch Karl an. Die beiden konnten die letzten Momente noch gar nicht begreifen und aßen wortlos die Nüsse.

Schon bald erfolgte die Verwandlung in die eigentliche Statur eines jeden. "Ja, Moment", wollte Herta wissen. "Wie kam es denn nun dazu, dass sie wieder erwacht sind, Herr Osterhase? Ich kann das alles nicht verstehen. Sie haben sich sicher nicht so über den Streit mit meinem Freund gefreut, dass Sie aus ihrem Schlaf erwacht sind, oder?", und Herta schüttelte noch immer unverstanden den Kopf.

"Ach, Herta. Ich darf, Sie doch Herta nennen?", fragte der Osterhase. "Das Wasser hat mir das Leben gerettet. Es schmeckte so vertraut und hat all die Wirkungen meiner Vergiftung aufgehoben. Ich danke Ihnen sehr", und zaghaft versuchte der Osterhase mit seiner Hand die Arme Hertas zu berühren. "Oh, gern geschehen, Herr Osterhase. Ich muss aber ehrlich zugeben, dass wir nicht wussten, ob das Wasser unter der gefrorenen Schicht Ihnen weiterhelfen würde. Es war ein Versehen, dass es bei Ihnen in den Mund gelangt ist. Ich hatte es verschüttet. Gott sei Dank, dass es so gekommen ist." Herta hielt erleichtert eine Hand an ihre Brust.

"Sagt mir. Wo bin ich? Und wo ist Alma?", wollte der Osterhase zunehmend aufgewühlt wissen. Der Weihnachtsmann antwortete rasch:" Ich hoffe, du bist stark genug für die kommenden Informationen. Es ist viel geschehen", erklärte der Weihnachtsmann, atmete tief durch setze dann fort: "Wir sind hier in dem Einkaufscenter der Hexe Barbarella. Du befindest dich in einer Kammer, die die Kuppel des gesamten Centers bildet. Deine Hasen hat Barbarella sich als Lagerarbeiter Untertan gemacht und deine Legehennen sind draußen in einer Gitterbox eingesperrt. Barbarella verkauft deren Eier als Bioeier an ihre Kunden. Pierre ein halbstarker Hase deines Gefolges war darauf gedrillt dich zu töten, um deinen Posten zu übernehmen. Man hat dich mit Weihnachtstee vergiftet und diesen unter Eierpunsch gemischt, sodass du nichts davon mitbekommen konntest. Pierre sollte, lt. Barbarella, der Osterhase der Neuzeit werden. Er vertraute ihr bedingungslos. Sie hatte aber nie den Plan ihn zum richtigen Osterhasen zu machen.

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Ihr Ziel war nur dein Tod, lieber Herr Osterhase. Sie wollte Ostern und Weihnachten ausrotten, um mit ihrem Einkaufscenter alleinige Umsätze zu erzielen. Durch die Abschaffung unserer geliebten Feste, sollten die Eltern aller Kinder stattdessen nur bei ihr kaufen und wir könnten unsere Geschenke nicht mehr selber herstellen. Sie wusste genau, dass wir von ihr nie im Leben Ware abgenommen hätten. Auch mich hatte sie mit einem Fluch belegt und wollte Weihnachten zu Nichte machen. Das Buch der Bücher hat Barbarella ebenso gestohlen. Wenn Osterhase und Weihnachtsmann keine Geschenke mehr selbst produzieren würden, so dachte sie, erziele sie den kompletten Umsatz für sich allein." Der Weihnachtsmann endete zunächst, denn der Osterhase hielt sich den Magen und krümmte sich.

"Sehen Sie. Ich habe ja gesagt, es ist einfach zu viel für sie", sagte der Weihnachtsmann und stütze seinem Freund den Kopf. "Kommen Sie. Ich habe Ihnen ein wenig Krokusblütensalz mitgebracht. Riechen Sie daran, dann wird es Ihnen gleich besser gehen", erklärte Santa und schwenkte das kleine Fässchen mit dem Salz vor der Nase des Hasen. "Danke, mein Guter", sagte der Osterhase. "Es geht schon wieder. Wo ist denn nun aber Alma und das Buch der Bücher? Ich habe Ihnen doch eine Nachricht auf meinem Klavier hinterlassen, bevor die schrecklichen Geschehnisse ihren Lauf nahmen", sagte der Osterhase und sah nun mehr und mehr fordernd in das Gesicht des Weihnachtsmannes.

"Ja, man sagt, Alma, das Seeungeheuer - eine Seeschlange - lebt hier unter der Schlittschuhbahn der Hexe Barbarella. Die Bahn umkreist das gesamte Einkaufscenter. Man kann den Eingang nur über mehrere Brücken erreichen. Die Kinder lieben die Eisbahn, weil hier angeblich unter Wasser einige Lasershows gestartet werden. Die alten Leute reden jedoch über das Seeungeheuer, was darunter lebt und gefährliche Lichtblitze versendet und ausbrechen möchte. Gerade vorhin hat sich das Eis bewegt und an einer Stelle brach es auf und ein Spalt bildete sich. Das Wasser daraus hat dir nun anscheinend das Leben gerettet", sagte der Weihnachtsmann. "Ich muss gleich zu ihr", erklärte der Osterhase und setze sich auf das Holzbrett als wollte er gleich loslaufen. "Moment mal", mischte sich Karl ein, "Ihr Kreislauf muss sich erst einmal fangen. Ich kann das nicht verantworten, Herr Osterhase."

"Schnick schnack", grollte der Osterhase. "Ja wisst Ihr denn wirklich nicht wer Alma ist, Ihr Ahnungslosen? Alma ist meine Frau. Barbarella hat sie schon vor vielen Jahren entführt. Seitdem suche ich sie. Immer war es vergebens. Die Leute redeten, dass sie mir weggelaufen sei. Solche bösen Gerüchte setzte Barbarella in die Welt. Mein Ruf wurde zunehmend schlechter.

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Ich war sehr einsam die letzten Jahre. Die Hennen haben zwar immer versucht mich aufzumuntern, aber den Schmerz konnten sie mir nie nehmen. Bei euch in Shiny und auch bei dem Nikolaus gingen schlimme Gerüchte um, dass ich ein Alkoholproblem habe und vergesslich wäre und mir die Kinder der Welt nicht mehr wichtig seien. Meint Ihr, ich hätte das nicht mitbekommen? Das Gerede - alles Quatsch, sage ich euch. Natürlich ging es mir schlecht aber ich habe den Glauben in das Gute nie verloren. Als ich schließlich hörte, dass das Buch der Bücher verschwunden sei, wusste ich, dass Barbarella wieder ihre Finger im Spiel hatte. Ich wollte mich gleich auf den Weg nach Shiny Nose machen, um Herrn W-Mann zu unterrichten, doch just in diesem Moment kam Pierre schon mit den anderen halbstarken Hasen und fädelte dieses fadenscheinige Fest ein, an dem sie meine Hennen jagten und mich übermannten, damit ich euch nicht warnen konnte. Noch bevor Pierre mich überfallen und mir das Getränk einflößen konnte, unterhielt er sich mit einem anderen Hasen und berichtete u.a. auch von dem Seeungeheuer Alma. Ich hatte somit nur die Möglichkeit eine Nachricht auf dem Flügel zu hinterlassen. Ich wusste man würde die Notiz finden. Die Hasen waren viel zu betrunken, um diese Nachricht noch hätten wahrnehmen können. Für mich war seit diesem Moment klar, dass meine Alma noch lebt, dass sie verzaubert und eingesperrt war und mit ihr das Buch der Bücher."

Der Osterhase war so aufgeregt, dass er nun von seinem Holzbrett hochschnellte. Sein Kreislauf war noch zu schwach, sodass er ins Taumeln kam und sich ruckartig setzen musste.

Viel zu geschockt von der Wahrheit fanden wir unsere 3 Freunde mit offenen Mündern wieder. Unbeweglich und starr versuchten sie das Gesagte zu verstehen und zu verdauen.

"Meine Güte, Herr Osterhase, bleiben Sie sitzen. Sie dürfen sich nicht so aufregen", sammelte sich Herta. "Dann lebt ihre Alma dort unter dieser Eisbahn und ist durch Barbarella verzaubert worden?", fragte sie noch einmal nach.

"Ja, Herta", antwortete der Osterhase, "Das wurde sie. Wir müssen den Zauber brechen und sie zurückverwandeln. Wir haben nicht mehr viel Zeit."

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Das Zaubernetz

Auf der Treppe waren Stimmen zu hören. Es waren die Stimmen von Pierre und Barbarella, die sich der Tür der Kammer zu nähern schienen.

"Pssst", sagte der Weihnachtsmann. "Hört Ihr auch die Stimmen? Das sind Pierre und Barbarella. Sie werden gleich die Tür öffnen. Herr Osterhase. Bitte legen Sie sich auf Ihr Holzbrett zurück und stellen Sie sich bitte bewusstlos. Herta und Karl - wir werden uns hinter die Tür stellen, sodass die Beiden uns beim Hereinkommen nicht sehen werden. Ich werde ein Netz auf sie werfen, wenn sie eingetreten sind. Ihr braucht keine Angst zu haben. Es ist ein besonderes Netz. Es kann alles Böse einschließen - dann sehen wir weiter. Achtung - es geht los", erklärte er und winkte Karl und Herta auf ihren Platz. Der Osterhase legte sich stumm auf das Holzbrett.

Die Schritte wurden lauter. Stimmen waren zu hören. "Ja, ja", hörte man eine Frauenstimme, "Nun müsste er doch endlich gestorben sein. Wie kann so ein altes Tier bloß so lange aushalten? Pierre, hast du ihm auch genug von dem Weihnachtstee gespritzt? Du willst doch der neue Osterhase werden oder habe ich dich da falsch verstanden?", giftete sie ihn an.

"Ach Liebchen, natürlich habe ich mein Bestes gegeben", entgegnete Pierre und streichelte seiner Hexe zärtlich die Schultern. "Und wenn ich erst mal der Osterhase bin, werde ich dir alle Wünsche erfüllen", und liebevoll drückte er ihr einen kleinen Kuss auf die Wange, während sie unberührt weiter ging, den Türknauf betätigte und eintrat. Pierre folgte ihr.

"Oh, Pierre", sagte Barbarella. "Ich glaube er ist tot. Los, schau nach, ob er noch atmet. Los, mach schon", wies sie ihren Lakaien an und zeigte mit ihren knallrot lackierten wurstigen Fingern auf den Osterhasen.

"Natürlich", antwortete Pierre und wollte gerade einen Schritt nach Vorne setzen als das große glitzernde Netz des Weihnachtsmannes über Barbarella und ihm zuschnappte. Aber und Abertausend kleiner Schlüssel schlossen, wie von Geisterhand, die einzelnen Gitterparzellen mit einem auffallend metallenen Geräusch.

Strampelnd und schreiend wehrten sich die Gefangenen, jedoch ohne Erfolg.

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"Endlich haben wir euch", sagte der Weihnachtsmann. "Das gesamte Böse auf einen Fleck. Ich muss euch enttäuschen, dem Osterhasen und mir geht es prächtig. Und versucht euch erst gar nicht mit irgendeinem Hilfszauber zu befreien. Euer Spiel ist aus", erklärte Santa und unterstrich das Gesprochene mit heftiger Gestik.

"Wo ist meine Alma, Barbarella?", forderte der Osterhase die Information ein. "Gib endlich auf und gib mir meine Frau zurück. "Das werde ich nicht tun. Und wenn es das Letzte ist. Ich werde es nicht tun. Wenn mein Traum schon nicht in Erfüllung gehen kann, so soll auch dein Unglück Früchte tragen. Mein böser Zauber wird euch alle zerstören, ihr armen Gestalten, Ihr. Ich werde deine Alma nicht retten - niemals", lachte die böse Hexe grell.

"Und ob du das tun wirst", sagte Santa. "Kein Zauber wird dir mehr gelingen. Hier sind 2 Liebende im Raum. Kein Zauber ist größer als der der Liebe. Du selbst solltest wissen, dass dir nichts mehr gelingen wird. Ganz im Gegenteil, es wird euch Beiden schon bald sichtlich schlechter gehen. Ihr werdet schon sehen. Nur gute Taten werden zukünftig zu deinen Aufgaben gehören. Deine erste gute Tat wird sein, Alma zu befreien und sie in eine Hasenfrau zurückzuverwandeln und zwar so, wie sie war - also bitte keine Tricks."

Barbarella konnte den Anblick von Herta und Karl sichtlich schlecht verkraften. Sie hielt sich den Magen und führte ihre andere Hand vor ihren Mund als sei ihr sehr übel.

"Geht die Treppe herunter", forderte der Weihnachtsmann, "Beide. Das Netz wird euch nicht daran hindern. Es wird sich euren Schritten anpassen. Versucht erst gar nicht ihm zu entkommen. Es wird euch nicht gelingen. Das Netz wird euch genau zu uns auf die Eisbahn führen. Es ist ein verwunschenes Netz. Sein Ziel ist bereits vorbestimmt", sagte er und schob Pierre und Barbarella zum Gehen an.

Der Weihnachtsmann nahm seinen alten Freund, den Osterhasen, in seinem Mantel auf und setzte Karl und Herta liebevoll in seine großen Manteltaschen. Schon bald verließen sie den Raum und allein ein weißer Nebel wies darauf hin, dass hier etwas Magisches stattgefunden haben musste.

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Mit einem tosenden Knall erschienen sie allesamt auf der Eisbahn, um die Ankunft von Barbarella und Pierre abzuwarten, die noch mühsam und angestrengt dabei waren, heil und gesund den langen und beschwerlichen Treppenabstieg zu meistern. Zunächst musste jedoch ein Einfierzauber ausgesprochen werden, sodass die Menschen auf der Schlittschuhbahn von dem gleich stattfindenden Szenario nichts mitbekamen.

Der Weihnachtsmann begann sich zu konzentrieren. Schneller als damals bei dem Esel, entpuppte sich alsbald eine goldene Kugel zwischen beiden Augenbrauen Santas, nachdem er nur kurz seine Nase in kreisenden Bewegungen rieb und seine Augen schloss. Der güldene Ball mit lustigen Haaren, kleinen Armen und Beinchen und einem fröhlichen Gesicht, trippelte kurzerhand auf der Eisbahn entlang und ließ sein blaues Licht, zum Einfrieren der Personen auf und um die Eisbahn frei, sodass der Zauber wirken konnte.

"Das wäre geschafft", sagte Karl und prustete aus der Manteltasche heraus. "Herr Weihnachtsmann, vielleicht könnten Sie uns behilflich sein hier herauszukommen. Wir würden uns gern wieder an Ihrem Mantelsaum festhalten", erklärte er und zog zur Verstärkung seiner Worte ein wenig an dem Innenfutter der großen Manteltasche.

"Aber natürlich", lächelte der Weihnachtsmann, "Kommt meine Lieben. Nehmt meinen kleinen Finger." Santa streckte seinen kleinen Finger in die Manteltasche und half Herta und Karl hinauf zum Taschensaum.

"Oh, seht nur. Ich sehe sie kommen. Schaut nur, wie sie sich mit dem Gitternetz abschleppen müssen", sagte Herta schon fast in einem mitleidigen Ton. "Das kann denen nicht schaden", erwiderte der Weihnachtsmann, "Wir müssen nur aufpassen, dass sie nicht zu langsam gehen. Der Einfrierzauber hält nur für eine ½ Stunde an, dann müssen wir hier fort sein.

"Mir ist kalt", jammerte der Osterhase ein wenig wehleidig aus dem großen Mantel. "Kommen Sie", bot Karl ihm an, "Nehmen Sie ein kleines Fläschchen 'Frischei' - es wird sie wieder auf die Beine bringen. Halten Sie durch. Wir werden Sie gleich versorgen. "Danke, Ihr seid so gut zu mir. Bitte helft aber zunächst meiner Alma. Es ist doch sicher scheußlich kalt dort unter dem Eis. Ich kann sie noch gar nicht sehen. Wo ist sie denn bloß?", fragte er sich und wirbelte ungeduldig das Fell seines linken Ohres auf.

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"Oh seht nur, da kommen Sie, die feinen Herrschaften. Na, wird es denn gehen? Nur keine Müdigkeit vorgeschützt", rief der Weihnachtsmann der Hexe und ihrem Begleiter zu.

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Aus der Tiefe

Missmutig und grimmig ergaben sich die zwei ihrem Schicksal. Und sollten sie sich auch noch so langsam bewegen, sie wussten, dass sie das vorgegebene Ziel erreichen mussten. Ihnen war bewusst, dass es keinen Ausweg mehr gab und sie in ihr Verderben rannten; und zwar genau in die Arme des Guten.

Ein letztes Mal stieß Barbarella einen bösen Fluch aus, der jedoch an unseren Freunden abzuprallen schien. Sie beschwor all' ihre bösen Ungeheuer hervor, doch aufgrund des Einfrierzaubers und der Nähe von Karl und Herta konnte sie ihre Gefolgschaft nicht aktivieren.

"Pierre, nun mach doch etwas", fuhr sie ihn an. "Du willst schließlich Osterhase werden, also zeige etwas von deiner Zaubermacht. Tu doch etwas. Wenn du mit mir leben willst, dann wirst du doch sicher auch die Klasse eines echten Osterhasen haben, oder?", sagte sie und versuchte beleidigt ihre Arme unter dem Netz zu verschränken.

"Ach Barbarella. Was soll ich denn tun? Du hast doch gehört, dass unser Zauber hier nicht wirken wird. Lass uns aufgeben. Ich werde mit dir in deinem Einkaufscenter arbeiten und dir behilflich sein. Hauptsache wir sind zusammen. Vielleicht hat man mit uns ein Einsehen und lässt uns gehen, wenn du Alma befreien würdest. Danach fangen wir von Vorne an", sagte er und sah erwartungsvoll in ihre Augen.

Barbarella kochte vor Wut. Möglichst unbemerkt vor ihrem Publikum hatte sie jedoch den Wunsch Pierre nun reinen Wein einzuschenken, da seine Freundlichkeit für sie mehr und mehr unerträglich erschien.

"Du willst in meinem Center arbeiten? Was hast du damit zu tun? Was glaubst du? Warum meinst du, wollte ich dich zum Osterhasen machen? Der echte Osterhase war mir nur im Wege weil er ein kluger Hase ist, genauso wie der Weihnachtsmann ein kluger Mann ist. Ich habe dich benutzt, um meinen Plan zu verwirklichen. Du solltest mir bei allen Vorbereitungen für mein Ziel helfen, dann spätestens hätte ich auch dich unschädlich gemacht. Ich werde dich in eine Küchenschabe verwandeln." Barbarella zog einen funkelnden Zauberstab aus ihrem Gewand und zeigte mit ihren wurstigen Händen auf Pierre. Funken stoben aus der Spitze - die Luft wurde schwefelig.

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"Schluss jetzt mit deinen Spielchen", fuhr der Weihnachtsmann dazwischen. "Schlimm genug, dass du mit der Liebe anderer spielst. Du solltest wissen, dass dein böser Zauber hier nichts bewirken kann. Ich sage es noch einmal. Herta und Karl sind 2 Liebende. Keine Macht der Welt ist größer. Also spare deine Kraft Alma zurückzuzaubern und höre auf mit deiner unsinnigen Zauberei.

Pierre fiel in sich zusammen. Er war zwar sicherlich ein habgieriger Hase, der gern mehr Macht gehabt hätte. Aber handelte er auch aus Liebe - aus falscher Liebe. Das sollte zunächst Strafe für ihn genug sein. Keiner seiner alten Hasenfreunde würde ihn wieder begrüßen oder aufnehmen wollen, zumal er sie alle zutiefst verletzt hatte, nur um mit Barbarella gemeinsame Sache zu machen. Sprachlos und unfähig einer Reaktion starrte er auf den gefrorenen Boden.

Barbarella dagegen spuckte mit abfälligem Blick zur Seite auf Pierres Hasenoverall.

"Ach Weihnachtsmann, ach Osterhase. Seht ihr denn nicht, Ihr Verblendeten? Er spielt euch hier nur den betrogenen halbstarken Hasen vor", erklärte Barbarella dem Weihnachtsmann mit verklärtem Blick als sie unseren Freunden näher kam. "In Wirklichkeit hat der halbstarke Hase mich nur ausgenutzt. Er hat mich gezwungen euch um eure Feste zu bringen und den Kindern zu schaden. Was habe ich nächtelang wach gelegen, weil ich es nicht mit meinem Gewissen habe abmachen können und nun spielt er solch ein falsches Spiel mit mir, wo ich ihn doch so aufrichtig liebe" und tränenüberströmt und theatralisch wischte sich Barbarella ihre stark geschminkten Augen trocken.

"Das du dich nicht schämen magst", wimmerte Herta ängstlich. "Los, hilf unserem Herrn Osterhasen, damit er seine Frau wiederbekommt. Er hat so lange Zeit wegen dir auf sie verzichten müssen." Barbarella verschränkte ihre Arme und sah gelangweilt in den Himmel.

"Na, dann müssen wir der Dame wohl ein wenig nachhelfen", grinste der Weihnachtsmann. "Karl, gib deiner Herta doch bitte einmal einen kleinen Kuss auf die Wange", sagte er und drehte genüsslich mit seinen Fingern Däumchen.

"Ja, meinen Sie, Herr Weihnachtsmann? Ich meine, hier vor all den Leuten? Ich weiß wirklich nicht ..." Karl lief verlegen rot an. Herta fackelte nun nicht mehr lange. Sie hatte den Weihnachtsmann verstanden. Sie schritt zielstrebig auf Karl zu und drückte ihm einen dicken Schmatzer auf und bekräftigte Ihre Handlung mit einem starken Kopfnicken.

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"Nein, nicht!", rief Barbarella, "Alles, nur das nicht" und kreuzte ihre Hände abwehrend übereinander. Karl begann zu verstehen und drückte und herzte seine Liebste. Er begann seiner Herta Komplimente zu machen und gestand ihr erneut seine Liebe. "Hööört auuuf", schrie Barbarella. Ist gut, ich mache es. Diese Schmerzen kann ich nicht ertragen. Macht mir Platz. Ich werde Alma nun rufen.

"Halt. Zuerst müssen wir die Menschen von der Eisfläche zaubern, damit Ihnen nichts geschehen wird, sollte das Eis schmelzen", wies der Weihnachtsmann an.

"Mach schon Barbarella, du hast nun keine Chance mehr", sagte Karl und stampfte ungelegen mit seinen kleinen Gnomenbeinchen auf. Rette Alma und gib uns das Buch der Bücher zurück. Das sind wir den Kindern in der Welt und dem Osterhasen schuldig."

Barbarella zog missmutig ihren Zauberstab, nachdem alle Kinder und Besucher am Rande der gefrorenen Fläche in Sicherheit gebracht wurden und sprach widerwillig den so heiß ersehnten Zauberspruch.

"Zauber vergeh' - nimm Alma den Frost und den Schnee. Hole sie aus dem Dunkel heraus und spucke sie aus der Tiefe aus. Ihre Gestalt soll fortan wieder die einer Häsin sein. Ihre Seele ist nun wieder rein."

Das Eis begann alsbald zu brechen. Funken stoben in die Luft. Es knackte und knarrte. Gespannt sahen unsere Freuden auf den sich bildenden Schlitz im Eis. Doch konnten sie in der Dunkelheit der Tiefe nichts erkennen, bis dann die Gestalt einer Schlange die Oberfläche erreichte. Der Weihnachtsmann zweifelte und wurde nachdenklich. Sollte Barbarella die Schlange nun auf ihn und seine Freunde hetzen? Gerade als er ein Machtwort sprechen wollte, begann sich das Seeungeheuer in eine triefend nasse Häsin zu verwandeln.

Da lag sie nun, Alma, die Frau des Osterhasens. Niemand sprach, bei dem erschreckenden Anblick. Nass und erschöpft öffnete sie ihre noch kleinen Augen. Ihr Fell war nass. Sie wusste nicht wo sie war und versuchte sich zu orientieren und die Situation zu begreifen. In der Hand hielt sie fest umschlossen das Buch der Bücher, welches sie als Seeschlange lange in ihrem Magen getragen hatte.

"Wo bin ich?", und als sie es sagte, schaute sie auf ihren Mann, den Osterhasen. Tränen stiegen in ihr auf, sodass die Stimme verzerrt klang.

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"Du?", sagte sie und ihr Atem stockte.

Der Osterhase, der diesen Moment so lang entgegengesehnt hatte, war starr und steif. Er konnte sich vor Freude nicht bewegen. Sie versuchte langsam auf ihn zuzuschreiten, doch war sie noch sehr schwach. Langsam jedoch näherten sich die beiden an, bis sie sich schließlich lange in den Armen lagen. "Endlich", sagten sie zueinander und schwiegen dann weiter um den Moment, ihren Moment, zu genießen.

Barbarella konnte diesen Anblick von Liebe nicht ertragen. Es machte sie krank. Ja, sie hatte sogar das Gefühl zu vergehen. Und das tat sie auch. Wie durch einen Zauber sank sie in sich zusammen und verlor langsam ihre Gestalt - sie schmolz unter tosendem Schreien zusammen, bis nur noch ein schleimiger grüner Fleck an sie erinnerte. Pierre dagegen verstand nichts. Er war einfach sprachlos, als würde sein Leben an ihm vorbeiziehen. "Pierre, kehre sie zusammen", sagte der Weihnachtsmann. Besorge dir eine leere Flasche von der Imbissbude und fülle sie dort hinein ab. Wir haben keine Freude daran, wenn Menschen sterben, auch sie soll es nicht. Wir werden euch mit nach Shiny Nose nehmen. Ihr sollt eure zweite Chance bekommen", und glücklich hob Santa das Buch der Bücher auf und drückte es fest an sich.

"Wir schreiben heute den 23. Dezember. Schon spät, aber nicht spät genug das Fest der Liebe zu feiern", sagte der Weihnachtsmann und streichelte sein so wertvolles Buch. "Kommt lasst uns alle gemeinsam nach Hause fliegen und mit den Vorbereitungen zum Fest beginnen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Herr W-Mann wird Augen machen, wenn wir ihn alle gemeinsam überraschen. Herr Osterhase, kommen sie bitte auch mit Ihrer Gattin mit. Wir werden gemeinsam eine Lösung überlegen, was wir aus Ihrer alten Scheune machen und wie wir Sie erst einmal wieder auf die Beine bekommen. Gemeinsam sind wir stark. Und Pierre, ihr werdet eure gerechte Strafe bekommen. Es wird gleich ein Esel landen, der euch abholt und mit nach Shiny nehmen wird. Er wird auch all' die Hasen aus dem Lager und die eingesperrten Hennen retten und mitnehmen. Der Rest fliegt mit mir. Und versucht keine Tricks", erklärte er mit einer bedeutungsvollen Handbewegung.

Pierre sprach und antwortete nicht. Er schwieg und ertrug die Situation als wäre er gar nicht bei der Sache. Sein Herz schien gebrochen.

"Sie haben nach mir gerufen, Chef?", sagte der alte Esel, der zugleich zur Landung ansetzte.

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Ich habe Herrn W-Mann gleich die freudige Botschaft überbracht, als Sie nach mir riefen. Es sind alle aus dem Häuschen. Auch Herr Nikolaus ist noch da. Wir alle freuen uns so sehr."

"Ja, mein Sohn", blinzelte Santa und öffnete seinen großen Mantel. "Gleich wird der Einfrierzauber vergehen. Wir müssen bis dahin abgeflogen sein. Es wird sich niemand an das Geschehene erinnern.

Der Osterhase strich seiner Alma über das Gesicht und auch Karl und Herta umarmten sich vor Glück und sprangen auf und ab, nach all' den Strapazen nun diese Erleichterung spüren zu können.

Die Weihnachtsluft war klar als der Weihnachtsmann zum Abflug rief. Der Esel wachste erneut seine Snowboards und nahm den Rest der noch bestehenden Eisbahn als eine willkommene Startbahn zum Flug. Als alle Parteien in der Luft waren konnten sie von oben glückliche Kinder Schlittschuh laufen sehen, als sei nichts geschehen.

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Die Rückkehr nach Shiny

Herr W-Mann unterdes war so aufgeregt, dass er sage und schreibe schon ein drittes Glas Weihnachtsurbock aus dem "Himmlischen Tröpfchen" hatte kommen lassen und es sichtlich genoss.

Der Engelschor postierte sich bereits zum Anstimmen des Liedes "Morgen Kinder, wird's was geben ...", und hüpften um die Wette, als der Weihnachtsmann zur Landung ansetzte.

Frl. Bratapfel servierte Christmas- und Easterfingerfood für die ausgehungerte Mannschaft und pfiff vor Glück eine neue Version des Klassikers "Jingle Bells".

"Oh, welche Freude", schoss es aus ihr heraus als sie den Weihnachtsmann zu sehen bekam. "Danke, meine Gute. Ich bin auch glücklich zurück zu sein. Nun kann der Heilige Abend kommen. Frl. Bratapfel, sagen Sie, haben Sie die Krankenstation informiert? Wir müssen uns um Frau Osterhase kümmern - sie ist mehr als schwach und auch ihr Gatte muss noch beobachtet werden", erklärte Santa.

"Selbstverständlich, Herr Weihnachtsmann. Kommt Jungs", wies sie einige Helfergnome an, "bringt eine Trage, damit wir die Verletzen ins Krankenzimmer bringen können. Ich habe bereits alles österlich einrichten lassen. Und auch mit den Medikamenten sind wir nun auch auf Ostern eingestellt", bemerkte sie stolz, als hätte sie die Organisation hierzu allein übernommen.

Als der Esel landete erntete er Pfiffe. Alle waren aufgebracht und wollten auf seine Fahrgäste losgehen. "Sieh ihn dir an", sagte Fred, der mit Jonathan die Ankunft an der Anflugsschneise der "Flotten Esel" nicht verpassen wollte, "Wie dieser Pierre nun unschuldig guckt? Kannst du dich noch erinnern, wie er sich in der alten Scheuen benommen hat? Mir wird jetzt noch Angst und bange, wenn ich daran denke, wie er mit dem alten Osterhasen umgegangen ist." "Das kannst du wohl laut sagen", antwortete Jonathan und ballte seine Fäuste.

Herr W-Mann schob sich dazwischen und gab einigen Wachen Anweisungen, den Hasen und seine gesamte Gefolgschaft samt Barbarella in der Flasche in Gewahrsam zu nehmen, bis weiteres geklärt sei. Man brachte sie in den Keller, dem ehemaligen Stall der Elche, die nach dem Aufstand von 1803 Shiny Nose verließen und nach Santa Stadt gingen. Alles sah im Keller noch wie früher aus.

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Es gab auch einige abschließbaren Zellen, die die damaligen aufsässige Tiere von den friedfertigen abgrenzten. Die Wachen schlossen Pierre samt den Hasen und Barbarella ein. Die Hennen jedoch wurden zur Erholung in ein weiteres Krankenzimmer gebracht. Man hatte dort extra frisches Gras auf dem Boden wachsen lachen, sodass sich die Tiere möglichst bald wieder erholen sollten.

Und selbstverständlich kümmerte man sich nebenan liebevoll um den Osterhasen und seine Gattin. Man hüllte sie in dicke Federbetten und hatte den Raum in typischen Frühlingsfarben gestrichen und Maiglöckchenduft durchzog das Krankenzimmer. Frl. Bratapfel hatte gelesen, dass so etwas die Stimmung heben sollte. Die Küche hatte frisches Rührei gereicht, um die angeschlagenen Mägen unserer beiden Hasen nicht all zu sehr zu belasten. Der Oberheilgnom hatte allen zu einem Gesundheitsschlaf geraten. Man brauchte auch nicht lange warten, schon schliefen Herr und Frau Osterhase den Schlaf der Gerechten. Sie hielten sich die Hände, sodass sie die Entfernung beider Krankenbetten als nicht mehr so groß empfanden.

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Die Konferenz

Die Gemüter beruhigten sich langsam und der Weihnachtsmann lud zu einer Konferenz seiner Verbundpartner ein, was soviel hieß, dass sich der Weihnachtsmann, gemeinsam mit Herrn Nikolaus sowie Herrn W-Mann in das Prokuristenbüro zurückzogen.

"So, meine Herren. Zunächst möchte ich mich recht herzlich bei Ihnen bedanken. Wie gut, dass sich alles noch zum Guten gewandt hat. Herr W-Mann, rufen Sie bitte Frl. Bratapfel und die Rundschreibenelfe zu uns. Ich möchte einen Aufruf an alle Mitarbeiter machen", bat der Weihnachtsmann und strich über den Buchdeckel des Buches der Bücher. "Der Inhalt meiner Nachricht wird Sie zunächst verwirren, meine Herren, aber diese Entscheidung habe ich im Sinne Aller getroffen. Wir sollten uns nicht länger Verbundpartner nennen, wenn wir den Gedanken nicht endlich leben und umsetzen werden. Ich habe beschlossen Shiny Nose zu vergrößern. Mit Herrn Osterhase habe ich bereits auf dem Flug hierher gesprochen. Er hat meinen Vorschlag sehr positiv aufgenommen. Wir werden um mehrere Etagen aufstocken, sodass das Gebäude mit mir und dem Nordpol verbunden sein wird. Herr Osterhase wird einige dieser neu entstehenden Etagen für sich und seine Produktion sowie Wohnung etc. übernehmen und beziehen. Sie wissen selbst, dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten steht, sodass wir hier ein wenig unterstützend zur Seite stehen müssen. Herr Nikolaus und auch Sie werden hier bei uns einige hübsche Etagen bewohnen können. Herr W-Mann, Sie leiten selbstverständlich weiterhin unser X-Mas Center für den Bereich Weihnachten. Und wie ich aus ihren Gesichtern lesen kann, ist Ihnen die Freude nicht gerade ins Gesicht geschrieben. Ich kann das verstehen, nur es bestehen Pläne zu neuen Anschlägen auf uns alle. Heinrich, mein Berater vom Pol hatte mir einen Traum gesandt, der mich zutiefst beunruhigte", sagte der Weihnachtsmann und verstummte für einen Moment.

"Was meinen Sie?", wollte Herr Nikolaus wissen. "Nun ja", begann der Weihnachtsmann weiter zu berichten, "Barbarella scheint trotz ihrer derzeitigen schleimigen Konsistenz in der Flasche Kräfte zu mobilisieren, uns erneut angreifen zu lassen. Sie will uns mit einem Fluch belegen, der die Liebe aller Menschen ausrotten wird. Ihre Söhne, zwei böse Hexer, schreiben bereits an der Zauberformel, so sagt man. Wenn wir uns wieder trennen würden und Ostern, Weihnachten sowie das Nikolausfest wären räumlich voneinander getrennt, so könnte uns der Fluch befallen. Mobilisieren und vereinen wir uns jedoch als eine Gemeinschaft, so kann uns der auf uns zukommende Fluch niemals erreichen."

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"Sie meinen jedes Fest hätte seine altbekannte Zeit nur unsere Produktionsorte und Wohnungen wären miteinander verbunden?", fragte Herr W-Mann mit großen Augen. "Genau", antwortete Santa kurz und knapp und Herr Nikolaus ergänzte:

" Ja, ich finde das gar nicht so schlecht. Wenn wir uns gegenseitig helfen würden, könnten wir ungemein Zeit und Nerven sparen."

Die Nachricht über einen erneuten Anschlag hatte gesessen. Herrn Nikolaus und Herrn W-Mann war die Erklärung logisch und eindeutig genug, um dem zuzustimmen. Es blieb nicht viel Zeit Details zu besprechen. Zunächst beschlossen sie sich auf die kommende Bescherung am 24. Dezember zu konzentrieren und wollten sich im Nachgang um Barbarella kümmern.

"Wie weit sind wir denn mit der Produktion des Spielzeugs und so weiter, Herr W-Mann?", schoss der Weihnachtsmann nach.

"Nun ja, es ist so. Durch die große Aufregung musste unsere Spielzeugstrasse einige Tage ruhen. Es haben sich ja wirklich so viele Mitarbeiter an der Suchaktion beteiligt. Seit drei Tagen arbeiten wir aber schon fast rund um die Uhr. Die Abteilung Lebkuchen backt und produziert unter Hochdruck. Seit dem Fred und Jonathan weg waren, haben die Kolleginnen und Kollegen versucht deren Ausfall durch Mehrarbeit auszugleichen und hier sind wir wirklich "auf Reihe", wie man so schön sagt", grinste Herr W-Mann stolz und zwirbelte gekonnt seinen Schnauzbart.

"Wenn ich ergänzen darf. Wie wäre es denn, wenn ich hier aushelfen könnte?", sagte der Nikolaus. Ich weiß zwar, Herr W-Mann, dass Ihnen diese großen Geschenke zum Nikolaus wie MP3-Player oder Handys schon immer ein Dorn im Auge gewesen sind, aber in dem Fall könnte ich Ihnen für dieses Jahr behilflich sein. Mein Lager ist voll. Ich hatte mich mit meiner Produktion überschätzt. Wenn ich alles bis nächstes Jahr liegen lassen würde, würden die Produkte ohnehin nicht mehr auf dem neuesten Stand sein. Sie könnten gleich ein paar Esel zu mir fliegen lassen, um die Ware abholen zu lassen. Ich könnte Frau Dezember gleich anrufen."

"Das würden Sie ...?", Herr W-Mann war sprachlos. "Selbstverständlich, das würde ich", erklärte Herr Nikolaus und gab Herrn W-Mann partnerschaftlich die Hand.

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Und so kam es auch. Herr Weihnachtsmann schlug ebenso mit ein und der Plan war besiegelt. Ein wenig erinnerten die Herren an die 3 Musketiere und die Situation schien hier klar zu sein - Einer für alle - Alle für einen. -

Frl. Bratapfel betrat den Raum und die kleine Rundschreibenelfe folgte ihr nach. "Ja, bitte, sie haben nach mir gerufen?", fragte sie zaghaft. "Kommen Sie, treten Sie ein, Frl. Bratapfel. Bitte notieren Sie und übersetzen Sie in Elfen Noel", winkte sie Santa herein und begann:" Frl. Bratapfel. Bitte lassen Sie folgende Durchsage durchgeben:

Ho, ho ho. Meine lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Shiny Nose. Wir, und damit meine ich Herrn Nikolaus, Herrn W-Mann, Herrn Osterhasen sowie mich - den Weihnachtsmann, möchten uns in aller Form bei Ihnen bedanken, die letzten Wochen mit uns gemeinsam gemeistert zu haben. Schlimme Dinge sind geschehen. Es gab viele Verletzte und gemeine Attentate gegen meinen Freund, den Osterhasen und mich. Ich bin und ich will hoffen mein Freund der Osterhase sowie seine Frau werden in nächster Zeit wieder schnell auf den Beinen sein ...

"Nein, wir sind auf den Beinen und vor allem "Frisch wie ein noch warmes Frühstücksei", sagte der Osterhase, der zur Überraschung aller, gemeinsam mit seiner Frau Alma das Büro betrat. Frau Bratapfel fiel sofort der Stenoblock auf den Boden und ihre Brille begann, wie schon gewohnt, zu rutschen. Die Freude war groß und die Überraschung noch größer.

"Nun gut", grinste Santa beglückt. "Streichen Sie also bitte den letzten Satz auf Ihrem Block, Frl. Bratapfel, und notieren Sie weiter:

Herr Osterhase und ich sind wieder bei bester Gesundheit und können uns mit vollem Tatendrang an die Arbeit machen. Die Täter dieser Machenschaften sind sicher unter Arrest gestellt. Bitte machen Sie sich also keine Sorgen. Nun aber bitte Obacht! Folgende Veränderungen werden sich in der nächsten Stunde für uns alle ergeben. Durch einen Gemeinschaftszauber werden wir Verbundpartner, und bei der Gelegenheit möchten wir Herrn Osterhase in unserer Mitte als neuen Partner begrüßen, Shiny Nose vergrößern. Vergrößern insofern, als das der Nikolaus sowie der Osterhase mit einigen Etagen auf Shiny Nose aufstocken werden. Der Turm wird bis zu mir - zum Nordpol - reichen, sodass auch ich nun wieder näher am Geschehen dran sein werde.

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Selbstverständlich ist Ihr Arbeitsplatz gesichert. Für heute Abend möchte ich Sie alle zu einem großen Fest einladen. Bitte geben Sie diese Nachricht an alle Verwandten, Bekannten oder Kollegen weiter. Lasst uns in die Nacht zum 24. Dezember feiern und morgen die Kinder der Welt bescheren. Herzlichen Dank!

Und so geschah es. Unsere vier Herren reichten sich die Hände und sprachen gemeinschaftlich den Zauberspruch, der Shiny Nose vergrößern und aufstocken sollte:

- Was wir alleine nicht schaffen - das schaffen wir dann zusammen,
dazu brauchen wir keinerlei Waffe - unsere Waffe nennt sich unser Verstand.
Was wir alleine nicht schaffen - das schaffen wir dann zusammen,
nur wir müssen geduldig sein, dann dauert es nicht mehr lang.

Sie zitierten hier ihren alten Freund Xavier Naidoo und hofften, dass er es ihnen nicht übel nahm, dass sie hier einen seiner Zaubersprüche für den guten Zweck nutzen.

Sekunden später erschien Shiny Nose bereits im neuen Glanz. Der Zauber war vollbracht.

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Die Tulutts

Die putzenden Putten huschten noch von einer Ecke in die nächste, um für das große Fest am Abend alles blitzblank zu putzen. Einige Helfer von Shiny Nose standen mit Wegweisern an einigen neu entstandenen Gängen, um den Besuchern oder den neuen Bewohnern die Orientierung zu erleichtern.

Zur Freude des Ehepaares Osterhase hatte man den Hennen eine Etage mit einer grünen Wiese zwischen vielen bunten Eiern gestaltet. An der Decke schien die Sonne und Schäfchenwolken zogen vorbei. Der Weihnachtsmann freute sich sehr, dass diese Möglichkeiten eines realistischen Himmels, wie auch bei ihm schon aus dem Weihnachtsland bekannt, funktionierte und umgesetzt werden konnte.

Auch der Nikolaus war überwältigt von dem Anblick seines neuen Reiches. Frau Dezember wartete schon in ihrem neuen Büro auf ihn. "Tag Chef", lächelte sie ihn an, als er den Raum betrat, als sei es eine Selbstverständlichkeit. "Unsere Ware habe ich schon mitbringen lassen. Herzlich willkommen", ergänzte sie und blinzelte freundlich.

Selbst Frl. Bratapfel konnte sich mit der Situation anfreunden, schließlich saß Frau Dezember weit genug von ihr entfernt und man hatte auch für sie einige Details in ihrem Büro nach sehnlichsten Wünschen umgebaut und erneuert. Kurz und gut. Alle waren zufrieden.

In der Kantine liefen die Vorbereitungen für das große Fest auf Hochtouren und auch Glimmer war emsig dabei die letzten Kekse mit Schokostreuseln zu verzieren. Fred und Jonathan überreichten Glimmer ein großes Paket mit hübschen Flacons zum Dank aber auch mit der Bitte ihre Parfumfläschen an Frl. Bratapfel zurückzugeben. "War blöd von mir Jungs - mache ich gleich", antworte sie und war sich über ihre Tat wohl im Klaren.

Zwischenzeitlich hatte man die Hasen des Herrn Osterhase aus der Gefängniszelle entlassen. Der Osterhase berichtete, dass Pierre damals in der Scheune allen Hasen ein Getränk eingeflößt haben soll, sodass sie ihm nach dem Mund redeten und gegen den Osterhasen haben angehen sollen. Herr Osterhase war dankbar seine so treue Mannschaft wieder begrüßen zu dürfen und freute sich, dass sie sich nur aufgrund eines Zaubers von ihm abgewandt hatten.

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Zwischenzeitlich sind auch Heinrich sowie Domi und Dil, die kleinen Engel aus der Weihnachtswelt, eingetroffen, um am großen Fest teilzunehmen.

Die Band probte bereits in einem großen Ballsaal, der liebevoll geschmückt auf seine Besucher wartete.

Es war ein emsiges Treiben. Jeder war damit beschäftigt sich für das Fest hübsch zu machen und herzurichten.

Bevor jedoch die Feierlichkeiten beginnen konnten, musste man sich noch um Barbarella und Pierre kümmern. Da kam unseren neuen Partnern eine gute Idee. Lange schon hatte man versucht allen Kinderwünschen gerecht zu werden. Und gerade die Wünsche galten als besonders schwierig umzusetzen, die nicht mit Geld zu bezahlen waren. Die vielen Briefe, die am Nordpol, in Himmelsthür oder in Himmelspforten, oder von wo auch immer in der Welt, an den Weihnachtsmann gerichtet waren, sollten nun ihr Recht erhalten, gelebt und umgesetzt zu werden.

Hier fragten Kinder nach neuen Adoptiveltern, deren leibliche Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Oder aber versuchte man über eine Bitte beim Weihnachtsmann, dass sich Mutter und Vater wieder verstanden oder eine schwere Krankheit wie weggepustet sein sollte. Wie gut, dass man doch eine Hexe im Keller sitzen hatte, dachten sich unsere Freunde, die eingesperrt in einer Flasche saß und mit ihrem Begleiter derzeit völlig unbeschäftigt war.

So beschlossen Santa, der Osterhase und auch der Nikolaus noch einen kleinen Abstecher in den Keller zu tun. Dort angekommen öffneten sie die Stall- bzw.-Zellentür. Wimmernd saß Pierre in der Ecke auf dem Boden des feuchten Kellerraumes. Neben ihm lag die Flasche mit Barbarellas grünem Schleim. Ohne große Worte vorab, sprachen unsere 3 neuen Partner einen erneuten Gemeinschaftszauber aus:

Ihr werdet zukünftig helfen den Kindern in der Welt,
für Dinge im Leben, die man nicht bekommt für Geld.
Werden die Kleinen ihren Wunsch nicht erlangen,
so werdet ihr um euer Leben bangen.

Helft ihr jedoch in Kinders Not,
bekommt ihr in Shiny das Gnadenbrot.

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Und vielleicht, so wäre es wünschenswert,
ihr euch selbst, zu guten Gestalten bekehrt.

Der Weihnachtsmann sprach zu seinen Gefangenen:" Beide werdet ihr durch die gleich aus der Decke kommende Rohrpost die Weihnachtspost der Kinder erhalten, die dringlichst eure Hilfe benötigen. Ihr habt die Familien wieder zusammenzubringen und Kranke zu heilen, Scheidungen zu verhindern usw. Und fangt gleich damit an. Es soll euch an Hilfe durch uns nicht mangeln. Wir vertrauen euch die wichtigste Aufgabe zum Fest der Liebe an. Noch Fragen?" und Santa blickte starr auf die beiden Inhaftierten.

Barbarella stieß Funken aus der Flasche, sodass sich der Deckel durch den großen Druck mehr und mehr ausbeulte und zerplatzte. Der grüne Schleim floss nun über den Boden und die Luft roch mehr und mehr schwefelig.

"Gib auf, Barbarella. Wir haben den Zauberspruch ausgesprochen. Du hast keine Chance mehr", sagte der Weihnachtsmann und machte mit seinen Händen wilde Drohgebärden.

Die Luft wurde knapp - die Sicht schlecht. Das Licht erlosch.

"Danke, dass ihr mir das Vertrauen schenkt diese große Aufgabe zu erfüllen", sprach Pierre in die plötzlich entstandene Dunkelheit hinein und tastete auf dem Boden nach Briefen der ankommenden Rohrpost aus der Decke des Kellerraumes.

"Oh, hier", begann er dann, "hier ist es aber wirklich dringend. Hier schreibt ein Zwillingspaar, dass der Vater nicht mehr bei ihnen wohne und die Mutter nun sehr krank sei. Ich denke, wir sollten uns um diese Fälle kümmern. Wenn Sie damit einverstanden sind, Herr Osterhase, würde ich mich zunächst gern bei Ihnen entschuldigen, für all' das, was ich Ihnen angetan habe. Aber als ersten Fall würde ich gern mit dem meiner eigenen Familie beginnen, denn ihr habe ich großen Schaden zugefügt", sagte er und senkte beschämt den Kopf."

"Glaub' ihm nicht, Osterhase", mischte sich der Nikolaus ein, "Das ist ein Trick. Er kann gar nicht lesen. Es ist viel zu dunkel hier im Raum und seine Ausreden scheinen mir doch eher fadenscheinig."

Barbarella übernahm nun das Wort und der Schleim wandelte sich in eine stechende grün-gelbe Farbe. Er begann zu blubbern und Blasen stiegen auf. "Meine Söhne werden euch finden und euch alle unschädlich machen.

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Ihr werdet sehen", sagte die Flüssigkeit und die Masse begann zu kochen. Der glühende Schleim bildete derzeit das einzige Licht des Kelleraumes.

"Barbarella, mach' das Licht wieder an. Was soll das? Dein Spiel ist aus", rief der Weihnachtsmann.

Der Raum erfüllte sich alsbald mit einem grellen hämischen Lachen einer Hexe und unterstrichen mit einem ironischen Hasengelächter. Das Licht begann zu flackern bis es schlussendlich wieder hell erstrahlte. Barbarella und Pierre waren nicht mehr zu sehen.

Sie hatten das Gefängnis verlassen.

"Das kann doch nicht war sein. Die beiden haben tatsächlich wieder gemeinsame Sache gemacht", sagte der Osterhase und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

"Sie haben uns die ganze Zeit an der Nase herumgeführt, als sie so taten als würden sie sich nicht mehr verstehen", warf der Weihnachtsmann ein und ergänzte: "Mein Gott, was sollen wir bloß tun- die Zeit rennt. Wir müssen uns um den heiligen Abend kümmern und um das anstehende Fest heute Abend. Wir können doch all' die fleißigen Helfer heute Nacht nicht enttäuschen. Nun bin ich selbst als Santa am Ende meiner Kraft."

"Hallo - Sie da", kam ein kleines Stimmchen vom Kellerboden und konnte unsere Freunde für einen kleinen Moment ablenken. "Darf ich mich kurz vorstellen? Ich bin ein Tulutt. "Ein was bist du? Solch ein Wort habe ich ja noch nie gehört", sagte der Weihnachtsmann erstaunt. "Tulutts sind kleine Käfer. Ich lebe hier mit meiner Familie schon einige Jahre. Sie erinnern sich doch sicher an Rudolph mit der roten Nase. Er hat uns Tulutts sozusagen liebevoll gezüchtet oder besser gesagt unsere Fähigkeiten ausgebaut. Wir warten schon so lange darauf unser Können unter Beweis stellen zu dürfen und jetzt scheint mir unsere Chance gekommen zu sein, wenn ich Ihrer Unterhaltung richtig gefolgt bin. Rudolph erzählte uns, dass er auf seinen Auslieferungsfahrten in den Weihnachtsnächten viel gesehen habe und welches Elend es auf der Welt gäbe. Er hat daher, nachdem wir uns mit ihm angefreundet hatten, immer sehr leckeren Pulverschnee zum Naschen mitgebracht. Dieser bewirkte, dass wir nach und nach Zaubertinte in unseren Mägen entwickelten und diese bei Notwendigkeit durch Ausniesen freisetzen konnten. Auf Dokumenten können wir seither Informationen und Situationen verändern, wenn sie der guten Sache dienten.

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Meine Frau war damals sehr krank als das Lager der Elche nach Santa Stadt verlegt wurde, sodass wir nicht mitreisen konnten.

Nun ist sie wieder gesund und wir haben es uns mit den Jahren hier sehr heimelig gestaltet und noch mal eine neue Familie gegründet. Wir möchten nun hier bleiben", blinzelte der kleine Tulutt in die Augen des Weihnachtsmannes.

"Und was könntet Ihr für uns mit eurer Zaubertinte tun?", fragte Santa gespannt. "Ja, meine Herren, wir könnten z.B. die Rohrpost der Kinder bearbeiten. Durch ein ausgiebiges Niesen könnten wir die Wünsche der Kinderweihnachtsbriefe zum Guten fügen. Insgesamt sind wir um die 400 Tulutts und wir können gemeinsam schon 'ne Menge "zusammenniesen", wenn ich es mal so salopp ausdrücken darf."

"Ja, das wäre ja fantastisch", hüpfte der Nikolaus und tippte dem Tulutt freundschaftlich auf die winzigen Schultern.

"Na, dann werde ich mich wohl um unsere Geflohenen kümmern müssen, damit Ihr euch mit dem Weihnachtsgeschäft beschäftigen könnt", empfahl der Osterhase und wirkte sichtlich stolz über seinen eigenen Vorschlag.

"Wenn ich mich noch einmal einmischen könnte?", sagte der Tulutt erneut. "Ich denke nicht, dass hier Eile geboten ist. Es waren 2 Hexer hier - die Kinder von diesem grünen Schleim in der Flasche. Sie haben das Licht zum Erlöschen gebracht bevor sie ihre Mutter und ihren Freund mitgenommen haben."

"Das habe ich auch gemerkt aber wir sollten nicht mehr warten, Herr Tulutt. Wer weiß, wann wir wieder angegriffen werden? Das ist viel zu riskant", entgegnete Santa besorgt.

"Entschuldigung", sagte der Tulutt. Tulutt ist nur unsere Rasse. Mein Name ist Rüdiger. Wir Tulutts haben alle nur Vornamen. So etwas wie einen Nachnamen kennen wir bei uns nicht. Sie können beruhigt alle gemeinsam Weihnachten feiern - auch Sie, Herr Osterhase. Auch wir hier im Keller haben mitbekommen, was dort oben in Ihrer Welt passiert ist. Sie brauchen ein wenig Entspannung. Diese Hexerkinder der Barbarella gehen derzeit auf eine Hexenschule und sind noch nicht in der Lage ihre Mutter wieder in eine richtige Hexe zurückzuverwandeln. Es ist also noch ein wenig Zeit eine Auszeit für Sie zu nehmen. Die Beiden haben schon mehrere Klassen wiederholt und mussten sogar auf eine Sonderschule der städtischen Hexenhilfe umsiedeln. Ich habe vorhin einen Streit der Söhne belauscht.

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Im Moment scheint es so, dass sie nicht einmal in der Lage sind, an einen Tannenzweig eine Kugel zu hexen, geschweige denn aus Schleim eine Hexe zu verwandeln."

"Ja, und wie haben sie dann ihre Mutter hier von uns wegbringen können? So schlecht scheint die Zauberkraft der Beiden dann aber nicht zu sein, oder?", wollte der Nikolaus wissen.

"Keine Angst", sagte der Tulutt. "Dieser Pierre hatte von seiner Verwandtschaft noch einige Grundstücke geerbt. Er hat alles verkauft, um seine Barbarella von dem Erlös retten lassen zu können. Nun hat er allerdings keine müde Kopeke mehr. Die Hexerkinder waren nur diejenigen, die den Beiden den Ausgang zeigten - nicht mehr und nicht weniger. Die Rettungsgefolgschaft und die Drahtzieher standen vor den Kellertoren Shinys. Das Geld Pierres reicht aber nicht mehr für eine Rückverwandlung Barbarellas. Beide werden vorerst nun mit in der Sonderschule der Hexenkinder untergebracht werden. Für uns besteht erst einmal keine Gefahr, da die beiden keine Macht mehr haben. Sie haben keine gute Lobby, sodass sich für sie ohne Geld auch niemand nur bewegt. Sie wundern sich sicher, warum ich das weiß. Ich habe in der Zeit der Krankheit meiner Frau in der Hexenschule gearbeitet und für schlechte Schüler die Klassenarbeiten verbessern müssen. Mit der Zaubertinte in mir war es ein Leichtes. Es war aber ein schlechter und falscher Job. Na ja, ich brauchte damals das Geld und wurde gezwungen für reiche Hexer zu arbeiten, deren Kinder schlecht in der Schule waren", und der Tulutt senkte beschämt seinen Kopf.

"Schäme dich nicht, das hast du für deine Frau doch nur aus Liebe gemacht. Aber sag', du meinst, wir können zunächst das Weihnachtsfest feiern und uns im Anschluss erst auf in die Hexenschule machen?", fragte der Weihnachtsmann. "Genau, das meine ich", sagte der Tulutt. "Nun geht aber schnell, damit ich mich um die Rohrpost kümmern kann. Euer Fest soll doch gleich beginnen."

"Danke Rüdiger", bedankte sich der Weihnachtsmann. "Es war schön dich kennengelernt zu haben. Wir werden nun öfter mal in den Keller kommen."

Unsere 3 Freunde winkten dem Tulutt zu und verabschiedeten sich.

Schon bald erreichten der Weihnachtsmann, der Nikolaus und auch der Osterhase nachdenklich aber auch auf die eine oder andere Art zufrieden die oberen Etagen von Shiny.

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Das große Fest

Gegen 21.00 Uhr hielt der Weihnachtsmann die feierliche Ansprache im großen Ballsaal von Shiny Nose und eröffnete ein rauschendes Fest. Sichtlich gerührt musste er seine Tränen zurückhalten und versuchte seine Stimme festigen.

Das Buffet sah einladend aus und alles scherzte und lachte bei netten Gesprächen an den großen Tischen. Die Band spielte zum Tanz auf und die Angestellten feierten bis in die frühen Morgenstunden des Heiligen Abends.

Auch Santa selbst hatte mit Frl. Bratapfel eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt und Herr W-Mann überwandt seine Scheu und bat Frau Dezember zu einem langsamen Tanz.

Der Weihnachtsmann war gerade dabei sich die 3. Entenkeule einzuverleiben, als sich der Deckel seiner Armbanduhr öffnete und sich ein kleiner Trompetenbläser zu Wort meldete. "Oh, mein Gott", sagte der Weihnachtsmann, "Wir müssen den Schlitten beladen. Es ist schon viel zu spät. Ich habe mir die Uhr nicht richtig gestellt. Nikolaus, Osterhase - bitte helft mir. Wenn ich die Kinder allein beschere, werde ich dieses Jahr nicht einmal bis zum zweiten Weihnachtstag fertig. Ich bitte euch", flehte er und faltete die Hände ineinander.

"Ja, aber wie soll ich?", fragte der Osterhase. "Kein Problem", erklärte Santa, der die Not des Hasen ohne Wort zu verstehen schien. "Wir müssen improvisieren. Zieh bitte einen meiner roten Mäntel an und binde dir den Bart um. Versuche deine Schlappohren unter der roten Mütze zu verstecken. Sieh dir die Details vom Nikolaus ab. Der kann schließlich äußerlich so bleiben. Ich werde unterdes schon einmal mit dem Beladen des Schlittens beginnen.

Ein wenig verdattert aber willig verkleidete sich der Osterhase, um seine neue Aufgabe anzutreten. Vom Nikolaus holte er sich Tipps, was bei der Geschenkübergabe zu machen sei und wie man ein akzentfreies "Ho, ho, ho" auszusprechen hatte. Die Spannung stieg. Unsere Freunde saßen schon bald in dem reich bestückten Schlitten Santas. "Es tut mir leid meine Lieben. Wir werden uns in jeder Straße aufteilen müssen, um in die guten Stuben der Kinder einzukehren. Seid bitte professionell. Was ein Erwachsener längst nicht bemerkt, haben die Kinder gleich heraus. Die erkennen den richtige Weihnachtsmann; also seid auf der Hut.

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Ich weiß, es ist in diesem Jahr wirklich eine Notsituation und nächstes Jahr werde ich es dann wieder allein erledigen", erklärte der Weihnachtsmann noch kurz und hielt alsbald mit dem Schlitten an.

Unsere 3 Weihnachtsmänner wünschten sich Glück, sprachen sich ein "Toi, toi, toi" über die Schultern zu und gingen dann ihrer Wege zur großen Bescherung. Die Spuren im Schnee verliefen in verschiedene Richtungen. Die Fußstapfen fielen unterschiedlich groß aus und schaute man genau hin, so sah man doch einen Weihnachtsmann dazwischen, der sichtlich mit seiner Mütze zu kämpfen hatte, um lange Schlappohren zu verstecken. Aber dieses Detail sollte nicht weiter stören.

Die Augen der Kinder leuchteten wie in jedem Jahr. Der Osterhase genoss es sichtlich nun live dabei sein zu können. Schließlich war er zu Ostern immer schon von Dannen gehüpft, wenn die Kinder nach den Nestern suchten und auch der Nikolaus hatte großen Spaß den Kinder über den Kopf zu streicheln oder hier und da auch einmal einer Mutter oder einem Vater ein Weihnachtsgedicht abzufordern.

Dass sich die Eltern anschließend wunderten, weil sie den Weihnachtsmann baten die Kinder abzufragen, störte Herrn Nikolaus wenig. Der Weihnachtsmann selbst war unruhig. Er hoffte, dass alles möglichst unauffällig und für die Kinder angenehm von Statten ging und glücklicherweise sollte er Recht behalten.

Es wurde das schönste Weihnachtsfest, was es auf Erden je gab. Die Wünsche der Kinder konnten erfüllt werden und noch viel schöner, auch die manchmal unerreichbaren. So sah man doch Menschen an den Türen klingeln, die sich schon lange nicht mehr gesehen hatten oder vielleicht auch zerstritten waren. Sie feierten plötzlich gemeinsam das Weihnachtsfest. Manche Paare schauten sich wieder in die Augen, die dieses schon lange nicht mehr taten.

Nach den Weihnachtsferien berichtete ein kleiner Junge seinem Freund in der Schule, dass Papa und Mama nun wieder zusammenwohnten und dass der Weihnachtsmann bestimmt seinen Wunschzettel gelesen habe muss, den er nach Himmelsthür geschrieben hatte. Die Jungen drückten sich vor Freude. "Ich weiss", sagte der andere zu seinem Freund. Wir haben seit Weihnachten auch wieder alles doppelt, sogar den Kühlschrank. Mama hat jetzt hier eine Arbeit gefunden und braucht nun nicht mehr in der Stadt wohnen. Jetzt lässt sie uns nie mehr allein."

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Und komisch, schaute man sich genau auf dem Schulhof um, so sah man viele Kinder, die sich in den Armen lagen.

Als die Lehrerin nach der Pause fragte, wer denn noch an den Weihnachtsmann glaube, so gingen alle kleinen Finger in die Luft.

Ein Mädchen schnippte und wollte unbedingt zu Wort kommen.

"Ja, Frau Lehrerin! Ich glaube jetzt wieder an den Weihnachtsmann. Aber ich muss Ihnen ehrlich sagen, er hatte in diesem Jahr verdammt lange Ohren. Wenn ich es nicht genau wüsste, hätte es auch der Osterhase sein können." "Ach, was du wieder redest, Emely", winkte die Lehrerin ab. "Dann schlagt mal eure Bücher auf. Wir wollen heute ein Gedicht lesen."

Am Fenster standen unsere Freunde der Nikolaus, der Weihnachtsmann sowie der Osterhase und betrachteten das Geschehen in der Klasse. Alle schmunzelten, klopften dem Hasen freundschaftlich auf die Schulter und sagten:" Na, das ist ja noch einmal gut gegangen, altes Schlappohr."

Mächtig gesprächig konnte man den Dreien noch lange nachsehen. Untergehakt und in einer Reihe schlenderten sie neben dem großen Schlitten die Straße entlang, lachten und erzählten sich von ihrem aufregenden Abend bis schließlich die Dunkelheit einbrach. Die Lichter von Shiny Nose leuchteten hell in den Himmel hinein und nahmen unsere Freunde wieder bei sich auf.

"Nun brauche ich Hilfe. In 2 Monaten beginnen die Weltmeisterschaften in Schneeballwerfen - hier in Shiny. Und dieses Jahr ist es mein Auftrag dieses Event zu planen. Kennt Ihr vielleicht 2 Freunde, die mir da zur Seite stehen könnten", fragte der Nikolaus und lächelte. Der Weihnachtsmann und der Osterhase sahen sich an und nickten.

"Klar mit weißen Eiern kenne ich mich aus. Warum nicht auch mit runden Schneebällen?", lachte der Osterhase und schlug gemeinsam mit den Nikolaus und dem Weihnachtsmann ein.

Plötzlich zog eine grün-gelbe Wolke am Himmel auf. "Meint Ihr, wir könnten noch rasch einen kleinen Abstecher in die Hexenschule machen, bevor wir mit der Planung der Schneeball-Weltmeisterschaft beginnen?", fragte Santa mit dem Blick der Wolke zugewandt.

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"Du meinst auf in ein neues Abenteuer?", fragte der Nikolaus. "So könnte man es sehen", sagte Santa. "Lasst uns gleich aufbrechen. Ich lade euch aber zuvor noch auf ein kleines Gläschen ins "Himmlischen Töpfen" ein und dann lasst uns langsam den Schlitten satteln.

Man sollte sich schließlich nie von bösen Mächten leiten und drängen lassen und die schönen Momente mit Freunden und liebenswerten Menschen genießen und zu schätzen wissen. Denn positive Erinnerungen werden immer in unseren Köpfen bleiben und geben uns Kraft für unseren neuen Weg."

ENDE

Unser Tipp: Weihnachts-eBooks

Eingereicht am 09. April 2007
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