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Ein echter Geizhals

© Marie Juillet

Bruno stieg aus seinem alten Geländewagen aus und schloss lautlos die Tür. Nachdenklich sog er die kalte Nachtluft ein und ließ seinen Blick über die weihnachtlich geschmückten Vorgärten und Fenster der noblen Bungalows gleiten, die in gebührendem Abstand zueinander die menschenleere Straße säumten. Von allen Seiten her leuchteten ihm bunte Lichterketten und kitschige Sternenornamente entgegen, und an sämtlichen Häuserwänden kletterte ein schwer bepackter Weihnachtsmann auf das Dach, während sein grell-bunter Rentierschlitten neben einer üppig dekorierten Hecke auf seine Rückkehr wartete. Weihnachten war nicht mehr weit, wie all die festlich geschmückten Einfamilienhäuser demonstrierten. Alle bis auf eines! Mit seiner dunklen Fassade und den lieblos angeordneten Buchsbäumen wirkte das Haus des knauserigen Heinz Wehner in der weihnachtlichen Vorstadtidylle ziemlich deplatziert. Etliche Sekunden blieben Brunos Augen an dem langweiligen grauen Klotz hängen. "Typisch Wehner!", dachte er verächtlich und verzog seine schmalen Lippen zu einem spöttischen Grinsen. Dieser Geizkragen dachte natürlich nicht mal im Traum daran, auch nur einen einzigen Cent für kitschigen Flitterkram oder gar pompösen Lichterglanz auszugeben. Selbst für eine billige Plastiktanne aus dem Baumarkt oder einen halb vertrockneten Türkranz war dieser habgierige Geldsack einfach zu knauserig. Dabei hätte er mit seinem Vermögen sogar die ganze Ortschaft in ein weihnachtliches Lichtermeer verwandeln können.

Aber Wehner war eben ein echter Geizhals! Das hatte Bruno erst vor wenigen Tagen zuletzt in aller Deutlichkeit zu spüren bekommen. Fast 20 Jahre lang hatte er sich für die Autowerkstatt des alten Wehner abgerackert und war nicht einen einzigen Tag krank gewesen. Zum Dank dafür hatte ihn der widerliche Geizkragen nun doch tatsächlich entlassen, nur um statt seiner ein paar billige Aushilfskräfte anzuheuern. Nicht mal seinen vollen Monatslohn hatte er seinem dienstältesten Mitarbeiter noch gezahlt, geschweige denn ein angemessenes Weihnachtsgeld. Aber das würde Bruno sich jetzt holen!

Voller Entschlossenheit ging er zu dem unscheinbaren Bungalow hinüber und hebelte mit einem gekonnten Griff die Terrassentür auf. Als langjähriger Mitarbeiter wusste Bruno nur zu gut, dass sein ehemaliger Chef heute wieder mit seiner Frau und den beiden Kindern bei den Schwiegereltern zu Abend aß, sodass er sein Vorhaben ungestört in die Tat umsetzen konnte. Zielstrebig ging Bruno durch das geräumige Wohnzimmer, um in das Büro im hinteren Teil des Hauses zu gelangen, wo er die Tageseinnahmen der vergangenen Woche vermutete. Zumal Wehner das Geld stets mit nach Hause nahm und nur einmal in der Woche bei der Bank einzahlte.

Bruno sah sich neugierig in dem Zimmer um. Vorsichtig ließ er seine Hand über den massiven Eichenholzschreibtisch gleiten und setzte sich schwungvoll in den sichtlich abgenutzten Ledersessel. Ein spöttisches Lächeln umspielte seine trockenen Lippen, als er das schäbige Eisengitter vor dem Bürofenster erblickte. Der alte Wehner glaubte doch nicht ernsthaft, dass er sich damit vor einem Einbruch schützen konnte. Eine Alarmanlage wäre da wohl weitaus hilfreicher gewesen. Aber selbst dafür war dieser Narr einfach zu geizig. Eifrig begann Bruno, den schweren Eichenschreibtisch nach den Tageseinnahmen zu durchsuchen und hielt schon bald einen prall gefüllten Umschlag in den Händen. Ein flüchtiger Blick in das Innere des Kuverts verriet ihm, dass die letzten Tage wohl recht einträglich gewesen sein mussten. Grinsend steckte er den Umschlag in seine Jackentasche und ging zur Tür, als er plötzlich ein unheilvolles Geräusch vernahm. Bruno hielt den Atem an und lauschte angestrengt in die Dunkelheit. "Da! Schon wieder!", schoss es ihm erschrocken durch den Kopf, als aus dem Flur das lautstarke Gebell eines Hundes zu ihm vordrang. Hastig stieß Bruno die Tür zu und hielt sich krampfhaft an dem schweren Schreibtisch fest. Sein Herz überschlug sich fast vor Angst, während ihm zugleich der kalte Schweiß über die Stirn rann. Seit seiner frühesten Kindheit hatte er eine regelrechte Phobie gegen Hunde, egal wie groß oder klein sie auch sein mochten. Allein der Gedanke an solch ein kläffendes, zähnefletschendes Monster ließen in Bruno stets die blutrünstigsten Fantasien erwachen. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die Tür und überlegte verzweifelt, was er jetzt machen sollte. Das Gebell wurde mit jeder Minute aggressiver. Nie im Leben hätte Bruno gedacht, dass der alte Wehner seinen beiden Töchtern tatsächlich einen Hund schenken würde. Zumal dieser Geizhals selbst den Kauf eines mickrigen Goldhamsters stets für rausgeschmissenes Geld gehalten hatte. Hilflos schielte Bruno zu dem vergitterten Fenster hinüber, das eine Flucht jedoch unmöglich machte. Er saß in der Falle. Mit zitternden Händen zog Bruno schließlich sein Handy aus der Hosentasche und rief die Polizei an.

Nur wenige Minuten später trafen die Beamten auch schon ein, um den kläglich gescheiterten Einbrecher aus seiner misslichen Lage zu befreien. Als Bruno die Stimme eines Polizisten vor der Bürotür vernahm, trat er vorsichtig beiseite. "Haben Sie die Bestie gefunden?", raunte er mit heiserer Stimme. Der Beamte nickte und hielt ihm grinsend einen Gameboy vor das Gesicht: "Eine wirklich gefährliche Rasse namens Nintendog!" Bruno schüttelte fassungslos den Kopf und brach innerlich zusammen. Wehner war eben doch ein echter Geizhals.

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Eingereicht am 14. April 2007
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